Skip to content

Musicheadquarter.de – Internet Musikmagazin

Menu

09.03.2014 /

Ina Müller gab den Gegenentwurf zu Mario Barth und begeisterte die Arena Trier

Auf Konzerten von Ina Müller müssen sich Männer warm anziehen. Zumindest müssen sie damit rechnen, dass die Begleiterin ständig „siehste, siehste“ sagt, an den unmöglichsten Stellen laut lacht und überhaupt mit gestärktem Selbstbewusstsein die Show verlässt. Ja, Ina Müller ist so etwas wie der weibliche Gegenentwurf zu Mario Barth. Die Männer bekommen ihr Fett weg und müssen schon eine Menge Selbstironie an den Tag legen, um den Abend unbeschadet zu überstehen.

Ina singt nicht nur. Wer ihre Sendungen regelmäßig sieht, kennt sie als unermüdliche Schwaflerin und Kabarettistin. So war es auch in Trier. Die voll besetzte Arena sog gierig ihre Worte auf und schon mit ihren ersten Ansagen verwandelte sie das Auditorium in einen Hexenkessel. Der Start mit „Wenn ich weg guck“ war noch einigermaßen glamourös: Glitzerwelt, Schatten hinterm Vorhang, kleine Showtreppe. Doch dann ging’s gleich ans Eingemachte. Trier habe nachgefragt „ob die Sängerin ein Geländer braucht“. Und dann der Nachsatz: „Ob die sowas bei Helene Fischer auch fragen?“

Ina Müller ist 48 Jahre alt – da macht sie kein Geheimnis draus. So wie Adele ihre Alben „19“ und „21“ betitelt, nannte sie ihr neustes Werk halt „48“. Aus dieser Lebenserfahrung schöpft ihr ganzes Programm. Es geht um Frauen in den Wechseljahren, ihre Wehwehchen und ihre Träume. Da durfte die Norddeutsche sich auch mal einen Saarländer aus der ersten Reihe schnappen und ihm erste Lektionen in Sachen Beziehungsberatung erteilen. Es folgte der Knaller-Song „Sie schreit nur noch bei Zalando“, wobei (Achtung: Zielgruppe) die ältere Dame rechts von mir sich erklären lassen musste, was denn eigentlich Zalando sei.

Weiter ging es mit den weiblichen Problemzonen, den Jahresringen am Hals und dem Wanderfett, das nach Inas Theorie im Frauenkörper stetig nach unten wandert. Dann sang sie von „Mark“. Nicht der Währung, die vor dem Euro kam, sondern dem Mann, der vor Jens kam. „Doch ich rechne immer noch in Mark.“ Meistens zwei Songs, dann wieder ein längerer Redeschwall. Wir erfuhren, was Ina so in Zeitschriften liest. Dass Männer alle 20 Sekunden an Sex denken. Da musste auch Ina länger drüber nachdenken und suchte nach bildlichen Beispielen. Mit dieser Energie, so schloss sie, könne man letztlich die unseligen Windkraftanlagen ersetzen.

Aus ihrem vorherigen Programm kannte man schon das Spiel mit dem Flügel. Nein, Ina kann nicht Piano spielen. Aber sie würde gern – oder sich noch ein Schachbrett auf den Flügel stellen, weil das doppelt intelligent aussieht. Stattdessen musste sie ihr Mikro drauf legen und so tun als ob, bevor sie lachend den Ablagezettel in die Höhe hielt, auf dem die Crew einen Penis als Mikro-Umriss drauf gemalt hatte. Die Scherze wanderten zunehmend unter die Gürtellinie. „Früher kam der Mann, und danach gab’s Pizza. Heute kommt nur noch die Pizza.“

Doch es gab auch nachdenkliche, biographische Momente. Ina sang von ihren fünf Schwestern, schmachtete ein plattdeutsches Lied auf die Mama und sang „De Klock is dree“. Das Bühnenbild stellte eine ländliche Idylle nach. Oder mittels Google Earth flog man im Hintergrund auf ihr Heimatdorf zu. Zwischenzeitlich nahm Ina ein Bad in der Menge, erzählte vom Regenwürmer essen und von Kevin, der nicht mitspielen darf, weil er nun mal kein Fußball spielen kann. Scheiß auf das soziale Miteinander.

„Mit Mitte 20“ wurde als Langversion geboten. Und Ina verfiel in einen nicht enden wollenden Sprechgesang, erzählte von jungen Männern und ihrem Elan, dass sie mitten in der Nacht aufstehen, um lästige Stechmücken zu fangen. Fast 150 Minuten dauerte die Show. Und zum Ende hin wurde das Geschehen immer mehr zur großen Party. Es hielt keinen mehr auf seinem Sitz, ein Teil des Publikums stürmte zur Bühne. Ina gab durchgeschwitzt zwei letzte Zugaben, bevor sie sich mit ihrem eigenen Mantra von den Fans verabschiedete: „Rede was wahr ist, trinke was klar ist, esse was gar ist und vögle was da ist“. In zwei Jahren will sie wieder in die älteste Stadt Deutschlands kommen. Trier wird da sein.

Setlist Ina Müller – 9. März 2014

Wenn ich weg guck
Sie schreit nur noch bei Zalando
Déja vu
Mark
Wenn dein Handy nicht klingelt
Teenager
Schuhe
Fremdgehen
Spieglein, Spieglein
Pläne
Fünf Schwestern
Mama
De Klock is dree
Mit Mitte 20
Dumm kickt gut
Wenn du nicht da bist
Drei Männer her

Zurück in Muttis Bauch
Nach Hause