Beim ersten Hören erinnern die sanften Töne des Openers „The Man I Admire“ an die wundervoll folkigen Klänge einer Suzanne Vega. Eliza Shaddad singt rein und klar mit viel Gefühl. In der Einsamkeit des ersten Lockdowns gelang der sudanesisch-schottischen Künstlerin ein hochintensives und überaus sensibles Album.
Zwölf Monate lang verengte sich die Welt von Eliza Shaddad und ihrem Ehemann und Produzenten BJ Jackson auf das eigene Bedroom-Studio im britischen Cornwall, wo nun zunächst aus der Not eine Tugend erwuchs – und dann aus dieser Tugend ein künstlerischer Möglichkeitsraum, in dem jegliche Trennung zwischen sonstigem Leben und Kunst von vorneherein zum Scheitern verurteilt war. „Es war wirklich sehr intensiv“, sagt Shaddad. „Ein ziemliches Auf und Ab der Gefühle. Ein ganzes Jahr lang rund um die Uhr immer zusammen zu sein, war zwar großartig, weil wir einander bedingungslos vertrauen und alle Zeit der Welt hatten, Dinge auszuprobieren. Aber gefühlsmäßig war es nicht immer leicht.“
Die Künstlerin hat Jazz und Philosophie studiert, in sieben Ländern gelebt und war bereits mit der Elektropopband Clean Bandit aktiv, ehe sie sich an eigene EPs und Soloalben wagte. Das neue Album „The Woman You Want“ verbindet die britische Seite ihrer Mutter und den sudanesischen Einfluss ihres Vaters zu einer universellen Vielstimmigkeit.
„Heaven“, „Fine & Peachy“ und der Titeltrack bieten verspielten Gitarrenrock. „Waiting Game“ versinkt in sehnsüchtiger Melancholie. Spannend aber wird es in dem rhythmisch-vertrackten „Tired Of Trying“ und dem nostalgisch verklärten Erzähl-Song „In The Morning (Grandmother Song)“.
Es geht um gesellschaftliche Erwartungshaltungen an Frauen und darum, das eigene Idealbild mit der Realität zu versöhnen. Ein Ringen, für das Eliza auf „The Woman You Want“ eine kongeniale musikalische Entsprechung gefunden hat.
Mit dem bereits als Single ausgekoppelten „Blossom“ wendet sich Eliza Shaddad schließlich ihrer sudanesischen Seite zu. Bevor die Sharia im Sudan eingeführt wurde, erlebte das Land von den Sechziger- bis in die Achtzigerjahre hinein eine echte Blütezeit, die heute als das goldene Zeitalter des sudanesischen Pop gilt. Der prägende Sound dieser Musik – grob an synthetische Streicher erinnernde Casio-Sounds – hat seinen Eingang ebenso in „Blossom“ gefunden wie die arabische Laute Oud und ein traditioneller weiblicher Freudenschrei.
Eliza will uns zeigen, dass auch der schwärzeste Winter irgendwann vorbei geht. Die neun Songs ihres aktuellen Albums zeigen uns auf wundervolle Weise, was alles möglich ist. Indiepop vom Feinsten!