1994 wurde beim Eurovision Song Contest in Dublin als Pausenfüller eine Show aufgeführt, die der irische Tänzer Michael Flatley gemeinsam mit dem Komponisten Bill Whelan ins Leben gerufen hatte. Der Titel war „Riverdance“ und an diesem Tag begann ein Siegeszug um die Welt. Noch heute wird die Mischung aus Stepptanz und keltischer Musik weltweit sehr erfolgreich und in unterschiedlichen Ausprägungen aufgeführt. Am 3. April war das aktuelle Ensemble in der Arena Trier zu Gast und begeisterte über 2.000 Zuschauer.
Ich habe die Show vor vielen Jahren in einer großen Produktion (ich glaube in der Festhalle Frankfurt) gesehen und man muss einige Dinge relativieren, wenn man hier Vergleiche zieht. Die Größenordnung einer Tournee-Produktion, die jeden Abend an einem anderen Ort ist, wurde nach unten angepasst. Keine Frage. Trotzdem war ich von dem Geschehen in Trier überaus angetan.
Was mir an „Riverdance“ im Vergleich zu anderen Tanzspektakeln besonders gefällt: Es wird eine Geschichte erzählt, die nicht nur aus Klischees besteht. Basis sind die keltische Musik und der daraus hervor gegangene Tanz. Es wird aber dargestellt, wie sich dessen Einflüsse mit den irischen Auswanderern in alle Welt verbreitet haben. So gibt es Passagen in der neuen Welt Amerika, wohin die arbeitsuchenden Iren sich in Scharen wandten. „The Harbour Of The New World“ verbindet in einer beeindruckenden Collage den keltischen mit dem amerikanischen Stepptanz und schlägt eine Brücke nach Osteuropa. An anderer Stelle wird der spanische Flamenco mit den keltischen Einflüssen verglichen. Diese Weltreise macht den Zauber von „Riverdance“ aus. Die Suche nach den Wurzeln der Musik ist ein spannendes Element.
In anderen Szenen wird die Kulturverbundenheit der Kelten thematisiert. Es gibt Gesänge und Tänze über die Sonne, das Wasser, das Feuer, den Kreislauf des Lebens und die Jahreszeiten. Der Tanz einer Schar von zwanzig Frauen und Männern steht im Mittelpunkt, wird aber immer wieder aufgelockert durch Sänger und Instrumentalisten. Der Chor mit seiner starken Solistin führt schöne, getragene Gesangsstücke auf, die meist a cappella und schwebend leicht das Rund der Arena ausfüllen. Mir gefallen diese harmonischen und leicht mystisch angehauchten Stücke sehr gut. Auf der amerikanischen Seite übernimmt ein Bariton die Hauptstimme – ebenfalls sehr stark, aber mit mehr Energie.
Die Instrumentalfraktion ist mit vier Musikern schwach besetzt. Aber immer noch besser als bei „Lord Of The Dance“. Diese Produktion war ebenfalls kürzlich in Trier und lieferte alle Musik vom Band. Bei „Riverdance“ bekommt man eine Mischung aus Livemusik und Tonkonserve (vor allem Gitarren). Nicht ideal. Was die anwesenden Musiker aber bieten, ist vom Feinsten! Der Violinist war in seiner Solo-Performance genial. Auch den Flötisten und Dudelsackspieler habe ich sehr bewundert. Was er aus den Instrumenten zauberte, war phänomenal. Der Schlagzeuger hatte einen Solo-Auftritt mit einer handlichen Trommel, aus der er ein rhythmisches Klanggebilde zauberte, das den Steppsound der Tänzer auf einem Trommelfell perfekt wiedergab. Alles in allem grandios.
Die „Riverdance“-Show hat einfach mehr Facetten als die anderen Gut-gegen-Böse-Kampfspektakel, die sich ganz auf atemberaubende Fußgymnastik beschränken. Daher ist und bleibt diese Show für mich die Nummer eins im Genre und auch das Publikum in Trier wusste den spannenden Abend mit stehenden Ovationen zu würdigen.