Linas musikalische Karriere startete zunächst parallel zu ihrer schauspielerischen Tätigkeit in der „Bibi und Tina“-Filmreihe. Die ersten drei Alben erschienen im Jahresrhythmus von 2016 bis 2018 – und dann war zunächst Funkstille. Klar, Lina war nie wirklich weg vom Fenster. Sie gab Konzerte, wirkte in Socialmedia sehr aktiv und spielte im Kinofilm „Alle für Ella“ eine Musikerin, wobei es auch einen Soundtrack mit ihr auf den Leib geschneiderten Songs gab. Und doch haben die Fans ein neues eigenes Album mehr als herbei gefiebert.
Jetzt ist es endlich soweit und „24/1“ erscheint. In ihrem vierten Studioalbum erfindet sich LINA neu und emanzipiert sich von früheren Sounds durch Einflüsse von Synthie-Pop und Rap. Lina Larissa Strahl alias LINA ist jetzt 25 und befindet sich auf der Reise zur erwachsenen Künstlerin. Sie ist unterwegs, irgendwo auf der Strecke zwischen zwei Stationen und hat sich entschieden, ihren inneren Monstern in die Augen zu sehen. Sie will alle Facetten ihrer Persönlichkeit zeigen und das Spotlight auch auf die düsteren Ecken richten. Einen Tag, einen Song nach dem anderen, das ist „24/1“ und erklärt den kryptischen Albumtitel.
Tage, an denen man sich seinen Ängsten stellt, scheinen länger – in diesem Fall ist der Tag genau zwölf Tracks und ca. 33 Minuten lang. „Die Songs stehen für sich, aber wenn man rauszoomt, folgt das Tracklisting den 24 Stunden eines Tages, der morgens mit LOST KINDS beginnt und nachts mit FREUNDE ODER MEHR endet. Der rote Faden ist die Sehnsucht nach Sicherheit, die man in sich selbst nicht findet und deswegen bei anderen sucht.“
Kein Wunder, dass die Entstehung von 24/1 kein Spaziergang war. „Früher habe ich versucht, Probleme zu überspielen, um eine Leichtigkeit auszustrahlen, die gar nicht mehr wirklich in mir wohnte“, erzählt LINA. „Wenn man älter wird, verändert sich die Sichtweise und man beginnt zu verstehen, dass die Batterie irgendwann leerläuft, wenn man sich nicht vernünftig um sich kümmert. Zwischen meinem dritten Album und jetzt musste ich viel lernen, es war ein Reality-Check. Während Viele in der Pandemie scheinbar extrem produktiv waren, baute sich in mir der Druck auf, ebenso kreativ sein zu müssen. Stattdessen übernahm mein Kopf das Ruder und ich fühlte mich wie gelähmt: Einerseits möchte man an seine Erfolge anknüpfen und sich andererseits entwickeln. Man möchte den Fans nah bleiben und gleichzeitig auch sich selbst; man will das vielleicht unvollständige Bild von sich erweitern, eigenständig Musik machen und dabei am liebsten alle mitnehmen.“
„Lost Kids“ beginnt als melancholische Pianoballade und entwickelt sich ebenso wie Linas Stimme, die zu Beginn noch sehr kindlich klingt. Mit viel Charisma singt sie sich durch eine autobiografisch angehauchte Geschichte, mit der sich viele Jugendliche und junge Erwachsene identifizieren können. Das Album ist eher nachdenklich als rebellisch. „Kakao“ erzählt von negativen Erlebnissen in der Schule, „Klippe“ mit rhythmischen Klängen von einer verirrten Liebe.
Die Tracklist funktioniert in Form eines Konzeptalbums: Nach der Schule folgt mit „Leere Zimmer“ die innere Abkehr von einem geordneten Erwachsenenleben und „Schön genug“ beschäftigt sich als Gitarrenballade mit pubertären Selbstzweifeln. Abends geht es dann auf die Piste mit ihren sozialen Beziehungen wie in „Nüchtern“, „Lina, was ist los mit dir?“ und „Freunde oder mehr“. Gerade in den letzten Stücken des Albums klingt LINA sehr authentisch und bei sich selbst angekommen. Es sind keine Songs zum Party-Soundtrack, sondern sehr reflektierte Texte mit Ich-Botschaften.
Mit dem Berliner Songwriter und Produzenten Benjamin Bistram sowie David Bonk und Julia Bergen, mit denen sie schon seit ihren Anfängen arbeitet, hat LINA sich ein Album erkämpft, das dem Druck standhält. Geholfen hat eine Straightness und Klarheit in den Lyrics, vor der man den Hut ziehen muss: Schnörkellos, nur mit cleverer Wortwahl und entwaffnender Ehrlichkeit ausgestattet, versteckt sich hinter jedem Throwback Treibsand. „Julia, David und ich sind schon lange befreundet und verstehen uns blind, trotzdem waren die Themen, die mich auf 24/1 beschäftigen, auch für sie unerwartet. Ich will keine Haken mehr schlagen. Ich möchte auch dadurch Vorbild sein, dass ich ehrlich sage, wie es mir geht. Mir selbst hilft es auch, wenn ich Songs höre und das Gefühl habe, nicht allein zu sein. Wenn ich mich verstanden und aufgehoben fühle. In den sozialen Medien wird alles durch einen Filter geschickt, Musik ist für mich die Möglichkeit, ich selbst zu sein – oder mich zumindest auf die Suche danach zu machen.“
Es ist gut, dass sich LINA fast fünf Jahre Zeit gelassen hat für dieses vierte Album, mit dem sie die Pubertät abschüttelt und sich als anspruchsvolle neue Songpoetin etabliert. Man darf sich auf die Livetour freuen, die im April startet.
Tourdaten 2023
14-04-23 __ Hannover // Capitol
15-04-23 __ Hamburg // Fabrik
16-04-23 __ Berlin // Metropol
18-04-23 __ Leipzig // Täubchenthal
19-04-23 __ Dresden // Alter Schlachthof
21-04-23 __ München // Tonhalle
22-04-23 __ Wien // Simm City
24-04-23 __ Zürich // Volkshaus
25-04-23 __ Stuttgart // LKA Longhorn
26-04-23 __ Frankfurt // Zoom
29-04-23 __ Köln // E-Werk