Die Mission war klar – und ich finde es spannend, dass BAP diesen Weg gehen. Wolfgang Niedecken war nie jemand, der sich auf seinen Klassikern ausgeruht hat. Es gab immer neue Alben, musikalische Experimente, feine Stücke, bei denen der kölsche Dialekt manchmal zugunsten einer bundesweiten Verstehbarkeit verschwand. Und doch wurde natürlich bei den Songs gejubelt, die Anfang der 80er Jahre entstanden sind. Für viele Fans sah die perfekte Setlist wohl genau so aus wie das, was an vier Abenden vom 7. bis 12. Dezember 2023 im Kölner SARTORY geboten wurde. Um es kurz zu machen: Grandios!
Mit dem 1983er Livealbum „Bess demnähx“ begann meine Liebe zur Musik von BAP. Daher hat es bis heute einen großen Stellenwert – ebenso wie die kultigen Studioalben „Für usszeschnigge!“ (1981) und „Vun drinne noh drusse“ (1982). Es waren die ersten Nummer-1-Alben der Band als Vorhut der vielen, die noch kommen sollten.
Beide Alben sind längst zu einem Stück deutscher Rock-Geschichte geworden, sie wirken über Generationen, sind von zeitloser Bedeutung. In den Jahrzehnten danach gelang BAP eine einmalige Karriere mit zahlreichen herausragenden Alben und Songs für die Ewigkeit. Man vergisst das zu oft, weil Niedecken niemand ist, der sich mit solchen Erfolgen brüsten würde: Zwölfmal erreichten BAP bis heute den ersten Platz der deutschen Albumcharts, das haben sonst nur die Beatles geschafft.
Mit „Zeitreise / Live im Sartory“ veröffentlicht Niedeckens BAP nun eine einmalige Werkschau des eigenen Frühwerks, eine der zentralen Werkphasen der deutschen Rockmusik, auf elektrisierende Weise vitalisiert für das Hier und Jetzt und die nächste Generation. Die Arrangements der meisten Stücke sind fluide bei größtmöglichem Respekt vor den Originalversionen und der damaligen BAP-Besetzung. Sie leben, wie die Lieder selbst. BAP sind keine Jukebox ihres eigenen Katalogs, das würde nicht zu einer Band passen, die vor allem an der Gegenwart interessiert ist.
Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube. Mehr erfahren
Im Sartory redet Wolfgang weniger, als man denken sollte. Er lässt vielmehr die Musik sprechen. Und die Setlist hat es in sich: „Koot vüür aach“ als Hommage an die Minuten vor dem Auftritt und die legendären „Südstadt, verzäll nix“ sowie „Nemm mich met“. Der Mundart-Rock ’n‘ Roll von „Waschsalon“ funktioniert wie eh und je. „Nit für Kooche“ ist der ultimative Anti-Karnevals-Hit. Immer noch.
„Müsli-Män“ und „Wenn et Bedde sich lohne däät“ laden zum Mitsingen ein, doch es gibt auch ruhige, fein arrangierte Klassiker wie „Wellenreiter“, „Jupp“ und „Do kanns zaubre“. „Kristallnaach“ ist aktuell wie vor vierzig Jahren und wird wie „Verdamp lang her“ abgefeiert. In den Ansagen wettert Wolfgang gegen die AFD. Bei seinem Publikum muss er nicht mit Widerspruch rechnen.
Wenn man denkt, dass die besten Songs doch alle raus sind, gibt es auf CD 3 noch „Anna“, „Wahnsinn“ und „Helfe kann dir keiner“. Die Band mit Anne de Wolff an Geige und Cello, Axel Müller am Saxofon, Johannes Goltz an der Posaune, Benny Brown an der Trompete – das ergibt einen satten Sound, der die Originale aber nicht verleugnet. Der Digipack ist zudem sehr schön aufgemacht.
In der WDR Mediathek kann man einen Livemitschnitt bewundern und im Herbst startet die große „Teitreise“-Tour:
Zeitreise 81/82 live
02.11.2024 Augsburg, Kongress im Park (ausverkauft)
50 Jahre stehen die Höhner schon auf der Bühne und gehören damit zu den bekanntesten Kölner Musikgruppen, die vor allem im Karneval aktiv sind. Klassiker en masse stammen aus ihrer Feder und man kennt einige davon, auch wenn man mit dem närrischen Treiben nichts am Hut hat – garantiert! Von den Gründungsmitgliedern der Band ist allerdings seit 2015 keiner mehr dabei. Und Henning Krautmacher, von 1986 bis 2022 Frontmann und Aushängeschild, hat aus persönlichen Gründen kürzlich seinen Abschied erklärt. Und das ganz emotional: Seine Ehefrau ist schwer erkrankt und er will sie nicht mehr so lange allein lassen, wie das bei vorherigen Tourneen der Fall war. Dafür haben auch die Fans großes Verständnis und es ist bezeichnend, dass die Europahalle in Trier trotz des kurzfristigen Besetzungswechsels ausverkauft war und es keine leeren Plätze in der Halle gab. Nun ist Jens Streifling, der früher bei BAP aktiv war, das dienstälteste Mitglied und der neue Leadsänger Patrick Lück legt schon seit einem Jahr eine formidable Show hin. Die Übergabe des Staffelstabs von Henning zu Patrick erfolgte reibungslos.
Die Zuschauer*innen in Trier durften eine Show erwarten, die von besinnlich bis rockig alles zu bieten hatte. Es gab wundervollen A-cappella-Gesang, akustische Songs und echten Rock’n’Roll. Dazu kamen natürlich einige Klassiker der Band. Und gemischt wurde das mit witzigen Anekdoten, heimeligen Erzählungen und einem ausgedehnten Sketch.
Zu Beginn gingen die Bandmitglieder singend durch das Publikum und trugen den „Drummer Boy“ in kölscher Sprache vor. Ein erstes Highlight des Abends und der unumstößliche Beweis, dass alle sechs auch am Mikrofon bestehen können. Eigene Songs wie „Fest der Liebe“ und „Ne besondere Kalender“ setzten das Konzert stimmungsvoll fort. Natürlich wurde auch an Henning gedacht, den man zu einem Riesenapplaus auf großer LCD-Leinwand einblendete und für einen Song integrierte. Ein feiner Zug, der viele Anwesende erfreute.
Eine atmosphärisch vorgetragene Geschichte beschäftigte sich mit dem Thema „Ausländer raus“. Was, wenn die Waren des täglichen Bedarfs den blöden Spruch ernst nehmen und sich auf den Weg in ihre Heimat machen? Wenn es plötzlich nur noch wenige Gewürze und kaum Obstsorten gibt, wenn den Autos die Ersatzteile fehlen und der morgendliche Kaffee ausbleibt? Eine schöne Moral, die nachdenklich machte und an die alte Tradition der Höhner in Projekten wie „Arsch huh, Zäng ussenander“ erinnerte.
Weiter ging es rockig mit „Wann Jeit D’r Himmel Widder Op“ und alle konnten sich an ihren Instrumenten kräftig auslassen. „Engel vun Linie 8“, „Die Türme vom Dom“ und „E levve lang“ lieferten kölsches Lokalkolorit, das wie viele andere Songs mit Bildern aus Köln – allen vorn der Dom aus unterschiedlichen Blickwinkeln – illustriert wurde. Zudem fanden sich unterschiedliche Bandmitglieder am Mikro ein, was das musikalische Geschehen ungemein auflockerte.
Doch natürlich durften auch die Klassiker nicht fehlen und Frontmann Patrick Lück zeigte sich hier ganz souverän in den viel gesungenen Stücken. Er konnte das Publikum mit „Echte Fründe“, das in der Gregor-Meyle-Version geboten wurde, ebenso begeistern wie mit „Schenk mir dein Herz“. Hier war Mitsingen und Mitschunkeln angesagt. Die erste Hälfte endete nach 65 Minuten mit „Die schönste Stross“, das eine wundervolle A-cappella-Passage enthielt.
Nach 20minütiger Verschnaufpause gab es wieder eine Anekdote mit viel Drama um ein wenig Lametta. Musikalisch wurde es immer vielseitiger und Jens Streifling begeisterte an Dudelsack, Saxofon und Klarinette. „Dat kölsche Hätz“ wurde besungen und man verwies auf die Zirkusshow VIVACE, die demnächst in Köln starten wird. Daraus gab es dann auch eine schöne Kostprobe mit singenden Marionetten.
In „Morje“ ging es um Silvester und die bekannten guten Vorsätze. Dann gab es zu den Klängen von „Scheißegal, ob du Huhn bist oder Hahn“ (ja, das Publikum war textfest) einen längeren Sketch namens „Loriot op Kölsch“. Man blieb mit „Die Karawane zieht weiter“ noch im lustigen Metier, machte dann aber eine abrupte Kehrtwende zu Eric Clapton und brachte ein hervorragendes Medley aus Songs wie „Tears in Heaven“, „Wonderful Tonight“ und „Layla“. Den perfekten Übergang zurück zu den Höhnern lieferte „Viva Colonia“ in einer Blues-Version.
Vor dem Konzertende war wieder A-cappella-Zeit. Die Band stellte sich am Bühnenrand auf und gab einige Weihnachtslieder im sechsstimmigen Satzgesang zum Besten. Hallo! Damit könnte man locker ein ganzes Kirchenprogramm füllen. Hut ab für diese Leistung, der „Gloria in excelcis deo“ als spezielle Version mit kölschen Lyrics folgte.
