Kendrick Lamar, der einflussreichste MC unserer Zeit, meldete sich letzte Woche mit seinem ersten Doppelalbum zurück: Das fünfte Studioalbum „Mr. Morale & The Big Steppers“ ist seitdem überall im Stream verfügbar. Gut fünf Jahre nach seinem letzten Statement in Albumlänge – er selbst spricht im Eröffnungstrack von „1.855 days““–, präsentiert der 34-jährige Westcoast-Rapper, der als erster Hip-Hop-Artist den Pulitzer Prize gewinnen konnte, zur wichtigsten Stimme von Black Lives Matter avancieren sollte und längst zu den wenigen Hip-Hop-Icons gehört, die genreübergreifend maximalen Respekt genießen, ein jahrelang gereiftes Werk, das dementsprechend monumental und gewichtig daherkommt.
Nachdem er für den gefeierten „DAMN.“-Vorgänger (2017) gleich fünf GRAMMYs gewinnen konnte, beendete Kendrick die lange Wartezeit schon Anfang der Woche mit Part 5 seiner „The Heart“-Serie – und läutete mit einem spektakulären Deepfake-Video zum Standalone-Track, der nicht auf dem neuen Album vertreten ist, den Countdown ein. Postwendend Platz #4 in den globalen Spotify-Charts und auch hierzulande flächendeckend für seine Komplexität gefeiert, ist der heutige Freitag nun schon der zweite Tag dieser Woche, an dem die Musikwelt kollektiv den Atem anhält.
Hinter dem wenige Stunden zuvor veröffentlichten Albumcover – s.o.: Kendrick als fürsorglicher (und vorsorglich bewaffneter) Hood-Familienvater mit Dornenkrone, geschossen von Renell Medrano – verbirgt sich ein extrem persönliches Werk, in dessen Verlauf Kendrick Lamar Einblicke in seine Weltsicht und seine Philosophie, popkulturelle Referenzen und politische Ansagen, spirituelle Selbstreflektion (zwischen der Bibel und Eckhart Tolle) und klassisches Flexen am Mic zu einer Einheit verschnürt. Vor allem geht er immer wieder mit sich selbst ins Gericht und übernimmt volle Verantwortung für sein bisheriges Handeln, wenn er die Themenpalette (u.a. sein Verhältnis zu Geld, Eltern, Partnerinnen…) immer weiter auffächert. Zu den zahllosen Inspirationsquellen während der langen Reifephase zählten dabei auch morgendliche Radtouren (vorwiegend auf alten Beach-Cruisern), wie Lamar schon letzten Sommer im Zuge der Albumankündigung durchblicken ließ.
Am 03. Juni erscheint „Mr. Morale & The Big Steppers“ auch auf CD!
Im Verlauf der 18 Stücke von Mr. Morale & The Big Steppers – bestehend aus zwei Parts zu je neun Tracks – bekommt er Unterstützung von ganz unterschiedlichen Gästen: Neben Summer Walker & Ghostface Killah („Purple Hearts“), Baby Keem & Sam Dew („Savior“) und Blxst & Amanda Reifer („Die Hard“) teilt er sich das Mikrofon auch mit Kodak Black („Silent Hill“) und dem Briten Sampha, der die Hook zu „Father Time“ beisteuert. Für den knallharten Verbalschlagabtausch von „We Cry Together“ nimmt die Schauspielerin Taylour Paige (Hit The Floor, Zola) kein Blatt vor den Mund und lässt die Situation immer weiter eskalieren.
Auf dem zweiten Teil der Doppelalbums tritt schließlich sogar Beth Gibbons von Portishead mit ans Mic (für den Standout-Track „Mother I Sober“). Mit Tanna Leone („Mr. Morale“) ist auch ein Neuzugang von Kendricks Label-Plattform pgLang mit von der Partie. Während Sounwave, Duval Timothy (dessen Piano-Minimalismus immer wieder anklingt), Boi−1DA und Kendrick selbst (als OKLAMA) den Großteil der Produktion beisteuern, zählen auch Pharrell („Mr. Morale“), The Alchemist („We Cry Together“) oder auch Thundercat zu den Producern und Co-Autoren des Longplayers, der längst als Anwärter fürs Album des Jahres gehandelt wird.
MR. MORALE & THE BIG STEPPERS
Tracklist:
Vol. 1: BIG STEPPERS
1. United In Grief
2. N95
3. Worldwide Steppers
4. Die Hard ft. Blxst & Amanda Reifer
5. Father Time ft. Sampha
6. Rich (Interlude)
7. Rich Spirit
8. We Cry Together ft. Taylour Paige
9. Purple Hearts ft. Summer Walker & Ghostface Killah
Vol. 2: MR. MORALE
1. Count Me Out
2. Crown
3. Silent Hill ft. Kodak Black
4. Savior (Interlude)
5. Savior ft. Baby Keem & Sam Dew
6. Auntie Diaries
7. Mr. Morale ft. Tanna Leone
8. Mother I Sober ft. Beth Gibbons of Portishead
9. Mirror