Auf seinem neuen Album mit dem bezeichnenden Titel „Saint-Saëns“ beschäftigt sich der chinesische Pianist Lang Lang mit Musik aus Frankreich. Dabei geht es nicht nur um den großen Camille Saint-Saëns, sondern auch um die weltberühmten Ravel und Debussy – neben einigen weniger bekannten Komponisten. So entstand ein großer thematischer Rundumschlag auf zwei Silberlingen.
CD1 beschäftigt sich ausschließlich mit dem titelgebenden Franzosen und seinem „Karneval der Tiere“, ergänzt um das romantische Klavierkonzert Nr. 2 in g-Moll. „Viele von uns kennen den berühmten Karneval der Tiere noch aus ihrer Kindheit. Hinter all dem Spaß stecken viele kluge Einfälle. Saint-Saëns macht ein Statement, aber auf sehr humorvolle Weise“, sagt der Pianist. „Es war besonders schön für mich, das Stück gemeinsam mit meiner Frau Gina Alice aufzunehmen.“ Zudem ist das großartige Gewandhausorchester Leipzig mit von der Partie.
Nach diesem musikalischen Herzstück geht es weiter mit grandiosen Klavierstücken von Maurice Ravel und Claude Debussy. Im Anschluss ehrt er dann auch die Musik von fünf französischen Komponistinnen, die zu ihrer Zeit um Anerkennung ringen mussten: Lili Boulanger (1893-1918) mit „D’un jardin clair“, Germaine Tailleferre (1892-1983) mit „Valse lente“, Mélanie-Hélène Bonis (1858-1937) mit „La toute petite s’endort“ aus Miocheries, Louise Farrenc (1804-1875) mit ihrer „Étude Nr.10“ sowie Charlotte Sohy (1897-1955) mit „Romance sans paroles“ aus „Quatre pièces romantiques op. 30“.
Den Bogen zurück zu Saint-Saëns schlägt der Abschluss mit „The Swan“, das Lang Lang zum Schluss in einer reduzierten Version ohne Orchester spielt. Ich finde es immer grandios, wie er auf diese Weise ein thematisch komplexes Werk abliefert, das sich dann vermutlich auch im aktuellen Tourkonzept wiederspiegelt. Zur Zeit ist Lang Lang in deutschen Konzerthäusern unterwegs.
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Ein HipHop-Produzent bei der Deutschen Grammophon? Mir war klar, dass dieser Release etwas ganz Besonderes sein muss. Der Produzent und Musiker aus Los Angeles hat klassische Musikaufnahmen anhand von Samples in eine spezielle Art von LoFi-HipHop verwandelt und nennt das Ergebnis „Lofi Symphony“. Einem ganzen Dutzend bekannter Melodien hat er auf diese Weise mit einem halbstündigen Album neues Leben eingehaucht.
Er startet entspannt mit „Under The Moon“, einem Remix von Claude Debussys „Clair de lune“. Alles bleibt ruhig und entspannt, ohne große Ausschweifungen. Schade, dass die meisten Tracks sehr unvermittelt ausgeblendet werden, aber das ist wohl der Länge der Originale geschuldet. Zu Beginn fand ist das allgegenwärtige Vinylknistern im Hintergrund etwas irritierend, doch dieser Kniff entwickelt durchaus einen analogen Charme.
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Beethovens „Mondscheinsonate“ gehörte schon länger zu L.Dres persönlichen Favoriten, hinzu kamen Erik Saties „Gymnopédies“ oder Vivaldis „Vier Jahreszeiten“, die das Klangbild seines Albums erweiterten. Neben ruhigen, melancholischen Stücken, die sich ganz offensichtlich für eine Lo-Fi-typische Bearbeitung eigneten, wählte L.Dre auch bewusst energetische Kompositionen, um die dynamische Spannweite des Albums zu erhöhen.
Insgesamt ging es L.Dre vor allem darum, „ein paar wirklich ikonische klassische Stücke auszuwählen und ihre Geschichte neu zu erzählen, auf meine ganz eigene Weise“. Mit einem Augenzwinkern fügt er hinzu: „Außerdem wollte ich, dass all meine Produzenten-Freunde darüber rätseln, wie ich für diese Stücke wohl die Freigabe bekommen habe.“
Mit diesem Album ist ihm ein zeitloses Stück Musik gelungen, das zum entspannten Zuhören einlädt, ohne dabei Easy Listening zu werden. Man kann bekannte Melodien in einem spannenden Rahmen neu entdecken und sich in L.Dres Neuinterpretation hinein fallen lassen. Ein absolut gelungenes Experiment, das gerne ausgebaut werden darf.
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Der in Los Angeles aufgewachsene L.Dre lernte als Kind verschiedene Instrumente wie Gitarre und Schlagzeug, doch in seiner Jugend dominierten Skateboarding und Hip-Hop seinen Tagesablauf. Obwohl er Musikproduktion am College studierte, wurde YouTube zu seinem wichtigsten Lehrer. Inspiriert von seinen frühen Helden, Hip-Hop-Produzenten wie J Dilla oder Kaytranada, fing er schon als Teenager an, instrumentale Produktionen auf Streamingplattformen hochzuladen. Seine ruhigen, vom klassischen Boom-Bap-Stil der 1990er-Jahre beeinflussten Beats passten zu einem Trend, der sich in entsprechenden Playlisten abzeichnete. Seine Generation nutzte Lo-Fi Beats vor allem als Hintergrundmusik, etwa zum Lernen.
Als Digital Native nutzte L.Dre von Anfang an die sozialen Medien, um seine eigene Marke aufzubauen. Auf Instagram, YouTube oder TikTok teilt er mit seinen Follower:innen sehr offen Tipps und Tricks im Umgang mit Musiksoftware und Einblicke in den Alltag und die Arbeitsweise eines Musikproduzenten. Dieser edukative Ansatz hebt L.Dre aus der Masse an gesichtslosen Lo-Fi-Produzent:innen heraus. Seine hohe Arbeitsmoral und seine entspannte, zugängliche Persönlichkeit ließen seine Kanäle und seine Community unaufhaltsam wachsen.
Die Mischung ist absolut ungewöhnlich, das muss ich gleich vorab feststellen. Natürlich gab es schon Versuche, Metal und Klassik miteinander zu verbinden, man denke nur an die Cello-Instrumentalisten von Apocalyptica oder Metallicas überzeugende S&M-Alben. Doch kaum einer hat die Idee bisher so konsequent umgesetzt wie die Gothic Metal Band MOLLLUST aus Leipzig. Die achtköpfige Gruppe besteht aus waschechten Metallern, großartigen Stimmen und einem Streicherensemble. Für ihren „Opera Metal“ sind sie seit Bandgründung im Jahr 2010 bekannt und konnten schon das Wacken Open Air sowie andere renommierte Festivals begeistern.
Das neue Album „Mother Universe“ entführt die Hörer auf eine knapp 75minütige Reise durch unser Sonnensystem. Das Album startet mit einer „Cosmic Ouverture“, erst zart, dann ganz bombastisch. Als Ausgangspunkt der Reise nimmt man die Sonne, doch dann geht es nicht etwa von den inneren zu den äußeren Planeten, sondern kunterbunt über Saturn, Venus, Erde bis hin zu Uranus und Neptun. Nicht nur jeder der acht Planeten bekommt seinen Track, auch unser Mond und der Zwergplanet Pluto.
So vielschichtig diese Himmelskörper sind, so unterschiedlich sind auch die Songs. Detailverliebt wurden unterschiedliche Klangwelten geschaffen: “Mars – The game is over” kommt brachial mit großem Orchesterklang, Blechbläsern, Pauken und epischen Chören daher, “Venus – Poems of love” mit lieblich verspielten Streicherdialogen und Harfenklängen, während “Saturn – Human clockwork” roh und geradezu maschinenhaft stampft.