Die Show endete nach zweieinhalb Stunden mit den Zugaben „Hey Kölle – Du bes e Jeföhl“ (da wurden alle Anwesenden im Herzen zu Kölner*innen) und dem Abschluss „Frohe Weihnacht“. Die Höhner hatten das Publikum komplett in ihren Bann gezogen mit einer Show, die viele emotionale Momente bot. Die Weihnachtsshow ist immer ein Erlebnis – und der Termin für 2023 steht schon: am 1. Dezember in der Europahalle Trier.
Dass Wolfgang Niedecken ein Faible für die Musik von Bob Dylan hat ist schon seit Beginn seiner Karriere mit BAP bekannt. Zu dieser Zeit war er oft allein mit Gitarre und Mundharmonika unterwegs, was ihm schnell den Spitznamen „kölscher Dylan“ einbrachte. Er machte dieser Zuschreibung alle Ehre, indem er schon früh kölsche Texte zu Liedern von Dylan verfasste und 1995 ein ganzes Soloalbum mit neu getexteten Dylansongs namens „Leopardefell“ veröffentlichte.
Im Jahr 2017 ist Niedecken im Auftrag des TV Senders ARTE zu einer Reise auf den Spuren von Bob Dylan aufgebrochen. Kreuz und quer durch die USA, wo er mit vielen ehemaligen Weggefährten, Fotografen, Journalisten und Musikern gesprochen hat, die kompetent über Bob Dylan’s Amerika Auskunft geben konnten. In der KiWi Musikbibliothek erschien schließlich 2021 ein spannendes Büchlein, das den Titel „Wolfgang Niedecken über Bob Dylan“ trug. Im Booklet zum CD-Release „Dylanreise“ erzählt Niedecken nun von der Tour zu den Originalschauplätzen und von der Arbeit am Buch, das er als Fan für Fans geschrieben hat.
Als es im vergangenen Jahr keine Chance auf BAP-Konzerte gab und alle Pläne in die Tonne gekloppt werden mussten, ergriff Wolfgang die Gelegenheit beim Schopf und konnte auf eine kleine Tour in einer Mischung aus Lesereise und Songwriter-Session gehen. Da vieles davon als Open Air und vor sitzendem Publikum stattfand, konnte man die Locations dann doch ganz ordentlich füllen. Wer es trotzdem verpasst hat, bekommt jetzt mit dem 3CD-Release „Dylanreise“ einen hinreichenden Eindruck.
CD 1 und 2 geben das Programm wieder, das aus Texten aus Niedeckens Buch bestand, zu denen sich dann 16 Songs gesellten, die wahlweise auf Englisch, in kölscher Sprache oder in einer Mischung aus beidem zu Gehör gebracht wurden. Viele hätten vermutlich eine live-CD der Tour erwartet, doch „Dylanreise“ ist tatsächlich ein Studiowerk. Schade eigentlich – aber vielleicht kommt ja noch ein DVD Release.
Die Songs sind allesamt neu aufgenommen – mit Niedecken an Gitarre und Mundharmonika sowie Mike Herting am Piano. Auch gesanglich liefert Herting entsprechende Unterstützung im Backing. Die Songs sind nicht alle von Bob Dylan. „Sinnflut“ ist beispielsweise eine Eigenkomposition aus dem Jahr 1979 und „Leev Frau Herrmanns“ stammt gar aus 1977.
Ganz groß in Sachen Dylan wird es aber mit Stücken wie „The Times They Are A-Changin“, „Wie ’ne Stein (Like A Rolling Stone)“, „Quinn, dä Eskimo“ und „Only A Hobo“. Dazwischen erzählt Wolfgang mit seiner charismatischen Stimme von Kneipengig-Erfahrungen, von seinen Berührungspunkten mit Dylans Musik, von dessen erstem Deutschland-Gig und vielen anderen Anekdoten.
Eine coole Sache übrigens, dass auf CD 3 nochmal alle Songs ohne Zwischentexte auftauchen und noch um drei Bonus-Stücke aus Niedeckens Dylan-Katalog erweitert wurden (unter anderem „Knocking On Heaven’s Door“ und „The Christmas Blues“). Denn sind wir mal ehrlich: Die Scheiben mit den Lesetexten hört man sich auf jeden Fall einmal an. Vielleicht auch noch ein zweites oder drittes Mal. Doch irgendwann will man die Musik genießen und ist genervt, nach jedem Track einmal auf die Skiptaste drücken zu müssen.
Der Digipack mit den drei Silberscheiben ist sehr wertig aufgemacht und enthält Fotos von Niedecken sowie seinem Compagnon Mike Herting an Piano und Backing Vocals. Zudem sind Wolfgangs Liner Notes zu den Hintergründen des Albums sehr informativ. Für Fans von Dylan und Niedecken ist der Release essentiell – für alle Anderen auf jeden Fall empfehlenswert!
Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube. Mehr erfahren
Das letzte Album von Wolfgang Niedeckens BAP erschien bereits im September 2020. Unser Chefredakteur hat das 20. Studioalbum der Kölner Kultband damals mit deutlichen Worten gewürdigt:
Musikalisch bewegen sich Niedeckens BAP auf „Alles fliesst“ zwischen solidem Rock („Besser du jehss jetz“), kräftigen E-Gitarren („Du häss dich arrangiert“) und leisen poetischen Momenten. Auffällig ist, dass Niedecken häufiger mal auf Hochdeutsch singt. Vermutlich damit auch der letzte dumpfbackige Vegankoch und die letzte Mannheimer Heulsuse seine Botschaft versteht. Die insgesamt vierzehn Songs haben zwar durchaus ihre Längen, aber für Wolfgang Niedecken war seine Kunst noch nie ein Grund zur Selbstbeweihräucherung, sondern immer ein Mittel, um Antworten auf die großen Fragen unserer Zeit zu finden und damit zum Nachdenken und zur eigenen Reflektion anzuregen. Dass dabei nicht jeder mitgeht, liegt in der Natur der Sache. „Alles fliesst“ ist im Vergleich zu seinen neunzehn Vorgängern dabei irgendwo im oberen Drittel einzuordnen.
HIER findet ihr die vollständige und sehr ausführliche Review!
Jetzt war es nun so, dass Meister Niedecken – man will es gar nicht glauben – am 30. März 2021 seinen 70. Geburtstag feiern durfte. Anlass genug für Vertigo und Universal Music, eine Sonderedition des Albums auf den Markt zu bringen: die „Alles fliesst – Geburtstagsedition (Ltd. Deluxe)“.
Darauf enthalten ist die Albumversion mit Bonustracks – so wie es sie 2020 bereits als Ausgabe im Hardcover-CD-Book gab. Bis dahin also nichts Neues.
Den Mehrwert bildet eine dritte CD mit unveröffentlichten Raritäten aus der Anfangszeit von BAP, die Niedecken im Booklet ausführlich würdigt. Da das neue Album insgesamt sehr hochdeutsch-lastig ist, sind diese vier kölschen Songs doch ein schöner Kontrast, der den ursprünglichen Spirit der Band atmet und für Fans äußerst interessant sein dürfte.
Auf der DVD gibt es in 105 Minuten Länge ein nettes „Behind The Scenes“ aus dem Studio, bei dem Wolfgang „Track By Track“ die Songs erklärt und man einen Einblick in die Aufnahmesessions bekommt. Zudem sind alle neuen Musikvideos enthalten.
Ob man die Box nun haben muss? Die ewige Gretchenfrage… Die Silberlinge stecken in hübschen Papphüllen und das Booklet ist ordentlich erweitert. Hinzu kommen drei Aufkleber und die komplette Box ist sehr schön gestaltet. Für Sammler also auf jeden Fall interessant.
Als BAP 1980 mit „Affjetaut“ in mein Leben traten, begann eine Verbindung, die bis heute gehalten hat. Dazu trug natürlich der Umstand bei, dass die Band aus meiner Heimatstadt Köln kommt und die erste war, die den kölschen Dialekt auch außerhalb der Karnevalszeit über die Grenzen der Domstadt hinaustrug. Hinzu kam, dass BAP mit Wolfgang Niedecken über einen Frontmann verfügte, der mit seinen politischen und gesellschaftskritischen Texten zum Sprachrohr (m)einer Generation wurde und dessen Themen auch sonst den Nerv der Zeit punktgenau trafen. In den vier Jahrzehnten seitdem haben wir uns beide weiterentwickelt. Bei BAP gab es zahlreiche Besetzungswechsel, die nicht immer förderlich für ihre musikalische Entwicklung waren und die 2016 schließlich in einer Umbenennung zu Niedeckens BAP gipfelten. Auch ich habe meinen musikalischen Horizont seitdem natürlich erweitert, was dazu führte, dass die Band zwischen 1986 („Ahl Männer, aalglatt“) und 2008 („Radio Pandora“) zunehmend unter meinem Radar flog. „Radio Pandora“ führte uns schließlich wieder zusammen. Seitdem durfte ich Wolfgang Niedecken zweimal interviewen und ihn als einen Menschen kennenlernen, dessen Blick auf das Leben, die Liebe und unsere Gesellschaft so wach und klar ist wie eh und je und der mit „Halv su wild“, „Lebenslänglich“ oder „Das Märchen vom gezogenen Stecker“ nach wie vor großartige Alben veröffentlicht.
