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Ennio 03.05.2025 E-Werk / Saarbrücken

Season Opening mit VELVET SPRING in Saarbrücken

Ein Indiepop-Festival für Saarbrücken Anfang Mai. Braucht man das? Zumindest war es eine gute Entscheidung, kein Open Air draus zu machen, denn der Schönwetter-Frühling hatte sich nach einer gut gelaunten Woche just zum 3. Mai wieder verabschiedet.

Festival Flair konnte man auch innerhalb des E-Werks schaffen und gab sich alle Mühe dabei – mit Ständen für Schmuck und weitere Accessoires sowie einem gut besuchten Pop-Up-Tattoo-Studio. Das Publikum bestand aus gut gelaunten jungen Menschen (ich habe den Altersschnitt deutlich angehoben), die ihre Lieblingsacts ordentlich abfeierten. Auch einige Eltern mit Kindern waren zu sehen. Stimmung: absolut positiv! Leider ließ aber die Menge an Besucher*innen zu wünschen übrig. Nur der Bereich zwischen Mischpult und Bühne war locker gefüllt. Die hintere Hallenhälfte hatte man mittels eines schwarzen Vorhangs abgetrennt.

Aller Anfang ist halt schwer – und auch das Konzept des Festivals ist relativ neu. So konnte man neben den regulären Tickets, die alle nur über die neue Velvet Pass App zugänglich waren, auch zum günstigen Preis ein Velvet Pass Streaming-Ticket erwerben, das den Fans ermöglichte, digital dabei sein und die Konzerte bequem von zu Hause aus verfolgen. Es waren einige offiziell filmende Menschen im Publikum unterwegs, die aber angenehm zurückhaltend waren und im allgemeinen Handy-Lichtermeer kaum auffielen.

Zu den Support Acts habe ich es leider nicht geschafft, aber die drei Headliner waren für dieses Event hervorragend gewählt.

Um 19 Uhr starteten Blumengarten mit ihrem charismatischen Frontmann Rayan Djima. Diese sind sind im Laufe der letzten vierundzwanzig Monate wie selbstverständlich zum festen Bestandteil und Aushängeschild der deutschen Progressive-Pop-Bubble gewachsen. Das Debütalbum „Ich liebe dich für immer“ ist am 27. März erschienen und gleicht einem musikgewordenen Ratgeber für den Umgang mit der eigenen Vergangenheit – und liefert einen versöhnlichen Aufruf, ewig Kind zu bleiben.

Bis vor gut drei Jahren hat Rayan noch auf keiner Bühne gestanden. Dafür wirkt er inzwischen sehr souverän und hat ein sympathisches Auftreten. Zu Beginn gab es leichte Tonprobleme, die vom Publikum textsicher aufgefangen wurden. Ein erstes Zeichen dafür, dass dieses Projekt kein One-Hit-Wonder ist. Es gab Songs wie „Tut es noch weh“ vom Debütalbum. Zwei Keyboards lieferten einen fetten Sound und es wurde zeitweise absolut hymnisch. „Paris Syndrom“ hingegen wurde akustisch nur mit Gitarrenbegleitung gespielt. Als Cover gab es den CRO-Song „Nie wieder normal“ und in „Wiedersehen“ lieferte Rayan einen ordentlichen Rap-Flow.

Auf 60 Minuten war das Konzert angesetzt und Blumengarten machten ordentlich Eindruck. Zum Ende hin lieferte der Frontmann ein sehr schönes Duett mit der Keyboarderin. Es war ein vielfältiger Gig, der vom jugendlichen Publikum ordentlich abgefeiert wurde.

Pünktlich um 20.30 Uhr startete Majan seinen Set. Der Sänger, Rapper und Songwriter aus Schorndorf ist für seinen genreübergreifenden Stil bekannt. Er kombiniert Elemente aus Hip-Hop, Pop, R&B und elektronischer Musik. Auf der Bühne waren Schlagzeug und Gitarren. Der sphärische Sound kam hauptsächlich vom DJ-Pult.

Fast ein Jahr lange hatte Majan nicht live gespielt, doch am 30.5. soll sein neues Album „Wenn nichts von nichts kommt, woher komm‘ ich dann?“ erscheinen. Der richtige Zeitpunkt also, um neue Stücke wie „Heim“, „Mach kaputt, was dich kaputt macht“ und „Atlantik“ live zu probieren. Ältere Songs wie „Panikweiß“ und „100.000“ kamen bei den Fans bestens an und es wurde eine wilde Party gefeiert, unterbrochen von „Deine Haut / gone“, dem melancholischen Song über die Unendlichkeit in einem Moment, den Majan am Piano interpretierte.

Um 22 Uhr dann Ennio, der von Beginn an Stimmung machte. Sein zweites Album „Schlaraffenland“ hat es im letzten Jahr in die deutschen Top 10 geschafft und er sorgte als Secret Act beim Reeperbahn Festival für Furore. Gute Voraussetzungen also für den letzten Act des Abends, der hier (wie Majan auch) seinen ersten Gig des Jahres spielte. In diesem Sinne war es ein echtes Season Opening für die Künstler, die noch auf einigen Festivals zu sehen sein werden – zum Teil mit den gleichen Musikern, die hier über den Abend verteilt hinter verschiedenen Frontern in Erscheinung traten.

Es gab Stücke wie „Blaulicht“, „Wand“ und „Rimini“. Für das Duett „Fühlst du gar nichts“ erklang die Stimme von Nina Chuba aus dem Off. Zur Halbzeit erfolgte ein Switch vom Indiepop zu einer Melange aus Club & Dance, der das Publikum mit Songs wie „Königin der Nachbarschaft“ ausgelassen in Bewegung brachte. Der Zugabenblock begann nach fünfzig Minuten und führte Rayan Djima und Majan für eine gemeinsame Session zurück auf die Bühne.

Das Velvet Spring Festival hat als Season Opening mit Acts, die gut zusammen arbeiten, sicher Potential. Vielleicht muss man im nächsten Jahr noch einen Headliner hinzuziehen, der nicht nur das TikTok-affine Publikum anspricht, sondern auch ältere Indiepop-Fans. Ich denke da an Juli oder Frida Gold, womit auch die Männerdominanz etwas zurückgefahren wäre.

Alles in allem hat das neue Festival aber durchaus überzeugt. Grandiose Stimmen zu Musik, die das junge Publikum textlich und mit eingängigen Melodien erreicht hat. Mal sehen, was das nächste Jahr bringt.

Ennio -

Letzte Aktualisierung am 20.05.2025 um 22:03 Uhr / Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API / Bezahlte ANZEIGE