Die Musik wird mit Bombast und Pathos vorgetragen. Mal dominiert die Metalband, dann wieder das Orchester. Opernhafte Vocals bahnen sich ihren Weg wie Arien. Die Dynamik ist absolut vielfältig mit leisen und lauten Elementen. Zwischen den Hauptsongs gibt es kleine instrumentale Zwischenspiele, welche die Elemente des Sonnensystems miteinander verbinden.
Althergebrachte Songstrukturen sucht man vergebens. Es dominieren sinfonische Elemente. Ehrlich gesagt werden mir die divenhaften Vocals an manchen Stellen zu viel. Da hätte ich mir bisweilen mehr Abwechslung gewünscht so wie bei den klaren Klängen der „Venus“. Alles in allem bietet „Mother Universe“ aber ein starkes Stück Musik, vorgetragen von großartigen Sänger*innen und Instrumentalist*innen.
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Der isländische Pianist Víkingur Ólafsson hat mit „From Afar“ sein bisher persönlichstes Album auf den Markt gebracht. Das wird schnell klar, wenn man die Entstehungsgeschichte betrachtet. Das Album nahm im September 2021 Gestalt an, als Ólafsson einen seiner Lieblingskomponisten traf, den „Meister der wenigen Töne“ György Kurtág. Dessen „Aus der Ferne“ hallt wider im Titel der neuen Aufnahme. Weil Ólafsson nicht die richtigen Worte fand, um Kurtág für die Begegnung zu danken, die ihn so „leicht und froh“ gemacht hatte, suchte er stattdessen nach der richtigen Musik. „From Afar“ ist ein „Brief an einen Freund“, wie Ólafsson sagt. Originalminiaturen und Transkriptionen des ungarischen Komponisten hat er ausgewählt, verwebt sie mit isländischen und ungarischen Volksliedern sowie Stücken von Schumann, Brahms und Thomas Adès – Musik, die das Leben des Pianisten durchzieht.
Abseits der Klassik und im modernen Pop würde man „From Afar“ vermutlich als musikalisches Mixtape bezeichnen, in dem der Interpret seine Lieblingssongs und -melodien zu einer Einheit durchmischt und thematisch miteinander verbindet. Das ist ihm absolut gelungen und man kann stimmungsvoll in die klassischen Welten bekannter und weniger bekannter Komponisten eintauchen. Der junge Pianist aus Island entpuppte sich in der Vergangenheit schon mehrfach als hochintelligenter und innovativer Klangforscher, der das klassische Genre neu definiert. Dabei komponiert er nicht – wie viele seiner Zeitgenossen – selbst, sondern beschränkt sich auf filigrane Interpretationen bestehender Werke.
Hier gibt es aber noch eine zweite Besonderheit: Víkingur Ólafsson hat das komplette Album zweimal eingespielt: auf einem Steinway-Flügel und auf einem Klavier, dessen Klang durch eine Filzdecke auf den Saiten gedämpft wird. Zwei Klangwelten öffnen sich durch die verschiedenen Instrumente – farbenreich und atmosphärisch. Damit entsteht ein Kontrast, der ebenfalls mit Kindheitserinnerungen des Künstlers einher geht. Da die Eltern auch Musiker waren, hatte man zwar einen großen Flügel zuhause, der aber oft einfach besetzt war. Víkingur musste also oft auf ein einfaches Klavier ausweichen und weiß seitdem beides zu schätzen.
Der Hörer kann hier auf verschiedene Formen in Ólafssons intime Welt eintauchen. Als Empfänger einer spannenden Liebeserklärung an den musikalischen Helden und als Entdecker zweier unterschiedlicher Arten filigraner Interpretation. Fazit: absolut gelungen!
Der chinesische Pianist Lang Lang gehört seit Jahrzehnten zu den größten klassischen Musikern weltweit. Schon im Alter von zwanzig Jahren gewann er 2002 den „Leonard Bernstein Award“. Die Anzahl der Auszeichnungen ist inzwischen Legion: er wurde mit der „Goldenen Kamera“, dem „Bambi“ und mehrfach mit dem „ECHO Klassik“ ausgezeichnet. Die New York Times bezeichnete ihn als „sensationellsten Künstler der klassischen Musikszene“. Er hat bei der Eröffnung der Olympischen Spiele in Peking gespielt, bei der Verleihung des Nobelpreises an Barack Obama und beim 60jährigen Thronjubiläum der Queen.
Musikalisch ist er in der Welt der großen Meister zuhause. Beethoven, Chopin, Liszt und Mozart zieren seine klassischen Einspielungen. Doch der Künstler ist immer darauf bedacht, jüngeren Menschen den Spaß an der Klaviermusik zu vermitteln. Schließlich kam er auf diesem Weg selbst zur Musik und seiner Berufung. So veröffentlichte Lang Lang vor drei Jahren sein „Piano Book“ mit einer Sammlung von Stücken, die der Künstler seit frühester Kindheit liebt. Und jetzt geht er noch einen Schritt weiter und widmet sich populären Filmmusiken, allesamt aus dem Hause Disney.
„The Disney Book“ wurde von ihm gemeinsam mit dem Royal Philharmonic Orchestra unter der Leitung von Robert Ziegler eingespielt. Die Arrangements sind manchmal ganz sanft gehaltenen, dann fahren sie die ganze Opulenz eines großen Orchesters auf. Es gibt bekannte Melodien aus „Frozen“, „Mulan“, „Encanto“, „Soul“, „Coco“, „Aladdin“ und „Tarzan“. Wir können uns an der „Muppet Show“ ergötzen und an Balu, dem Bären, und seinem Aufruf zur Gemütlichkeit.
Das Album ist eine in jeder Beziehung internationale Produktion. Aufgenommen in London, New York, Shanghai und Paris zeichnet es Disneys Musikgeschichte nach – von den 1920er Jahren bis heute – und spiegelt zugleich den persönlichen Weg des Pianisten: „Als ich klein war, entfachte der Zeichentrickfilm meine ganze Fantasie“, sagt Lang Lang. “Er entführte mich in andere Welten und die Musik war Teil dieser Erfahrung – der erste Moment meiner lebenslangen Liebe zur klassischen Musik. Die Disney-Songs sind stilistisch so vielfältig – für wirklich jeden ist etwas dabei, das ihn anspricht und inspiriert. Ich hoffe, dass alle, ganz gleich welcher Generation und Herkunft, diese Aufnahme genießen und dieselbe Freude erleben, die sie einst empfanden, als sie zum ersten Mal einen Disney-Film sahen.”
Die meisten Tracks sind instrumental gehalten, aber jederzeit mitreißend gestaltet. Bisweilen gibt es vokale Features, unter anderem von Andrea Bocelli, der eine italienische Version von „Dir gehört mein Herz“ singt, Jon Batiste und Gina Alice (Lang Langs Ehefrau). So entstehen rockige, soulige und melancholische Momente.
Lang Lang erzählt die Geschichte eines Jahrhunderts märchenhafter und ergreifender Unterhaltung für jedermann. Wer weiß? Vielleicht sind diese Melodien die klassische Musik der Zukunft? Lang Lang jedenfalls besticht durch eine filigrane und sehr emotionale Interpretation. So führt man klassische Musik in den Mainstream und betört mit virtuosen Melodien, die jeder kennt. Win-win für beide Seiten!
