„To the Faithful Departed“ war das dritte Album der irischen Alternative Rockband The Cranberries und es hatte vor allem die Last zu tragen, als Nachfolger mit dem Superhit „Zombie“ konkurrieren zu müssen, der die Band zwei Jahre zuvor weltweit an die Chartspitze katapultiert hatte. Zum Glück musste man Musicacts in den 90ern noch nicht auf einzelne Songs reduzieren, sondern konnte Alben als Gesamtkunstwerke honorieren. Und das war dieses dritte Werk der Band auf jeden Fall.
Gewidmet ist das Album zwei im Erscheinungsjahr verstorbenen Menschen: Dem Produzenten Denny Cordell, der die Band entdeckt hatte, und Joe O’Riordan, dem Großvater von Sängerin Dolores. Das mag zur Folge gehabt haben, dass vor allem düstere Themen die Lyrics beherrschten. Man denke nur an das drogengeschwängerte „Salvation“, die Kriegsthemen in „War Child“ und „Bosnia“ sowie an das morbide „I Just Shot John Lennon“. Ein Beweis dafür, dass persönliche Krisen eine Rockband oft zu Höchstleistungen antreiben können.
Auch mit 27 Jahren Abstand nimmt mich der Opener „Hollywood“ mit seinem verhaltenen Start, den treibenden Gitarren und der energischen Ausnahmestimme von Dolores sofort mit auf eine grandiose Reise. Das schnelle „Salvation“ war ein Aushängeschild als kurze Radiosingle, doch vor allem „Free To Decide“ gehört für mich zu den größten Songs der 90er Jahre und beeindruckt immer wieder durch die eindringlichen Vocals.
Für die Neuauflage wurde das Originalalbum remastert. Mir liegt zur Review die 3CD-Version vor, die mit ihren Bonusscheiben sehr lohnenswert ist. CD 2 enthält „Demos and Outtakes“ zum Album. Okay. Wir wissen alle: Das hört man sich einmal an, doch auf die persönliche Playlist wird es kaum ein Song schaffen. Trotzdem sind die frühen Versionen Sinnbild dafür, wie sich die hässlichen und guten Gefühle der 90er Jahre Bahn gebrochen haben und wie daraus zeitlose Stücke wurden. Vor allem die drei Demos, die während der Tour 1995 in Paris entstanden sind, klingen in ihrer auf Dolores‘ Stimme konzentrierten Reduziertheit grandios. Die Early Mixes haben einen sehr akustischen Touch, was vor allem den Lautmalereien von „Electric Blue“ sehr gut tut. Und der Alternate Mix von „Free To Decide“ ist mindestens so atemberaubend wie das Original.
CD 3 schließlich liefert einen Livemitschnitt von der 1996er Tour mit Aufnahmen aus Toronto, Detroit, Michigan und Milton Keynes. Es ist eine Freude, der spielfreudigen Band und der wundervollen Sängerin zuzuhören. Bei Songs wie „Linger“ hat Dolores das Publikum spürbar im Griff. „Zombie“ zeigt mal wieder die extraordinäre Größe des Songs, dem aber die Performance von „Salvation“ in nichts nachsteht. Die perfekte Ergänzung für ein großartiges Album, das nur minimal hinter „No Need To Argue“ zurücksteht.