In manchen Jahren ist es wirklich schwierig, im Dezember alle Shows in den Kalender zu packen, die man gerne sehen will. Guildo Horn beim Trierer Heimat-Weihnachtskonzert ist eigentlich gesetzt, doch diesmal muss es am 23.12. „Christmas Moments“ in der SWT Arena sein – und auch das Zusatzkonzert am Vortag ist im Terminplan schon besetzt. Was tun? Genau – man muss die Heimat einfach weiter fassen. So hat es mich in diesem Jahr zu Guildo in die Garage Saarbrücken verschlagen. Auch die Saarländer können feiern, vor allem, wenn es laut wird. So war auch hier Guildos Show traditionell ausverkauft (Sonntag, 15.12.) und es gab ein Zusatzkonzert (Montag, 16.12.), das zwar nicht ganz ausverkauft war, aber ebenfalls die Garage ordentlich in Wallung brachte.
Guildo hat es spannend gemacht. Der Vorhang in der Garage war noch zu und das weihnachtlich gewandete Volk in froher Erwartung. Kurz nach 20 Uhr kamen die Klänge des Klassikers „Vom Himmel hoch, da komm ich her“ vom Band, abgelöst von der gesungenen Anweisung „Oh bitte mach dein Handy aus“ zur Melodie von „Oh Tannenbaum“. Als der Vorhang sich schließlich öffnete, sah man zunächst nur die Band „Die orthopädischen Strümpfe“ in Rückansicht und das festliche Bühnenbild mit aufblasbaren Schneemännern, Zuckerstangen und einem Tannenbaum. Das Setting war schon mal stimmig – und als der Meister zu einem äußerst rockigen „Kling Glöckchen“ die Bühne betrat, war ohnehin kein Halten mehr.
Die Idee hinter der Horn-Setlist ist es schon seit Jahrzehnten, moderne Rocktitel mit weihnachtlichen Texten in Einklang zu bringen. Inzwischen ist das Repertoire so groß, dass es Schlag auf Schlag gehen muss. Ich hab schon sehr viele Weihnachtsshows des gebürtigen Trierers gesehen, doch noch nie wurden so viele Titel gespielt wie auf den aktuellen Konzerten. Nach meiner Zählung waren es ganze 31 Songs in gut 140 Minuten Konzertlänge. An Langeweile brauchte wirklich keiner zu denken, zumal man jeden Refrain nach einmal Hören locker mitsingen kann.
Was war dabei? „Es weihnachtet sehr“ zum Discohit „YMCA“, ein souliges „December“ zu Earth, Wind & Fires „September“, Stings „Walking on the moon“ wurde dem Weihnachtsmann gewidmet, das Outing „Papa ist der Weihnachtsmann“ erklang zu „Papa was a rolling stone“, „Die Weihnacht ist toll“ konnte man perfekt zum „Grease“-Hit „You’re the One That I Want“ schmettern und statt „Everlasting love“ gab es „Schöne Weihnachtszeit“. Den Ideen sind keine Grenzen gesetzt.
Besonders eindrucksvoll fand ich das Queen-Cover „Somebody to love“, das ebenfalls dem Weihnachtsmann gewidmet war. Hier konnte die Band ihre Instrumente eindrucksvoll ausspielen und Guildo wies mehrfach während der Show auf die famosen Strümpfe hin. Vor allem Gitarrist Lotus Zander und Drummer Kiki Pfeiffer wurden enthusiastisch gefeiert, da sie aus Saarbrücken stammen und Lotus gar in Rufweite der Garage zuhause ist. Das einzige weibliche Bandmitglied Mademoiselle Gazelle stand oft mit dem Saxofon im Mittelpunkt des Geschehens, gab aber auch im Duett „Marie und Josef“ die Maria.
Guildo selbst wechselte Dutzende Male sein Kostüm. Nach einer Stunde stand er erstmals mit freiem Oberkörper da, zwischendurch gab es aber Engelsflügel, einen Pulli mit Christbaumkugeln, ein Tannenbaum-Kostüm und vieles mehr. Die Ansprachen ans Publikum waren diesmal erstaunlich kurz, aber kein Wunder, wenn man so viel Musik unterbringen will. „Kinder es schneit“ kam sehr fetzig zu „Live and let die“ und es folgte ein gesellschaftskritisches „Weihnachten in Katar“ („Englishman in New York“).
Das Publikum ließ sich auf jeden Spaß ein. Man feierte die Ballade vom Maronenverkäufer „Dicker Dieter“, dem Trierer Original, dessen Name so schön auf ABBAs „Chiquitita“ passt. Der neue Titel „Superjeile Weihnachtszick“ war eine Mischung aus Brings und „Que Sera, Sera“. Da wurde geschunkelt, was das Zeug hielt. „Feiner Christbaum“ („The final countdown“) wurde nach Anleitung von Guildo szenisch dargestellt und das Publikum spielte den Tannenwald, während man auf der Bühne eine Löffelpolka zum Besten gab.
Als Finale vor dem Zugabenblock erklangen nochmal drei Highlights: „Weihnachtsparadies“ („Sweet Dreams“), „Ich freu mich wie wild, das Christkind ist da“ („Video killed the radio star“) und „Für mich soll’s weiße Weihnacht geben“ zur Hildegard Knef-Hymne von den roten Rosen. Zur Zugabe ließ Guildo sich nicht lange bitten. Als Schlagerduett sang er mit Mademoiselle Gazelle „Frohe Weihnacht“ nach John Lennons „Happy Xmas (War is over)“. Und mit dem endgültigen „Weihnachten bin ich zuhaus“ und „Wir wünschen frohe Weihnacht“ zur Melodie von „Music“ des seligen John Miles ging die formidable Show gegen 22.20 Uhr zu Ende. Es war mal wieder ein Fest! Guildo ist immer wieder einen Konzertbesuch wert – und das nicht nur zur Weihnachtszeit. Aber vor allem dann!
Das Jahr 2023 kann der Lübecker Singer-Songwriter Florian Künstler wohl als das Jahr seines Durchbruchs in der deutschen Musikszene abspeichern. Zuerst erreichte sein Hit „Kleiner Finger Schwur“ Millionen von Nutzern der Plattformen TikTok und Instagram und dann stiegt sein Debüt-Album „Gegengewicht“ von 0 auf Platz 11 in den deutschen Album Charts ein. Seitdem hat sich im Leben von Florian Künstler so einiges positiv verändert, vor allen Dingen kommen deutlich mehr Menschen zu seinen Konzerten und zeigen sich zutiefst berührt von den emotionalen Texten des charismatischen Sängers. Auch 2024 ist bereit sehr gut gestartet und seine Kollaboration mit Alexander Eder mit dem Titel „Lass dir Zeit mit erwachsen werden“ knackte in kürzester Zeit bereits über eine Millionen Streams allein bei Spotify. Seit April ist Florian Künstler bundesweit auf einer bereits größtenteils ausverkauften Tour durch Deutschland und Österreich und am 1. September hat er musikalische Freunde wie Cassandra Steen oder Laith Al-Deen zu seinem ersten eigenen „Florian Künstler & Friends“ Open Air in Lübeck eingeladen.
Ich durfte Florian kurz vor dem Konzert am 28. April 2024 in der Garage Saarbrücken treffen und erlebte einen sehr sympathischen, gut gelaunten Künstler, der sehr offen auf all unsere Fragen geantwortet hat:
Hallo Florian. Schön, dich zu treffen. Ich hab dich letztes Jahr zweimal live gesehen. Zunächst hier in der Saarlandhalle als Support von Max Giesinger, dann beim Reeperbahn Festival in Hamburg. Jetzt bist du auf großer Solotour. Deine Karriere hat ziemlich schnell Fahrt aufgenommen. Wie war das für dich?