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Der in Frankreich geborene und aufgewachsene Jean-Philippe Rio-Py begann seine internationale Karriere, als er mit 21 Jahren nach London zog. Schon früh wandte er sich der Musik zu, als er sich das Klavierspielen selbst beibrachte. Da er keine Notenblätter hatte, begann RIOPY in jungen Jahren Stücke zu komponieren. Aus der Not wurde eine Tugend, denn heute profitiert der junge Künstler von seiner großen musikalischen Vorstellungskraft und unstillbaren Neugierde. Chris Martin von Coldplay hat ihm zum Karrierestart einen Steinway-Flügel geschenkt. Jetzt ist RIOPY selbst ein weltweit gefeierter Künstler.
Er hat keinen Zweifel, dass die Musik ihn rettete, als es ihm wirklich dreckig ging: “Die Musik befreite mich“, sagt RIOPY und erinnert sich, wie sie während seiner Kindheit ein Zufluchtsort war und ihm half, seine hartnäckigen Zwangsstörungen zu überwinden. „Ich entdeckte einen Platz in meinem Kopf, wo ich komponieren und gestalten konnte. Wenn ich mich auf die Musik konzentrierte, blieb kein Raum für andere Gedanken.“
RIOPY übersetzt das Leben um sich herum in Töne und Akkorde. Nach den Vorgängern “Riopy”, “Tree Of Light” und “Meditation 432” hat der Musiker im Jahr 2021 mit „BLISS“ eine Sammlung von elf Klavierstücken zusammengestellt, mit denen er seine Fans zum Diskurs einlud. Jeden Monat veröffentlichte er einen weiteren Song des Albums, mit denen er den Helden des Alltags auf seinem edlen Fazioli-Piano huldigte. Es war schon ein starker Zug, das Album in diesen schwierigen Corona-Zeiten “Bliss” (Glückseligkeit) zu nennen.
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Jetzt, mehr als ein Jahr später, erscheint das Werk neu in einer „extended version“. Die Neuauflage enthält drei brandneue Singles, inklusive der kürzlich veröffentlichten „The First Waltz“ und „Human Compassion“, die einen Optimismus und eine Hoffnung zum Ausdruck bringen, wie sie nur jemand empfinden kann, der ein erschütterndes Leben hinter sich hat. Der Pianist hat eine schwierige Vergangenheit in seine Musik einfließen lassen. Weltweit dient sie Millionen als Quelle von Zuversicht, Achtsamkeit und Trost.
Über „[extended] Bliss“ erzählt er: „Für mich geht alles um Gefühle. Diese Einspielung ist sehr wichtig für mich, denn BLISS (Glückseligkeit) ist das, was ich teilen möchte. Musik kann heilen. Der pure Klang des Klaviers zusammen mit meiner eigenen Stimmung sollen uns in diesen Zustand versetzen. Musik kann nicht alles kurieren, aber bei dem, was gerade ansteht, kann sie sicherlich unseren mentalen Zustand stärken.“
Für RIOPY ist das Album ein akustisches Journal, ein emotionales Tagebuch, in dem er seine Gedanken, Gefühle und Impressionen in einer Zeit voller Herausforderungen festgehalten hat. Er liefert virtuose Klänge und verträumte Melodien. Die neuen Stücke fügen sich dabei wunderschön mit ein – die Tracklist wurde abgeändert, aber es wurde kein Stück gestrichen.
“Bliss” liefert in weiten Teilen pure Melancholie und wunderschöne Läufe über die Tasten. Die Macht der Träume und die Macht der Realität werden gekonnt miteinander verbunden. Wer auf klassisch angehauchte Musik steht und vor einem Jahr noch nicht auf diesen Ausnahmekünstler aufmerksam wurde, hat jetzt eine neue Chance mit dem erweiterten Album. Es lohnt sich!
Diese Einspielung möchte ich mal als äußerst gelungenes Experiment bezeichnen, denn hier vermischen sich moderne Elemente gekonnt und sehr konsequent mit klassischen Melodien.
Debussys „La Fille aux Cheveux de Lin“ startet als Pianostück, wird aber alsbald mit chilligen Elektroniksounds versetzt, die nach einem Schwofen durch die laue Sommernacht klingen. Allein die vokalen Einsprengsel finde ich etwas übertrieben. Der Schwan aus Camille Saint-Saëns‘ „Karneval der Tiere“ gleitet auch hier elegant durch den Tag, wird aber mit einem mystischen Gesang versehen. Und DJ Roosevelt gestaltet Ravels „Jeux D’eau“ zum nervösen Tanzstück im Discobeat um.
Spannend wird es bei äußerst bekannten Passagen beispielsweise aus Tschaikowskys „Schwanensee“ oder Bizets „Carmen“. Die melodische Grundlage hat man noch im Ohr – doch sie wird in diesen Fällen mit lasziven Vocals ausgestattet und auf eine neue Ebene gehoben. Der britische Komponist, Orchestrator und Dirigent Sam Thompson krönt das Album mit einer virtuosen Überarbeitung von Faurés „Pavane“, die sein Freund Peter Gregson am Cello begleitet. »Für mich«, so Thompson, »liegt der Sommer im leuchtenden Frohmut der zwitschernden Holzbläser und den langen, schmachtenden Phrasen der Cellomelodie.«
Wer bei klassischen Interpretationen eine originalgetreue Umsetzung erwartet, sollte jedenfalls vorsichtig sein. Er könnte enttäuscht werden. Viele der grundlegenden Melodien sind kaum noch zu erkennen und verschwinden hinter elektronischen Einlagen. Die DJs und Produzenten haben hier einen komplett neuen Sound geschaffen, der sehr gut zum Chill-Out-Room einer Disco passt oder zum gelungenen Tanzabend am Strand beitragen kann. Damit ist dann auch die Zielgruppe definiert.
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Mit dem Label MPHIL öffnen die Münchner Philharmoniker ihr umfangreiches Archiv und geben dem Hörer die Möglichkeit, eine der reichhaltigsten Sammlungen von Aufnahmen legendärer Künstler zu genießen. Aufgrund der Ära Celibidache und ihrer Bedeutung für das Wesen des Orchesters hat das Label MPHIL einen besonderen Schwerpunkt auf Archivaufnahmen unter der Leitung von Sergiu Celibidache gelegt. Im Frühjahr 2022 ist es eine Aufnahme mit Sergiu Celibidache der „Sinfonie Nr. Es-Dur op. 82“ von Jean Sibelius aus dem Jahr 1988 sowie Igor Strawinskys „Der Feuervogel“ aus dem Jahr 1982.
In Jean Sibelius‘ 5. Sinfonie schwingt Thor seinen Hammer und der Zuhörer spürt, dass in dieser Musik kosmische Kräfte am Werk sind, worüber Sibelius selbst 1914 schrieb: „Gott öffnet für einen Moment die Tür und sein Orchester spielt die Fünfte Symphonie“. In dieser Aufnahme verzaubert Celibidache die Münchner Philharmoniker mit einer Interpretation von enormer Kraft und Vision.
Igor Strawinskys Feuervogel-Suite hingegen ist ein opulentes Märchen. Was diese Aufnahme zu einem großartigen Hörerlebnis macht, ist Celibidaches außergewöhnliches Verständnis für die rhythmischen Tänze, die in dieser Partitur pulsieren, und für die volkstümlichen Elemente, die spontan gemeistert werden.
Auf dem Label MPHIL erscheint diese Aufnahme erstmals digital im mSpatial Dolby Atmos Format: mSpatial, entwickelt von den msm-studios (München), verwandelt eine klassische Stereoaufnahme in ein authentisches immersives Hörerlebnis. Das Verfahren virtualisiert die originale Saalakustik des Aufnahmeortes, basierend auf Algorithmen, die auf akustischen Messungen vor Ort beruhen.
