Nachdem Flogging Molly mit ihrem irischen Punk-Tanzabend das Festival eröffnet hatten, waren erst einmal harte Klänge angesagt. Jinjer stammen aus Kiew und hatten im Bühnenhintergrund ein Symbol in ukrainischen Nationalfarben, das zugleich Friedenssymbol und Wurfscheibe war. So widersprüchlich war dann auch die Musik, bei der Rockröhre Tatiana Shmayluk ganz im Mittelpunkt stand. Sie bot energischen Klargesang und Growls – begleitet von starken Metalriffs und lautem Geknüppel am Schlagwerk.
Fever 333 liefertem mit wuchtigen Bassklängen eine dynamische Show ganz im Stil von Rage against the Machine und Public Enemy. Die Band aus Los Angeles hat mit Jason Butler einen fantastischen Frontmann, der mit viel Enthusiasmus politische Botschaften verbreitete und ständig in Bewegung war. Zum Ende hin erschien er plötzlich ganz oben auf der Boxengasse (das Publikum hatte schon angefangen „Scheiß Tribüne“ zu skandieren) und ließ sich dort oben ordentlich feiern. Für die Menschen im Behindertenbereich war es sicher grandios, als der Sänger alle Absperrungen überkletterte und mit ihnen hautnah abrockte.
Und dann das für den Ring so typische Wechselbad der Gefühle: Ein „Special Guest“ wurde angekündigt – doch wer hätte gedacht, dass nach zwei Hardcore Acts plötzlich Olaf, der Flipper auf der Bühne steht? Im letzten Jahr war „Wir sagen Dankeschön“ die ultimative Hymne aller Zeltplätze. Es gab im Anschluss gar eine Petition, die Flippers zum Ring zu holen. Und tatsächlich haben die Veranstalter Olaf für schlagerhafte 15 Minuten verpflichtet. „40 Jahre die Flippers“ rahmte den kurzen Gig ein, bei dem Olaf live zu Playback sang und Hits wie „Lotusblume“ und „Mona Lisa“ zu Gehör brachte. Das Publikum war erstaunlich textsicher und feierte eine regelrechte Schlagerparty.
Yungblud (alias Dominic Harrison) ist in den USA eine große Nummer – und das zu Recht. Sein Crossover aus Pop, Alternative Rock und Rap mit einer Prise Glamour animierte die Zuschauer*innen zu Circle Pits und exzessivem Stagediving. Dabei ging der Fronter immer wieder auf Tuchfühlung zum Publikum. Yungblud schleimte sich gut ein, lobte das ekstatische Publikum und wünschte sich, bald einmal Headliner zu sein. Wenn er weiter so durchstartet, dürfte der Wunsch bald in Erfüllung gehen. Yungblud bot starken Alternative Rock mit Vocals, die nicht von ungefähr an Billy Idol erinnern. Er trägt viel Energie in sich und versteht es, diese zu vermitteln. Den weltweiten Durchbruch hat er durch seine Liveauftritte geschafft und ROCK AM RING dürfte eine wichtige Station auf seinem weiteren Weg gewesen sein. Der Freitagnachmittag wurde durch ihn fulminant ausgeläutet.