„Alles fliesst“ ist nun das insgesamt Zwanzigste in dieser Reihe. Der Titel ist eine Reminiszenz an den Fluss, dessen Verlauf durch Köln der Stadt eine „Schäl Sick“ beschert hat und der gleichzeitig ein Zeichen von Aufbruch und Vergänglichkeit ist. So sind einige Songs auf „Alles fliesst“ stark autobiographisch geprägt, was man sich als fast 70-Jähriger auch erlauben darf. Dabei verteilt Niedecken seine Lebensweisheiten klugerweise nie vom hohen Ross herab, sondern durchaus selbstironisch und bringt dabei sogar Verständnis für all diejenigen auf, die sich abgehängt fühlen und deshalb am Rockzipfel eines Populisten hängen wie in der bluesigen Spießerballade „Verraten und verkauft“.
Im AC/DC-mäßig abrockenden „Jeisterfahrer“ nimmt er das vergiftete gesellschaftliche Klima aufs Korn und blickt quasi als Spiegel dazu mit der atemlosen Polka-Nummer „Jenau jesaat: Op Odysee“ auf die seligen Anfangstage von BAP zurück. „Amelie, ab dofür“ ist die rechtmäßige Fortsetzung von „Frau, ich freu mich“ und „Morje fröh doheim“, nur dass er diesmal mit dem Auto im Berufsverkehr steckt. Das eindringliche „Ruhe vor dem Sturm“ warnt vor den Verführern der Marke Trump und seinen kleinen deutschen Ablegern. Der Schunkelblues „Huh die Jläser, huh die Tasse“ ist eine Verbeugung vor allen Corona-Helden und Klimaaktivisten. Dazu gibt es übrigens auch ein sehr schönes Video. Das Album erfasst das Leben in seiner ganzen traurigschönen Fülle.
Dazu gehören Trauer, Verzweiflung und Wut ebenso wie Euphorie, Glück, Liebe und Hoffnung. Das weiß auch Wolfgang Niedecken. So wirft er in „Volle Kraft voraus“ einen optimistischen Blick nach vorne. Dazu gibt es Vogelgezwitscher und Vinylgeknister. In „Mittlerweile Josephine“ setzt er seiner Tochter ein Denkmal, das jeder andere Vater vermutlich sofort nachbauen würde. „Für den Rest meines Lebens“ ist eine samtweiche musikalische Umarmung für seine Frau und „Alles zoröck op Ahnfang“ eine wunderschöne Ballade, die sich nahtlos in die Reihe wunderschöner Balladen in der langen Geschichte von BAP einreiht. Und nicht zu vergessen das abschließende „Wenn ahm Ende des Tages“, eine wunderbar sentimentale Ode an die Liebe und das Leben.
Musikalisch bewegen sich Niedeckens BAP auf „Alles fliesst“ zwischen solidem Rock („Besser du jehss jetz“), kräftigen E-Gitarren („Du häss dich arrangiert“) und leisen poetischen Momenten. Auffällig ist, dass Niedecken häufiger mal auf Hochdeutsch singt. Vermutlich damit auch der letzte dumpfbackige Vegankoch und die letzte Mannheimer Heulsuse seine Botschaft versteht. Die insgesamt vierzehn Songs haben zwar durchaus ihre Längen, aber für Wolfgang Niedecken war seine Kunst noch nie ein Grund zur Selbstbeweihräucherung, sondern immer ein Mittel, um Antworten auf die großen Fragen unserer Zeit zu finden und damit zum Nachdenken und zur eigenen Reflektion anzuregen. Dass dabei nicht jeder mitgeht, liegt in der Natur der Sache. „Alles fliesst“ ist im Vergleich zu seinen neunzehn Vorgängern dabei irgendwo im oberen Drittel einzuordnen. Wolfgang Niedecken ist mittlerweile in der glücklichen Lage, dass er niemandem mehr nach dem Mund reden muss und das ist genau das, was dieses Album so wertvoll macht. Oder wie er selbst es im Opener „Hauptjewinn“ etwas holprig ausdrückt: „Man muss keinem was beweisen, nicht einmal Florian Silbereisen“. Jenau!
Es ist nicht nur dringend erforderlich, den vorliegenden Release auf unsrer Site zu reviewen, weil das Cover vom Musicheadquarter-Topfotografen Simon Engelbert stammt, sondern auch, weil BAP sich seit Jahrzehnten immer wieder neu erfinden und gerade ihre Livealben echte Zeugen der Zeitgeschichte sind. Sei es „Bess demnähx“, das 1983 den deutschlandweiten Erfolg der Kölschrocker zementierte, oder die unplugged-Show „Das Märchen vom gezogenen Stecker – live“, die den Namenswechsel von BAP zu Niedeckens BAP vollzog.
Erstaunlich, dass seit 2009 fast im Zwei-Jahres-Rhythmus ein neuer Mitschnitt erscheint. „Lebenslänglich im Heimathafen Neukölln“ ist am 16.11.2016 erschienen – und pünktlich zum diesjährigen Weihnachtsfest gibt es den neuen Release. Das letzte Studioalbum Niedeckens war ein Soloalbum namens „Reinrassije Stroossekööter“, das er seiner Familie gewidmet hat. Inzwischen spielt es ja keine Rolle mehr, ob Wolfgang Niedecken ein Album unter seinem eigenen Namen oder dem Bandnamen BAP veröffentlicht. Die Grenzen verschwimmen schon lange – und nach den Umbesetzungen der Band spielt auch die Trennschärfe keine Rolle mehr.
Der Mitschnitt entstand im Münchner Circus Krone. Es gibt eine Bläser-Sektion. Allein das macht die aktuelle Konzertreihe schon zu etwas Besonderem. Und das Ergebnis mit den neuen Arrangements klingt erstaunlich ausgereift – auch auf dieser Aufnahme. Jener Abend sei etwas ganz Besonderes gewesen, erinnert sich Niedecken. „Wir hatten uns schon am Vortag bei einem ersten Konzert im Circus Krone wunderbar warm gespielt und waren nun bei der zweiten Show, bei der von Sound bis zur Begeisterung des Publikums einfach alles stimmte.“ Zudem standen an diesem Abend auch drei bayerische Weggefährten als Gäste auf der Bühne, Werner Schmidbauer, Martin Kälberer und Hannes Ringlstetter, die mit einer bajuwarisch-kölschen Co-Produktion überraschten, einer umwerfenden Version von Bob Dylans Basement Tapes-Hymne „You Ain’t Going Nowhere“.
Der Rest des Programms ist eine wundervolle Standortbestimmung der Band. Vieles ist sehr melancholisch gehalten. Dann ziehen wieder die Bläser an und es gibt laut arrangierte Parts. Meine persönlichen Highlights sind „Anna“, „Wie schön dat wöhr“ und „Do kanns zaubere“ (das hier endlich komplett gespielt wurde). Das Akustik-Set mit Anne de Wolff am Cello finde ich sehr berührend.
Nur zum Ende hin verliert sich das Konzert in einigen Country-Rock-Arrangements, die den Aufnahmesessions des vergangenen Jahres in New Orleans geschuldet sind. Trotzdem bietet die Doppel-CD ganz großes BAP-Kino und gehört definitiv zu den besten Live-Releases der Band. Nicht so kultig wie „Bess demnähx“ (damit hat auch keiner gerechnet), aber allemal stärker als „Affrocke“ und „Övverall“.
Das spielfreie Jahr ist vorüber – Wolfgang Niedecken und seine Band wollen wieder auf die Bühne. Tourstart war am 30. Mai in der Stuttgarter Liederhalle – und schon am Tag drauf zog es den Kölner in die Region, in der sein Kölsch ganz unproblematisch verstanden wird: Trier war für BAP schon immer eine Art Heimspiel. So fanden sich gut 3.000 Zuschauer verschiedener Generationen – okay, die Ü40 war überproportional stark vertreten – zu dem Konzert ihres Heroen ein, der nun schon seit über 40 Jahren mit BAP auf der Bühne steht.
Von der Band ist als einzig verbliebenes Gründungsmitglied nur der 67jährige Frontmann vertreten. Umgeben hat er sich mit exzellenten Musikern wie dem Gitarristen Ulrich Rode, Schlagzeuger Sönke Reich und Keyboarder Michael Nass. Zudem ist die Multi-Instrumentalistin Anne de Wolff schon seit Jahren mit am Start. Neuheit auf der Bühne ist ein Bläsertrio bestehend aus Trompete, Saxophon und Posaune, das die Band musikalisch begleitet und Songs wie „Waschsalon“ einen ganz besonderen, groovigen Sound verleiht. Das war auch schon der zweite Songs des Abends und dem Publikum war die Begeisterung anzuhören, dass es auch genügend Klassiker im Set geben wird.
Das letzte Album Niedeckens war nämlich ein Soloalbum namens „Reinrassije Stroossekööter“, das er seiner Familie gewidmet hat. Inzwischen spielt es ja keine Rolle mehr, ob Wolfgang Niedecken ein Album unter seinem eigenen Namen oder dem Bandnamen BAP veröffentlicht. Die Grenzen verschwimmen schon lange – und nach den Umbesetzungen der Band spielt auch die Trennschärfe keine Rolle mehr. Was höchstens auffällt: Wenn nur Niedecken (ohne BAP) drauf steht, dann ist noch mehr kölsche Sprache drin. Warum Familienalbum? Ganz einfach: Niedecken hat hier die Songs versammelt, in denen seine Familie eine Rolle spielt. 13 Titel, zwölf davon neu arrangiert und aufgenommen, den Albumtitel als Opener ganz neu geschrieben. Von diesem Album gab es einiges zu hören, sodass es einem bisweilen wie eine Mogelpackung vorkam, doch eigentlich auf einem BAP-Konzert zu sein. War aber nicht weiter schlimm, denn mit den entspannten atmosphärischen Songs der neueren Ära wurde es ein wunderschönes Konzerterlebnis.
