Punkt 21 Uhr geht es los: die Übertragung beginnt und Marteria blickt stolz durch die ausverkaufte Lanxess Arena. Das hier ist etwas Besonderes, sagt er, das größte Indoor-Konzert, das er ja gespielt hat.
Er startet mit „Roswell“, dann „Aliens“, dann „Endboss“. Die Songs vom neuen Album kommen hier tatsächlich genauso gut an wie die alten Sachen. Und auch wenn ich persönlich kein Fan vom neuen Album bin, gefällt mir das live wirklich sehr gut. Die Leute feiern, werfen die Arme und als ich mich von dem Typ vor mir befreit habe, der nach 2 Songs schon 3 volle Becher Bier hat fallen lassen, finde ich vorne die Dance-Crowd. Hier ist es laut, hier dröhnt der Bass in Hals und Herz, hier ist man textsicher und bewegt sich. Selbst beim kurzen „Kostümwechsel“ zu „El Presidente“ machen die Leute vorne weiter.
Ganz begeistert bin ich von der Band und vor allem den tollen Backgroundsängerinnen, hier hätte ich gerne jedes einzelne Outfit, danke. Immer wieder stürmen die Ladys zusammen mit Marteria die Bühne, wirbeln Handtücher und machen Druck. Hier vorne wirkt das! Besonders beim letzten Song „Links“ vor dem Überraschungsgast bleibt keiner auf seinem Platz und wir werden einmal gut durchgewirbelt. Ruhiger wird es eigentlich nur einmal, als Marteria sich an den Bühnenrand setzt und mit „Gleich kommt Louis“ ein persönliches Stück über sein Kind anstimmt.
Wo genau das Konzert aufhört und die Zugaben beginnen, kann man gar nicht genau sagen. Irgendwann wechselt Marteria zu Marsimoto (ja, der ist überraschend auch da), und wie schon im letzten Jahr im Palladium flutet er die Halle mit grünem Nebel. In der Lanxess Arena klappt das natürlich nicht ganz so gut, aber vorne sind wir praktisch weg. Als Marsimoto stellt er auch einen neuen Songs vor: „Chickenterror“ und der Bass dröhnt mittlerweile so hart, dass das auch mit guten Ohrenstöpseln fast nicht mehr funktioniert. So mag ich das. Aber egal ob als Marteria oder Marsimoto – auch wenn man ihm mainstream-radio-pop-hiphop vorwirft, bleibt der Mann politisch und sagt seine Meinung. Das ist gut und richtig.
Hier mein Highlight des Konzerts:
14.000 Menschen singen lauthals „Alle haben’n Job, ich hab’ Langeweile, keiner hat mehr Bock auf kiffen, saufen, feiern …“, während Marteria das Mikro runternimmt und schon wieder stolz in die Menge blicken kann. „Kids“ ist und bleibt sein bester Song, und das weiß er auch und hängt gleich noch so eine Art „Party-Remix“ dran. (Und ja, „Lila Wolken“ kommt gleich hinterher, aber der erfolgreichste Song ist nicht immer der beste. Auch wenn der Anblick der ganzen leuchtenden Handylichter natürlich grandios ist und neben mir die große Knutscherei losgeht).
Zur nächsten Zugabe blickt Marteria durch die Halle und erinnert sich zurück an seine ersten kleine Konzerte in Köln in der Werkstatt und im Stadtgarten. (Ich sag doch: geht mehr auf kleine Konzerte!) Als er „Welt der Wunder“ anstimmt wird die Feuerzeug- und Handylicht-Wand noch beeindruckender. Da klopft das Herz und das Handy wird für Selfies gezückt. Am Ende stellt er jedes Bandmitglied einzeln vor, erzählt etwas über sie oder ihn und gibt ihnen einen dicken Kuss. Das ist so schön, so familiär, obwohl wir hier mit 14.000 Leuten auf die Bühne starren.
Und dann, eigentlich auch ein Highlight, aber eben nicht ein einzelner Moment, springt Marteria in die große Zugabe und wir zeigen den ganzen Leuten den Mittelfinger, die vorher schon schnell zur Garderobe und nach Hause gefahren sind. Nach der langen Verabschiedung gibt es den Song für die Fans, die noch immer da sind. „FEUER“! Mit echtem Feuer, wow, ist das heiß. Dann ist auch Marsimoto wieder da, und dann spielt Marteria wieder und wieder „die letzten 20 Sekunden“, obwohl das Konzert schon lange vorbei ist. Erst laut, dann lauter, dann laut und wild, dann ziehen wir alle unsere Shirts aus und schmeißen sie in die Luft. Dann macht Marteria mitten in der Halle weiter, und dann ist das Mikro weg und das ist auch egal. Alles durcheinander, alle verschwitzt und erschöpft und glücklich.
Das war sicher eines der besten Show-Enden, die ich gesehen habe. Und bevor Marteria die Bühne verlässt und die Übertragung endet, schaut er noch mal kurz durch den Saal. Stolz kann er sein.