Schon von der ersten Staffel dieser Hörspielreihe von Balthasar von Weymarn (Buch, Regie) und Joachim-C. Redeker (Sounddesign, Musik, Produktion) war ich extremst begeistert (HIER unsre Rezension). Nach gespannter Wartezeit setzt die zweite Staffel mit zehn neuen Episoden nochmal einen drauf und führt die Serie zu einem schlüssigen und aufrüttelnden Ende.
Zur Story: Verstoßen von ihrer Kolonie in einem ehemaligen Bergwerk, suchte die 16jährige Rhiannon in Manhattan ihren Vater, der ein für die Große Katastrophe verantwortliches Virus geschaffen hatte. Sie erhält ein Elixier, das Rettung verspricht und macht sich auf dem langen Weg zurück in die einzige Heimat, die sie kennt. Im Wettlauf mit der Zeit will sie NOVIS retten, bevor die gnadenlosen Wallianer die geheime Siedlung überfallen. Das Schicksal gab Rhiannon das Mittel in die Hand, die Welt zu verändern. Doch die gefährliche Mission hat sie auch verändert…
Im Prinzip ist die Geschichte wie ein Roadmovie aufgebaut und man sollte die erste Staffel kennen, bevor man mit der zweiten beginnt. Während zuerst die Reise der Protagonistin zu ihrem Vater erzählt wird, folgt jetzt der Rückweg zu ihrer Heimat NOVIS. Dabei geht es nicht immer chronologisch gradlinig zu und die Erzählebenen werden bisweilen gewechselt. Das erscheint im ersten Moment etwas verwirrend, doch man findet sich schnell in die jeweilige Handlung ein, ohne dass ein Erzähler mit großen Worten eingreifen muss. Allein die gut ausgearbeiteten Dialoge reichen aus, um sich in der Vergangenheit (vor der Katastrophe) oder im Umfeld der verfeindeten Wallianer wiederzufinden.
Die Begegnungen Rhiannons mit verschiedenen Persönlichkeiten erinnern mich an „The Walking Dead“. Auch dort geht es oft um unterschiedliche Ansichten und Gesellschaftsformen. Diese Idee eines individuellen Umgangs mit den Auswirkungen und Bedrohungen der Pandemie wird hier sehr geschickt aufgegriffen und akustisch in Szene gesetzt.
Eine Riege von Sprecher*innen leistet hervorragende Arbeit und der atmosphärische Sound ist mehr als fantastisch! Da ist beispielsweise die „Hyperakusis“ genannte Geräuschempfindlichkeit der Menschen, die anhand beeindruckender Geräusche und Rückkopplungen sehr anschaulich umgesetzt wird.
Die Kombination aus der fesselnden Handlung mit großem Action- und Dramaanteil, der überragenden Klangqualität und dem authentischen Sounddesign bietet nicht nur beste Hörspielunterhaltung, sondern erhält durch das Ausbrechen der Corona-Virus-Pandemie eine aktuelle Brisanz, mit der man bei der Konzeption der Hörspielserie noch nicht rechnen konnte. Als Sprecher stechen Sarah Alles in der Rolle der Rhiannon, Oliver Stritzel als ihr Vater, Kristin Meyer (Lois Dewey), Christina Ann Zalamea (Chris) und Detlef Bierstedt (Krzysztof) äußerst positiv hervor.
Bei langen Serien ist es oft so, dass die Story irgendwann ihren Faden verliert, sich in einer Endlosschleife dreht oder nicht zu einem schlüssigen Ende geführt wird. Bei „Auf Erden Stille“ ist das nicht der Fall. Persönlich hätte ich gern noch mehr von Rhiannon gehört und weitere Abenteuer mit ihr erlebt, doch es ist ein großartiger und zufriedenstellender Abschluss, der die Fäden zusammenführt und genügend Phantasie für weitere Entwicklungen lässt. Genial und spannend bis zum Schluss!