Die Geschichte von Roger Waters und Pink Floyd ist in weiten Teilen ein Spiel der Befindlichkeiten und großen Egos. Als Waters sich 1985 aus der Band verabschiedete, war er der Meinung, diese sei ohne sein Mitwirken am Ende. Da hatte er die Rechnung aber ohne David Gilmour und Nick Mason gemacht, die nicht nur den Namen Pink Floyd weiter für sich beanspruchten, sondern diesen auch noch in eine neue Gigantomanie führten. Juristische Auseinandersetzungen beendeten alle Chancen auf eine weitere Zusammenarbeit und kommerziell gesehen war Waters der Verlierer. Das Blatt wendete sich kurzzeitig beim Fall der Berliner Mauer, da Waters sich die Rechte an der Aufführung von „The Wall“ gesichert hatte und ein Spektakel sondergleichen veranstaltete.
Mit diesem Oberwasser erschien 1992 das Album „Amused To Death“. Bei weitem nicht so erfolgreich wie die Pink Floyd-Releases, aber musikalisch ein wahrer Schatz für Fans. Vom Stil her erinnert das Album sehr an die alten Floyd-Werke und vor allem „The Wall“. Gesang mit verteilten Rollen und in mehrstimmigen Passagen, Soundschnippsel und eine beeindruckende Gitarrenarbeit. Dem Produzentenduo Roger Waters und Patrick Leonard gelang es, für „Amused To Death“ wahre Ausnahmekünstler zu engagieren. So drückt Gitarrenlegende Jeff Beck acht Songs seinen Stempel auf und auch die Gäste am Gesangsmikro sind Superstars: Don Henley (Eagles) ist auf „It’s a Miracle“, Rita Coolidge auf „Amused To Death“ und Soulsängerin P.P. Arnold auf „Perfect Sense Part I“ und „Perfect Sense Part II“ zu hören.
Weitere musikalische Gäste sind Andy Fairweather Low, Drummer Graham Broad, Percussionist Luis Conte und Pat Leonard, der bei mehreren Songs Keyboard spielte. Die Albumproduktion brachte Roger Waters wieder mit dem Komponisten und Arrangeur Michael Kamen zusammen, der bei „The Wall“ für die Orchester-Arrangements zuständig gewesen war. Kamen arrangierte und leitete die Passagen, die vom National Philharmonic Orchestra für die Songs „Too Much Rope“ und „What God Wants, Part II“ eingespielt wurden.
Das Konzeptalbum basiert auf Neil Postmans medienwissenschaftlichem Buch „Wir amüsieren uns zu Tode“ aus dem Jahr 1985. Waters spricht Themen an, die in den folgenden Jahren stetig an Brisanz gewannen. Heute ist das Thema der Medienabhängigkeit dringlicher denn je, und so gewinnt „Amused To Death“ 23 Jahre nach seiner ersten Veröffentlichung ungeahnte Aktualität. „Die Kritik, die ich vor 20 Jahren mit meinem Album äußerte, hat heute leider immer noch Gültigkeit. Wahrscheinlich ist es 2015 sogar noch wichtiger, sich die Probleme zu vergegenwärtigen als damals im Jahr 1992“, sagt Roger Waters über die Thematik des Albums. Ein guter Zeitpunkt also, um eine remasterte Edition zu veröffentlichen.
Die mir vorliegende Version ist eine BluRay Audio im 5.1 Surround Mix plus neuem Stereomix auf CD. Das neue Artwork zeigt ein kleines Kind vor riesigem Bildschirm und nähert sich damit der Thematik auf eine Art, die 1992 vermutlich noch gar nicht absehbar war. Das Booklet enthält alle Texte. Mein einziger Kritikpunkt ist das Format, das sich in BluRay-Dimensionen bewegt und damit dem Werk den Einzug ins CD-Regal verwehrt. Musikalisch ist dies Roger Waters‘ bestes Solo-Werk und bietet über 72 feinste sphärische Minuten mit inhaltlichem Tiefgang.
[itunesButton][/itunesButton]
[amazonButton][/amazonButton]