Man mag sich darüber ärgern, dass das neue Album von Norah Jones mit 29 Minuten fast schon EP-Charakter hat. Aber um es zu verstehen, sollte man die Entstehungsgeschichte betrachten. Nach der Veröffentlichung ihres weltweit gefeierten Albums „Day Breaks“ im Jahr 2016 und den dazugehörigen strapaziösen Interviewreisen und Konzerten rund um den Globus, kehrte Norah im letzten Jahr still und leise ins Studio zurück, mit der alleinigen Absicht, ihrer Muse ohne jeglichen Druck kreativ zu folgen. Jones genoss die Freude und Spontaneität des Musizierens ohne Albumkonzept oder Deadlines und traf sich mit verschiedenen Freunden zu kurzen, weitgehend improvisierten Sessions, um zusammenzuarbeiten und „zu sehen, was passiert“.
Vier so entstandene Titel veröffentlichte Jones im vergangenen Jahr ohne großes Aufheben allein digital: „My Heart Is Full“, „It Was You”, „A Song With No Name“ und „Wintertime“. Sie reichen von überraschenden elektronischen Experimenten über akustische Folk-Balladen bis hin zu mit Orgeln und Horn getränkten Soul-Songs. Ohne die üblichen Marketingkniffe fanden auch diese Songs von Norah Jones wieder Millionen Fans. Daher fiel nun die Entscheidung, die Lieder mit drei brandneuen Werken zu einem Album zusammenzustellen.
Das Ganze funktioniert zum einen als Single-Sammlung, es ist aber auch die Bestandsaufnahme einer Künstlerin, die im digitalen Zeitalter neue Wege sucht. Norah Jones präsentiert sieben kreative Momentaufnahmen und zeigt sich erneut als faszinierende Künstlerin. Minimalistischer Jazz und Blues vereinen sich mit einer wundervollen Stimme. Der Sprechgesang von „My Heart Is Full“ passt zum experimentellen Charakter des Albums. Und darüber hinaus ist das Ergebnis gewohnt stilvoll.