Dass das Publikum älter geworden ist, merkte man daran, dass die Stehplätze im Innenraum nur zu einem Drittel gefüllt waren. Die Ränge aber mit ihren Sitzplätzen platzten aus allen Nähten. Auch auf der Bühne gab es ein entspanntes Setting: Große LCD Leinwand, Palmen, eine hölzerne Tür samt Eingangstreppe. Mit diesen Requisiten konnte man jede Einheit schön gestalten und die Tür wurde sowohl zur Startseite eines Familienalbums voller Schwarz-weiß-Bilder als auch zur Pforte in Regionen wie New Orleans.
Niedecken stand topfit auf der Bühne. Seinen Schlaganfall erwähnte er kurz, machte aber kein großes Thema daraus. Allerdings war zu bemerken, dass er es vermied, allzu sehr im Mittelpunkt zu stehen. Die Band bekam sehr viel Raum und nutzte diesen auch aus. Die Mischung aus neueren Stücken und freudig bejubelten Mitsing-Klassikern zog sich durch den ganzen Abend. Ein Set aus klaren Botschaften und tiefgehenden Texten, die heute aktueller denn je erscheinen. Man denke nur an „Kristallnaach“ und „Arsch huh, Zäng ussenander“ mit all ihrer politischen Brisanz der Gegenwart.
Wolfgang Niedecken mahnte das Publikum zu Frieden, Demokratie und gesellschaftlichem Miteinander. Für seine Statements erntete Wolfgang Niedecken langanhaltenden Beifall und deutliche Zustimmung seitens der Trierer. Aus dem bemerkenswerten Riesenrepertoire wurden viele rockige Songs, aber auch viele ruhige Stücke bewusst ausgewählt, die keineswegs zusammengewürfelt schienen, sondern einen hervorragenden Mix aus Nachdenklichkeit und Lebensfreude darstellten. „Bahnhofskino“ im neuen Arrangement erzeugte Gänsehaut. Ulrich Rohde führte das Publikum an der Akustikgitarre mit bekannten Klängen aus „Do kanns zaubere“ hin zu „Jupp“. Es gab „Frau ich freu mich“ zum Feiern und „Songs sinn Dräume“ zum Innehalten.
Vieles war sehr melancholisch gehalten. Dann zogen wieder die Bläser an und es gab laut arrangierte Parts. Mein persönliches Highlight war das Triple mit „Anna“, „Wie schön dat wöhr“ und „Do kanns zaubere“ (das hier endlich komplett gespielt wurde). Dieses Akustik-Set mit Anne de Wolff am Cello war sehr berührend. Und Niedecken erzählte von seinen Töchtern, für die er „Wie schön dat wöhr“ geschrieben hat.
Trotz der recht ruhig gehaltenen Show gab es nach dem Hauptset um kurz nach 22 Uhr Standing Ovations auch auf den Tribünen. Andere Konzerte sind an diesem Punkt längst vorüber, doch da kennt man Niedecken schlecht. Schon mit BAP in den 90ern gab es keine Konzerte unter drei Stunden. Und auch hier sollte es bis nach 23 Uhr mit den Zugaben weiter gehen. Allerdings mussten sich die Zuschauer damit zurecht finden, dass es viele Songs, auch die „Ruut-wieß-blau querjestriefte Frau“, in Country-Rock-Arrangements zu hören gab. Da haben die Aufnahmesessions in New Orleans also ihre Spuren hinterlassen.
Zum Ende durfte man sich aber auch über das lang ersehnte „Verdamp lang her“ und den wundervollen Rausschmeißer „Jraaduss“ freuen. Die Tour wird noch lange andauern. Daten findet ihr unten im Text. Das Trierer Publikum wird vermutlich seine Empfehlung aussprechen – zumindest sah man auf dem Weg zum Auto hauptsächlich beseelte Gesichter.
Setlist, Arena Trier, 31.5.2018
Drei Wünsch frei
Waschsalon
Psycho-Rodeo
Diss Naach ess alles drinn
Reinrassije Stroossekööter
Chippendale Desch
Et ess wie et ess
Bahnhofskino
Jupp
Frau ich freu mich
Dausende vun Liebesleeder
Songs sinn Dräume
Anna
Wie schön dat wöhr
Do kanns zaubere
Nemm mich met
Absurdistan
Vision von Europa
Kristallnaach
Arsch huh, Zäng ussenander
Ruut-wieß-blau querjestriefte Frau
Nix wie bessher
Jebootsdaachspogo
You ain’t going nowhere
Aff un zo
Inzwischen spielt es ja keine Rolle mehr, ob Wolfgang Niedecken ein Album unter seinem eigenen Namen oder dem Bandnamen BAP veröffentlicht. Die Grenzen verschwimmen schon lange – und nach den Umbesetzungen der Band spielt auch die Trennschärfe keine Rolle mehr. Was höchstens auffällt: Wenn nur Niedecken (ohne BAP) drauf steht, dann ist noch mehr kölsche Sprache drin. Das merke ich, wenn meine Frau schließlich gar nicht mehr versteht, was gesungen wird.
Unter diese Rubrik fällt auch „Das Familienalbum – Reinrassije Strooßekööter“. Warum Familienalbum? Ganz einfach: Niedecken hat hier die Songs versammelt, in denen seine Familie eine Rolle spielt. 13 Titel, zwölf davon neu arrangiert und aufgenommen, den Albumtitel als Opener ganz neu geschrieben. Und Himmel noch mal was ist das für ein schönes und entspanntes Album geworden!
Der bekannteste Titel ist sicher „Bahnhofskino“. Und dann verstecken sich in „Et ess lang her“ einige berühmte Textzeilen aus „Verdamp lang her“. Alles in allem liefert der Straßenköter hier ein sehr ruhiges und melancholisches Album. Nichts zum Party-machen, viel zum Nachdenken. Introvertiert im Erzählton und lebhaft in der musikalischen Umsetzung lässt Niedecken mit seinen hochkarätigen Instrumentalisten Bilder, Szenen, Anekdoten und Erinnerungen vorüberziehen. Da gibt’s Southern Rock („Für`ne Fründ“), Cajun-Punk („Jebootsdaachspogo“) und New Orleans typisches Gebläse („Wie schön dat wöhr“).
Weitere Klassiker aus dem BAP-Repertoire sind der gute alte „Chippendale Desch“ und der „Chlodwigplatz“. Ein Fest für Nostalgiker. Und doch klingt alles ganz neu, denn die Arrangements sind sehr filigran und vertrackt aufgebaut. Als Produzent und Arrangeur fungierte Niedeckens alter Freund Julian Dawson, der überdies Gitarre, Dobro und Harmonica beisteuerte. Zur Band gehörten außerdem Hochkaräter wie Eagles-Sideman Steuart ‚Spider‘ Smith (Gitarre, Piano, Hammond, Keyboards), Bassist Roscoe Beck (Leonard Cohen, Dixie Chicks) und Drummer J.J. Johnson.
Das Familienalbum hat mich vom ersten Ton an gefangen genommen. Klar kann man sagen, dass Niedecken nichts Neues einfällt. Aber das wäre doch verbohrt. Wenn er sich schon einem solchen Thema widmet, dann genau auf diese Weise: mit schönen Klängen und einer neuen Herangehensweise. Klasse!
Noch vor dieser unrühmlichen Bundestagswahl ist der vorliegende Sampler erschienen. Eine Zusammenstellung von Songs zum Thema „500 Jahre Reformation“. „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ heißt eine der wichtigsten reformatorischen Schriften Martin Luthers und heute sollte das für uns vielleicht übersetzt werden als „Von der Freiheit eines jeden Menschen“. Oder eben vom Traum davon.
29 Tracks wurden von den unterschiedlichsten Künstlern für diese Doppel-CD beigetragen. Und es sind meist nicht die Chart-Erfolge, sondern bewegende Kleinode, die sich im engen oder entfernteren Sinne mit der Freiheitsthematik beschäftigen.
„Ich mach mein Ding“ singt Udo Lindenberg. Philipp Poisel gäbe „Für keine Kohle dieser Welt“ seine Freiheit auf. Die Sportfreunde Stiller erinnern an ein Flüchtlingsdrama an einem „Dienstag im April“. Und Laith Al-Deen proklamiert in seinem aktuellen deutschen Remake von George Michaels „Freedom90“, dass wir alle zur Freiheit geboren sind.
Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, Freiheit der Kunst und der Wissenschaft, Glaubensfreiheit, Gewissensfreiheit, Bekenntnisfreiheit, Versammlungsfreiheit, Vereinigungsfreiheit, Berufsfreiheit – das sollten sich alle hinter die Ohren schreiben, die meinten, aus Protestgründen eine rechtsradikale Partei wählen zu müssen. Auch Kunst braucht diese Freiheit. Und so macht es Mut, zu hören, wie viele Künstler sich mit diesem Thema beschäftigen und ihre Songs für die gute Sache zur Verfügung gestellt haben.
Meine Favoriten: „Wellenreiter“ von BAP, Alex Diehls „Nur ein Lied“ und der bewegende Song „Fahnenfluch“ von dem afghanischen Flüchtlingssohn Sorab Jon Asar, der von diesem Traum handelt, frei zu sein, eine Heimat zu haben und nicht gefühlt seit 26 Jahren auf der Flucht zu sein.