Sergiu Celibidache hat Aufnahmen seiner Konzerte nie als echte, gültige Musik akzeptiert. Für ihn gab es Musik nur in dem Moment, in dem sie aufgeführt wurde, und nur für das Publikum, das während des Konzerts im Saal anwesend war. Das Postulat des verstorbenen Maestro von der simultanen Zeit ist für immer verloren. mSpatial bringt den Zuhörer jedoch näher als je zuvor an den zweiten Aspekt seines Credos heran, indem es eine virtuelle, immersive Akustik in der Umgebung des Zuhörers schafft, die dem ursprünglichen akustischen Erlebnis im Konzertsaal, in dem die Aufführung stattfand, entspricht.
Bei solchen Releases stellt sich mir oft die Frage: Darf man das? Ist es nicht Blasphemie, in den großen Werken alter Meister rumzupfuschen? Max Richter hat es schon wieder getan! Bereits vor einer Dekade sorgte er mit seiner Neuinterpretation von Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ für Furore in der Klassik-Szene. HIER findet ihre unsere Review aus dem Jahr 2014. Die Neukomposition stürmte damals die Klassik-Charts und kaum jemand störte sich an den neuen Klängen und der Verwendung elektronischer Instrumente.
Jetzt aber ist eine erneute Revision angesagt. Gemeinsam mit der Geigerin Elena Urioste und den Musikern des Chineke! Orchestra hat Richter „The New Four Seasons“ eingespielt – und das in einer Neufassung für historische Instrumente. Mit Darmsaiten und Vintage-Synthesizern setzt Richter auf einen „raueren, punkigeren Sound“.
Der Komponist hatte sich vor einigen Jahren mit diesem Werk auseinandergesetzt, das er selbst liebte und zugleich nicht mehr hören konnte, weil es überall zu hören war. Er begab sich auf eine „persönliche Bergungsmission“ und schöpfte aus Vivaldis musikalischer DNA etwas Neues. Und dieses „Recomposed“-Album findet weiter neue Hörer, so wurde es als Soundtrack erfolgreicher Fernsehserien genutzt, etwa in „Bridgerton“ und „The Crown“.
In den letzten zehn Jahren hat Richter „Recomposed“ immer wieder performt. Nun hat ihn eine Aufführung auf historischen Instrumenten zu einer „Reise durch die Partitur in Vivaldis eigenen Farben“ inspiriert. So trifft eine barocke Klangpalette auf einen Moog-Synthesizer aus den 70er-Jahren.
Für mich ist seine neue Interpretation einfach genial und sie atmet absolut den Geist des Originals. Auf diese Weise kann man auch junge Hörer für ein in die Jahre gekommenes Werk begeistern. Max Richter hat ein Händchen dafür, diese wundervolle Musik mit stilvollen Mitteln aufzupeppen, ohne ihr den klassischen Charme zu nehmen. Daher die Antwort auf eingangs gestellte Frage: Ja! Wenn jemand darin rumpfuschen darf, dann Max Richter.
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Herbert von Karajan wurde 1908 in Salzburg geboren und ist 1989 ebendort verstorben. Der österreichische Dirigent zählt zu den bekanntesten und bedeutendsten des 20. Jahrhunderts. Karajan arbeitete mit vielen angesehenen Symphonieorchestern, wirkte an bedeutenden Opernhäusern und veröffentlichte zahlreiche Einspielungen klassischer Musik.
Am 6. Mai erschienen beim Label Erato von Warner Classics zwei historisch wertvolle visuelle Veröffentlichungen im DVD- bzw. Blu-ray-Format.
Die Blu-ray „Beethoven Symphonies 5 & 9“ zeigt den Meister mit den Berliner Philharmonikern und dem Chor der Deutschen Oper. Zwischen beiden Mitschnitten liegen zwölf Jahre und sie zeigen unumwunden Karajans Klasse als Dirigent und – so man muss fast schon sagen – als Performer. Ständig ist er in Bewegung und im Austausch mit seinen Musikern. Grandios zelebriert er die großen Emotionen von Beethovens Sinfonien. Im Chor beim Silvesterkonzert der Sinfonie Nr. 9 im Jahr 1977 wirkt unter anderem René Kollo mit. So ist es ein fantastisches Zeitdokument, dass im Bonusbereich einen Exkurs zur „Kunst des Dirigierens“ enthält und den Maestro im Gespräch mit Joachim Kaiser zeigt sowie die Proben begleitet.
Der zweite Release trägt die Einblicke in den Probenbereich bereits im Titel: „In Rehearsal & Performance“ gibt es Schumanns Sinfonie Nummer 4 und erneut Beethovens Fünfte (wobei dieser Mitschnitt der Berliner Aufnahme auf oben genannter Blu-ray entspricht). Die Sinfonie von Robert Schumann wurde im Jahr 1965 mit den Wiener Philharmonikern eingespielt. Auch hier sieht man Karajan ganz in seinem Element und in voller emotionaler Breite. Die Aufnahmen stellen den Dirigenten meistens in den Mittelpunkt. Das mag für heutige Mitschnitte ungewöhnlich sein, aber er war nun mal der Star, der gezeigt werden sollte (und wollte).
Beide Formate sind eine gelungene Hommage an einen außergewöhnlichen Menschen und Musiker. Zudem ist ihm die Tatsache hoch anzurechnen, dass er sich so tief in die Karten blicken lässt. Aufnahmen der Proben berühmter Orchester sind doch eher die Ausnahme.
Der Tod von Roger Cicero kam völlig unerwartet. Einen Tag nach seinem letzten Live-Auftritt im Bayerischen Fernsehen traten plötzlich akute neurologische Symptome infolge eines Hirninfarktes auf. Im Krankenhaus verschlechterte sich sein Zustand rapide. Der 45jährige verstarb am Abend des 24. März 2016 im Kreise seiner Lieben ohne das Bewusstsein wieder erlangt zu haben. Sehr plötzlich hat er die Musikbühne verlassen.
Schnell taten sich Parallelen zu seinem Vater Eugen Cicero auf, der im Alter von 57 Jahren ebenfalls sehr früh verstarb. Eugen war ein bekannter rumänischer Pianist, der während einer Konzerttournee 1960 mittels eines Visums von Ost-Berlin nach West-Berlin wechselte und nicht mehr zurückkehrte. Während viele seiner Kollegen nach Nordamerika gingen, blieb Eugen Cicero in Westdeutschland und spielte fünf Jahre später die Platte „Rokoko-Jazz“ ein, die sich weltweit über eine Million mal verkaufte. Er spielte beim RIAS Tanzorchester und bei der SFB Big Band.
1970 wurde Roger geboren. Der Vater erlebte noch mit, dass sein Sohn ebenfalls zum Jazz ging und von 1991 bis 1996 Gesang studierte, doch die erfolgreiche Karriere des Sohnes, der sich zu einem der beliebtesten deutschsprachigen Pop- und Jazzsänger der Gegenwart entwickelte, erlebte er nicht mehr mit.
Im berührenden Dokumentarfilm „Cicero – zwei Leben, eine Bühne“, der am 24.3.22 in den Kinos startete, offenbaren Kai Wessel, Katharina Rinderle und Tina Freitag die einzigartige Vater-Sohn-Beziehung zweier Ausnahmetalente. Engste Wegbegleiter und namhafte Zeitzeugen beleuchten zwei Genies, die es immer wieder auf die Bühne zurücktrieb. Außergewöhnliche Konzertmomente lassen die schmerzliche Lücke, die ihr früher Tod hinterließ, umso deutlicher werden. Der Film ist eine emotionale Hommage an zwei strahlende Persönlichkeiten voller Widersprüche, Humor und Inspiration – so frei und überraschend wie ihre Musik.
