Anfang des Jahres hat Heinz Rudolf Kunze mit “Der Wahrheit die Ehre” mal wieder ein zeitlos geniales Album abgeliefert. Geplant war natürlich, dass HRK mit diesem Album auf große Tour geht, doch es fanden aus bekannten Gründen nur wenige Konzerte wirklich statt. Ich durfte ihn im Sommer tatsächlich live erleben. Allerdings nicht in echter Konzertatmosphäre, sondern im Rahmen eines Autokino-Konzerts. Das mag skurril sein für Künstler und Publikum, doch es hat gut funktioniert. Kunze war in guter Form und bestens gelaunt. Vermutlich hatte ihm die lange Pause auch zu schaffen gemacht und er war einfach froh, live auftreten zu dürfen.
Die neue Doppel-live-CD liefert einen Mitschnitt, der im Sommer am Schweriner Schloss aufgenommen wurde. Es gibt neue Stücke, seine Mitsing-Klassiker und viel Politisches. Ein buntes Sammelsurium an Songs aus seiner gesamten Karriere (inklusive „Dein ist mein ganzes Herz“, „Lola“ und „Finden Sie Mabel“), wobei er sich selbst an Gitarre oder Klavier begleitet. Und zwischendurch liest er kleine Texte: Gedichte, Aphorismen, Weisheiten, Kürzestgeschichten, Anekdoten aus dem Buch „Wenn man vom Teufel spricht – 200 Zeitgeschichten“.
Das hier festgehaltene Livekonzert ist also eine Mischung aus Livekonzert und Lesung. HRK zum Album: „Die Solokonzerte sind über die letzten Jahre meine liebste Beschäftigung geworden. Ich – bewaffnet mit drei Gitarren, einem Flügel und einer Mundharmonika – das ist es. Heinz Rudolf Kunze pur sozusagen. Solo bedeutet für mich: Die ganze Aufmerksamkeit, der ganze Beifall, das ganze Geld, die ganze Genugtuung, die ganze Schande, wenn es schiefgeht – alles meins. Toll. Im Programm und auf dem Album finden Fans eine Mischung zwischen Bruce-Springsteens Solo on Broadway und Harald Schmidt. Neben vielen bekannten Songs hört man nach jedem Song auch aktuelle, satirische, poetische und kabarettistische Texte aus meiner Feder.“
Kunze hat zumindest bewiesen, dass auch die kleinen Formate (und selbst die Autokonzerte) ihm mindestens genau so liegen wie die Formate mit großer Band. Das Publikum hängt an seinen Lippen und braucht nicht die Abwechslung der großen Show. Lassen wir also die feingeistigen Texte und mitreißenden Songs auf uns wirken und hoffen wir auf eine halbwegs normale Konzertsaison 2021. Die Hoffnung stirbt zuletzt.