Muss man sich um unsere Jugend Sorgen machen? Die meisten haben es verlernt, ganze Alben eines Künstlers zu hören. Was entgeht ihnen, wenn man von Pink Floyd nur „Another Brick In The Wall“ kennt, die Simple Minds und U2 nur auf ihre großen Hits reduziert oder auch Andreas Bourani oder Revolverheld nur von den abgenudelten Radio-Playlists her betrachtet? Da werden keine Alben mehr gekauft, sondern es werden Lieblingslieder gestreamt. Am besten in der Art, dass Spotify nach einem ausgeklügelten Algorithmus direkt die nächsten Songs empfiehlt, die zum Musikgeschmack passen könnten.
Okay, im Radio konnte man sich noch nie aussuchen, was als nächstes läuft. Aber diese Persönliche-Playlist-Erstellerei setzt dem modernen Musikempfinden schon die Krone auf. Damit ich einen Song gut finde, muss er oft im Radio laufen, wenn ich ihn dann gut finde, werden mir zehn Titel empfohlen, die ebenfalls oft im Radio laufen. So beißt sich die Katze in den Schwanz.
Was das mit der Focus-CD-Edition zu tun hat? Im Prinzip haben sich die Macher wohl in den Kopf gesetzt, diesem Playlist-Wahn entgegen zu wirken, indem sie selbst Sampler schaffen, die Musiktitel thematisch anordnen. Das ist dann zwar wieder so etwas wie eine Playlist, aber sie ist auf jeden Fall weniger vorhersehbar als das Geschehen bei Spotify.
Die gesamte Kollektion heißt „24 h – Mein Tag – Meine Musik“ und unterteilt sich in eine Day- & Night-Edition mit jeweils fünf CDs. Idee ist, verschiedene Stimmungen oder Situationen im Lauf eines Tages in CD-Länge abzubilden. Diese Playlists heißen beispielsweise „Relax“, „Love Beats“ oder „Sweet Dreams“. Das zum Theoretischen.
Praktisch sieht das folgendermaßen aus (anhand der drei Muster, die mir vorliegen): „After Work“ bietet entspannte elektronische Musik für das Zurücklehnen am Abend. Viel für mich Unbekanntes, aber auch Evergreens wie Lana Del Rey, Lionel Richie und Roxy Music („Avalon“). „Good Morning“ ist das genaue Gegenteil und vermittelt Schwung für den Tag – mit Amy Winehouse, Peter Fox und den absolut passenden Laing („Morgens immer müde“). Weitere Weckrufe kommen von Avicii, T. Rex und Alex Clare. Die Mischung ist wieder sehr bunt. „Roadtrip“ schließlich bietet das klassische Mixtape für die Autofahrt. Die neuen deutschen Kracher „Auf uns“ und „Lieder“, dann Klassiker von Glenn Frey („Route 66“), The Cars („Drive“ – immer wieder wundervoll) sowie Lynyrd Skynyrd.
Frage: Braucht man das? Es nimmt dem Hörer zumindest das Erstellen eigener thematischer Mixtapes ab. Im Gegenzug nimmt er in Kauf, dass er mit einigen Songs nichts anfangen kann. Die Compilations sind stimmig und man wird auf vergessene Songs aufmerksam. That’s it. Ich höre lieber weiter komplette Alben.
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