Surreal ist das richtige Wort, glaube ich. Bei Max war es schon sehr beeindruckend, die Größe dieser Halle zu sehen. Da dachte ich „Oha – viele Menschen.“ Jetzt bin ich allein mit meiner Band unterwegs. Das ist sehr schön, aber man realisiert das immer erst später. Ich bin so fokussiert, dass der Abend gut läuft und die Leute Spaß haben. Und wir natürlich auch. Du gehst abends zum Bus, bist morgens in einer anderen Stadt, dann Bühne, Soundcheck und Power. Es ist eine der schönsten Sachen, die ich erleben darf. Allein wenn ich jetzt daran denke, dass gleich so viele Menschen da stehen. Das ist eh komisch, dass Leute kommen, um uns zu sehen. Bei Spotify sehe ich nur Zahlen, aber hier sehe ich Menschen, die mitsingen. Es gibt nichts Schöneres!
Deine Songs bieten sich ja zum Mitsingen an. Beim Reeperbahn Festival habe ich das ziemlich eindrucksvoll erlebt, wie du das Publikum mitgerissen hast.
Hamburg hat meistens Power. Es waren nicht viele, aber es war sehr laut.
Wenn du jetzt am Eingang der Garage schaust: Da sitzen schon seit 15.30 Uhr ein paar Mädels, um nachher in der ersten Reihe zu sein. Einlass ist erst um 19 Uhr.
Ja, krass. Muss ich mal „Hallo“ sagen gehen. Ich bin ja kein Max und kein Johannes, wo man um die Plätze vorn kämpfen muss. Aber es ist gleichzeitig auch schön. Ich hoffe nur, dass sie was Warmes zum Anziehen dabei haben. Ist doch ziemlich kalt heute draußen.
Beim Reeperbahn Festival hast du die “Homeless Gallery” unterstützt – ein Projekt, bei dem Obdachlose mit Hilfe einer KI Bilder erstellt haben. Ich fand es sehr beeindruckend, was da an Kunstwerken geschaffen wurde. Was bedeutet es für dich, solche Projekte zu begleiten?
Ich weiß aus erster Hand, wie sich das wirklich anfühlt, weil ich vorher auf der anderen Seite war. Man wird unsichtbar und ist kein Mitglied der Gesellschaft mehr. Das Projekt hat diese Situation sichtbar gemacht. Gerade Leute, die lange auf der Straße leben, verschließen sich. Nicht jeder kann sich gut ausdrücken. Nun hatten sie die Möglichkeit, mit Hilfe einer KI ihre Gedanken auf ein Bild zu bringen. Man konnte den Stolz von allen spüren, die da waren und einen Teil von sich gezeigt haben. Ich kannte das Gefühl und war froh, die Menschen supporten zu dürfen. Ich habe auch selbst eins der Bilder ersteigert. Wenn das Geld jetzt dabei hilft, dass jemand sich sein Leben wieder ein bisschen aufbauen kann oder die Organisation alles sichtbar machen kann, dann war es gut. Ich hab schon viel gemacht. In Berlin war ich bei der Caritas tätig, in Lübeck hab ich den Wärmebus gefahren.
Machst du das noch selbst?
Ja, im Winter fahre ich oft noch beim Wärmebus mit. Im Sommer hab ich jetzt nicht so viel Zeit wegen der Musik und der Tour, aber im Winter bin ich wieder dabei.
Auf deinem ersten Album erzählst du viele kleine Geschichten, bei denen es oft um schwierige Themen geht – wie Trauer und Depression. So klingen deine Songs manchmal wie kleine Lebensratgeber und Mutmacher. Schöpfst du dabei aus eigenen Erfahrungen?
Ja, das hab ich selbst erlebt. Eine Zeit lang dachte ich, dass ich nie wieder fröhlich werde. Das war ein heftiger Schnitt in meinem Leben – vielleicht der heftigste. Und was Trauer angeht: Ich habe öfter Menschen gehen lassen oder mit Trauerverabeitung umgehen müssen. Jemanden zu verlieren, den man nie wieder sehen wird – das habe ich nicht verstanden. Oder für mich als Pflegekind in verschiedenen Familien aufzuwachsen, das war auch nicht so einfach. Das musste ich in meine Lieder packen und das ist auch ein wenig Heilung für mich. Wenn ich „Tausende mehr“ mit dem Publikum singe, das ist ein Wahnsinnsgefühl. Und danach bekomme ich viele Nachrichten auf Instagram oder werde beim Autogrammeschreiben angesprochen. Dann erzählen mir Menschen, dass sie in Kliniken waren oder sich Hilfe gesucht haben. Jeder Mensch hat bestimmt in seinem Leben eine Phase, wo er denkt, ich sehe mich von außen, ich erkenne mich gar nicht wieder. Die hatte ich auch, aber ich habe das Glück, dass ich darüber singen kann.
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Ich denke auch, dass deine Lieder den Menschen helfen können. Dass sie sich verstanden fühlen.
Genau. Ich will immer auch Hoffnung drin haben. Bei „Schwarzer Anzug“ heißt es: „Gib mir ein Zeichen und ich werde es verstehen“. Oder „wenn du jetzt glücklich bist“ in „Tausend Raketen“. Das sind schwere Themen, aber gleichzeitig hoffe ich, dass die Menschen, die nicht mehr da sind, spüren, dass wir an sie denken. Wenn wir auf einem Konzert sind und ich dieses Thema anspreche, sehe ich in den Augen der Menschen, dass sie an einen geliebten Menschen denken, den sie verloren haben. Und diese Person ist dann für drei Minuten – so lange das Lied geht – kurz wieder da. Die Tränen sind nicht unbedingt Traurigkeit, sondern: Es war ein schönes Leben mit dir und ich vermisse dich, aber ich weiß, dass das Leben so ist.
Wenn du das so erzählst, bekomme ich Gänsehaut.
Und ich hab Gänsehaut, wenn ich da im Konzert stehe, wenn die Lichter angehen und wir zusammen singen. Dieses Gefühl, mit Depressionen nicht alleine zu sein, ist so wichtig. Gerade Männer haben Schwierigkeiten, damit umzugehen. Aber dann schaue ich in die Gesichter und weiß: In diesem Augenblick sind wir ganz viele. Man kann das im Moment nicht reparieren, aber es nimmt ein bisschen die Last. Man guckt sich um und denkt: Ach, du auch.
Um wen geht es in „Schwarzer Anzug“?
Um einen guten Freund aus der Schule, der viel zu früh gehen musste. Es war einfach unfair. Da musste ich erstmals mit Trauer umgehen. Vor dem Song erzähle ich bei Konzerten gerne die Geschichte, wie ich auf der Beerdigung stand und sagte: Gib mir ein Zeichen. Und dann ging ein Ruck durch die Bäume, der war richtig heftig. Natürlich kann das Zufall gewesen sein, aber ich dachte: Ja – da ist das Zeichen.
Bei deinen Konzerten hat man das Gefühl, dass du auch einem großen Publikum sehr nahe sein kannst. Hat dir deine Zeit als Straßenmusiker geholfen, eine solche Nähe zu den Menschen aufzubauen?
