Schon der erste Song zeigt mir, warum die Reihe „Christmas With My Friends“ von Nils Landgren so erfolgreich ist: Er startet nicht etwa mit Posaune, Piano und Saxofon, um die Qualitäten der instrumentalen Mitstreiter herauszustellen, sondern gibt uns mit dem a cappella gesungenen „This Christmas“ einen wundervoll entspannten und atmosphärischen Einstieg. Landgren im Chor mit seinen Sängerinnen Sharon Dyall, Jeanette Köhn, Jessica Pilnäs und Ida Sand ist eine wunderschöne vokale Offenbarung. Gerade diese chorischen Elemente ziehen sich durch das ganze Album und bereichern es ungemein.
Die Christmas-Reihe des schwedischen Posaunisten ist auch in ihrer siebten Auflage ein wundervolles Klangerlebnis. Zwar voll von Soul- und Jazzklängen, aber nie zu verspielt, um die festliche Ruhe zu stören. Vor 14 Jahren versammelte Nils Landgren, Sänger und Fixstern der europäischen Jazzszene, erstmals seine engsten Weggefährten zu einem “Christmas With My Friends”, ging mit ihnen ins Studio und auf Tour. Und das Echo auf die fantastische Weihnachts-CD war so enorm, dass Landgren und seine Freunde seither alle zwei Jahre diese besondere Art, Weihnachten zu feiern, wiederholen. So sind die „Christmas With My Friends“-
Alben auch für mich fester Bestandteil einer persönlichen Weihnachtstradition geworden.
Diesmal schlägt er musikalisch den vielleicht weitesten Bogen seiner Karriere: mit 14 Liedern aus 14 Ländern. Man nehme nur Schuberts „Ave Maria“, das mit gezupften Mandolinenklängen und sanften Bläsern so heimelig klingt wie nie. Die Reise geht von Benjamin Brittens „Hodie Christus“ über Kirchen- und
Wiegenlieder wie das britische „Sweet Was The Song“ oder das polnische „Gdy sliczna Panna/Listen to my Lullaby“ bis zu fröhlicher Weihnachts-Weltmusik wie dem hymnischen, aus Russland stammenden „The Forest Raised A Christmas Tree“ oder dem bewegungsintensiven südafrikanischen „Sizalelwe Indodana“. Von nur im Ursprungsland Bekanntem wie dem finnischen „Sylvian Joululaulu“ bis zu Welthits wie „Feliz Navidad“ des Puerto Ricaners José Feliciano. Von Hommagen wie an den großen belgischen Chansonnier Jacques Brel bis zu eigenen Kompositionen von Johan Norberg und Eva Kruse.
Was alle Stücke gemeinsam haben, ist die unaufgeregte Herangehensweise. Selbst „Just Another Christmas“ im Bigband-Sound klingt noch sehr zurückhaltend und gibt vielleicht optimistischen Ausblick auf eine USA, die in Zukunft wieder ohne großes Gepolter auskommt.
Die Corona-Krise hat unser Zusammenleben mit “social distancing” grundsätzlich verändert. Umso größer ist die Sehnsucht nach den Werten und Freuden der Weihnachtszeit, nach Einkehr und Besinnlichkeit, nach Zusammenhalt und Freundschaft, nach einer die Welt umspannenden Liebe. Nils Landgren bietet solche Augenblicke mit seiner magischen Musik, die uns für einen Moment vergessen lässt, welche Widrigkeiten die Gegenwart mit sich bringt. Eine musikalische Umarmung voller Wärme und Wehmut!