Während Eugen in den 60er Jahren als Klaviervirtuose Berühmtheit erlangte und mit Starsängerinnen wie Ella Fitzgerald oder Shirley Bassey auftrat, füllte Roger Jahre später als einer der begnadetsten Sänger Deutschlands riesige Konzerthallen. Ihre Lebensgeschichten sind untrennbar miteinander verwoben und weisen faszinierende Parallelen auf – Genialität gepaart mit einer beispiellosen Leidenschaft, das Überwinden von Grenzen, der Balanceakt zwischen kommerziellem Erfolg und künstlerischer Integrität und schlussendlich der tragische Ausgang, der die Musikwelt bis heute erschüttert.
Leider habe ich den Film noch nicht gesehen, aber der Soundtrack ist bereits ein hervorragender Einstieg. Erstmals sind Werke beider Künstler auf einem Album vereint und man mag sich vorstellen, wie beide zusammen gewirkt hätten. Die Zusammenstellung der Songs wirkt wie eine musikalische Einheit, die es so leider nie gegeben hat.
Roger ist mit einigen ungewöhnlichen Interpretationen bekannter Popklassiker im Swing-Format vertreten. „Kiss“ (Prince), „No Moon At All“ (Redd Evans) und „I Cannot See“ (Julia Hülsmann Trio) zeigen eindrucksvoll die stimmlichen Fähigkeiten des Sängers. Liveversionen von „Have A Talk With God“, „From The Morning“ und dem wundervollen „Just The Way You Are“ beweisen Rogers Talent, jedes Stück mit verjazzten Improvisationen zu seinem eigenen zu machen.
Und dieses Talent hatte auch der Vater. Wie wundervoll vermischt Eugen die Pianoversion von „Easy“ mit Mozarts „Alla Turca“ sowie weiteren klassischen Versatzstücken von Claude Debussy und anderen Komponisten. Allein dieses Klavierstück zeigt ein enormes Talent, frei zu improvisieren und doch immer wieder in gespielter Leichtigkeit zum Ausgangspunkt zurückzukehren. Das Publikum dankt es mit enthusiastischem Zwischen- und Endapplaus. Weitere Tracks liefern verswingte Versionen von Frederic Chopins „Prelude E-Minor“ und Johann Sebastian Bachs „Badinerie“. Wenn man das hört, wird klar, woher Roger sein Talent hatte. Mit solchen musikalischen Wundern aufzuwachsen, muss einfach prägend sein.
Auch Rogers deutschsprachige, eigen Stücke werden nicht vergessen. Der Hit „Zieh die Schuh aus“ erinnert ebenso an die beliebten Pop- und Swing-Alben wie der Livesong „Ich hätt‘ so gern noch Tschüss gesagt“, dessen berührende Worte man sowohl als Abschied Rogers an seine Fans als auch an den verstorbenen Vater verstehen kann.
Rogers Musikschaffen ist nahezu die Fortsetzung des Weges, den sein Vater beschritten hat. Es scheint, als wäre er gerade in der Zeit vor seinem Tod dort angekommen, wo er immer hinwollte. Von dort wollte er weitermachen, vieles hatte er noch vor sich. In seinem letzten Interview sagte er, „dass für ihn alle Türen offen stehen und er sich nur entscheiden müsse, durch welche er geht.“ Diese Worte lassen das Ausmaß der Tragik erkennen, denn genau dazu sollte es nicht mehr kommen. Diese beiden Lebenswege – ihre Wirkung, ihre Intensität, ihr Nachhallen und musikalische Einmaligkeit – konnten nur gemeinsam für die Leinwand erzählt werden. Und der Soundtrack bringt zusammen, was zusammen gehört.
Eine Dekade nach der Veröffentlichung von „Recomposed“ taucht Max Richter erneut in die Klangwelt von Vivaldis Vier Jahreszeiten ein. Gemeinsam mit der Geigerin Elena Urioste und den Musikern des Chineke! Orchestra hat er „The New Four Seasons“ eingespielt, in einer Neufassung für historische Instrumente. Mit Darmsaiten und Vintage-Synthesizern setzt Richter auf einen »raueren, punkigeren Sound«. Das Album erscheint am 10. Juni 2022 bei Deutsche Grammophon. Richter und Chineke! werden „Recomposed“ am 16. Juni zum ersten Mal gemeinsam live aufführen, in der britischen Sommershow Live at Chelsea; Tickets sind ab sofort erhältlich.
Richters im Sommer 2012 erschienene genre-definierende Neukomposition des barocken Meisterwerks stürmte in 22 Ländern die Klassikcharts. Der Komponist hatte sich mit einem Werk auseinandergesetzt, das er selbst liebte und zugleich nicht mehr hören konnte, weil es überall zu hören war. Er begab sich auf eine „persönliche Bergungsmission“ und schöpfte aus Vivaldis musikalischer DNA etwas Neues. Sein weltweiter Bestseller erreichte über 450 Millionen Streams. 110 Millionen Mal wurde allein „Spring 1“ gestreamt. Heute blickt Richter in seiner bemerkenswerten Karriere auf insgesamt über drei Milliarden Streams.
Und „Recomposed“ findet weiter neue Hörer, so wurde es als Soundtrack erfolgreicher Fernsehserien genutzt, etwa in Bridgerton und The Crown – nach deren Ausstrahlung sich die Streams von „Spring 1“ verdreifachten – oder in Meine geniale Freundin, Chef’s Table, Orphan Black und Edison – Ein Leben voller Licht. Das Werk wird weltweit auf Konzerten gespielt und bei Tanz, Eiskunst, Schauspiel oder Fashion genutzt. Der Olympia-Schwimmer Adam Peaty zählt „Spring 1“ zu seinen Favoriten, Christine and the Queens nannte es „den besten Song zum Verlieben“, für Diddy ist es seine ganz persönliche „Theme Music“.
In den letzten zehn Jahren hat Richter „Recomposed“ immer wieder performt. Nun hat ihn eine Aufführung auf historischen Instrumenten zu einer „Reise durch die Partitur in Vivaldis eigenen Farben“ inspiriert. The „New Four Seasons“ bringt die Farben einer barocken Klangpalette in seine Komposition, die mit Fragmenten der vier Violinkonzerte spielt, sie in unterschiedlichen musikalischen Prismen bricht und in völlig anderen Orchesterformationen enthüllt.
Auch die Elektronik unterzog Richter einer Revision und entschied sich für Moog-Synthesizer aus den 70er-Jahren – dem „Äquivalent zur Stradivari“. Gefragt nach dem Unterschied zwischen modernen und historischen Darmsaiten erwidert er lachend: „So unterschiedlich wie Smooth und Crunchy Peanut Butter, hat jemand gesagt. Das bringt es eigentlich auf den Punkt!“
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Elsa Dreisig ist ein popkulturelles Klassik-Phänomen. Eine Sopranistin, die bei alteingesessenen Fans der Oper ebenso gut ankommt wie bei jungen Menschen, die ihr Auftreten und ihre Attitüde lieben. So ist es kein Wunder, dass sie sich für das neue Soloalbum die großen Opern von Wolfgang Amadeus Mozart aussuchte. Auch der berühmte Salzburger schuf sich in seinem kurzen Leben Popularität bei jung und alt.
Die französisch-dänische Sängerin ist in einer Musikerfamilie aufgewachsen. Sie ist die Tochter der dänischen Opernsängerin Inge Dreisig und des französischen Sängers, Dirigenten und Regisseurs Gilles Ramade. Ihre Karriere war quasi vorgeschrieben, doch keiner konnte ahnen, dass sie mit dreißig Jahren zu den renommiertesten Opern- und Konzertsängerinnen der Welt zählen wird. Während der Pandemie sang und spielte sie eine der Hauptrollen in Mozarts “Così fan tutte” bei den Salzburger Festspielen. Ein Triumph, der von der Presse bejubelt wurde (HIER unsere Review zur DVD).
