Während Carolin Kebekus aktuell als „Shesus“ unterwegs ist, gibt Atze Schröder den „Erlöser“. Eine wirkliche thematische Nähe der beiden ist aber nicht zu erkennen. Während Carolin vor allem die Freuden und Leiden der jungen Mutter bespricht, gibt sich Atze den erlösenden Momenten des Alltags hin – und da findet er viele.
Der Comedian, der wie gewohnt als Ruhrpott-Prolet mit Charakter-Perücke auftritt, braucht kein großes Bühnenbild für sein Standup-Programm. Im Hintergrund die großen Buchstaben ATZE, die in wechselnden Farben angeleuchtet werden, und im Vordergrund ein Mikrofon. Das ist schon alles – und reicht völlig aus.
Die Europahalle in Trier war ausverkauft. Im Gegensatz zu anderen Comedians geht Atze kaum in Interaktion mit dem Publikum. Keiner muss Angst haben, auf die Bühne entführt zu werden. Der Künstler begibt sich auch nicht in die Menge. Das höchste der Gefühle ist eine Umfrage mit ein wenig Saallicht.
Das Programm begann mit der biblischen Geschichte von Maria und Josef, neu erzählt mit delikaten Details. Wie halt Atze sich die Entstehung des Erlösers vorstellt. Und überhaupt: Kinder als Erlösung im Dasein bekommen ebenso ihr Fett weg. Das Bild, das Atze vom Gamer mit Spezialsitz und übergroßen Bildschirmen zeichnet, kommt mir auch von zuhause bekannt vor. Unter die Gürtellinie geht es bei der Geschichte von der dicken Chinesin im Zug, die sich bei näherer Betrachtung als „Frau Schöneberger“ herausstellt. Und regionalen Bezug gibt es mit einer Tour im Wohnmobil nach Bernkastel-Kues (und schnell wieder zurück in den Ruhrpott).
So verging die erste volle Stunde wie im Flug und das Publikum konnte die Lachmuskeln für 20 Minuten erholen. Was mir gut gefiel: Atze bewegte sich diesmal nicht ständig gedanklich im Intimbereich, wie das bei vielen früheren Programmen der Fall war, sondern zeigte sich mit humorvollen Alltagsgeschichten, die das Publikum einfach mal für zwei Stunden abschalten ließen. Wenig Politik, wenig zu den Krisen in der Welt, stattdessen ganz viel Spaß.
In der zweiten Hälfte wurde zunächst mal gemeinsam gesungen. Und das nicht als Anekdote am Rande, sondern geschlagene 25 Minuten lang. Mit Klaus Lage fing es an, dann wurden die frivolen Texte von Roland Kaiser betrachtet, ein Vergleich des Schlagersängers zu Rammstein gezogen und am Ende konnten alle versuchen, das Nuscheln von Herbert Grönemeyer zu verstehen. Großartig – und die Anwesenden waren mit Feuereifer dabei.
Eine Reise in den Supermarkt wurde zum Super-GAU, was die Auswahl an Produkten anging. Dann ging es doch einmal um Sex und sowohl Swinger-Parties als auch das Produkt „Womanizer“ („jede vierte, schaut euch mal um“) wurden thematisiert. Schnell kehrte Atze aber wieder zur Musik zurück und gab eine skurrile Performance des Musicals „König der Löwen“, bevor es im Zugabenblock vor allem um Blähungen im Fahrstuhl ging.
Die Themenpalette war damit breit gestreut und zwei Stunden Comedy wurden locker gefüllt. Atze Schröder ist ruhiger geworden, er wird ja bald 60. Zwischendurch und am Ende machte er recht melancholische Ansagen: Es ging ihm darum, die Menschen zwei Stunden lang zum Lachen zu bringen, trotz der Krisen in der Welt, wobei er die Kriege in der Ukraine und in Gaza durchaus nannte, aber nicht nach Schuldigen suchte. Sein Ziel hat er erreicht: Der Erlöser hat für gelöste Stimmung gesorgt, was ihm mit stehenden Ovationen gedankt wurde. Und was Trier angeht: „Erst mal die übrigen Städte abhaken und zum schönen Abschluss nach Trier. Intelligenter als die Augsburger seid ihr allemal“, so oder so ähnlich lautete das Fazit.