Ich bin immer sehr aufgeregt, aber ich fühle mich auch wohl. Ich kann nur zeigen, was ich habe. Wenn das jemand gut findet, dann freue ich mich. Man kann es nicht allen recht machen, aber wenn man in einem Riesenpublikum ein paar erreicht, das ist richtig schön. Ich will alles raus geben, was ich habe. Das ist es ja auch, was ich selbst bekommen möchte – etwas Unverpacktes. Aber ich bin total nervös und mache mir so richtig in die Hose da vorne. Die Straßenmusik hilft mir da schon. Überhaupt dass ich die Shows so durchhalte. Fünf Shows hintereinander – da hilft mir die Straßenmusik sehr. Ich musste laut singen und mir Aufmerksamkeit erkämpfen. Auf der Straße war ich auch immer sehr aufgeregt. Man fängt vor nichts an zu singen, stört vielleicht die Leute, die da arbeiten.
Und wenn keiner stehen bleibt, hast du verloren.
Ja, damit musst du auch umgehen. Das ist ganz schön heftig. Aber da lernst du ganz gut, dass nicht jeder die gleiche Musik hört. Nicht jeder hat Zeit oder manche sind mit eigenen Problemen beschäftigt. Dann schau ich mir die Leute im Publikum an. Gestern war da eine Frau, die die ganze Zeit so böse geguckt hat. Und ich dachte: Oh, der gefällt es wohl gar nicht. Ich sehe sowas immer während der Konzerte. Und zum Schluss kam sie zu mir und meinte: „Das war das schönste Konzert ever. Ich war so berührt.“ Ich hab es nicht verstanden, aber man kann halt nicht in die Menschen rein schauen. Man sollte sich nicht verrückt machen, aber jeder Sänger macht sich verrückt. Wenn jemand an der falschen Stelle lacht oder hustet. Die Unsicherheit ist oft so groß, aber wenn es nicht so wäre, wäre es noch falscher.
Du hast viele soziale Ämter, in denen du tätig bist. Sind das alles Ehrenämter oder hast du auch einen sozialen Beruf erlernt?
Ich habe Rettungsassistent gelernt, bin Krankenwagen gefahren. Dann habe ich in einer Schule als Schulbegleiter mit Kindern mit Autismus gearbeitet. Ich habe jede Menge Jobs gemacht und es waren immer die sozialen. Ich mochte es, mit Menschen zu arbeiten, habe gern die Geschichten gehört. Wollte wissen, was in den Köpfen so los ist. Da ich selbst Pflegekind war, wusste ich, wie es den Kindern so geht. Dass sie es in der Schule nicht so leicht haben. Ich war mehr so ein Freund und es war für die meisten sehr cool, einen größeren Freund zu haben. Es gibt nicht traurigeres als ein Kind, dass allein auf dem Schulhof sitzt und mit dem keiner was zu tun haben will. Dann haben andere Kinder mich gefragt: „Warum bist du denn hier?“ Und ich habe erklärt, dass das eine Kind vielleicht etwas ruhiger ist und warum. So hat man über Autismus gesprochen, ohne das medizinisch darzulegen. Wenn diese Kinder danach etwas mehr in die Gemeinschaft eingebunden wurden, hat mich das sehr gefreut.
Ich kann das gut nachvollziehen, da ich selbst im Hauptberuf als Sozialpädagoge mit beeinträchtigten Menschen arbeite.
Ach ja, cool. Dann kennst du das ja. Manchmal dauert es recht lange, bis man Erfolge sieht, aber wenn sie da sind, ist es echt krass.
Natürlich gibt es nicht nur problembeladene Songs von dir, sondern auch positive und lustige Anekdoten wie das humorvolle “Gegengewicht” oder „Magnet“. Magst du auch dazu was erzählen?
Richtig. „Vergiss die Guten Tage nicht“ oder „Marie“ – das sind ja nicht nur traurige Sachen. Ein Konzert sollte immer beides haben: Nachdenkliches und Hoffnung. Und ein bisschen tanzen. Wir haben auch ein paar Dance-Sachen drin. Dieses Potpourri macht ein Konzert für mich aus. Man taucht kurz in etwas Schweres ein, wird aber auch wieder rausgeholt. Manchmal ist es witzig, manchmal auch ungewollt witzig. Dann gibt es Momente, wo wir einfach zusammen laut singen, grölen, abtanzen. Ich mag meine Band sehr und die haben echt Bock zu spielen.
Wie geht es weiter? Wird es bald ein zweites Album von dir geben oder ist das noch weit weg?
Ich denke, Anfang des nächsten Jahres. Ich schreibe schon und das Schwere wird sein, aus der Vielzahl an Songs die Songs fürs Album auszuwählen. Ich habe so viel geschrieben, dass es wohl ein schwieriger Prozess wird. Es sind bestimmt dreißig Songs, und davon muss ich dann 12-13 auswählen. Ich werde ohnehin viele raus bringen bis dahin und ein paar werden auf dem Album sein, aber die Leute sollen auch nicht alles schon kennen, wenn das Album erscheint.
Genau. Ein paar Überraschungen müssen dabei sein. Was dürfen wir denn vom heutigen und von weiteren Konzerten der aktuellen Tour erwarten? Wird es schon neue Songs geben? Singst du auch Coverversionen?
Wir haben eine neue Nummer mit deutschem Text auf die Melodie von „Time After Time“. Da müssen wir noch auf die Freigabe der Rechte warten, um das rauszubringen. Aber echte Coverversionen nicht. Ich hab das schon gesehen – bei Wincent und Johannes -, aber da musst du stabiler sein, um das machen zu können. Max lässt ja manchmal die Leute raussuchen, welcher Song gespielt wird. Das klappt total gut und lockert die Stimmung. Manchmal ist es „Highway To Hell“ oder sowas. Man braucht auf jeden Fall eine gute Band. Von meiner Zeit auf der Straße hätte ich noch ein paar Cover.
In Lübeck wird es Anfang September ein Konzert “Florian Künstler & Friends” geben. Cassandra Steen, Alexander Eder, Laith Al-Deen und Madeline Juno sind mit dabei. Wie kam es dazu? Was verbindet dich mit diesen Künstler*innen?
Freundschaften! Es ist ja verrückt, dass du mit der Zeit deine Idole triffst. Die meisten kennen sich untereinander. Mit Laith habe ich Songs geschrieben für sein neues Album. Mit Cassandra, Maddie und Alex hab ich Duette. Zuerst gab es die Freundschaften und daraus sind die Duette gewachsen. Deshalb heißt es ja „Florian Künstler & Friends“ und ich dachte, wen lade ich ein? Es ist sonntags in Lübeck, wird riesengroß und ich hoffe, dass viele Menschen kommen.
Dann wünsche ich dir viel Glück und erfolgreiche Konzerte. Vielen Dank für deine Zeit und das Interview!
Herzlichen Dank an Daniela von der Promotion-Werft für die Vermittlung des Interviews.
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Das Konzert war ebenso bewegend wie das Interview. Zunächst war die wundervolle revelle als Support allein am Klavier und gab ihre emotionalen Songs zum Besten. Dann startete Florian mit Band und sattem Sound voll durch. Allerdings hatte er fast immer auch selbst eine Gitarre in Händen und war bei Stücken wie „1000 Raketen“ und „Du bist nicht allein“ solo auf der Bühne.
in 110 Minuten Konzertlänge mit zwei Zugaben erzählte Florian aus seinem bewegten Leben und vom Fanmoment mit Cassandra Steen. „Wovor hast du Angst?“ glänzte mit einem tanzbaren Sound – und dann gab es Mitsingparts wie bei „Luke und Lorelei“. Er sprach offen über seine Pflegefamilie und die verstorbenen Großeltern. Trotzdem gab es mit „Vergiss die guten Tage nicht“ dazu einen positiven Song.
