„Leave A Light On“ war einer der Überraschungshits des Jahres 2018 und man steckte Tom Walker gleich in die Songwriter-Schublade, in der auch Milow und Passenger ihren Platz haben. Jetzt, wo sein erstes vollständiges Album erschienen ist, will ich diesen Eindruck aber revidieren, denn Walker legt doch ein sehr poppiges und groß produziertes Debüt vor, aus dem man aber auch die Anfangszeit als Straßenmusiker in London heraus hören kann, woran vor allem seine raue Stimme großen Anteil hat. Ein Vergleich zu Rag’n’Bone Man ist manchmal durchaus angebracht.
Die Geschichte des inzwischen 27jährigen Songwriters begann in Glasgow und fand ihren vorläufigen Höhepunkt bei den diesjährigen BRIT Awards, bei denen er als „Breakthrough Artist“ ausgezeichnet wurde. Dass er dies vor Veröffentlichung seines Debüts schaffte, ist einerseits wirklich groß – die Vorschusslorbeeren setzen aber auch die Erwartungshaltung für „What a Time To Be Alive“ ordentlich nach oben. Die war ohnehin schon hoch, nachdem er 300 Millionen Spotify-Streams gesammelt hatte und beim Glastonbury Festival am Start war. Dass die BBC diesen Auftritt dann auch noch live ausstrahlte, war nur das Sahnehäubchen.
Die Songs umfassen ein breites musikalisches und emotionales Spektrum, von euphorischem Uptempo-Pop bis hin zu postmodernem Soul. Gleichzeitig gibt es aber auch Walkers Philosophie, die da lautet: „Wenn ein Song auf einer Party mit akustischer Gitarre funktioniert, dann hast du das große Los gezogen.“
„Leave A Light On“ ist ein bewegender Song über einen Menschen, der in Not geraten ist und Hilfe benötigt. Der Text vereint zwei wahre Geschichten: die eine, die von einem Freund handelt, der eines Nachts in Schwierigkeiten gerät und seine Hilfe braucht und der Tod seiner Tante später am selben Morgen.
Ein weiterer großartiger Song ist das minimalistische, bluesige „Angels“, das von Einsamkeit und dem Überwinden von Schwierigkeiten berichtet. Einen ähnlichen Vibe hat der Song „Blessings“, der davon handelt, pleite zu sein und es dennoch schätzen zu können, was man hat. „Heartland“ erzählt von Toms Erfahrungen in der Londoner Trinker-Szene und vom Widerstehen von Versuchungen. „Fly Away With Me“ widmet sich der Anfangszeit in London als armer Straßenmusiker, der in Bahnhöfen nächtigen muss. Und das große Thema der Liebe begegnet uns in dem gefühlvollen, beschwingt-leichten Reggae-Song „Just You And I“ – ein Lied über das Gefühl von Zusammengehörigkeit, der seiner Verlobten Annie gewidmet ist.
So wie alle jungen Musiker hat Tom in seiner Karriere einige Höhen und Tiefen mitgemacht, Freuden und Enttäuschungen erlebt. Möglicherweise ist dies einer der Gründe, warum es ihm mit seiner Ausnahmestimme und seinen emotionalen Songs gelingt, die Menschen zu erreichen und ihrer Angst, ihrem Verlust, ihrer Liebe und ihrer Freundschaft einen adäquaten Soundtrack zur Verfügung zu stellen. Toms Musik erinnert uns in schwierigen Zeiten daran, die guten Dinge im Leben zu bewahren und bietet uns inmitten des ganzen Chaos Hoffnung.