„Lezoon“ ist bereits das fünfte Soloalbum des Frankfurter Sängers und Gitarristen mit armenischen Wurzeln. Aren Emirze ist ein wahres Multitalent und die Zahl seiner Bands und Projekte ist Legion. 1992 war er Gründungsmitglied der Noiserock-Formation Harmful. Neun Alben erschienen bis zur Auflösung 2014. Danach ging es weiter mit Projekten wie Taskete! und Musa Dagh. Zudem sang er als Duo mit Chima erstmals in deutscher Sprache.
Die Duett-Songs zeigten eine neue Seite: melancholisch, zerbrechlich und emotional erklangen die Melodien und Lyrics. Diese Vorgehensweise trug Emirze dann solo als Emirsian fort. In bisher vier Alben gab es große Songwriter-Stücke gespickt mit Elementen armenischer Folklore. Es waren und sind vor allem zurückhaltende und meditative Songs.
„Lezoon“ entstand in einer privaten Umbruchphase, nachdem Aren sich von der Mutter seiner Tochter getrennt hat. Die zehn Songs bieten eine heimelige und nachdenkliche Atmosphäre – doch es kommt auch zu folkloristischen Ausbrüchen wie auf „Gouzem“. Besonders stark: Emirze singt jetzt auch solo in deutscher Sprache und das klingt sehr bewegend, wie auf „Lichtjahre“ und „Einer von uns“. Seine armenischen Stücke klingen lautmalerisch wunderschön, doch die Songs in deutscher Sprache bekommen eine ganz besondere Dynamik.
„Vor acht Jahren habe ich damit angefangen, mit Moses Schneider zusammen deutsche Songs zu schreiben. Bei einer dieser Sessions sah ich bei ihm diesen Text herumliegen von Tobias Friedrich, der mit Moses zusammen in der Band Husten spielt. Ein Text, der mich auf der Stelle sehr berührt hat, auch aufgrund der Trennungs-Thematik. Wir sind Lichtjahre voneinander entfernt – genau so empfand ich damals. Deshalb fragte ich Tobias, ob ich ihn benutzen und mit einem Song unterlegen darf, und er willigte ein“, erklärt Aren.
Das Thema Sprache spiegelt sich auch im Albumtitel und dem Titelsong wieder: „Lezoon heißt übersetzt Sprache. Der Text stammt von Vahan Tekeyan, dem wichtigsten armenischen Dichter, der in dem Gedicht darüber sinniert, wie bedeutsam Sprache und ihr Erhalt ist, gerade und besonders auch die armenische – schon weil die Armenier durch den Genozid damals stark dezimiert wurden und auch viele Armenier heutzutage nah dran sind, ihre Wurzeln zu verlieren. In diesem Lied wird die Bedeutung von Sprache betrachtet, dass man sie pflegt und weiter trägt – und auch immer bemüht ist, all ihre Facetten und Details zu wertschätzen. Ein Umstand, der wiederum letztlich für alle Sprachen heutzutage gilt.“
Spannend sind auch die Kollaborationen, beispielsweise „Verchin Toure“ zusammen mit Serj Tankian, dem armenisch-amerikanischen Sänger von System of a Down. Und vor allem die Zusammenarbeit mit Aydo Abay. Dazu sagt Emirze: „Ich arbeite ja jetzt im Rahmen von Musa Dagh schon seit einer Weile mit Aydo zusammen, und es ist schön zu erleben, wie gut unsere Vermutung, dass unsere emotionalen und künstlerischen Welten miteinander harmonieren, tatsächlich aufgeht. Seine Melodiewelt und meine brachialen Gitarrenriffs funktionieren wirklich hervorragend miteinander.“
Ganz zum Schluss gibt es das wundervolle „Wolken“, bei dem Töchterchen Veron zu hören ist. Was für ein berührender Song der Kinderstimme mit sehnsüchtigen und poetischen Lyrics. Zum einen ist der Text kindlich-naiv, aber auch sehr philosophisch. Dieses Vater-Tochter-Duett untermalt mit sanften Streichern ist wirklich ergreifend. So gibt es kaum etwas zu bemängeln bei diesem starken und authentischen Album, das eine ganz persönliche Seite des Sängers zeigt. Höchstens vielleicht die kurze Dauer von nur 32 Minuten.