Der Abend in der Garage hat viele Menschen bewegt – und wer nicht genug bekommen hat, kann Florian Künstler schon bald wieder als Support von Max Giesinger in Trier sehen: am 20.6.2024 vor der Porta Nigra!
Hier die aktuellen Tourdaten für 2024 und 2025:
30.04.24 Freiburg, Jazzhaus
01.05.24 Ulm, Roxy
02.05.24 Wien, B72
03.05.24 Leipzig, Werk 2
04.05.24 Dresden, Alter Schlachthof
01.09.24 Lübeck, Kulturwerft Gollan Open Air „Florian Künstler & Friends“
Nach dem lauten und ausverkauften Konzertabend mit KETTCAR am Tag zuvor konnte es jetzt in der Garage Saarbrücken etwas ruhiger zugehen. Der vordere Teil des Konzertsaals war abgetrennt und locker gefüllt – vor allem mit weiblichem Publikum. Das allerdings war in froher Erwartung auf die Sängerin aus Offenburg und feierte bereits den Support revelle ordentlich ab.
Schon um 19.45 Uhr trat die junge Sängerin auf. Die Wahlberlinerin ist mittlerweile fester Bestandteil der Deutschpop-Playlisten. Sehr quirlig, sympathisch und frisch nahm sie das Publikum mit auf eine 30minütige Reise durch luftige, meist fröhliche Popsongs, die sie sehr reduziert zu Klavierbegleitung interpretierte. Man sah ihr die Freude über den Auftritt merklich an und die halbe Stunde verging wie im Flug.
„Ich wünschte du wärst meine erste Liebe, weil’s so viel leichter wär‘ dich einfach zu lieben“, singt revelle. Mit ihrem minimalistischen Stil trifft sie mit ehrlichen Texten mitten ins Herz einer ganzen Generation. Klare Worte von Gefühlen und dem Chaos, das aus ihnen entstehen kann, werden zum Mittelpunkt der Musik. revelle hat an diesem Abend sicher einige neue Fans im Saarland gewonnen. Schon bald wird man sie wieder in der Garage erleben können, da sie auch Florian Künstler am 28. April als Support begleitet.
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Um 20.45 Uhr war es dann Zeit für Madeline Juno. Vor einem halben Jahr hatte ich sie noch auf Acoustic Tour im Kammgarn Kaiserslautern gesehen. Auch ein großartiges Konzerterlebnis – doch es ist schon besser, wenn sie mit umfangreicher Band auftritt und einen grandiosen Sound auf die Bühne zaubert.
Seit sich Madeline entschieden hat, von der englischen zur deutschen Sprache zu wechseln, gehört sie zu meinen absoluten Favoritinnen in der poetischen Popmusik. Das war im Jahr 2017 mit dem Longplayer „DNA“ der Fall und inzwischen ist mit „Nur zu Besuch“ schon ihr viertes Album mit deutschen Lyrics erschienen.
Der Abend startete ganz typisch mit „Sad Girl Shit“, „Lovesong“ und „Vermissen“, wobei sich die 28jährige Sängerin gerne mal selbst voll Ironie auf die Schippe nimmt. Oft geht es um Irrungen und Wirrungen ihres Beziehungslebens, aber auch um die schwierigen Themen Depression und Angststörung, die immer wieder eine Rolle spielen.
Der Klassiker „Grund genug“ wurde in einer neuen Version dargeboten und brachte das Publikum zum kollektiven Mitsingen. Madeline warnte vor ihren Tanzkünsten, legte dann aber im nahtlosen Übergang von „Gewissenlos“ zum rockigen „Schatten ohne Licht“ eine sehr ansehnliche Sohle aufs Parkett. Also alles gut.
Eine Zuschauerin hielt ein Plakat „A oder B“ in die Höhe und traf Madeline im wunden Punkt: „Ich kann sowas einfach nicht ignorieren.“ Sie fragte, was wohl damit gemeint ist, gab die Antwort B und wurde mit dem Wunsch nach einem alten Song „Drei Worte“ konfrontiert. Hektisch beriet sie sich mit ihrem Keyboarder, googelte den Text, lernte gar die ersten Zeilen neu per Spotify und sang dann zumindest den Refrain des Songs. Für solche Aktionen ist die Sängerin bekannt und das macht sie überaus sympathisch.
Den Zuhörer*innen war sie immer ganz nah und erzeugte stärkere Intimität mit zwei akustischen Songs, „Version von mir“ im Trio und dem bisher unveröffentlichten „Mediocre“ allein mit Ukulele. Letzteres als Antwort auf die bei Promoterminen immer wieder gestellte Frage, wie man sich denn so fühlt, wenn man nächstes Jahr 30 wird. „Männer werden das nie gefragt“, bemängelte sie. Aber vermutlich haben Frauen im Showgeschäft eine ganz andere Halbwertszeit.
Madeline Juno hat schon seit Jahren eine abgeklärte Art, mit ihren Depressionen umzugehen, indem sie eindringliche Bilder für ihren Gemütszustand findet. „Nur kurz glücklich“ zeigt deutlich die immer vorherrschende unsichere Gemütslage auf und „Murphy’s Law“ strotzt vor unnötigen Selbstzweifeln.
Zur Freude vieler gibt es das atmosphärische „Waldbrand“, das Startschuss von Madelines zweiter Karriere und „Breaking Point“ nach den englischsprachigen Alben war. „Ich hätte nie gedacht, dass ich das kann“, erzählte sie. Sie lebt stets im Wechselbad der Gefühle, was sich in der Vielfalt der Songs niederschlägt. Dabei will sie nur das Beste für den Partner in einer Beziehung, was sie sehr gerne besingt – in Stücken wie „Was zu verlieren“, „Was weiß ich schon“ und „Versprich mir du gehst“. All das ist verpackt in mitreißende Songs, poppige Beats oder melancholische Melodien.
Es gab noch einen weiteren unveröffentlichten Song „Anomalie“ und zu „Obsolet“ konnte man Madeline erstmals am Bass erleben. Die Vielfalt ihrer musikalischen Fähigkeiten ist ohnehin bewundernswert, man denke nur an das Wechselspiel zwischen tiefen und extrem hohen Tonlagen in ihrer Stimme.
Zum Zugabenblock ab 22.25 Uhr erschien sie barfuß auf der Bühne, mit höllischen Blasen an den Füßen, da sie zu Konzertbeginn vergessen hatte, ihren Fersen mit Pflaster zu schützen. Da kennt die junge Frau keine Scham und erzählt solche Anekdoten frei von der Leber weg. Erfrischend und authentisch – wie ihre Songs. So gab es im Zugabenblock als erstes (und absolut passend) „99 Probleme“ ganz allein an der Gitarre und das beschwingte „Sommer, Sonne, Depression“ sowie „Nicht ich“ beendeten ein Konzert, das trotz auch schwerer Themen einfach glücklich machte.