Kein Wunder, dass sie ihr neues Album komplett dem großen Komponisten widmet. „Es ist, als ob Mozarts Musik, die erst so klar und natürlich erscheint, tiefe, tiefe Geheimnisse verberge“, sagt sie. Der Titel „Mozart x 3“ bezieht sich auf die drei berühmten Opern, die der Komponist auf Texte des Librettisten Lorenzo Da Ponte schrieb: „Così fan tutte“, „Le nozze di Figaro“ und „Don Giovanni“.
Alles im Zeichen der Drei: Jede der drei Opern besitzt jeweils drei starke weibliche Hauptrollen – aus jeder der insgesamt neun Partien wählte Elsa Dreisig eine Arie für ihr Album aus. Jede einzelne Partie eine Welt für sich – und für Elsa Dreisig eine Möglichkeit, ihre Interpretationskunst und die Wandlungsfähigkeit ihrer Stimme unter Beweis zu stellen.
Natürlich beginnt das Album mit ihrer ureigenen Paraderolle der Fiordiligi aus „Così fan tutte“. Ein warmer, lyrischer Sopran, der sich durch alle Tonlagen zieht. Meist weich und zart, doch durchaus zu energischen Klängen fähig. Unterstützt wird sie vom Kammerorchester Basel unter Louis Langrée, dem Direktor der gefeierten Pariser Opéra-Comique. Einfühlsam singt Elsa sich durch die Arien und vermeidet alles, was man normalerweise an Opern hasst: Sie singt klar und deutlich, beschränkt Koloraturen auf ein Minimum und man könnte die Texte gut verstehen, wäre man der italienischen Sprache mächtig. Abgerundet wird das Album durch je eine weitere Arie aus den Mozart-Opern „La clemenza di Tito“, „Idomeneo“ und „Lucio Silla“.
Das Label Erato sorgt sehr kundenfreundlich dafür, dass die meisten Hörer dem Geschehen folgen können. Es gibt ein umfangreiches Booklet mit einem Einführungstext von George Hall in englischer, französischer und deutscher Sprache. Außerdem sind die Texte aller Arien in Italienisch und Deutsch enthalten. Der Digipack ist sehr schön aufgemacht mit eindrucksvollen Fotos der Sängerin.
Elsa Dreisig geht ihren Weg als Pop-Klassik-Phänomen unbeeindruckt fort, ohne sich verbiegen zu lassen. Wie leicht könnte sie auf Elektronik und kurze Radiostücke setzen, doch sie bleibt in ihrem Metier und überzeugt alle Fans. Ein weiterer Meilenstein der jungen Künstlerin.
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Wie Vater und Sohn schauen die beiden bekannten Tenöre René Kollo und Jay Alexander vom Cover der CD „Romantische Abendlieder“. Das sind sie natürlich nicht, aber sie bilden zwei Generationen von Sängern ab, die sich nicht nur auf den Theaterbühnen bewegen, sondern die Opernmusik zur Popkultur erhoben haben. Hier finden sie sich auf dem Label „Berlin Classics“ zu einer feinen Zusammenstellung mit Liedern aus der Romantik zusammen.
René Kollo wurde kürzlich 84 Jahre alt. Er ist der einzige Sänger, der im Unterhaltungssegment genauso begeistern konnte wie an den renommiertesten Opernhäusern der Welt. Bekannt wurde er insbesondere durch seine Partien in Wagner-Opern, doch es muss nicht immer heroischer Bombast sein. Hier zeigt er sich feinfühlig in den romantischen Liedern und beweist zudem, dass man auch im gestandenen Alter stimmlich voll auf der Höhe sein kann.
Jay Alexander, bürgerlich: Jochen Alexander Pfitzenmeier, ist vor allem bekannt im Zeichen des Gesangsduos mit Marc Marshall. Als Marshall & Alexander haben sie seit vielen Jahren die Konzertbühnen Deutschlands erobert. Auch als Solist gibt Jay Alexander zahlreiche Konzerte und stand beispielsweise mit José Carreras auf der Bühne. Zwei seiner sechs Soloalben landeten auf Platz 1 der deutschen Klassikcharts und hielten sich dort mehrere Monate.
Zwei Crossover-Künstler also, die sich hier ganz von ihrer klassischen Seite zeigen. Dabei passen ihre Stimmen – so unterschiedlich sie sein mögen – sehr gut zusammen und es scheint eine gute Idee zu sein, ein gemeinsames Album zu veröffentlichen. Allerdings singen sie die neuen Arrangements mit dem Mitteldeutschen Kammerorchester meist als Solo. Nur zwei Stücke, „Der Mond ist aufgegangen“ und das „Wiegenlied“ von Brahms werden im Duett dargeboten.
Von der Zusammenarbeit zeigten sich Alexander und Kollo begeistert. „Trotz seiner großen Erfahrung vermittelt René Kollo nicht das Gefühl, als würde er über den Dingen stehen. Sondern er war voller Enthusiasmus und Energie, und man spürte sofort: Die Musik steht im Mittelpunkt“, berichtet Jay Alexander von der Aufnahme. René Kollo untermauert die gute Partnerschaft mit dem Tenorkollegen: „Jay macht die eine Seite, ich die andere. Das fand ich gut. Ich hatte ihn schon ein paar Mal im Fernsehen gehört und jedes Mal gesagt: Der hat es gelernt.“
Die berühmten Lieder aus der Epoche der Romantik sind allesamt neu für Streichorchester arrangiert und in dieser Form erstmals im Studio aufwändig produziert worden. Obwohl beide Sänger im Wechsel die Führung haben, wirkt das Album sehr homogen. Bei dieser Thematik bietet sich das auch an. Die Musik von Franz Schubert, Robert Schumann, Felix Mendelssohn, Johann Schulz und Johannes Brahms wirkt meist elegant und melancholisch. Die Texte von Eichendorff, Goethe, Heine, Claudius und Bretano stellen oft den Mond in den Mittelpunkt der Betrachtung, den Wald („Wandrers Nachtlied“, „Waldesgespräch“) oder die zärtliche Stille des Abends.
Zweimal darf das Kammerorchester allein sein Können zeigen. Die 37 Minuten Konzertmusik nach Arrangements von René Möckel sind äußerst kurzweilig und bieten mir als Chorsänger ein uns andere Mal einige Aha-Erlebnisse. Das Treffen der Generationen weiß zu begeistern.
Die Zeiten, als Amerika für viele noch die „neue Welt“, das Traumland in weiter Ferne war, sind schon lange vorbei. Inzwischen gibt es meist negative Schlagzeilen aus den USA, die tief gespalten scheinen. Damit will sich Daniel Hope aber gar nicht beschäftigen. Auf seinem neuen Album „Amerika“ lässt er die alten Zeiten hochleben. Und das vor allem durch wundervolle und prägende Musikstücke.
Der Violinist mit britischen und südafrikanischen Wurzeln, mehrfacher “ECHO Klassik” Gewinner, umgibt sich auch diesmal wieder mit dem Zürcher Kammerorchester und stellt eine wichtige Frage: „Wir erkennen, dass ein Stück aus Amerika stammt, sobald wir es hören. Aber was ist es, dass Musik amerikanisch klingen lässt?“
Hope findet Antworten und widmet sich auf dem neuen Album Werken von so unterschiedlichen Komponist*innen wie Leonard Bernstein, Sam Cooke, Aaron Copland, Duke Ellington, George Gershwin, Florence Price, Samuel A. Ward und Kurt Weill. Zu hören sind herausragende neue Arrangements von Paul Bateman – sowohl klassische Musik als auch Jazz, für Solo-Violine in Kombination mit Gesang, Klavier, Jazz-Trio, Streich- und Kammerorchester sowie Schlagzeug. Vielseitiger kann ein klassisch angelegtes Album kaum sein.