Zwei CDs voller wertvoller Songs, die man sich getrost anhören und dabei etwas guten Willen tanken kann.
Fury in the Slaughterhouse scheinen die Lust am gemeinsamen Musizieren wieder gefunden zu haben. Zunächst war nur ein Jubiläumskonzert in Hannover geplant, dann wurden es einige mehr, die sich zur kompletten Deutschlandtour ausdehnten. Und weil es so schön war, geht es aber Herbst in die etwas kleineren Hallen zu einer „Little Big World“ Akustik-Tour. Da kann man die Band mit ungewöhnlichen Arrangements zu ihren altbekannten Hits hören und auch einige Songs aus dem Backkatalog live erleben, die Fury sonst nicht so häufig auf ihren Konzerten spielen und gespielt haben.
Gerade diese Perlen sind es, die das vorab erschienene Doppel-Livealbum „Little Big World“ so besonders machen. Es strahlt eine harmonische, heimelige Atmosphäre aus und Songs wie „Last Order“ und „Bar Des Boulistes“ bekommen einen ganz neuen Stellenwert. Ebenso wie das Gänsehaut-erzeugende „In Your Room“ und die Jubiläumshymne „30 (It’s Not Easy)“.
Nicht zu vergessen sind natürlich die frisch arrangierten Klassiker, die oft mit sehr dezenten und gänzlich neuen Arrangements daher kommen. Verantwortlich ist dafür vor allem Jan Löchel, der Fury als Support auf der Open Air Tour begleitete und als musikalischer Leiter für die Band tätig ist. Er hat Titeln wie „The She Said“, „Cry It Out“, „Milk And Honey“ und „Time To Wonder“ ganz neue Elemente mitgegeben.
Als besonderes Bonbon gibt es eine Coverversion im akustischen Fury-Style, nämlich „Boys Don’t Cry“ von The Cure. Ein Mitsing-Hit, den auch das Fury-Publikum aus dem Effeff beherrscht. Ebenso wie den Gassenhauer „Won’t Forget These Days“. Und wenn „Trapped Today, Trapped Tomorrow“ das Konzert stimmungsvoll beschließt, kann man eigentlich nur noch zu PC oder Smartphone greifen und nach den herbstlichen Tourdaten suchen.
Mit dem Ende April im Hamburger Grünspan aufgezeichneten Akustik-Album „Little Big World – Live & Acoustic“ schließen Fury in the Slaughterhouse besonders feinmotorisch einen Kreis. Handwerk im besten Sinne verbinden die Musiker mit emotionaler Tiefe in den 23 ausgewählten Songs, die für das einmalige Konzert neu arrangiert wurden. Zumal einige Gäste das Geschehen verfeinern: John Watts kam eigens zur gemeinsamen Performance des Fury-covert-Fischer Z-Songs „Protection“ an die Elbe gereist, Mousse T. führte am Piano zusammen mit der Band eine ganz besondere Version von „Radio Orchid“ auf und der ausgewiesene Fury-Freund Wolfgang Niedecken steuerte sogar eine Strophe aus eigener Feder zum Finale „Seconds To Fall“ bei. Weitere musikalische Gäste des Abends waren Martin Huch sowie Lars Jensen.
Mit „Little Big World – Live & Acoustic“ zeichnen Fury In The Slaughterhouse ihr Jubiläum demütig und mit ungebrochener Frische rund. Vermutlich ist jetzt tatsächlich wieder Schicht im Schacht und die Brüder Wingenfelder fahren mit ihren Solo-Performances fort. Die kann man übrigens ebenfalls uneingeschränkt empfehlen. Und sich dann auf zukünftige Fury-Konzerte freuen. Das nächste Jubiläum kommt bestimmt.
Wolfgang Niedecken und BAP feiern ihr 40jähriges Bühnenjubiläum. Grund genug für eine ausgedehnte Tour nach dem Motto „Das Beste von 1976 bis 2016“. Und diesem Motto wird die Band eindeutig gerecht. Schon vor Beginn kann man auf der LCD Wand aus versetzt aufeinander gestapelten Würfeln die Cover der BAP Alben bewundern und in Erinnerungen schwelgen. Meine Sitznachbarn begannen sogleich eine Diskussion über die Qualität der einzelnen Werke. Ein kommunikativer Einstieg also.
Apropos Sitznachbarn: Ja, das Konzert in der Saarlandhalle war als Sitzplatz-Konzert angelegt. Kein schlechter Gedanke, wenn man das durch alle Generationen gehende Publikum betrachtete. Und doch schafften es Wolfgang Niedecken und seine Mitstreiter schon mit dem ersten Song des Abends „Frau, ich freu mich“ alle – und wirklich alle – Zuschauer von den Sitzen zu reißen. So sollte das auch über den Rest des mehr als dreistündigen Konzerts bleiben. Die meisten Zuschauer feierten fast alle Songs stehend, zogen sich damit ab und zu auch den Unmut der hinter ihnen Sitzenden zu – doch alles in allem war es einfach eine große Party und niemand konnte den Fans in der Umgebung lange böse sein.
Der Gig kam in Schwung mit „Ne schöne Jrooß“, „Nix wie bessher“ und dem aus Tausenden von Kehlen mitgesungenen „Anna“. Da fühlte man sich doch gleich in die 80er Jahre zurück versetzt. Doch Niedecken verwies auch auf das „Da capo“ Album, dessen Songs (warum eigentlich?) so selten gespielt werden und brachte zu meiner großen Freude „Fortsetzung folgt“.
Ein Wort zur Band: Man nennt sich nun ja Niedeckens BAP. Ob das juristische Gründe hat oder dem Ego des Frontmanns geschuldet ist, sei mal dahin gestellt. Zumindest ist die Zeit von solch illustren Figuren wie dem Major, Effendi Büchel und Schmal Boecker seit Ende der 90er Jahre vorbei. Menschlich vermisst man sie, vor allem wenn im Hintergrund Einspieler alter Konzerte erscheinen und man die bekannten Gesichter sieht, doch musikalisch ist das Ensemble um Wolfgang Niedecken einfach top und sie reißen locker alle Mauern des Zweifels ein.
Am längsten ist Bass Werner Kopal dabei – nämlich 20 Jahre schon. Bemerkenswerte Neuzugänge sind aber Sönke Reich am Schlagzeug und Ulrich Rode an der Gitarre (beide seit 2014 dabei). Was diese an ihren Instrumenten abfeuern, ist eine wahre Pracht. Sei es Sönke mit seinem Power-Solo zu „Alexandra, nit nur do“ oder der gute Ulle, der (ohne sich dabei in den Vordergrund zu spielen) ein geniales Solo nach dem anderen raus haut und dafür mehrfach dicken Szenenapplaus bekommt. Hinzu kommt Michael Nass am Keyboard. Und natürlich Anne de Wolff: Sie ist nicht nur eine hübsche Erscheinung in der Männerrunde, sie bereichert die Arrangements auch als Multi-Instrumentalistin mit diversen Streichinstrumenten und Percussion. Der Gesamtklang in Saarbrücken war überragend. Dazu trugen unter Umständen auch die offene Bühne bei und der ausufernde Platz für die Band, der stark genutzt wurde.
BAP stellten auch Songs des aktuellen Albums „Lebenslänglich“ vor. Nicht versteckt im Set, sondern als selbstbewussten Fünferblock, dessen Songs von den Fans online gewählt wurden. Ich fand die Stücke sehr überzeugend – und vermutlich ist der Absatz des neuen Albums am Merchandise-Stand im Anschluss in die Höhe gegangen.
Ein Vierer-Block mit Liebesliedern brachte die Band und auch die Zuschauer für kurze Zeit zum Sitzen. Man begann mit dem herzlich-nachdenklichen „Jraaduss“. Danch war es Niedecken ein Anliegen, den kürzlich verstorbenen Leonard Cohen zu würdigen. Wie er selbst sagte: „Wenn wir es in jungen Jahren endlich geschafft hatten, dass ein Mädchen uns über Nacht mit nach Hause nimmt… Leonard Cohen war schon da.“ Als Hommage gab es den Titel „Famous Blue Raincoat“ in kölscher Sprache. Und unter tiefem Seufzen endete der ruhige Block mit dem Evergreen „Do kanns zaubre“.
Danach konnten BAP aber in die Zielgerade einbiegen. „Kristallnaach“ als Rockkracher mit weiterhin aktuellem Inhalt, das auffordernde „Arsch huh, Zäng ussenander“ und das mit starken Gitarrenriffs und donnerndem Schlagzeug versehene „Verdamp lang her“ schlossen nach gut zwei Stunden den regulären Konzertteil ab.
Doch Kenner wussten: Schon vor 25 Jahren dauerten Konzerte der Band mindestens drei Stunden. Ich habe selbst schon in der Saarlandhalle erlebt, dass der reguläre Set mit Stones-Titeln auf 210 Minuten ausgedehnt wurde, weil man keinen Bock hatte aufzuhören. So durfte sich die Band auch diesmal bis deutlich nach 23 Uhr verausgaben. Am Ende hatte jeder Anwesende viele Lieblingssongs gehört und es ging zurück in die kalte Saarbrücker Nacht.