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Klar hätte man es sich einfach machen können. Nachdem das Konzert der Donots in Saarbrücken in Windeseile ausverkauft war, wäre eine Ausweichstätte in der saarländischen Landeshauptstadt schnell gefunden. E-Werk und Saarlandhalle sind ja immer in der Hinterhand. Doch zum Glück ging man den coolen Weg: Nach dem Motto „man lebt nur zweimal“ wurde kurzerhand eine Nachmittagsshow angesetzt. Was das für Auswirkungen hatte, konnte man mit Blick ins Publikum unschwer erkennen. Der Altersdurchschnitt war deutlich gesenkt und das Publikum ging bis ins Kita-Alter. Grandios! Man kann den Kleinen nicht früh genug beibringen, wie ordentliche Musik klingt. Das war musikalische Früherziehung par excellence.
Die Garage war schon zu früher Stunde (sprich: 14 Uhr) bestens gefüllt. Am Nachmittag zwar nicht ausverkauft, aber mit knapp 1000 Zuschauer*innen bis in die hinteren Reihen locker gefüllt. Adam Angst machte den Support und musste zunächst das etwas launische Publikum bändigen: „Es ist auch für uns die erste Stunde“. Die deutschen Punkrocker sind schon lange kein Geheimtipp mehr und bekannt für ihre knallharte Performance. So hatte man das Publikum mit „Wir sind zusammen“ und dem Mottotitel „Punk“ schnell auf seiner Seite. Sänger Felix Schönfuss verfügt über eine geniale Stimme und eine fantastische Bühnenpräsenz. Dazu gab es deutliche Worte und verzerrte Gitarren.
Die halbstündige Setlist widmete sich vor allem dem aktuellen Album „Twist“, das erst kürzlich erschienen ist. Für Punkrock doch recht untypisch wurden Songs wie „Unter meinem Fenster“ und „Die Lösung für deine Probleme“ am Piano begleitet. Auch dort machte Felix eine sehr gute Figur. Letztgenanner Track richtet sich deutlich gegen die AfD. Beim Agieren gegen Rechts darf es keine Klischees geben. Und als Zugabe gab es den Song von den selbsternannten „Professoren“, die abends lamentierend in der Imbissbude stehen und zu wissen glauben, wie die Ausländer unser Land verändern. Mit tiefsinnigen Texten und krasser Performance haben Adam Angst neue Freunde gewonnen, was ein Blick in Richtung Merch-Stand verriet.
Pünktlich um 15 Uhr machten die Donots sich zu den Klängen von „Girls Just Wanna Have Fun“ bereit, um dann zum Schlachtruf „Auf sie mit Gebrüll“ den Vorhang fallen zu lassen. 1994 als Schülerband in einer Garage in Ibbenbüren gestartet, haben sich die Donots Schritt für Schritt einen Namen weit über die Punkrock-Szene hinaus gemacht. Fast 30 Jahre, zwölf Alben, über 1.200 Konzerte in 21 Ländern – ihre Geschichte hat Höhen, Tiefen und natürlich jede Menge absurde Momente.
Dass sie auch den Nachmittagsslot beherrschen, haben sie 2022 bei ROCK am RING eindrucksvoll bewiesen, als sie zu früher Stunde das Festival eröffnen durften. Es war die erste Show dort nach Corona und die Menschen waren ausgehungert. Die Donots konnten diesen Hunger stillen und feierten bei hellem Tageslicht eine Wahnsinnsshow, die Maßstäbe für das Festival setzen sollte. Jetzt in Saarbrücken stand der Tag zunächst unter keinem guten Stern, war doch Sänger Ingo noch vormittags mit Verdacht auf Rippenbrüche beim Arzt. Zum Glück Fehlalarm und er konnte sich für zwei Shows fit machen, für die am Abend kurzerhand die ganze Praxis-Crew auf die Gästeliste gesetzt wurde. Ein feiner Zug.
Neben den deutschsprachigen Gassenhauern gab es auch englische Songs wie „Calling“ und „Dead Man Walking“, das den ersten Mega Circle Pit zur Folge hatte. Natürlich hatte Ingo im Blick, dass sehr viel Jungvolk im Publikum war. Als er zu „Hey Ralph“ alle Kids auf die Bühne bat und sich die Reihen unendlich mit strahlenden Gesichtern füllten, wurde er selbst von den Emotionen übermannt und war den Tränen nahe. So etwas erlebt man nicht oft.
Der Besuch mitten im Circle Pit war für den Frontmann obligatorisch. Und dort entdeckte er während „Kaputt“ den Erdbeermann, der auf Donots-Konzerten im Saarland schon eine Legende ist und inzwischen mit eigenen Aufklebern und Fan-Shirts (!) aufwartet. Zudem lud der Erdbeermann alle Fans für die Zeit zwischen den Shows in die Kneipe Klim-Bim am Sankt-Johanner-Markt ein. Dort würden zur Feier des Tages nur Donots-Songs gespielt. Versprochen.
Die Show mit drei Zugaben („Eine letzte Runde“, das Twisted-Sister-Cover „We’re Not Gonna Take It“ und „So Long“) dauerte gut 100 Minuten. Absolut okay – vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass ja noch eine weitere Runde am Abend anstand. Wieder einmal wurden die Donots ihrem Ruf als furiose Liveband gerecht. Im Saarland sind sie stets willkommen – egal zu welcher Uhrzeit.
Begonnen haben Maximilian Kennel und Jonas Frömming ihre Karriere mit Poetry Slam und als Duo auf deutschen Kleinkunstbühnen. Mit einer Mischung aus Singer-Songwriter-Pop, brachialem Humor und feinem Hintersinn gewann das Lumpenpack in den letzten Jahren diverse Contests und Preise. Den kultigen Umgang mit Wortwitz und bedeutungsschwangeren Texten merkt man den beiden bis heute noch in ihren Lyrics und Ansagen an, doch inzwischen haben sie sich mit ihren Mitstreiter*innen zu einer veritablen Punkband gemausert, die am gestrigen Abend die Garage in Saarbrücken dezent zum Kochen brachte. Es war eine grandiose Show zwischen Klamauk und ernsthaften Themen.
Schon früh ging’s um 19 Uhr los und ELL aus dem Odenwald machten den Anfang. Das Duo besteht aus Lisa-Anna und Lennart, sie selbst nennen ihre Musik Krach-Pop. Schon hier wurde im halbstündigen Set schwungvoll der Circle Pit geübt. Nach dem Support ging es zur Einstimmung umgehend mit ausgewählter Musik vom Band weiter, wobei Kollegen wie Die Ärzte, Farin Urlaubs Racing Team, Kraftklub und Billy Talent zu Wort kamen. Den Abschluss machte aber – ganz ohne Punk – die „Bohemian Rhapsody“, vom Publikum grandios mitgeschmettert und pünktlich um 20 Uhr beendet, damit die Band sekundengenau die Bühne betreten konnte.
Mit 800 Zuschauer*innen war die Garage gut gefüllt – und dabei waren viele Generationen vertreten, worauf ich gleich noch zurück kommen werde. „Gibt Schlimmeres“ machte den Anfang und mit „Guacamole“ ging es gleich in die Vollen. Wobei – man war sehr wohl auf das Wohlergehen der Fans bedacht und legte gleich zu Beginn Regeln für die immer wieder entstehenden Circle Pits und Walls of Death fest: Die Ellbogen bleiben unten und die Hände werden nicht wild auf fremde Körper gelegt. Ein schönes Zeichen von Awareness, damit alle sich wohlfühlen können.
„Kann es sein, dass du dumm bist?“ war die erste Mitsing-Hymne des Abends. „Gisela“ wurde ausführlich gewürdigt, aber auch die Gilde der „Heilpraktiker“, wobei man aus dem eigenen Erfahrungsschatz schöpfen und von Krankheiten in der Kita erzählen konnte. Das Publikum vom Lumpenpack ist immer für eine Überraschung gut, so warf eine Zuschauerin ihre Krankenversicherungskarte (!) auf die Bühne und die Band erfreute sich gemeinschaftlich am kultigen Namen Antonia Trinkaus.