Startpunkt ist die beschwingt angelegte „Gershwin Song Suite“ mit vielen bekannten Melodiestücken wie „Summertime“ und „I Got Rhythm“. Ein großartiger Einstieg, der die Intention des Albums darlegt. Danach kommt Joy Denalane mit ihrer wunderbaren Soulstimme zu Sam Cookes „A Change Is Gonna Come“ zur Geltung. Piano, Violine und diese vokale Ausdruckskraft – mehr braucht es nicht zum Glücklichsein.
Natürlich darf Leonard Bernstein nicht fehlen und in der „West Side Story“ gibt es allerlei bekannte Tracks, die wir zuletzt in Spielbergs Neuverfilmung bewundern durften, in speziell auf die Solo-Violine ausgelegten Arrangements. „Maria“, „Tonight“ und „Somewhere“ sind auch ohne Gesangsstimme wahrlich zum Dahinschmelzen.
Damit sind die Höhepunkt gesetzt – denkt man – , doch nach einigen ruhig fließenden Stücken von Price und Copeland setzt das „Rodeo“ des Letzteren erneut einen lauten, sehr stimmungsvollen Akzent. Es folgt das stilistisch ganz neu angelegte Jazz-Stück „Come Sunday“, im Original von Duke Ellington, das die träge Stimmung sehr sphärisch an den Hörer bringt.
Vier Tracks der „America Song Suite“ setzen sich mit den historisch wertvollen Chansons von Kurt Weill auseinander – bis hin zum genialen „Mack The Knife“ im Bigband-Sound. „America the Beautiful“ (Samuel A. Ward) klingt schließlich wie eine Beschwörung der guten alten Zeit. Allerdings voll Melancholie und keineswegs so selbstbewusst, wie sich die USA trotz aller Querelen noch immer gern sehen.
Daniel Hope ist hier im Verbund mit Paul Bateman und weiteren musikalischen Partnern eine fantastische Hommage an das Land der unbegrenzten Möglichkeiten gelungen. Faszinierende und vielfältige Klänge, die man unbedingt als Album am Stück hören muss.
Wer nach musikalischer Entspannung sucht, liegt mit dem neuen Album von Ludovico Einaudi sowas von goldrichtig! Verträumte Pianomelodien voller virtuoser Leichtigkeit, die mit erstaunlicher Sanftheit gespielt werden. Zerbrechlich schön!
„Underwater“ entstand im Lockdown und nutzte die seltene Gelegenheit zum Songwriting in seiner reinsten und intimsten Form: nur Einaudi und sein Klavier. Das Album enthält zwölf transzendente Solo-Piano-Tracks, die seinen unverwechselbaren Sound wunderbar zur Geltung bringen. Das Album-Artwork zeigt eines von Einaudis eigenen Fotografien, die das Gefühl des Albums perfekt widerspiegeln.
In den letzten Jahren war der Komponist vor allem für opulente Orchesterwerke und seine Filmmusik bekannt. Mit dem Soundtrack zu großen Werken wie „Nomadland“ und „The Father“ ist er seit Jahren ganz oben. Dass ihn der Lockdown nun zurück zu den Wurzeln führte, kann man getrost als Glücksfall bezeichnen. Immerhin ist „Underwater“ sein erstes neues Solo-Klavieralbum seit zwanzig Jahren!
„Die Musik kam ganz natürlich, mehr als je zuvor. Ich fühlte ein Gefühl der Freiheit, mich selbst aufzugeben und die Musik anders fließen zu lassen. Ich hatte keinen Filter zwischen mir und dem, was aus dem Klavier kam; es fühlte sich sehr rein an. Der Titel Underwater ist eine Metapher – es ist ein Ausdruck einer sehr fließenden Dimension, ohne Einfluss von außen.“
Dieses Schwebende und die neue Leichtigkeit hört man in jedem Track. Seine neuen Melodien bringen den eleganten Minimalismus zurück, für den der Italiener früher stand und der ihn weltberühmt machte.
Für Einaudi ist „Underwater“ ein tiefer Tauchgang an einen anderen Ort, an dem er sich frei bewegen konnte, ohne Gedanken, ohne Reisen und ohne die übliche Hektik des Tourlebens. Hier bleibt die Zeit stehen, und diese Songs ohne Worte werden hypnotisierend, jedes berührt von einer unschuldigen, zarten Schönheit.
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Wenn sie zu ihren Instrumenten greifen, kann man sich auf ein wahres Feuerwerk der Virtuosität freuen. Hunderttausende bejubeln die Geschwister Camille und Julie Berthollet, seit Camille vor einigen Jahren als 15-jährige die französische TV Casting-Show „Prodiges“ gewann. Fast fünf Millionen Zuschauer verfolgten ihren Siegeszug auf dem Fernsehsender France 2.
Ihr gemeinsames Debütalbum „Camille & Julie Berthollet“ stürmte die Charts in Frankreich und errang in kürzester Zeit einen Gold-Status dort. Ihre Fans verfolgen sie begeistert im Internet wie eine Girl Group. Neben einer mitreißenden, unbefangenen Ausstrahlung haben die beiden Schwestern etwas ganz Besonderes in petto: Sie beherrschen jeweils zwei Streichinstrumente – und sorgen so in ihren Konzerten für besonderen Farbreichtum. Camille spielt Violine und Violoncello, die zwei Jahre ältere Julie Violine und Viola.
Das vielseitige Repertoire der beiden reicht von Mozart, Beethoven über französische Chansons bis hin zu ihren eigenen Versionen von „Game of Thrones“ und „Forest Gump“. Die Liebe zum Kino ist also vorgegeben. Und der Titel des neuen Albums „Series“ sagt schon aus, welchem Genre man sich nun widmen will: Den großen Soundtracks von Netflix und Co.
Der Start mit „Game of Thrones“ lässt mir schon das Herz aufgehen. Das Thema aus „Mission Impossible“ hat man ebenso im Ohr wie die melancholischen Songs von „La La Land“. So wechseln sich energische, epische Interpretationen mit verträumten Melodien ab. Schottische und italienische Folklore gibt es mit dem „Skye Boat Song“ (aus der Serie „Outlander“), bei dem Julia auch als Sängerin in Erscheinung tritt, und dem unverwüstlichen Klassiker „Bella Ciao“.
Die Melodien aus „Downtown Abbye“ gehören zum modernen Serienkanon, während Mancinis „The Pink Panther“ zu einer Zeitreise in die 60er und 70er Jahre einlädt. Das Album ist gefüllt mit moderner Popkultur: „Stranger Things“, „House of Cards“, „The Queen’s Gambit“ – es wird fast alles geboten, was das Herz begehrt. Und mit dem Titelsong von „The Simpsons“ schiebt sich dann eine der langlebigsten Serien der Geschichte in orchestraler Form hinterher.
Der unglaubliche Elan und die Leidenschaft, die von den Berthollet-Schwestern ausgeht, zeigt: Hier sind trotz früher Meisterschaft nicht einfach sogenannte Wunderkinder zu erleben, sondern zwei große Musikerinnen, die nicht nur die klassischen Konzertsäle erobern, sondern auch ein junges Publikum mit Musikbegeisterung. Und da passt das Album mit den Soundtracks der Fernseh- und Streaming-Generation einfach perfekt!
Das 3-CD-Set „uncensored“ bietet einen Querschnitt mit Höhepunkten aus der Karriere des fast 65jährigen Violinisten aus dem britischen Brighton. Schon mit 13 Jahren jammte Nigel Kennedy mit der Jazzgeigen-Größe Stéphane Grappelli. Als Meisterschüler von Yehudi Menuhin erspielte er sich Weltgeltung als Brahms-, Elgar- und Beethoven-Interpret.
