Die Schaffenskraft von HEAVEN SHALL BURN ist unendlich groß und so verwundert es nicht, dass vier Jahre nach dem Top 3-Album „Wanderer“ mit „Of Truth and Sacrifice“ ein veritables Doppelalbum erscheint, das uns zudem auch noch zwei Seiten der deutschen Vorzeige-Metaller zeigt. Durchaus beachtlich, wenn man bedenkt, dass die Band 2018, nach der Tour zu ihrem achten Studioalbum ja eigentlich Pause machen wollte. „Wir haben durchaus Pause gemacht“, sagt HSB-Gitarrist Maik Weichert. „Eine Weile lang hat sich jeder um seinen Kram gekümmert. Aber wir sind halt privat immer noch sehr gute Freunde. Wenn Polizisten einen Stammtisch haben, reden die ja auch unweigerlich über Verbrecher.“ Und wenn HEAVEN SHALL BURN sich treffen, machen sie eben Musik.
So entstand in überaus entspannter Atmosphäre über einen Zeitraum von fast zwei Jahren ein Album, für das sich die Musiker alle Freiheiten nahmen. Alle Mitglieder der Band waren mehr denn je in sämtliche Phasen der Produktion involviert. Wo sonst Maik und der zweite Gitarrist Alexander Dietz zunächst alleine im Studio die Songs und Demos ausarbeiteten und die anderen erst bei den finalen Aufnahmen dazukamen, wurden dieses Mal durch das opulente Zeitpolster bereits während des Entstehungsprozesses alle Mitglieder integriert und brachten sich auf verschiedenen Ebenen ein.
Losgelöst von Deadlines und Terminkalendern entwickelte sich aus den vielen guten Songs und Ideen irgendwann ein konzeptueller Überbau für ein Doppelalbum: „Das Album ist in zwei Platten unterteilt, ‚Of Truth‘ und ‚Of Sacrifice‘“, erklärt Maik. „Während die erste Platte Zuversicht und Kampfbereitschaft signalisiert, ist die zweite eher nachdenklich und befasst sich mit den Opfern und Kämpfen, welche man für die Wahrheit bereits auf sich genommen hat und auch künftig nicht scheuen wird.“
Das spiegelt sich auch in der musikalischen Ausrichtung wider. CD 1 bietet feinsten Metalcore, Hardcore und Death Metal mit Growls sowie aggressiver Attitüde. Megastark und wuchtig brettern sich HEAVEN SHALL BURN durch zehn Songs und liefern das bisher genialste Metalalbum des Jahres vor. Ein Song wie „Übermacht“ dürfte trotz elektronischer Einsprengsel umgehend zum Liveklassiker werden. Auch CD 2 bietet einen ordentlichen Härtegrad, ist aber filigraner in ruhigen Stücken wie „The Sorrow Of Victory“ und dem orchestralen Downer „Weakness Leaving My Heart“, der zum Abschluss die Ohren umschmeichelt. Es gibt Spoken Words, Klavierpassagen, elektronische Soundscapes und überraschenderweise auch klare Gesangspassagen. So wird das Album in seiner Gesamtheit zum gewaltigen Epos mit überaus vielschichtigen Songs.
Textlich geht es um alternative Wahrheiten in den verschiedenen Filterblasen der sozialen und sonstigen Medien, um die Spaltung der Gesellschaft, das Erstarken rechter Bewegungen, um die Klimakrise und die Schattenseiten von Kapitalismus, Globalisierung und Digitalisierung.
Vielseitig und radikal zeigen uns HEAVEN SHALL BURN zwei Seiten ihrer Musik und landen verdientermaßen erstmals auf Platz 1 der deutschen Charts. Zum Schmunzeln ist die Anekdote, dass der vermeintliche Superstar Pietro Lombardi sich auf Instagramm darüber mokierte, dass „irgendeine Rockergruppe aus dem Nichts“ ihm den Spitzenplatz streitig machte. Harte Realität vs. seichte Melodien – so sieht’s aus!