Nicht lange nach dem medienwirksamen ECHO-Skandal zeigt sich Kollegah im STERN als geläuterter Rapper und kurbelt so ordentlich die Promo-Maschine für sein Sachbuch „DAS IST ALPHA! Die 10 Boss-Gebote“ an. Genau so funktioniert’s und das will ich ihm gar nicht ankreiden. Der Skandal, den der ECHO-Gewinn von Kollegah und Farid Bang auslöste, war so nicht vorherzusehen. Auch andere Rapper haben sich nicht gerade durch einen politisch korrekten Sprachgebrauch ausgezeichnet. Dass sie Begriffe wie „Auschwitz“ und „Holocaust“ für ihre Zwecke instrumentalisierten, war zu Zeiten von AFD und Pegida wohl eine Punktlandung, um anzuecken. So läuft das Geschäft. Als Ergebnis gibt es den ECHO nicht mehr und Kollegah hat Auschwitz besucht, um in Interviews sehr offen darüber zu sprechen und sich letztlich von den eigenen Texten zu distanzieren. Wenn man das Interview im STERN liest, nimmt man ihm diese Kehrtwende auch ehrlich ab. Felix Blume (so heißt der Rapper bürgerlich) ist vermutlich kein verkappter Nazi.
Im RIVA-Verlag erschien kürzlich sein erstes Buch und stürmte die Spitze der Sachbuch-Bestsellerliste. Im Prinzip ist es ein klassischer Selbsthilfe-Ratgeber: 10 Gebote für ein selbstsicheres Auftreten und ihre Umsetzung. Damit lockt man im Normalfall keinen Hund hinterm Ofen hervor. Was ausschlaggebend ist, sind Coolness und Wortwahl. Kollegah ist definitiv ein Boss in der Szene. Ein Alphatier. „DAS IST ALPHA!“ fällt also ebenso ins Auge wie der Nebentitel „Die Boss-Gebote“. Und er nimmt wie in den Songtexten kein Blatt vor den Mund: „Ein Alpha richtet den Blick auf den Horizont, nicht auf den Arsch irgendeines Anführers“, heißt es im Text.
Wenn man sich an die derbe Sprache gewöhnt hat, geht es im Prinzip um persönliche Weiterentwicklung und soziale Werte. Damit sind die „Boss-Gebote“ ein Ratgeber wie unzählig viele auf dem Markt. Aber dieser nimmt junge Menschen einfach da ab, wo sie stehen, und vermittelt Informationen mit viel Humor und hohem Unterhaltungswert. Das Buch ist sicher kein literarisches Meisterwerk, aber es fängt den Leser ein. Frech verpackte Weisheiten, einige Hintergründe zu Blumes Biographie – und ganz aus Versehen kann man auch noch etwas lernen. So geht im Bildung im Medienzeitalter.