Was für ein schöner, wertiger Release! Niedeckens BAP veröffentlichte am 18.11. „Lebenslänglich im Heimathafen Neukölln (live)“. Und doch gibt es für manche Freunde der Band auch Grund, sich zu ärgern. Denn Vieles, was sich in diesem Komplettpaket aus vier Silberlingen befindet, haben sie schon im Regal. Jetzt kann man sich über den zusätzlichen Inhalt freuen – oder den Herrn Niedecken und seine Gang der Abzocke bezichtigen. Richtig ist aber: Wer diesen dicken Release käuflich erwirbt, bekommt etwas Schönes für sein Geld. Jenseits allen Streamings und Download-Getues. Hier hat man ein schönes Kleinod in der Hand. Und wer das aktuelle BAP Album ohnehin noch nicht im Regal hat, sollte bei dieser Edition schleunigst zugreifen.
CD 1 bietet also das Studioalbum mit 14 Songs. Dazu brauche ich nicht mehr viel zu sagen, denn das hat Kollege Kröll schon ausführlich an dieser Stelle erledigt: Review „Lebenslänglich“ von Niedeckens BAP.
CD 2 bietet dann die live-CD „Heimathafen“. Anlässlich des 40-jährigen Bandjubiläums suchte Wolfgang Niedecken für den Stapellauf des „Lebenslänglich“-Albums nach einer geeigneten Location, um den Vorabend des Releases gebührend zu zelebrieren. Jedoch waren in seiner Heimatstadt Köln sämtliche Venues aufgrund von Karnevalssitzungen bereits belegt. Wolfgang Niedecken machte die Not jedoch zur Tugend und wich von Köln auf Neukölln (Berlin) aus. Im wunderschönen Heimathafen spielte er samt seiner Band und den Überraschungsgästen Clueso, Thees Uhlmann, Stephan Stoppok, Nicky Müller, Calexico-Trompeter Martin Wenk und Max Prosa sowohl neue Lieder als auch bewährte Klassiker.
Besonders gut gefällt mir die Version von „Dä Herrjott meint et joot met mir“ mit Nicky Müller. Die beiden harmonieren hervorragend miteinander und es menschelt sehr. „Frau, ich freu ich“ ist mit im Set. Und auch „Kristallnaach“ – wunderschön und ewig aktuell.
Die live-DVD hat dann noch vier Songs mehr, nämlich zum einen „Rita“ und das emotionale, immer wieder gern gehörte „Do kanns zaubre“, zum anderen den großen Ausklang mit „Verdamp lang her“ und „Heroes“. Der 110-minütige Live-Mittschnitt fängt diese mal heitere, mal nachdenkliche Atmosphäre in authentischen Kamerasequenzen ein. 17 Songs mit einem klaren Schwerpunkt auf der Jetztzeit. Schließlich steuert Wolfgang Niedecken auf „Lebenslänglich“ denkwürdige Stationen seiner Karriere an. Als Mensch und Künstler. Ein Blick zurück nach vorn also, mit dem sich BAP musikalisch vielfältiger denn je aufstellt.
Als sich zum Ausklang des Auswärtsspiels Band und musikalische Gäste nach einem emotionalen „Verdamp lang her“ zu einem euphorischen Finale versammeln, stimmen sie gemeinsam David Bowies „Helden/Heroes“ an und sogar Kult-Regisseur und Freund Wim Wenders gesellt sich überraschend dazu. Ein weiterer Beleg dafür, dass der rockige, erdige Sound der Band und Niedeckens Texte mit ihren scharfen Beobachtungen, politischen Statements, humorvollen Geschichten und persönlichen Einblicken Menschen in allen Altersgruppen und völlig unabhängig von Genregrenzen erreichen.
CD 4 ist dann ein Extra-Schmankerl mit sieben Titeln, die Niedecken bei „Sing meinen Song“ im März 2016 im Südafrika performt hat. Stücke von The BossHoss bis Samy Deluxe. Besonders genial geraten ist aber die kölsche Version von Xavier Naidoos Hit: „Wat mir allein nit schaffe“.
Die vier Scheiben kommen im Digipack in DVD-Größe und tragen ein dickes Booklet bei sich, das neben den Texten des neuen Albums auch viele großformatige Bilder der Livesession beinhaltet und den Text „Zeitkapsel“ in dem Wolfgang Niedecken ein Statement zu seiner Teilnahme bei „Sing meinen Song“ abgibt. Wir kommen zu folgendem Urteil: lebenslänglich!
Natürlich braucht man keine „Best Of“ Zusammenstellung von BAP. Man soll gefälligst die kompletten Alben kaufen. Doch der Zeitgeist treibt, wie wir wissen, seltsame Blüten. Und da gibt es eine Sendung wie „Sing meinen Song“, in der ein afrodeutscher Rapper aus Hamburg einen fast 35 Jahre alten Titel singt, der heute aktueller ist denn je. „Kristallnaach“ hat damals schon auf den Punkt gebracht, was heute die Medien beschäftigt. Wie Menschen sich leichtgläubig verführen lassen, nur den eigenen Vorteil sehen und wütend auf Menschen werden, die in ihren Augen anders sind. Und plötzlich verstehen Hörer in der hochdeutschen Version von Samy Deluxe einen Text, den man bisher nur in kölscher Sprache kannte und mehr schlecht als recht mitgenuschelt hatte. Es lohnt sich, sich mit den Texten von Niedecken und BAP zu beschäftigen. Heute wie vor 40 Jahren!
Darum also macht die 2-CD-Veröffentlichung mit dem Titel „Die besten Lieder 1976-2016“ absolut Sinn. Beide Scheiben sind randvoll gepackt mit jeweils 15 Songs, die in chronologischer Reihenfolge die Geschichte von BAP erzählen. Der Schnitt liegt im Jahr 1999, als mit „Major“ Klaus Heuser und Alexander „Effendi“ Büchel zwei wichtige Protagonisten die Band verließen. Zuvor waren schon Steve Borg und Manfred „Schmal“ Boecker ausgestiegen. Von da an funktionierte BAP in vielen Augen nur noch als Soloprojekt von Wolfgang Niedecken, was sich auch später in der offiziellen Verwendung des alten Bandnamens Niedeckens BAP niederschlug.
CD 1 enthält definitiv die Titel, die jeder kennt, die in jeder Disco der 80er liefen, die man ab und zu im Radio hört. Dabei ist jede Studioplatte vertreten und man kann sich an „Wahnsinn“, „Verdamp lang her“ und „Do kanns zaubere“ erfreuen. Für die erfolgreichen 80er Jahre sind es deutlich zu wenig Titel – doch hier muss man logischerweise auf die kompletten Alben und das Livealbum „Bess demnähx“ verweisen. Nur dort finden sich die wahren Perlen der Band.
Es gibt einige Dopplungen zum Hitalbum „Wahnsinn“ aus 1995. Das hat die erste Phase der Band umfassend dargestellt. Meine ersten BAP-Alben waren „Da Capo“ und „X für e U“, daher bin ich auch mit den verwendeten Singles „Fortsetzung folgt“ und „Alles em Lot“ nostalgisch gesehen sehr froh.
Was die chronologische Abfolge abgeht, macht es uns CD 2 mit Titeln von 1999 bis 2016 um einiges schwieriger. Denn die Reihenfolge der verwendeten Songs entspricht zwar ihrer Entstehung, es werden aber unter anderem aktuellere Liveaufnahmen verwendet, um diese zu präsentieren. Erwähnenswert sind auf jeden Fall „Müsli Man“, „Arsch huh, Zäng ussenander“ in einer Liveversion aus 2008 und die starke Liveversion von „Zosamme alt“. Trotzdem bleibt die zweite Scheibe weit hinter der ersten zurück.
Wolfgang Niedecken resümiert: „Wenn mir Ende der Siebziger einer erzählt hätte, dass wir uns länger als zwei, drei Jahre mit Musikmachen über Wasser halten könnten, hätte ich ihn ausgelacht. Vier Jahrzehnte sind in diesem Zusammenhang ein unfassbarer Zeitraum. Vor allen Dingen denke ich an all die Leute, die uns einen Platz in ihrem Leben eingeräumt haben und natürlich an die ganzen Musiker, die in 40 Jahren mit mir an BAP gearbeitet haben. Mir ist bewusst, dass es ein Privileg ist, so wie ich zu leben. Ich bin sehr dankbar dafür.“ In wenigen Tagen geht die Jubiläumstour zum 40jährigen los.
Noch bis Anfang September ist Wolfgang Niedecken mit BAP auf Konzertreise. „Zieht den Stecker“ heißt das Motto der Akustiktour, die den Fans die Gelegenheit gibt, BAP von einer völlig anderen Seite zu erleben: Intim und mit einem ganz neuen Programm. Die musikalische Essenz daraus erscheint am 29. August als Live-Doppelalbum unter dem Titel „Das Märchen vom gezogenen Stecker“. Im nächsten Jahr will die Band dann erstmal eine Konzertpause einlegen, um sich auf ihr 40-jähriges Jubiläum 2016 vorzubereiten. Musicheadquarter-Chefredakteur Thomas Kröll traf sich mit Wolfgang Niedecken im Kölner BAP-Büro und sprach mit ihm über das kommende Album, die aktuelle Tour und natürlich auch über die Chancen des 1. FC Köln in der gerade begonnenen Bundesligasaison.
Das neue Live-Album von BAP erscheint am 29. August und heißt „Das Märchen vom gezogenen Stecker“. Die musikalische Grundlage dafür war dein letztes Solo-Album „Zosamme alt“. Inwiefern hängen die beiden Alben zusammen?