In der ersten Reihe befand sich eine große Schar an – zum Teil noch ziemlich kleinen – Kindern, schätzungsweise im Grundschulalter. „Habt ihr Ferien?“, kam die Frage von der Bühne. „Ja, aber ihr zum Glück nicht“, kam die schlagfertige Antwort von Aaron, der ganz vorne stand. Zugleich meldete sich ein weiterer Aaron zu Wort und ein Mädel verkündete, dass sie eine Klassenkameradin von Aaron sein. Das kleine Publikum hatte die Band zeitweise fest im Griff.
Im Gegenzug gab es dann eine Lehrstunde in Sachen deftiger Wortwahl: 800 Kehlen brüllten „Ich scheiß mich ein“, als der Song „Unverträglichkeiten“ erklang. Und ein Roadie mit riesigem Kochlöffel bat die Menge zum riesigen Circle Pit und rührte kräftig um.
Ganz nach dem Motto „Die Geister, die ich rief“ gingen Dutzende Hände hoch, als die Frage nach anwesenden Pädagog*innen gestellt wurde. Logisch, gehört doch „Pädagogen“ zu den kultigsten Songs aus den Duo-Zeiten. Zu „Ford Fiesta“ begab man sich später in ein viel zu großes Schlauchboot in Form eines Autos und bereiste die Garage auf den Händen der Fans, während die Band die Vocals übernahm.
Neben diesen Klassikern gab es aber vor allem Songs des neuen Albums „Wach“, das erst Ende August erschienen ist und fast komplett gespielt wurde. Dass viele Anwesende trotzdem äußerst textsicher waren, beweist den Kultcharakter, den das Lumpenpack seit langem hat. Nach 100 Konzertminuten begann der Zugabenblock mit drei Songs: Für „Danke, liebe Leber“ musste das Publikum komplett auf die Knie gehen, um diesem wichtigen Organ zu huldigen. „Mein Hass“ wandte sich gegen alle Idioten dieser Welt und der Mottosong „Frieden durch Lärm“ beendete pünktlich nach zwei Stunden das Konzert.
Yes! Das Lumpenpack kann mehr als Kleinkunst, denn ihre Konzerte werden immer größer. Vor der deutschen Punk-Elite muss man sich schon lange nicht mehr verstecken. Und das Gleichgewicht zwischen Comedy und den großen politischen Themen haben sie längst gefunden. Auf die nächsten zwölf Jahre!
Leider hatten sich nur gut 50 Zuhörer*innen zum Konzert von Oska in den Kleinen Klub der Garage Saarbrücken verirrt. Eigentlich ein Jammer, denn dort konnte man ein wundervolles Wechselbad der Gefühle erleben. Mit beschaulichen, melancholischen Songs. Aber gerade der überschaubare Rahmen gab dem Event ein sehr intimes Setting, an das man noch lange zurück denken wird.
Den Anfang machte der Support doppelfinger. Wie wir dann später erfahren durften, ein Mitglied von Oskas Liveband. Dass er diese Doppelbelastung geduldig ertrug, muss wohl am Künstlernahmen liegen. Und er lieferte einen sehr ruhigen Einstig in den Abend. Allein an der Gitarre gab er mit virtuosem Fingerpicking eine Reihe von beschaulichen Liedern zum Besten. Wie er selbst schon richtig bemerkte: es wird kein Abend für Partypeople. Stattdessen gab es bei ihm und beim Hauptact gefühlvolle Songs, die das Herz der Anwesenden ein ums andere Mal erfreuten.
Es war übrigens das letzte Konzert von Oskas erster Headline-Tour. Die junge Österreicherin, die eigentlich Maria heißt, hat vor einem Jahr ihr Debütalbum „My world, My love, Paris“ veröffentlicht. Ein Album, das auf Anhieb eine 9-Sterne-Bewertung verdient hat (HIER unsre komplette Review). Ihre Songs sind einfach magisch. Sie singt mit wundervoll sanfter, bisweilen etwas naiv klingender Stimme und erzählt Geschichten über ihr Familienleben und die Erfahrung, als junger Mensch in der heutigen Welt aufzuwachsen.
Oska stammt als jüngstes von fünf Geschwistern aus einer musikalische Familie, hat aber ihren eigenen Weg gesucht, wie sie uns im Interview (2021) erzählte: „Ich habe lange Zeit Straßenmusik gemacht und die Livemusik ist extrem wichtig für mich. Nachdem ich mit dem Schreiben von Musik angefangen habe, habe ich das zunächst allein für mich gemacht. Aber irgendwann kommt der Punkt, wo man das unbedingt jemandem vorspielen will – wie ein Drang, dass man das teilt, was man jahrelang in seinem Zimmer alleine gemacht hat. Plötzlich habe ich es dann machen können, als ich nach Wien gekommen bin. Ich habe so viel Straßenmusik gemacht und gelernt, dass es ein wichtiger Teil von mir ist und vom Musizieren.“ Diese unbändige Freude am Musizieren konnte man auch in Saarbrücken erleben. Den Künstlernamen hat Oska übrigens nach ihrem älteren Bruder ausgewählt (lest HIER das komplette Interview).
Auch wenn die großen Charterfolge noch auf sich warten lassen, hat Oska nach einer EP und dem ersten Album in der Szene von sich Reden gemacht. Sie gewann den XA Music Export Award beim Waves Vienna Festival 2020, ihren ersten Amadeus Austrian Music Award in der Kategorie Best Sound 2022 und erhielt 2023 einen Music Moves Europe Award. Als Support hat sie schon Acts wie Milow, Stu Larsen, Matt Simmons und Tom Odell begleitet.
Und jetzt die eigene Tour! Oska erschafft eine verlockende Welt strahlender Melodien, groovender Rhythmen und poetischer Lyrics. Bis auf eine Ausnahme wurden alle Songs des Albums in dem etwas mehr als einstündigen Konzert gespielt. Die Songs erklangen sehr offen und charmant. Mit reduzierter Begleitung, mal poppig, mal folkig, immer organisch ohne viel elektronischen Schnickschnack und mit enormer Leidenschaft und Liebe. Dabei sind durchaus soziale Botschaften in den Texten versteckt. Der Titelsong handelt von einem Paar, das auf einem Boot davon segelt und auf das Ende der Welt wartet. Klimawandel, Pandemie – und in Zeiten eines Krieges in Europa könnte es gar nicht aktueller sein.
Dazwischen erzählte Oska ihre Geschichten und sammelte Sympathiepunkte. Man hört ihr einfach gern zu und empfindet Empathie, wenn sie „Lousy T-Shirt“ auf eine lausige Beziehung zurückführt, oder wenn sie „ABC“ erklärt, das beschreibt, wie man in einer Freundschaft zum fünften Rad am Wagen wird. Hier wurde auch endlich das Publikum aktiv und musste den Chor zum Song liefern, was trotz der Textfülle sehr gut gelang.
