In einem Song wie „Pull It“ kann man sich böse verlieren. Jeff Beck hat es seinen Fans nie leicht gemacht. Der Gitarrenvirtuose legt mit „Loud Hailer“ ein sehr energisches, bisweilen aggressives neues Album vor. Selten konnte man den achtfachen Grammy-Gewinner in seiner langen, über 50 Jahre währenden Karriere so kompromisslos rockig und heavy hören.
Gitarrenvirtuose – das ist ein Begriff, den man nur ganz selten verwenden sollte, ohne unglaubwürdig zu werden. Doch Geoffrey Arnold Beck gehört in die Reihe der Legenden dieses Metiers wie Jimi Hendrix, Eric Clapton, Steve Vai und Joe Satriani. Er gilt neben Hendrix als einer der ersten großen Showmen an der Gitarre, sei es als Mitglied der Yardbirds oder mit seiner eigenen Jeff Beck Group.
Sein individueller Stil ist unverkennbar und jedes neue Studioalbum wird mit Spannung erwartet – auch wenn sich der Meister (wie im vorliegenden Fall) mal gute sechs Jahre Zeit lässt. Dann ist die Vorfreude umso größer, wenn sich herauskristallisiert, dass ein Künstler völlig neue Wege geht und seine Fans einmal mehr zu überraschen weiß.
„Ich wollte meine Meinung zu einigen verrückten Sachen abgeben, die ich in der heutigen Welt bemerke, und ich fand die Idee, auf einer Kundgebung zu sein und ein Megaphon zu benutzen, um meine Sicht der Dinge hinauszurufen, einfach perfekt”, erläutert er.
Zur Unterstützung bei der Komposition der elf Songs engagierte Beck zwei Musikerinnen aus London: Die Sängerin Rosie Bones und die Gitarristin Carmen Vandenberg. Es war auf der Geburtstagsparty von Queen-Drummer Roger Taylor, als Beck Vandenberg begegnete. Ein Treffen, das schließlich zur Kollaboration im Trio führte. „Sie luden mich zu einer ihrer Shows ein und es hat mich einfach umgehauen“, so erinnert sich der Gitarrist. „Als wir uns dann im Januar wiedertrafen, erklärte ich ihnen, was ich im Sinn hatte. „
Auf neun von elf Songs ist Bones als Sängerin zu hören, darunter der spannende Album-Opener „The Revolution Will Be Televised“, die nachdenkliche Ballade „Sacred For The Children“, das funkige „O.I.L.“ und der ruhige Albumcloser „Shrine“. Zwei typische Beck-Instrumentals, „Pull It“ und „Edna“ runden das Album ab. Und gerade in diesen solistischen Meisterwerken entfaltet sich seine ganze Virtuosität. Es lässt dem Hörer immer noch den Mund offen stehen, wenn man seiner leidenschaftlichen Darbietung zuhört. Der 72jährige ist und bleibt eine Bank.