Sie verspotteten die Polizei, zündeten die Schule an und besangen düster den Tod des Präsidenten. Sie ließen auf Partys den Flieger abheben, wollten Annemarie ficken, beschworen die Wonnen der Kleptomanie und die Abgründe des Kokains: Ende der 70er entdeckten fünf Jungs aus Hagen die Schönheit der 3-Minuten-Gitarrenhymne mit rotzig-subversiven Texten und eroberten bald darauf damit die Charts: Extrabreit, die Erfinder des deutschen Pop-Punks.
Mit dem melancholischen Album „Amen“ schien das Buch Extrabreit dann 1998 zu enden, aber die Tournee zum Abschied entpuppte sich glücklicherweise doch nur als Zwischenstation. Seit 2002 ist die Band wieder aktiv, spielte seitdem viel live und veröffentlichte 2005 das Album „Frieden“. Im selben Jahr zelebrierten die Breiten auch ihr 1.000 Konzert bei einem großen Open Air in ihrer Heimatstadt Hagen.
2008 erschien das bislang letzte Album „Neues von Hiob“, ein Nonstop-Trip durch alle Facetten des extrabreiten Musikuniversums – von melodischen Punk-Krachern bis zu düster-atmosphärischen Zustandsbeschreibungen.
Und 2020 – im ominösen Coronajahr – gibt es wieder voll auf die Fresse. Extrabreit rotzen los, als sei ihr Debüt erst gestern gewesen. Schon „Die Fressen aus dem Pott“ gibt den rockigen und frechen Weg vor. „Vorwärts durch die Zeit“ ist ein Versprechen in Richtung weiterer Heldentaten. Und „Robotermädchen“ funktioniert ebenso als SF-Punk-Märchen wie (mit „Westerland“-Rhythmen) als Hommage an die Ärzte.
„Meine kleine Glock“ und „War das schon alles“ atmen den Punk der Anfangsjahre, während „Sonderbar“, „Gib mir mehr davon“ und „Mary Jane“ die deutschrockige Seite des Quintetts zeigen. Frontmann Kai Havaii hört man die vier Jahrzehnte als Sänger der Band kaum an. Er klingt frisch und durchschlagkräftig wie eh und je.
Laut und gut – mit vielen Hymnen zum Mitsingen. Das sind Extrabreit 2020. Für den schnellen Genuss: „Auf Ex!“