Dass er 1989 im Punker-Outfit mit Vivaldis “Vier Jahreszeiten” das erfolgreichste Klassik-Album überhaupt herausbrachte, war für ihn ein Ansporn für immer neue Grenzüberschreitungen und Entdeckungen. Kennedy hat als „enfant terrible“ die Klassikszene geprägt und den Weg geebnet für Nachfolger*innen wie David Garrett und Vanessa Mae.
Nun hat der britische Geigenvirtuose seine Lieblingsaufnahmen, die er in seiner über mehrere Dekaden reichenden Diskografie eingespielt hat, auf drei CDs zusammengestellt. Die Sammlung ist so bunt und vielseitig wie das Konzertleben des Künstlers: Aufnahmen mit großen Orchestern wie den Berliner Philharmonikern über Jazz-Formationen bis hin zum Duo mit dem Kontrabass, von seiner berühmten Barockeinspielung von Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ über Brahms und Bruchs Violinkonzerte bis hin zu Jazzimprovisationen in den vielseitigsten Besetzungen. Auch sein wundervolles Album „Kennedy Meets Gershwin“ ist vertreten.
Diese Box zeigt einmal mehr die Virtuosität und Kreativität eines der ganz großen Violinisten unserer Zeit. Die Aufnahmen werfen einen Blick zurück auf ein schillerndes Leben und fassen Kennedys Können perfekt zusammen. Das Albumcover zeigt ihn genau so unkonventionell, wie er stets in Erscheinung getreten ist.
Nächstes Jahr soll im Tropen-Verlag eine Autobiografie des Stargeigers erscheinen. Aber keiner Sorge: Er geht noch nicht in Rente. Tourdaten zum Best-of-Album sind raus und er wird weiter auf der Bühne für Furore sorgen.
Billy Andrews wurde 1980 in Wien geboren und gehört zu den erfolgreichsten Crossover-Künstlern weltweit, die Popmusik und Klassik miteinander verknüpfen. Zu Beginn seiner Karriere wurde viel Aufhebens um seine Person gemacht, da er nur maskiert auftrat und sich sehr geheimnisvoll und mystisch gab. Inzwischen aber sind seine Herkunft und sein bürgerlicher Name offiziell verkündet. Er hat die US-amerikanische Staatsbürgerschaft, wuchs in Deutschland auf und war Mitglied in zwei renommierten Chören: dem Knabenchor Hannover und dem Dresdner Kreuzchor. Zudem ist er ausgebildeter Opernsänger und war zeitweise an der Semperoper engagiert.
Seine ersten drei Alben – alle das Wort “Symphony” im Titel – vermischen klassische Melodien, opernhafte Arien und atmosphärischen Pop miteinander. Ich muss gestehen, dass ich mit den Studioalben nie richtig warm geworden bin. Zu klischeehaft oft und hart an der Grenze des guten Geschmacks zwischen Bombast und theatralischem Gehabe. Was für den Interpreten sprach, war aber stets seine geübte, kraftvolle Stimme. Zudem machte die Verknüpfung neuer Arrangements mit den Gassenhauern der Opernwelt jeden Track zu einem einzigartigen neuen Werk. Endgültig überzeugt hat mich dann das zusammenfassende Livealbum „ALIVE – 5 Years“ aus dem Jahr 2019. HIER unsre Review.
Nach diesem Einschnitt gab Andrews an, sich den unsterblichen Drei – namentlich Ludwig van Beethoven, Johann Sebastian Bach und Wolfgang Amadeus Mozart – zuzuwenden. Es sollen drei EPs erscheinen, die sich deren Musik widmen. Im Beethoven-Jahr gab es „Ludwig“ mit zwei eigenen Songs, die auf „Für Elise“ und die „Mondscheinsonate“ aufbauen. Es gibt viel Pathos. Klar. So sind die Tenöre nun mal. Dazu kommt orchestraler Bombast und die Beethoven-Melodien wurden deutlich aber nicht zu aufdringlich eingewebt. Die Stücke gibt es mit orchestraler Besetzung, außerdem die Originale als klassische Klavierstücke, damit auch der letzte Banause merkt, welche Melodien The Dark Tenor da verwendet hat.
„Out Of The Darkness“ und „Unforgettable“ gefallen mir aber vor allem in den Akustik-Versionen sehr gut, wo man mehr von Andrews‘ genialer starker Stimme hört. In diesen Versionen sind die beiden Songs schlichtweg großartig.
2021 geht es nun mit „Johann“ weiter. Im Prinzip enthält die EP diesmal drei Stücke in unterschiedlichen Versionen. Vom Aufbau ist es wie bei „Ludwig“: Pathetische Werke mit orchestralem Bombast. „When You Roar“ wird von den Queenz of Piano verfeinert und basiert auf der bekannten „Prelude in C Major“ aus dem wohltemperierten Klavier. Bei „Ultraviolet Hearts“, das auf der weltbekannten „Toccata and Fugue in D Minor“ basiert, trieft allerdings der Kitsch aus den Boxen. Das ist mir leider zu klischeehaft. Doch auch hier machen die Akustikversionen alles wett. Mit sanfter Instrumentierung entfalten die Songs eine sehr schöne Wirkung.
Zwei EPs – im Prinzip nur fünf Songs in unterschiedlichsten Versionen. Orchestral, akustisch, als Instrumentals und die Originale. Das hat aber den Vorteil, dass man sich die Vergleiche gar nicht zu suchen braucht. Man bekommt sie auf dem Silbertablett und kann zugleich in Andrews‘ Ideen und in die klassische Welt eintauchen. Wenn er so einem jungen Pop-affinen Publikum die alten Meister nahe bringt, hat er sein Ziel mehr als erfüllt. Ich bin schon gespannt auf „Wolfgang“.
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Der in Frankreich geborene und aufgewachsene Jean-Philippe Rio-Py begann seine internationale Karriere, als er mit 21 Jahren nach London zog. Schon früh wandte er sich der Musik zu, als er sich das Klavierspielen selbst beibrachte. Da er keine Notenblätter hatte, begann RIOPY in jungen Jahren Stücke zu komponieren. Aus der Not wurde eine Tugend, denn heute profitiert der junge Künstler von seiner großen musikalischen Vorstellungskraft und unstillbaren Neugierde.
RIOPY übersetzt das Leben um sich herum in Töne und Akkorde. Nach den Vorgängern „Riopy“, „Tree Of Light“ und „Meditation 432“ hat der Musiker nun eine Sammlung von elf Stücken zusammengestellt, mit denen er seine Fans zum Diskurs einlud. Jeden Monat veröffentlichte er einen weiteren Song des Albums, mit denen er den Helden des Alltags auf seinem edlen Fazioli-Piano huldigte. Es war schon ein starker Zug, das Album in diesen schwierigen Zeiten „Bliss“ (Glückseligkeit) zu nennen.
Für RIOPY ist das neue Album ein akustisches Journal, ein emotionales Tagebuch, in dem er seine Gedanken, Gefühle und Impressionen in einer Zeit voller Herausforderungen festgehalten hat. Er liefert virtuose Klänge und verträumte Melodien. Das Cover, das die Töne wie einen Vogelschwarm aus dem Piano fliegen lässt, trifft es auf den Kopf. „Bliss“ liefert in weiten Teilen pure Melancholie und wunderschöne Läufe über die Tasten. Die Macht der Träume und die Macht der Realität werden gekonnt miteinander verbunden.
Seine Videos geben einen Eindruck von der Naturverbundenheit, die sich in RIOPYs Werken findet:
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