Über Jahrzehnte hinweg galt Moses P mit seinen Rödelheimern als ungehobelter Flegel, als Enfant terrible der deutschen Rapmusik. Der Frankfurter gründete das Rödelheim Hartreim Projekt und sein eigenes Label 3P. Er gilt als Entdecker von Xavier Naidoo und begleitete dessen Karriere in der Anfangszeit. Später kam es aber zu jahrelangen Rechtsstreitigkeiten. 1997 gab es Schlagzeilen, als er Stefan Raab im Anschluss an die Echo-Verleihung das Nasenbein brach.
Inzwischen sind 20 Jahre vergangen und die Wogen haben sich mehr als geglättet. Aktuell erschienen gleich drei wichtige Alben aus seiner Feder: Mit Xavier Naidoo ließ er „Nicht von dieser Welt“ in einem zweiten Teil auferstehen. Eine gelungene Fortsetzung, die den Spirit des Originals in die Gegenwart hebt. Dann war da mit „Kraft“ das neue Album des Soulprojekts Glashaus. Hier wurde Cassandra Steen mal wieder als kongeniale Sängerin tätig. Und kürzlich legte Moses mit „Herz“ endlich ein neues Soloalbum auf.
Dem vorausgegangen war die Teilnahme an der vierten Staffel von „Sing meinen Song“. Wer hätte das gedacht? Da erschien der harte Rapper plötzlich als emotionaler Kuschelbär mit Dauergrinsen. Und er spielte seine Stärken voll aus: Songs verändern und neu produzieren. Drei Beispiele finden sich auf dem aktuellen Album! Aus Gentlemans „You Remember“, Lenas „Home“ und „Sex On Legs“ von The BossHoss machte Moses P völlig eigenständige Songs, die er zum Teil mit autobiographischen Inhalten versah. Das waren definitiv Highlights der Fernsehsendung – und die deutsche Version von Lenas Hit „Home“, der jetzt „Heimat“ heißt, rührte viele zu Tränen.
Auch der Rest des Albums ist überaus emotional gehalten. „Aus dem Refugium“, „Mehr Licht“ und „An alle Engel“ (mit Vocals von Cassandra Steen) bieten gefühlvolle Texte. „Geheime Welt“ kommt überaus melancholisch daher, genau wie die Ballade „Wir sind eins (sagt ihr)“ mit Klaviermelodie, Streicher-Begleitung und Gesang von Michael Patrick Kelly.
Doch es gibt auch die typische Rapper-Standortbestimmung „Neubeginn“ und härtere, fast schon aggressive Titel wie das für sich stehende BossHoss-Cover „M zum O“. Ganz besonderen Spaß macht aber das fröhliche „Momomomomosespelham“ – ein Ohrwurm mit Kinderchor-Refrain und der unvergleichlichen Fußballer-Textzeile „Es gibt nur ein Moses Pelham“. Schön, dass auch solche Selbstironie auf einem authentischen Rap-Album Platz findet.
Es ist ein Album mit Tiefgang geworden. Sehr emotional, hervorragend produziert, mit bisweilen philosophischen Texten und ganz ohne die typischen Rap-Battles. Bei „Sing meinen Song“ hat man einen gereiften, fast schon altersmilden Moses kennen gelernt. Und diese Seite fasst er hier hervorragend in seine Musik.