Wolfgang Niedecken: Ganz einfach. Ich habe dieses Solo-Album in Woodstock mit amerikanischen Musikern aufgenommen. Es sollte eine Art Dankeschön an meinen Schutzengel sein. Wenn meine Frau mich nicht innerhalb von einer halben Stunde in die Neurologie geschafft hätte, dann weiß ich nicht, ob ich hier noch säße oder noch zusammenhängend reden könnte. Dieses Solo-Album war eine Idee, mit der mir Julian Dawson, der das auch produziert hat, schon seit Jahren in den Ohren gelegen hat. Eigentlich schon seit Jahrzehnten. Junge, du musst mal ein Album aufnehmen, auf dem nur deine Songs im Vordergrund stehen. Wo es nur darum geht, ganz songdienlich und deiner Stimme entsprechend die Tonlage auszuwählen und ansonsten alles wirklich nur um den Gesang herum zu arrangieren. Als ich dann dieses halbe Jahr Zeit hatte, habe ich mir gedacht: Jetzt könnte ich mich doch tatsächlich mal bei meinem Schutzengel bedanken und das mit Julians Idee zusammenbringen. Und genau so haben wir es gemacht. Wir hatten keine Plattenfirma und gar nichts. Wir haben einfach gesagt: Wir nehmen das in Woodstock auf, mischen es in New York und dann gucken wir mal. Zu der Zeit gab es auch gerade dieses Wechseltheater von EMI zu Universal. Aber es hat alles funktioniert. Universal hat das Album rausgebracht und BAP, also meine sogenannte Stammformation, hat das Album gehört und alle fanden es klasse. Auf einmal kam dadurch eine weitere Idee auf Wiedervorlage. Nämlich sich an dem Album zu orientieren und endlich mal unsere Unplugged-Tour zu spielen. Das hatten wir aus Vernunftsgründen immer wieder verschoben. Das ist zu kompliziert, du kriegst weniger Leute in die Säle, die Hallenmieten von den Opernhäusern und Philharmonien sind eine Katastrophe. Für eine Philharmonie bezahlst du natürlich mehr als für eine Dreifachturnhalle und kriegst auch weniger Leute rein. Wir haben das dann mal durchkalkulieren lassen und es schließlich gewagt. Und es war wirklich ein Homerun. Es war so schön. Schon alleine die Proben waren ein Traum. Wir haben wieder mal im Weingut an der Mosel geprobt. Von oben siehst du eine richtige Moselschleife. Die Mosel fließt etwa zehn Kilometer lang an einem vorbei. Es ist unfassbar. Die Anne (de Wolff, Anmerkung der Redaktion) und der Ulle (Ulrich Rode, Anm.d.Red.) haben Gott weiß welche Instrumente mitgebracht. Akustische und sehr exotische Instrumente, an die wir eigentlich noch nie vorher gedacht haben. Rhani Krija als Marokkaner hat das Kommando für das Rhythmusgefüge übernommen. Was auch gut so war, denn er wird von allen sehr geschätzt. Das war für Jürgen (Zöller, Anm.d.Red.) keine Konkurrenz, er hat auch gerne von Rhani gelernt. Der weiß was er tut, denn normalerweise ist er mit so Leuten wie Sting unterwegs. Sobald Rhani irgendwo Percussion spielt, ist das plötzlich ein anderes Stück. Unsere Crew hat sich bemüht das alles dann ins richtige Verhältnis zu setzen. Es war von Anfang an etwas sehr märchenhaftes. Darauf bezieht sich der Titel des Albums.
Ich finde auch, dass sich die Songs in den Neuinterpretationen sehr viel tiefer und wärmer anhören. Aber ich stehe sowieso total auf dieses ganze Unplugged-Zeugs.
Wolfgang Niedecken: Man musiziert mehr miteinander. Wir haben schon bei den Proben da gesessen und einfach miteinander musiziert. Da war nix mit abrocken. Und das haben wir immer mehr verfeinert. Übrigens auch im Laufe der Tour. Wir haben mittlerweile auch den Mut zur Lücke. Wenn ich zum Beispiel selbst auch mal aufhöre Gitarre zu spielen, weil ich merke, an der Stelle muss ich gar nicht wirklich Gitarre spielen. Dann spiele ich halt nur mal einen Refrain mit oder eine Bridge. Ich muss dann nicht mehr beweisen, dass ich das kann. Das ist überhaupt was Schönes. Man muss überhaupt nichts mehr beweisen (lacht).
„Das Märchen vom gezogenen Stecker“ wurde im April an drei Abenden in der Kölner Philharmonie aufgenommen. Abgesehen vom lokalen Bezug, warum habt ihr gerade diesen Ort ausgewählt und nicht einen Zusammenschnitt aus verschiedenen Locations?
Wolfgang Niedecken: Das ist dann wieder ein wirtschaftliches Problem. Es sind ja über dreißig Instrumente die da gespielt werden. Wenn du das einmal so aufgebaut hast, dass das aufnahmebereit ist, dann ist das schon sehr günstig, wenn du an drei Tagen hintereinander aufnimmst. Und in Köln sitzt mit Wolfgang Stach auch der Mann, der unsere letzten Alben produziert hat und zu dem wir ein grosses Vertrauen haben. Das hat sich einfach angeboten. Später auf der Tour wollten wir es auch nicht aufnehmen, weil du auch wieder eine gewisse Zeit brauchst, um das alles abzumischen. Dazu muss auch das ganze Artwork entwickelt werden. Köln war einfach ein günstiger Zeitpunkt. Da wussten wir auch, dass wir vor der Philharmonie genug Zeit hatten, um die Sachen auf der Bühne reifen zu lassen. Wir konnten uns ausrechnen, dass es da dann perfekt sein würde. Das einzige, womit ich nicht gerechnet hatte war, dass ich mir durch die Klimaanlage in der Philharmonie einen Schnupfen hole. Wenn du genau hinhörst, dann kriegst du mit, welche Stücke vom dritten Tag sind. Nimm zum Beispiel „Songs sinn Dräume“. Das klingt von der Stimme her nasal. Alles was nasal klingt, ist am dritten Tag aufgenommen (lacht).
Insgesamt sind dreißig Songs auf dem Album, darunter viele alte und lange nicht gehörte Bekannte wie etwa „Jupp“ oder „Sendeschluss“. Nach welchen Kriterien habt ihr die Songs letztlich ausgewählt?
Wolfgang Niedecken: Das ging nach Ausschlusskriterien. Ein Ausschlusskriterium war zum Beispiel „keine Klamauknummern“. Es ist schön, wenn man im Konzert „Verjess Babylon“ oder „Ruut, wiess, blau querjestriefte Frau“ oder „Woröm dunn ich mir dat eijentlich ahn?“, dieses FC-Lied, live spielt. Aber das musst du nicht unbedingt auf so einem Tonträger haben, der einen Bogen haben soll. Ich will nicht, dass die Leute zappen. Wenn du einen Witz zum hundertsten Mal hörst, dann kennst du die Pointe. Dann zappst du weiter. So würde es mir jedenfalls gehen. Ich will eigentlich, dass dieses Album von vorne bis hinten durchhörbar ist.
„Das Märchen vom gezogenen Stecker“ erscheint am 29. August via Vertigo / Universal Music
Warum firmiert das Album unter Niedeckens BAP und nicht unter BAP? Das ist ja fast so wie früher bei „Wolfgang Niedecken’s BAP rockt andere kölsche Leeder“.
Wolfgang Niedecken: Weil wir praktisch als Blaupause mein Solo-Album hatten. Die „Zieht den Stecker“-Tour lief ja auch unter Niedeckens BAP. Deshalb haben wir uns entschlossen, dass wir das beibehalten. Wenn man ehrlich ist, die Zeiten der festen Bandbesetzungen sind für uns vorbei. Das war auch schon seit Jahren eigentlich nur noch ein Märchen. Immer nur der Erwartungshaltung, der Romantik oder der Nostalgie des Publikums nachzurennen, war ein bisschen scheinheilig. Das sind alles Musiker, die spielen noch Gott weiß wo. Wir haben uns jetzt darauf geeinigt, dass es einen Pool von Musikern gibt, aus dem man Niedeckens BAP für die jeweiligen Aufgaben zusammenstellen kann. Und das tun wir auch. Ich werde mich bemühen für 2016, wenn wir auf Jubiläumstour gehen, die Band so zusammen zu halten, wie sie jetzt ist und dass sich alle wohlfühlen. Aber wenn Sting die Idee zu einer Welttournee kommt, dann glaube ich beispielsweise nicht, dass er erst wartet bis wir mit unserer Jubiläumstour fertig sind. Der wird dann den Rhani holen (lacht). Aber ich kann dir versichern, dass sich in dem jetzigen Gefüge alle total zuhause fühlen. Deshalb ist da auch keiner böse, dass das jetzt wieder Niedeckens BAP heisst. Das hat übrigens auch dem Vorverkauf genutzt, denn das Solo-Album war ein Erfolg. Viele Leute sind gekommen, weil auch Songs aus dem Solo-Album gespielt wurden. Das ist quasi eine Win-Win-Situation.
Du hast es schon angesprochen, 2016 wird euer Jubiläumsjahr. 40 Jahre BAP. Eine lange Zeit, in der unglaublich viel passiert ist. Abgesehen von der Idee einer Unplugged-Tour gab es mit „Radio Pandora“ 2008 ja schon mal ein halbes Unplugged-Album. Ist das aktuelle Album für dich trotzdem nochmal eine besondere Herzensangelegenheit? So eine Art vorläufiges musikalisches Fazit oder eine Bestandsaufnahme der letzten fast 40 Jahre?