Anderthalb tanzbare Songs sollte es im Set geben. Der halbe war „Woodstock“, den ganzen gab es zum Ende des Sets: „Mona Lisa, a girl’s best friend“ handelt mit bittersüßer Melodie von ihrer Hündin Mona und zugleich von der Erkrankung der Oma. Ein Song über Liebe und Verlust, der zugleich versucht, die Welt zu verstehen. Dazwischen gab es einige Besonderheiten, schließlich musste der Tourabschluss gefeiert werden. So ersetzte Soundmann Flo bei einem Stück den Schlagzeuger, was Oska zu einem Lachflash veranlasste, als sie plötzlich ihren Drummer filmend im Publikum entdeckte. Und es gab a cappella zur akustischen Gitarre vorgetragen ein Cover von Crosby, Stills, Nash & Young – wundervoll harmonisch.
Der Abend hatte viele magische Momente und konnte nicht besser abgeschlossen als mit der Zugabe „Distant Universe“, die Oska dann als ihren ersten selbst verfassten Song aus den Anfangstagen vorstellte. Im Anschluss blieben viele Zuschauer*innen im Club und kamen mit der Österreicherin ins Plaudern, die ganz natürlich hinter dem Merch stand, für jeden die richtigen Worte fand, fleißig Alben signierte und einfach Freude ausstrahlte.
Der ganze Abend war wie eine musikalische Kuscheltherapie: emotional, harmonisch und bezaubernd. Zuckersüß gewann Maria alias Oska die Herzen ihres Publikums. Wie meine Frau so richtig bemerkte: „Am liebsten würde man sie einpacken und mit nach Hause nehmen“. Stimmt. Aber die Alben von doppelfinger und Oska tun’s dann auch.
Die neuen Corona-Regeln des Saarlands hätten dem Konzert von JEREMIAS im Kleinen Klub der Garage Saarbrücken fast einen Strich durch die Rechnung gemacht, gilt doch dort just seit dem 20.11. die 2G+ Regelung für Clubs und Discotheken. Es war also erforderlich, dass alle Zuschauer sich trotz ihrem Status als „geimpft oder genesen“ auch noch ein tagesaktuelles negatives Testzertifikat besorgen. Zum Glück wurde das frühzeitig kommuniziert und es gab auch beim Einlass keine Probleme. Ein Testcenter befindet sich direkt in der Garage mit separatem Eingang – also alles safe für das Event.
Trotz der kurzfristigen Regelung war der Kleine Klub nämlich gut gefüllt und es gab eine ausgelassene Feier ohne Masken und mit hohen Sicherheitsstandards. So kann das funktionieren! Das Publikum war recht jung. Vor allem wohl Schüler und Studenten. Auch damit kann man bei einer Newcomerband wie JEREMIAS rechnen. Die vier Jungs aus Hannover starten gerade kräftig durch. Ich habe sie unlängst auf dem REEPERBAHN Festival gesehen, wo sie schon für Furore sorgten. Und die Clubtour – deren Abschluss man nun in Saarbrücken feierte – ist auch hervorragend gelaufen.
Den Anfang machten aber ILAYO mit elektronischem Computersound. Ein Keyboarder und eine Sängerin, die ebenfalls eine Tastatur bediente. Es gab sphärischen Gesang und bisweilen skurrile esoterische Bewegungen der Frontfrau. Dem Publikum hat’s gefallen – auch wenn die Vocals zum Ende hin manchmal ziemlich verstörend klangen. Es gab Technobeats und einen voluminösen Clubsound, der gut zur Garage passte und die Zuschauer zum Tanzen animierte. Ein gelungener Einstieg in den Abend.
JEREMIAS starteten pünktlich um 20.30 Uhr mit ihrem ganz besonderem Sound und dem Song „Paris“. Wenn eine Band aus Hannover mit einem Altersdurchschnitt von 20 Jahren angibt, Disko-Funk zu machen, muss das Posing sein. Ist es aber nicht! Die Tour war so gut wie ausverkauft und der Sound der Band ist absolut stimmig. Die Jugend lässt sich vom Label „Funk“ nicht abschrecken. Und während der Popsound auf dem Tonträger noch recht chillig klingt, ging doch live ordentlich die Post ab.
Erst im Oktober 2019 veröffentlichten JEREMIAS ihre Debüt-EP „Du musst an den Frühling glauben“. Im Corona-Sommer 2020 folgte die zweite EP. Ein Intro, vier Songs: „alma“, die spanische Bezeichnung für die Seele. Und im Mai 2021 war dann das Debütalbum „Golden Hour“ am Start. Konsequent, Zug um Zug – und der Erfolg gibt ihnen Recht.
Der Kleine Klub beherbergte ein textsicheres Publikum, das sich seit Mai alle Lyrics des Debüts drauf geschafft hatte. Zum groovenden Sound wurde lässig getanzt. Das aktuelle Album stand ganz im Vordergrund der Performance mit Stücken wie „nie ankommen“, „ich mags“, „mio“ und „einfach“. Kurze Songtitel, ordentliche Aussage. Die Indie-Pop-Band brachte das Publikum trotz aller Auflagen zum Tanzen und verwandelte den Klub in einen atmosphärischen, bisweilen mystischen Ort. Das war pures Konzertfeeling wie in alten Zeiten! Vor allem Gitarrist Oliver Sparkuhle legte sich mit seiner Performance schwer ins Zeug, auch wenn Sänger Jeremias Heimbach stets im Mittelpunkt stand. Besonders als er allein am Keyboard den neuen Song „Goldmund“ (frei nach Hermann Hesse) vortrug und für einen Gänsehautmoment sorgte.
Der reguläre Konzertteil endete nach 80 Minuten mit dem Titelsong des Albums. Aber es war das letzte Konzert der Tour, also gab es einige Überraschungen. So befand sich in der Wasserflasche des Sängers purer Gin. Und als erste Aktion der Zugabe sang die komplette zehnköpfige Crew ein a-cappella-Stück auf der Bühne. Danach wurde wieder getanzt und gefeiert bis zur Curfew um 22 Uhr. Tanzen im Circle, Stage-diving, das komplette Programm mit Teilen der Band im feierwütigen Publikum.
JEREMIAS sind unbekümmert und finden Funk geil. Ihr Sound ist tanzbar und sexy, reduziert und groovend zugleich, manchmal theatralisch. Das junge Publikum steht auf diesen handgemachten Sound. So wird vermutlich auch der nächste Tourabschnitt im März 2022 zur geilen Zeit. Zum Vormerken: 6. März 2022 in der TUFA (Tuchfabrik Trier). Der VVK ist bereits gestartet.
Da fand sich mal wieder ein harter Doppelpack in der Garage Saarbrücken ein. Amorphis sind auf „Circle World Tour“ und haben sich als Gäste die Newcomer Starkill aus Chicago eingeladen. Die Garage war gut gefüllt, aber bei weitem nicht ausverkauft. Schade, denn beide Bands lieferten eine fulminante Show ab und brachten das Publikum (nach anfänglicher Zurückhaltung) zum Kochen.
Das Quartett Starkill wurde bereits 2008 gegründet und darf seit 2013 einen Plattenvertrag bei Century Media sein eigen nennen, dem kürzlich das Debütalbum „Fires Of Life“ folgte. In der Garage legten sie locker-flockig los und stellten in 45 Minuten Länge ihr Album vor. Was wir zu hören bekamen war melodischer Death Metal mit Growls und starker Gitarrenarbeit. Auch der Schlagzeuger legte einen klasse Job hin. Etwas befremdlich waren allerdings die sphärischen Passagen, die an epische Filmmusik erinnerten. Und versteht mich nicht falsch: Klanglich war das hervorragend, wurde aber als Sample abgespielt. Da fehlt noch der richtige Keyboarder, um die Band zu vervollständigen. Dessen Arbeit übernimmt im Studio der Vokalist. Dass er auf der Bühne anderes zu tun hat (nämlich begeistert ins Mikrofon schreien und die Mähne schwingen) sei ihm gegönnt. Alles in allem ein gelungener Start in den Abend und es war augenscheinlich, dass im Anschluss einige CDs der Band über die Merchandise-Theke gingen.
