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RBF 17.09.2025 Reeperbahn / Hamburg

Reeperbahn Festival 2025 – Eindrücke vom Mittwoch, 17. September

Wenn Hamburg zum Reeperbahn Festival ruft, dann folgt die komplette Musikwelt. Delegierte treffen sich zum Austausch und Networking, Fans kommen, um neue Künstler*innen zu entdecken. Und davon gibt es genug: über 450 Konzerte finden an den vier Tagen statt. Open Air auf der Reeperbahn („Festival Village“ Heiligengeistfeld, Spielbudenplatz), in den unzähligen Clubs und Theatern, in den Kirchen St. Pauli und St. Michaelis – und auch in der Elbphilharmonie. Da fällt die Auswahl schwer. Am besten ist es nach meiner Erfahrung, einige Topacts ins Auge zu fassen und sich ansonsten treiben zu lassen. Gerade nach dem Zufallsprinzip kann man einige wunderbare Acts neu kennenlernen.

Der erste Gang am Mittwoch musste ohnehin zur „Festival Village“ führen, da man hier zunächst Schlange steht, um das obligatorische Bändchen zu erhalten. Und schon ging es los mit den ersten musikalischen Leckerbissen: Songwriter Yunus war zu einem halbstündigen Konzert auf der „Village Acoustics“ Bühne, um seine aktuelle EP „Fühlst du das auch?“ in einer Mischung aus Pop und Rap vorzustellen. Einer netter Einstieg in gemütlichem Ambiente. Nebenan auf der fritz-kola Bühne mit ihrem coolen Aufbau (untere Etage eine Bar, obere Etage das Livegeschehen) legten dann Honey I’m Home los. Es gab hymnische Musik mit Indie-Gitarren, Dream Pop und einer Prise Shoegaze. Ganz passend unter sonnigem Himmel. Auch Jacob Elias konnte auf der Acoustic-Stage glänzen. Der junge Sänger aus Wien bot leichten Pop mit sympathischen Texten und dazu Songs wie „Situationship“ und „Wachstumsschmerz“.

Gerade die Kirchen sind eine wirkungsvolle Konzertkulisse. Und es ist ja auch nicht selbstverständlich, dass der Pfarrer selbst zur Begrüßung auf die Bühne kommt und die Festivalgäste an seinem Arbeitsplatz willkommen heißt. Sängerin und Songwriterin Mel D aus Zürich schaffte am Mittwochabend in der St.Pauli-Kirche eine ganz besondere Atmosphäre. Ihre Songs sind erstaunlich vielseitig, wobei insgesamt ruhigere Stücke überwiegen. Eindruck hinterließ vor allem Mels ausdrucksstarke und wandelbare Stimme, die sowohl solistisch glänzte, als auch im Harmoniegesang mit ihren beiden Begleitmusiker*innen. Als Mel einen Song komplett alleine a cappella präsentierte, herrschte im Publikum eine beinahe andächtige und gespannte Stille. Und dann schuf sie ein wahres Pfeifkonzert, aber nicht etwa negativ gemeint, sondern indem sie gemeinsam mit dem Publikum Vogelstimmen imitierte. Besonders schön war auch der Abschlusstitel, bei dem sie am Ende die ganze Kirche zum Mitsingen brachte. Ein gelungener Auftritt der Künstlerin, von der man hoffentlich noch viel hören wird.

Und dann vom Kleinen zum Großen, schließlich ist das RBF immer auch für Überraschungen gut. Der Auftritt von Nina Chuba ist erst ganz kurzfristig für die „amazon music“ Stage angekündigt worden, findige Gäste hatten den Schriftzug aber schon am Nachmittag in der Bühnenkulisse entdeckt. Und tatsächlich: in einem halbstündigen Promokonzert stellte der Shooting Star aus Wedel Songs aus seinem neuen Album „Ich lieb mich, ich lieb mich nicht“ vor, dass am Freitag erscheinen wird. Die Open Air Bühnen sind frei zugänglich und ohne Ticket zu erreichen, aber in diesem Fall musste man Einhalt gebieten. Schon 45 Minuten vor dem Gig wurde der Zugang zum Heiligengeistfeld begrenzt. Wer jetzt erst kam, konnte nur aus weiter Ferne zuhören. Nina war allein auf der Bühne und brachte (live gesungen zur Musikkonserve) Stücke wie „Wenn das Liebe ist“, „RAGE GIRL“ und „Unsicher“. also durchaus die ganze Bandbreite ihrer Musik von aggressiven Parts bis hin zur von Selbstzweifeln geprägten Ballade. Dafür wurde sie grandios abgefeiert und die Show mit Hebebühne, viel Konfetti und ordentlich Pyrotechnik war es allemal wert.

Im Imperial Theater werden sonst Krimis aufgeführt – während des Reeperbahn Festivals verwandelt sich die gemütliche Location allerdings in einen Musikclub. Am Mittwochabend bot das Theater unter anderem der österreichischen Künstlerin Anna Buchegger eine Bühne, die auf bemerkenswerte Art modernen Pop mit alpiner Volksmusik und bissigen Texten kombinierte. Mit einem Jodel-Intro eröffnete sie ihr Konzert und trat gleich darauf den Beweis an, dass ein Hackbrett durchaus als Rhythmus-Instrument genutzt werden kann! Auch wenn man durch den österreichischen Dialekt nicht jedes Wort der Songs versteht, kam die Botschaft musikalisch auf jeden Fall an – und den Rest erledigten ihre sympathischen Ansagen. Insgesamt ein beeindruckender Auftritt, was nicht zuletzt auch der aus Schlagzeuger, Bassist und Keyboarderin (die gleichzeitig mit tollen Backing-Vocals überzeugte) bestehenden Band zu verdanken ist. Stimmgewaltig schuf Anna ihrer emotionalen Wut Raum und zeigte in der Theaterkulisse, dass sie auch ohne Mikro laut sein konnte.

Liang Lawrence ist eine waschechte Weltenbummlerin. Sie hat schon in Kalifornien, Kuwait, Malaysia, Japan, Neuseeland und UK gelebt. Mit einer Mischung aus Indie Pop, Folk und Country Rock brachte sie das Publikum in der St. Pauli Kirche schnell zum Tanzen. Indes machte sich im Imperial Theater Tyler Ballgame bereit. Der Singer/Songwriter aus Los Angeles ist erst vor einem Jahr so richtig ins Licht der Öffentlichkeit gerückt. Eine gewichtige Erscheinung mit viel Volumen in der Stimme. Seine beeindruckende Bühnenpräsenz und die weite Range in seinen Vocals führten ihn in ungeahnte Höhen. Eine grandiose Performance aus nostalgischem, zeitlosen Indie Pop zum Ende des ersten Festivaltags.

(c) alle Fotos: Julia Nemesheimer

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