Wenn ich meine Tochter am Smartphone beobachte, wird mir manchmal angst und bange. Nicht aufgrund der Inhalte, die sie betrachtet, sondern aufgrund der Geschwindigkeit, mit der dort alles abläuft. Dass auf YouTube alles in unter drei Minuten komprimiert werden muss, daran hat man sich ja schon gewöhnt. Ich ertappe mich selbst manchmal dabei, mir höchstens 60 Sekunden von zufällig gefundenen Videos anzuschauen. Aber was bei TikTok passiert, ist einfach zuviel. Du hast gar keine Zeit, die visuellen Inhalte zu verarbeiten – schon prasselt der nächste Content auf dich ein.
Wie fühlen sich die heutigen Youngsters wohl, wenn sie ein Album wie „The Art Of Dreaming“ komplett anhören? In elf Songs haben zwei Musiker einen Traumzyklus geschaffen, der von Tanz und Schwerelosigkeit erzählt, von der Kunst Stille auszuhalten, das Angenehme im Unangenehmen zu suchen und sich dadurch besser verstehen zu lernen.
Verträumte Pianoakkorde, sphärische Klänge, eine sanfte Stimme. „Stay Here“ erzählt in knappen Worten von einem Zufluchtsort und Felix Räubers Stimme windet sich durch die Oktaven. Dass es auch schneller geht, zeigen die Melodie-Läufe von „Falling“, doch das ist nur ein kurzer Einschub. „Silence“ widmet sich dem Trost der Stille. „Into The Deep“ lässt die Synthesizer orchestral schwelgen. „Door In My Soul“ beschreibt mit eindringlichen Vocals, wie sich die Tür ins Innere öffnet. Das letzte Triple widmet sich dem Schlaf mit „Lullalby“, „In Sleep“ und einem lebendigen „Awakening“.
Hier haben sich zwei Meister der ruhigen Klänge und der emotionalen Melodien gefunden. Martin Herzberg hat sich als Komponist von Künstlern wie Ludovico Einaudi und Yann Tiersen inspirieren lassen und ist bekannt für seine meditative Klaviermusik. Felix Räuber ist Sänger der Dresdner Indiepopper von Polarkreis 18. Mit „The Art Of Dreamning“ können sie ihr Stärken vereinen.
„Vor zehn Jahren wären wir noch nicht in der Lage gewesen dieses Album zu schreiben“, ist sich Felix Räuber sicher. Jugendliche Ungestümtheit ist das Letzte, was das Ergebnis dieser Kollaboration verkörpern sollte. „The Art of Dreaming“ will, bewusst im Hier und Jetzt lebend, dazu aufrufen sich willentlich eine Auszeit vom höher, schneller, weiter zu nehmen und die innere Balance wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Wer sich darauf einlassen kann, wird mit einem Schwall an Gelassenheit belohnt.