Wolfgang Niedecken: Sowohl eine Bestandsaufnahme wie auch ein Fundament von dem, was man weitergeben kann. Ich glaube, dass wir die gewonnenen Erkenntnisse aus dieser Tour und auch aus meinem Solo-Album nutzen sollten, um zu gucken wie es weitergeht. Ich kann versprechen, dass wir auf der nächsten Tour natürlich auch wieder elektrische Gitarren dabei haben werden. Wir haben auch bei dieser Tour nicht ausschließlich akustische Instrumente benutzt, sondern andere, exotische Instrumente. Da waren etliche Instrumente mit Tonabnehmern dabei. Ich habe aber auch niemals behauptet Vertreter der reinen Lehre zu sein. Pedal Steel ist beispielsweise ein elektronisches Instrument, da gibt es kein Vertun. Ein Wurlitzer Piano ist auch ein elektronisches Instrument. Als Unplugged-Hardliner kann man uns da an der ein oder anderen Stelle also schon erwischen. Ich konnte mit denen aber noch nie was anfangen. Das ist immer so Ajatollah-mäßig. Das brauche ich nicht. Jedenfalls werden wir beim nächsten Album nicht davor zurückschrecken, auch mal wieder zu rocken. Ich denke, dass wir nächstes Jahr um die Zeit im Studio sein werden, um das nächste BAP-Album aufzunehmen. Das peilen wir zumindest an. Und wenn uns bis dahin nicht genug eingefallen ist, dann nehmen wir es eben nicht auf. Die Jubiläumstour können wir auch so spielen.
Gibt es denn schon konkrete Pläne für euer Jubiläumsjahr?
Wolfgang Niedecken: Konkrete Pläne nicht, aber wir werden eine Tour spielen, die hitlastiger sein wird als das, was wir jetzt gespielt haben. Klar werden da auch Stücke gespielt werden, die wir jetzt gespielt haben, und die vielleicht nochmal anders arrangiert. Ich will zu einer Jubiläumstour möglichst auch den Leuten mal einen Gefallen tun, die mit dem Anspruch ins Konzert gehen alle Lieder mitsingen zu können. Das kann man ja ruhig mal machen. Wir sind ja nun wirklich nicht als Band verschrien, die immer nur die großen Hits spielt. Im Gegenteil. Aber das gibt uns auch immer wieder die Möglichkeit, dass wir uns entwickeln können. Wenn wir das nicht tun würden, dann wären wir im Laufe dieser jetzt 38 Jahre wahrscheinlich schon im Bierzelt geendet und müssten immer abwechselnd „Waschsalon“ und „Verdamp lang her“ spielen (lacht).
Letzte Frage, um die du natürlich nicht herumkommst: Wie schätzt du die Chancen des FC in der kommenden Bundesligasaison ein?
Wolfgang Niedecken (lacht): Hab ich es mir doch gedacht. Also wir werden nicht absteigen. Solange man diese vier Leute, die da an der Spitze stehen, in Ruhe arbeiten lässt und von außen keine Unruhe reinbringt, steigen wir nicht ab. Es wird auch in dieser Saison eine Phase geben, wo wir ordentlich vor die Mütze kriegen. Aber dann muss man Ruhe bewahren. Das ist die Devise.
Das ist beim FC nur nicht immer so einfach.
Wolfgang Niedecken: Peter Stöger, Jörg Schmadtke, Werner Spinner oder Toni Schumacher sind Leute, die wissen, dass man den Ball flachhalten muss. Und die werden sich hoffentlich auch nicht aus der Ruhe bringen lassen. Das sind Fachleute. Jeder auf den Gebieten, an denen sie arbeiten. Ich habe mich jedenfalls sehr gefreut, dass Jörg Schmadtke in Köln angekommen ist. Das ist ein Profi, der weiß was er tut.
Dann hoffen wir mal, dass das auch so eintritt wie du sagst. Vielen Dank für das nette Interview!
Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube. Mehr erfahren
Aber so schlimm war’s dann doch nicht. Wolfgang Niedecken hat nach seiner Genesung vom Schlaganfall anscheinend eine ordentliche Portion Urvertrauen gewonnen: „Das wird gleich wieder gut. Ich bin mir ganz sicher“, beruhigte er die Zuschauerschaft, die sich mit Schirmen und Regencapes gegen den Regen gewappnet hatten. Und tatsächlich wurde es schon bald besser und bis zur Pause war das letzte Tröpflein gefallen.
BAP waren nicht zum ersten Mal in Trier. Mehrfach konnte man sie schon im Amphitheater sehen, oft an anderen Stellen. Ältere Semester berichteten sogar, die Kölner Band schon 1978 auf einem Konzert in kleinem Kreis gesehen zu haben, als das Repertoire noch so kurz war, dass man es zu guter Letzt einfach zweimal spielte. Davon kann nach fast 40 Jahren Bandgeschehen natürlich keine Rede mehr sein. Zig Alben, viele Hits, die man deutschlandweit mitsingt – und doch war diesmal einiges anders: die Truppe firmierte unter „Niedeckens BAP“, was wohl auch darauf zurück zu führen ist, dass von der Erfolgsbesetzung aus den 80er Jahren nur noch Jürgen Zöller übrig ist. Zudem heißt die Tour „BAP zieht den Stecker“. Ursprünglich wollte man „unplugged“ sagen, aber dem schiebt MTV wohl neuerdings einen Riegel vor. Macht nix – der neue Titel passt eh viel besser.
Nach seinem Schlaganfall hatte Niedecken viel Zeit. Auch um mal über Ideen nachzudenken, die schon lange in seinem Kopf schlummerten. Das erzählte er in Trier frei von der Leber weg. Und wie ihn das Nachdenken dazu brachte, ein Soloalbum für seinen ganz persönlichen Schutzengel zu schreiben. Eine musikalische Liebeserklärung mit allen Liebesliedern, die er im Lauf der Zeit für seine Frau Tina geschrieben hat. „Zosamme alt“ heißt dieses wunderbare Album – und von dem gab es ganz viel zu hören. Klassiker und selten Gehörtes von BAP in ganz neuen Arrangements.
Etwas ganz Besonderes war auch die Besetzung, beispielsweise mit Anne de Wolff an Cello, Violine und Posaune. Es gab einen Kontrabass und Ulrich Rode spielte die „gefährlichen“ Instrumente (wie Niedecken es nannte), beispielsweise eine Pedal Steel Guitar. Was aus dem ungewöhnlichen Instrumentarium geschaffen wurde, war ein sehr bewegendes Klang-Universum. Dazu war Niedecken gesprächig wie immer, erzählte einiges zur Entstehungsgeschichte der Songs und kam auch immer wieder auf Marrakesch und das Engagement für Afrika zu sprechen. Leider musste ein Zuschauer, der das verbale Gefecht mit Niedecken suchte und ihn aus dem Zuschauerraum beleidigte, der Veranstaltung verwiesen werden. Niedecken erledigte das souverän: „Hol dir dein Eintrittsgeld zurück und verschwinde“.
Was blieb mir besonders in Erinnerung? Die tolle Atmosphäre mit einem Sänger, der schon etwas „altersweise“ geworden ist und milde in die Vergangenheit blickt. Ein ausverkauftes Amphitheater, das an Niedeckens Lippen hing. Der Song „Ruut-wiess-blau querjestriefte Frau“, der gleich zu Beginn für Begeisterung sorgte – und „Für’ne Moment“, dessen an Bruce Hornsby erinnernder Pianopart mich schon sehr beeindruckte.
Es gab unzählige schöne Momente und die Atmosphäre in Trier wurde von Minute zu Minute besser, vor allem nach der Pause, als sich alle von den Regenschauern erholt und weitestgehend trocken gelegt hatten. BAP sind bekannt für ihr Programm „um die drei Stunden“, was auch wieder eingehalten wurde. Zudem hatte Niedecken versprochen, dass „auch die zwei Songs für Lieschen Müller, die sonst nix von uns kennt“ mit dabei sein würden. „Kristallnaach“ gab es in einer stark veränderten, atmosphärischen Fassung, die alle Mitgröl-Ideen aus dem Song verbannte. Und „Verdamp lang her“ wurde in alter Manier und recht laut dargeboten.
Mein Highlight war „Du kanns zaubre“. An diesem Titel werde ich mich nie satt hören. Und er war mal wieder sehr passend, den Wolfgang Niedecken hat auch diesmal wieder Trier verzaubert. Schön, dass es ihn gibt, dass es ihm gut geht und dass er nach seiner Erkrankung nicht aufgegeben hat. Ende August wird ein Livealbum erscheinen, das in der Kölner Philharmonie mitgeschnitten wurde.
Die Konzertreihe im Trierer Amphitheater wird fortgesetzt: 1.8.2014 IN EXTREMO 2.8.2014 Adel Tawil
Setlist – Wolfgang Niedecken, BAP, am 24.7.2014 in Trier, Amphitheater
Noh all dänne Johre
Ruut-wiess-blau querjestriefte Frau
Für’ne Moment
Zosamme alt
Rääts un links vum Bahndamm
Anna
Rita, mir zwei
Magdalena
Nöher zo mir
Ich wünsch mir, du wöhrs he
Shoeshine
—
Souvenirs
Morje fröh doheim
Lisa
Noh Gulu
Jupp
Kristallnaach
All die Aureblecke
Prädestiniert
Lena
Verdamp lang her
—
Paar Daach fröher
Novembermorje
Du kanns zaubre
—
Songs sinn Dräume
Sendeschluss
[amazonButton]Hier kannst Du „Zosamme alt“ bestellen[/amazonButton]