Nach kurzer Umbaupause starteten Amorphis im Bühnenbild ihres aktuellen Albums „Circle“. Der Selbstfindungsprozess der Metaller aus Finnland hat lange gedauert. Man begann weiland mit reinem Death Metal, dem sich allerdings recht zeitig auch Progressive-Rock-Elemente beimischten. Dies wurde weiter verfeinert und Amorphis verzichteten stellenweise gar auf den aggressiven Growlgesang, was sie sicher einige Fans kostete. Seit dem Einstieg von Tomi Joutsen 2005 hat man aber das Gefühl, als hätten Amorphis endlich ihren ureigenen Weg gefunden.
In den Veröffentlichungen ist eine stetige Steigerung feststellbar und „Circle“ ist eindeutig der vorläufige Höhepunkt. Die melodische Mischung aus Death Metal, Progressive Rock und folkigen Klängen, die mal orientalisch angehaucht, mal nach reinem Mittelalterrock klingen, ist absolut stimmig. Tomi Joutsen ist der perfekte Mann am Mikro. Er schwingt seine Rasta-Mähne und hält drauf, was das Zeug hält. Mit energischen Growls oder klaren Vokalpassagen – wie es gerade passt. So lief das auch in der Garage. Der stetige Wechsel im Gesangsstil machte die Klasse von Amorphis aus und es gab auch die typischen folkloristischen Einlagen im Wechsel mit sanften Pianomelodien und den gewohnt düsteren Passagen.
Die Setlist umfasste viele Phasen der Band, los ging es jedoch vor allem mit einigen „Circle“-Songs, die sich mit „Sampo“, „Against Windows“ und „My Kantele“ die Klinke in die Hand gaben. Im Mittelteil erfolgte eine Verschnaufpause mit dem „Tales“-Intro „Thousend Lakes“. Danach ging es eben so energisch weiter. 90 Minuten dauerte die Sause und fand mit dem Zugabenblock aus „Sky Is Mine“, „Black Winter Day“ und „House Of Sleep“ ihren gebührenden Abschluss. Amorphis gelingt der Spagat, Folk, Death Metal und Progressive Rock zu verbinden. Da wundert sich auch niemand, wenn plötzlich ein Marillion-Shirt inmitten der Metalheads auftaucht.
Shades Of Grey
Narow Path
Sampo
Silver Bride
Against Windows
The Wanderer
My Kantele
Thousand Lakes
Into Hiding
Nightbird’s Song
The Smoke
You I Need
Hopeless Days
Leaves Scar
—
Sky Is Mine
Black Winter Day
House Of Sleep
Bereits vor fünf Jahren war dieses infernalische Duo gemeinsam auf Tour und nannte die Konzerte „Hellish Rock“ – der Name war Programm. Überhaupt war es schön zu sehen, dass sich Kai Hansen mit den alten Bandkollegen noch eine Bühne teilen kann, auch wenn sein Abschied von Helloween Ende der 80er Jahre für alle Seiten nicht so glorreich war. Das Erfolgskonzept schrie jedenfalls nach Wiederholung und so sind Gamma Ray und Helloween auch 2013 wieder gemeinsam unterwegs, um die Konzerthallen der Welt im Sturm zu erobern. Den Anfang in Deutschland machte die Garage in Saarbrücken. Ideale Location, um die Metalgemeinde wach zu rütteln.
Als Support gab es Shadowside. Sorry, leider knapp verpasst. Ich traf gegen 19.45 Uhr in der prall gefüllten Garage ein und kurz darauf begannen Gamma Ray ihren einstündigen Set. Was für eine Wucht! Ich bin geneigt zu sagen, dass Kai Hansen hier mit seiner neueren Truppe die alten Weggefährten fast an die Wand gespielt hat. Ganz so frappierend war es zwar nicht, doch als er zum Ende des Sets „Future World“ anstimmte, war die Stimmung im Saal auf einem Höhepunkt, den sie später nicht mehr erreichen sollte.
Darüber hinaus gab es einen Set mit Klassikern wie „Men, Martians And Machines“, „Dethrone Tyranny“, „Empathy“ und „To The Metal“. Hinzu kamen die neuen Songs von der aktuellen EP „Master Of Confusion“, nämlich der Titeltrack und „Empire Of The Undead“. Musikalisch ging‘s in bewährter Manier zur Sache: Power und Speed. Wenn Gamma Ray sich von ihrer temporeichen, hymnischen Seite zeigen, ist der alte Spirit wieder da – und auch Hansens Stimme leidet nicht unter Abnutzungserscheinungen. Nach einer Stunde war das Publikum mehr als aufgewärmt und die Umbauarbeiten für Helloween begannen.
Mit „Straight Out Of Hell“ hat die Band um Andi Deris (inzwischen schon seit 19 Jahren Leadsänger) momentan ein heißes Album am Start, das die Band erstmals auf Platz 4 der deutschen Albumcharts katapultierte. Das hat nicht mal „Keeper Of The Seven Keys“ geschafft. Auf dem neuen Werk findet sich eine gesunde Mischung aus virtuosen, rauen und ruhigen Tracks. „Straight Out Of Hell“ ist ein Werk voller Spielfreude, mit komplexen Arrangements, starken Hooks und dichter Atmosphäre. „Nabataea“ ist ein Ohrwurm, zu dem Deris‘ Stimme perfekt passt. Hier zeigt er, zu was er stimmlich fähig ist und die Schreie entschwinden in ungeahnten Sphären. Ein Hammersong gleich an zweiter Stelle im Set.
Vom neuen Album gab es noch mehr zu hören und auch der Vorgänger war mit „Where The Sinners Go“ und „Are You Metal?“ hervorragend vertreten. Auf den letzten Scheiben boten Helloween so solide Kost, dass sie sich nicht hinter ihren Klassikern verstecken müssen. Diese kamen natürlich auch, doch vor das Feiern hat Gott leider den Balladenblock gesetzt. Hier kühlte die Stimmung in der Garage merklich ab. Spannend wurde es erst wieder ab den Zugaben und „Dr. Stein“. Zum krönenden Abschluss standen gar die Mitglieder beider Bands zusammen auf der Bühne und rockten, was das Zeug hielt.
Helloween sind und bleiben ein Phänomen. In Südamerika und Asien auf riesigen Festivals zuhause und gnadenlos abgefeiert, bei uns nur in eingefleischten Metalkreisen beliebt. Der Prophet im eigenen Land zählt halt nicht so viel. Das macht auch der Charteinstieg nicht wett, denn wir wissen, dass man für einen Platz in den Top 5 lange nicht mehr so viele CD-Verkäufe braucht wie noch in den 90ern.
Was bleibt also? Die alten Recken haben in 60 bzw. 90 Minuten gezeigt, warum ihre Platten immer noch die reinsten Burner sind und dass man sie musikalisch nicht unterschätzen darf. Kai und Andi auf der Bühne sind ein Traum. Beim nächsten Mal sollen sie einfach noch Kiske mit dazu nehmen. Unisonic sind auch mehr als ein Geheimtipp. Wäre schön, wenn es nicht zu lange bis „Hellish Rock Part III“ dauert.
Die nächsten metallischen Ereignisse in Saarbrücken: