In der Liste „The 500 Greatest Albums of All Time „, die das Rolling Stone Magazin im Jahr 2003 veröffentlichte, belegt „Revolver“ der Beatles Platz Nummer drei und folgt damit dem Spitzenreiter „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“ und dem Zweitplatzierten „Pet Sounds“ der Beach Boys. Tatsächlich war in den Jahren 1966 und 1967 ein großer Konkurrenzkampf zwischen beiden Ausnahmebands mit ihren innovativen Sounds entbrannt. Und es ist bezeichnend, dass hier zwei wegweisende Beatles-Alben das emotionale Werk der Beach Boys quasi einrahmen.
Was alle so besonders macht, ist das experimentelle Vorgehen mit neuer Technik und extravaganten Sounds, das mit „Rubber Soul“ der Beatles kurz vorher begonnen hatte. Während die Beach Boys klappernde Löffel, Hundegebell, Dosen, Plastikflaschen, Klingeln und Hupen in ihren Sound integrierten, setzten die Beatles auf rückwärts laufende Tonbänder und ein Aufnahmeverfahren mit künstlicher Doppelspur. Auch fast 60 Jahre später gelingt es dem unbedarften Hörer kaum, diese psychedelischen Kniffe zu durchschauen. Stattdessen lehnt man sich besser zurück und genießt ein durchweg gelungenes Album. Zwar stehen die großen Erfolge „Eleanor Rigby“ und „Yellow Submarine“ in der öffentlichen Wahrnehmung klar im Fokus, doch es tut einfach gut, das Werk mal wieder am Stück zu hören. Finger weg von den Best-of-Compilations!
Das Gesamtkunstwerk „Revolver“ beginnt schon mit dem Cover des deutschen Künstlers Klaus Voormann, den die Beatles in Hamburg kennen gelernt haben. Die Mischung aus Strichzeichnung und Fotocollage erhielt 1967 einen Grammy für das beste Plattencover. Chapeau! Statt lebendiger Farben entschied er sich bewusst für Schwarz-weiß und symbolisierte damit die radikale Veränderung im Sound. Bis heute genial und bestenfalls im LP-Format zu bewundern.
Obwohl von Album zu Album wieder einmal nur knapp acht Monate vergangen waren (an der Schlagzahl könnten sich manche Bands heutzutage ein Beispiel nehmen) hatte man sich im Studio viel Zeit gelassen, um den neuen Klang auszuarbeiten und die Texte mit Inhalt zu füllen. Das politische „Taxman“ beschäftigt sich mit der britischen Finanzpolitik. „Eleanor Rigby“ wurde mit acht Streichern eingespielt. „I’m Only Sleeping“ enthält ein rückwärts abgespieltes Gitarrensolo. „Love You To“ glänzt mit indischen Musikinstrumenten. „Yellow Submarine“ nimmt die spätere Zeichentrickgeschichte um das märchenhafte U-Boot vorweg. „She Said She Said“ handelt von LSD-Erfahrungen. „For No One“ enthält ein prägnantes Horn-Solo. Der real existierende „Doctor Robert“ versorgt Prominente mit Drogen. „Got To Get You Into My Life“ lässt Bläser einen Motown-Sound erzeugen. „Tomorrow Never Knows“ schließt das Album mit revolutionären Toneffekten ab. Fast zu jedem der 14 Stücke lässt sich eine Geschichte erzählen.
Am 28. Oktober 2022 erschienen bei Apple Corps Ltd./Capitol/UMe gleich drei verschiedene Special Editions von „Revolver“ – allesamt neu abgemischt, massiv erweitert und aufwendig gestaltet. Alle Stücke des Originals wurden vom Produzenten Giles Martin und dem Tontechniker Sam Okell neu in Stereo- und Dolby Atmos-Qualität abgemischt.
Essentiell sind natürlich die Super Deluxe Konfigurationen mit 5 CDs oder 4 LPs. Fans mit dem entsprechenden Geldbeutel werden hier vermutlich schnellstens zugreifen, auch weil mit einem 100seitigen Buch neben den unzähligen Versionen, Mixen und Probeaufnahmen der Songs ein entsprechender Mehrwert gegeben ist.
Mir liegt zur Review die 2CD Deluxe Variante vor, die im schön aufgemachten Digipack neben dem Album-Remaster eine Bonus-CD mit 15 ausgewählten Spezialtracks enthält, quasi die Highlights aus den Aufnahmesessions.
Es beginnt mit der Single „Paperback Writer“ und deren B-Seite „Rain“, die zwar während den Revolver-Sessions entstanden sind aber nur als eigenständige Single erschienen ohne jemals auf einem offiziellen Album zu landen. Man kennt sie von diversen Compilations, aber nicht in diesem neuen Stereo Mix. Weiter geht es mit unterschiedlichen Takes der bekannten Revolver-Stücke, welche die Entstehung des Albums dokumentieren. Sei es, weil Soundeffekte noch nicht eingespielt sind, die Backing Tracks im Vordergrund stehen oder in die Aufnahme rein gesprochen wird.
Abgerundet wird der 2CD-Release durch ein 40seitiges, gebundenes Booklet, das man schon als kleines Büchlein bezeichnen muss und das viele Fotos sowie einen informativen Text von Kevin Howlett enthält.
Es geschah in den letzten Sommerwochen des Jahres 1966: Das Album Revolver sollte die Popwelt nicht nur erobern, sondern den weiteren Verlauf der Musikgeschichte für immer verändern. Indem The Beatles mit Revolver eine vollkommen neue Ära einleiteten, in der auch experimentelle, avantgardistische und psychedelisch angehauchte Sounds ihren Platz hatten, steht die Veröffentlichung nicht nur für einen Meilenstein in der Evolution der Band, sondern auch für einen popkulturellen Wendepunkt. John Lennon, Paul McCartney, George Harrison und Ringo Starr waren mit Revolver in ganz neue Regionen aufgebrochen – und hatten damit bahnbrechendes neues Terrain abgesteckt.
Am 28. Oktober 2022 erscheinen bei Apple Corps Ltd./Capitol/UMe gleich drei verschiedene Special Editions des Revolver-Albums – allesamt neu abgemischt, massiv erweitert und aufwendig gestaltet. Bereits heute gibt es einen ersten Vorgeschmack zu hören: Parallel zur Ankündigung und zum Preorder-Start der neuen Editionen sind ab sofort die neuen Stereo- und Dolby Atmos-Versionen des Eröffnungstitels „Taxman“ im Stream verfügbar.
Alle 14 Songs des Revolver-Albums wurden vom Produzenten Giles Martin und dem Tontechniker Sam Okell neu in Stereo- und Dolby Atmos-Qualität abgemischt. Der zusätzliche Original-Mono-Mix des Albums basiert auf den Original-Mastertapes aus dem Jahr 1966. Die kommenden Editionen von Revolver folgen auf die zuletzt veröffentlichten Neuauflagen der Alben Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band (2017), The BEATLES („White Album“) (2018), Abbey Road (2019) und Let It Be (2021).
Sämtliche Special Editions von Revolver beinhalten den neuen Stereo-Mix, der unmittelbar auf den Original-Vierspur-Mastertapes basiert. Durch modernste „De-Mixing“-Technologie, entwickelt von einem preisgekrönten Team um Emile de la Rey (unter dem Dach von Peter Jacksons WingNut Films Productions Ltd.), kann man die Songs dieses LP-Meilensteins nun erstmals in atemberaubender Klarheit und bestmöglicher Qualität genießen. Die physischen/digitalen Super-Deluxe-Varianten vereinen dazu obendrein den Mono-Mix der Original-Version, gleich 28 Session-Mitschnitte („early takes“) und drei zu Hause aufgenommene Demoversionen. Abgerundet wird das Paket durch eine zusätzliche 4-Track-EP mit den neuen Stereo-Mixes plus den Remastered-Mono-Mixes von „Paperback Writer“ und „Rain“. Der neue Dolby Atmos-Mix von Revolver wird auch digital erhältlich sein.
Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube. Mehr erfahren
Revolver 1CD Standard oder 1LP Standard oder Ltd. 1LP Picture Disc: 14 Tracks
* 1CD im Digipak (Neuer Stereo-Mix)
* 1LP (Neuer Stereo-Mix) auf 180g-Vinyl; Half-Speed-Mastering
* Limited Edition 1LP Vinyl Picture-Disc-Variante (Neuer Stereo-Mix) im Design des Original-Coverartworks
* Digital (Neuer Album-Mix in Stereo & Hi-res 96kHz/24-bit Stereo + neuer Dolby Atmos-Mix)
Sämtliche Konfigurationen kommen mit dem ikonischen Original-Artwork daher, das der deutsche Bassist und Künstler Klaus Voormann, bekanntermaßen ein langjähriger Freund der Band, angefertigt hat – und der dafür im Jahr 1967 auch einen GRAMMY Award erhielt. Das ansprechend gestaltete Hardcover-Buch, das den Super Deluxe-CD- und -Vinyl-Varianten beiliegt, beginnt mit einem Vorwort von Paul McCartney, gefolgt von einer Einführung von Giles Martin und einem wunderbar erhellenden Aufsatz von Questlove. Im weiteren Verlauf finden sich viele spannende Kapitel sowie detaillierte Tracknotes aus der Feder von Beatles-Kenner, Autor und Radio-Produzent Kevin Howlett. Illustriert ist das Buch mit seltenen und zum Teil noch unveröffentlichten Fotografien sowie noch nie gezeigten Aufnahmen von handgeschriebenen Songtexten, Tape-Kisten und Aufnahme-Sheets. Darüber hinaus sind auch Printanzeigen aus dem Jahr 1966 sowie Auszüge aus Voormanns Graphic-Novel birth of an icon: REVOLVER zu sehen.
Jede Generation hat ihre eigenen Hits – aber manche Musik ist auch zeitlos und verbindet verschiedene Generationen. Für die großen klassischen Komponisten gibt es einiges an Material, um ihre Werke auch Kindern schon nahezubringen. Der Bereich der Populärmusik ist hier aber noch unterrepräsentiert. Zum Glück füllen William Wahl und Wilm Lindeblatt mit ihrer Reihe „Ella &Ben“ nun diese Lücke. Bereits erschienen sind die beiden Bilderbücher „Ella & Ben und die Beatles“ sowie „Ella & Ben und ABBA“.
Ella und Ben sind Geschwister und leben in einer ganz normalen Familie, in der viel Musik gehört wird. Und wenn an einem verregneten Nachmittag Papa eine seiner alten Schallplatten von den Beatles auflegt, erzählt er den Kindern natürlich auch von dieser tollen Band. Gemeinsam mit Ella und Ben erfahren wir, wie die Beatles entstanden sind, hören von ihren ersten Erfolgen und den großen Hits, den verschieden Phasen ihrer Karriere und auch von der Trennung der Band.
Natürlich haben die Geschwister jede Menge Zwischenfragen, so dass die von William Wahl erzählte Geschichte sehr lebendig und kindgerecht rüberkommt. Die farbenfrohen Illustrationen von Wilm Lindenblatt ergänzen das Ganze wunderbar und bieten viele schöne Details. So tauchen auf den Bildern Ella und Ben selbst in die Geschichte der Beatles ein und sitzen etwa im gelben U-Boot oder stehen vor den Toren des Waisenhauses „Strawbery Field“.
Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube. Mehr erfahren
Im zweiten Band ist es Mama, die zu den Klängen von „Mamma Mia“ von der Gruppe ABBA erzählt, während Papa eine angebrannte Lasagne retten muss. Hier erfahren wir spannende Details zu den vier Musikern, die alle bereits vor ihrer Karriere mit ABBA musikalisch erfolgreich waren, und begleiten sie auf ihrer Reise von „Waterloo“ beim Grand Prix mit tollen Glitzerkostümen bis zu „Fernando“ am Lagerfeuer und der aktuellen Wiedervereinigung der Band.
Neben den einfach schön und interessant erzählten Geschichten, bei denen man auch als Erwachsener noch einiges über die Beatles oder ABBA erfahren kann, überzeugen die Bücher von „Ella & Ben“ auch mit liebevollen Kleinigkeiten. So werden die Familienmitglieder mit unterschiedlichen Hautfarben dargestellt, so dass sich Kinder verschiedenster Herkunft mit den Figuren im Buch identifizieren können. Und es gibt vor allem am Ende immer eine positive Botschaft – etwa dass man sich nach einem Streit auch vierzig Jahre später noch versöhnen kann. Mein persönlicher Lieblingssatz steht am Ende des ersten Bandes und bringt für mich gleichzeitig auf den Punkt, warum diese Bücher in jeder Familie vorgelesen werden sollten: Ja, die Musik bleibt.
Hoffentlich wird die Reihe noch um viele weitere tolle Musiker und Bands ergänzt!
Fotocredit: William Wahl by Axel SchultenFotocredit: Wilm Lindenblatt by Lizz Lunney
Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube. Mehr erfahren
Als vor 51 Jahren das „Let It Be“ erschien, waren die Beatles eigentlich schon Geschichte. Obwohl das Album zum größten Teil bereits vor „Abbey Road“ eingespielt wurde, wartete man mit der Veröffentlichung bis zum Kinostart des gleichnamigen Dokumentarfilms, der die Band bei der Studioarbeit zeigte. Vermutlich war auch der Film Auslöser für die Umbenennung des Albums, das ursprünglich „Get Back“ heißen sollte.
Es war Glyn Johns‘ Aufgabe, aus den zum Teil recht chaotischen Sessions genügend Material zu filtern, um es zum homogenen Album zu machen. Der Erfolg gab ihm Recht: Zwar nur Platz 3 in den deutschen Charts, aber Nummer 1 in UK und den USA. Songs wie „Let It Be“, „The Long And Winding Road“ und „Get Back“ wurden zu unverwüstlichen Klassikern, die bis heute in aller Ohren sind. Auch das harmonische „Two Of Us“, das spirituelle „Across The Universe“ und das stellenweise sakrale „I Me Mine“ sind absolute Klassiker.
Produzent Giles Martin und Toningenieur Sam Okell haben das Album in Stereo, 5.1 Surround DTS und Dolby Atmos neu abgemischt. Herzstücke der Neuauflage sind die Ltd. Super Deluxe CD-Box (mit 5CD, Blu-Ray Audio und Buch) sowie die Ltd. Super Deluxe Vinyl-Box (5LP, 12“ EP und Buch) für den dicken Geldbeutel. Mir liegt die 2CD-Version vor, die es aber auch schon in sich hat und alle Nostalgiker erfreuen wird.
Der Stereo-Mix ist neu, unterscheidet sich aber nicht sehr vom 2009er Remaster. Die Rhythmusgruppe ist fein heraus gearbeitet, der Gesang liegt elegant im Vordergrund – alles perfekt für ein intensives Hörerlebnis.
Es gibt einen Pappschuber und ein 40seitiges Booklet, das schon eher einem gebundenen Büchlein gleicht. Inhaltlich sehr informativ, umfasst es doch Liner Notes von Paul McCartney und Giles Martin sowie informative Textpassagen, welche die damalige Beatles-Phase und die Aufnahmen zum Album beleuchten.
Zusätzlich befinden sich auf CD2 eine Auswahl bis dato unveröffentlichter Outtakes, Studio Jams und Probeaufnahmen, unter anderem Glyn Johns‘ 1970er Mix von „Across the Universe“. Material gab es ja genügend aus besagten Studiosessions. Die 42minütige Auswahl ist durchweg gut anhörbar und liefert – obwohl nur mit dem Charakter von Outtakes – fast jederzeit Songfeeling. Spannend: Der Non-Album-Song „Don’t Let Me Down“ ist als legendäre Rooftop-Liveaufnahme vertreten und „The Long And Winding Road“ klingt auch ohne Orchester absolut episch.
Zeitgleich zum Album-ReRelease erscheint das fantastisch aufgemachte Hardcover-Buch „The Beatles: Get Back“. Rezension folgt!
Ringo Starr scheint keine Zeit mehr zu haben, auf genügend Material für ein komplettes Album zu warten. Seine neuen Releases erscheinen in EP-Form: Im März gab es „Zoom In“ mit fünf Songs, jetzt folgt „Change The World“ mit vier Tracks. Übel nehmen kann man ihm das nicht. Immerhin ist der Ex-Beatle lässige 81 Jahre alt. Da wird nicht lange gefackelt sondern gemacht!
Ringo kommentiert dazu: “Ich habe immer gesagt, dass ich nur noch EPs veröffentlichen möchte und dies ist die nächste. Was für ein Segen es in diesem Jahr war, ein Studio hier zu Hause zu haben und mit so vielen großartigen Musikern zusammenarbeiten zu können, einigen, mit denen ich schon gearbeitet habe, und einigen neuen Freunden.”
Der Titelsong ist eine echte Friedenshymne und steht damit klar in der Tradition von John Lennon und vielen gewaltigen Beatles-Songs. Ringo hält diese Fahne weiter hoch und tut gut daran. „Change The World“ ist ein durch und durch hymnischer Ohrwurm.
„Just The Way“ kommt im Reggae-Rhythmus in Kollaboration mit Bruce Sugar. Ganz beschwingt, aber ziemlich belanglos. Da hat der mit Songwriterin Linda Perry verfasste Track „Coming Undone“ schon mehr zu bieten: nämlich starken Country-Pop mit einem spannenden Bläser-Arrangement.
Größte Überraschung ist das Cover von „Rock Around the Clock“. Hier zeigt sich Ringo als waschechter Rock’n’Roller und verbreitet gute Laune mit viel Power.
„Change The World“ ist seit dem 24. September digital sowie auf CD und Kassette erhältlich; die 10″-Vinyl erscheint am 19. November.
Diesen Herbst laden die Beatles Musikfans weltweit ein, das 1970 erschienene Nr.1-Album Let It Be mit einer Reihe hochwertiger Special Editions neu zu entdecken, die am 15. Oktober über Apple Corps Ltd./Capitol/Ume weltweit veröffentlicht werden. Zum Vorbestellungsstart werden drei Tracks von der neu gemischten und erweiterten Edition erstmalig digital verfügbar sein: “Let It Be” (2021 Stereo Mix), “Don’t Let Me Down” (First Rooftop Performance) und “For You Blue” (Get Back LP Mix).
Produzent Giles Martin und Toningenieur Sam Okell haben das Album Let It Be in Stereo, 5.1 Surround DTS und Dolby Atmos neu abgemischt. Die umfangreiche neue Special Edition tritt in die Fußstapfen der weltweit gefeierten, neu gemischten und erweiterten Anniversary Editions von Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band (2017), The BEATLES (‘White Album’) (2018) und Abbey Road (2019). Jede der neuen Versionen von Let It Be enthält den neuen Stereomix des Albums, der sich an Phil Spectors “reproduced for disc”-Version orientiert und auf den original 8-Spurbändern der Studiosessions und der Rooftop-Performance basiert. Die physische und die digitale Super Deluxe Edition enthalten außerdem 27 bisher unveröffentlichte Studioaufnahmen, eine Let It Be EP mit vier Tracks und den bisher unveröffentlichten Stereo-LP-Mix mit 14 Tracks, zusammengestellt von Toningenieur Glyn Johns im Mai 1969.
Am 2. Januar 1969 starteten John Lennon, Paul McCartney, George Harrison und Ringo Starr auf einer großen Tonbühne in den Londoner Twickenham Film Studios ins neue Jahr. Die Beatles stürzten sich in die Proben für ein Projekt, das sie zurück an ihren alten Bestimmungsort bringen sollte: auf die Livebühne. 21 Tage lang hielten Kameras und Tonbandgeräte fast jede Minute fest: zunächst in Twickenham und dann in ihrem eigenen Apple Studio, wo Billy Preston an den Keyboards hinzukam. Sie probten neue Eigenkompositionen und jammten einige ältere Songs, alles wurde live und ungeschminkt eingefangen und für die Nachwelt festgehalten.
Auch am 30. Januar, als die Beatles gemeinsam mit Preston für ihr allerletztes Konzert auf dem Dach des Büros der Apple Corps in der Savile Row vor einem kleinen Publikum aus Freunden, Familienmitgliedern und allen anderen, die in Hörweite waren, in der Kälte standen, liefen die Kameras mit. Der mittägliche Auftritt brachte das komplette Londoner West End zum Erliegen, weil sich Passanten die Hälse verrenkten und in der kompletten Nachbarschaft die Fenster aufgerissen wurden, um einen besseren Blick zu haben. Eine Welle von Lärmbeschwerden rief auch die Polizei auf den Plan – und auf das Dach, wo sie das Konzert schließlich nach 42 Minuten beendeten.
Im April und Mai arbeitete Glyn Johns an der Zusammenstellung eines Albums, das einmal den Namen “Get Back” tragen sollte. Um seine spezielle Vision umzusetzen, verwendete Johns misslungene Anfänge und Plaudereien zwischen den Songs lieber frühere als spätere, ausgefeiltere Aufnahmen, und sogar die Version von “I’ve Got A Feeling”, die ab einem bestimmten Punkt komplett auseinanderfällt und mit John Lennons Entschuldigung endet: “I cocked it up trying to get loud”. Die Band entschied allerdings, das umfangreiche Material mit Tonbändern, Filmrollen und Fotos zurückzustellen, um sich auf die Aufnahmen und Veröffentlichung ihres Meisterwerks Abbey Road zu konzentrieren. Das letzte Beatles-Album Let It Be basierte auf den Bändern vom Januar 1969 sowie einigen früheren und späteren Sessions. Es erschien am 8. Mai 1970 (in den USA am 18. Mai) parallel zum Start des Films Let It Be.
Die Studiosessions, aus denen das Album und der Film Let It Be hervorgingen, waren die einzige Gelegenheit in der Geschichte der Beatles, bei der sie so ausführlich bei der Arbeit im Studio begleitet wurden. Mehr als 60 Stunden unveröffentlichtes Filmmaterial, mehr als 150 Stunden unveröffentlichte Tonaufnahmen und Hunderte von unveröffentlichten Fotos wurden für die drei diesen Herbst erscheinenden, zusammengehörigen, ultimativen Beatles-Releases gesichtet und mit viel Liebe restauriert. Es ist ein Fest für die Sinne und ein großer Schatz, der da im Archiv der Beatles gehoben wurde. Die neue Let It Be Special Edition wird ergänzt durch die heißersehnte Dokumentation “The Beatles: Get Back” vom dreimaligen Oscar-Gewinner Peter Jackson und ein wunderschönes, neues Hardcover-Buch, das ebenfalls den Titel The Beatles: Get Back trägt. Das Material, das für diese neuen Projekte hinzugezogen wurde, zeigt eine viel fröhlichere und positivere Atmosphäre, als der 80-minütige Film Let It Be von 1970 vermuten ließ.
“Ich fand den Originalfilm Let It Be schon immer ziemlich traurig, weil er sich mit der Auflösung der Band beschäftigte. Der neue Film vermittelt die Kameradschaft und unsere tiefe Zuneigung zueinander”, schreibt Paul McCartney in seinem Vorwort zum Let It Be Special Edition-Buch. “Er zeigt auch die tolle Zeit, die wir gemeinsam hatten. Zusammen mit dem neu gemasterten Album haben wir hier eine eindrucksvolle Erinnerung an diese Zeit. So möchte ich die Beatles im Gedächtnis behalten.”
Das schöne Buch der Super Deluxe CD- und Vinyl Collections enthält ein Vorwort von Paul McCartney, eine Einleitung von Giles Martin; einen Text von Glyn Johns; aufschlussreiche Kapitel und detaillierte Trackinfos von Beatles-Historiker, Autor und Radioproduzent Kevin Howlett und ein Essay von dem Journalisten und Autor John Harris, der sich mit den Mythen beschäftigt, die sich um die Sessions ranken und sie mit der Realität abgleicht. Das Buch ist im Notizbuch-Stil illustriert und enthält seltene und bisher unveröffentlichte Fotos von Ethan A. Russell und Linda McCartney sowie bisher unveröffentlichte Fotos von handgeschriebenen Songtexten, Notizen, Skizzen, Korrespondenzen, Tonbandschachteln, Filmabschnitten u.v.m.
Als die Beatles im Januar 1969 in den Twickenham Studios ankamen, stand ihr selbstbetiteltes Album (AKA ‘The White Album’) nach seiner Veröffentlichung im November 1968 noch immer weltweit an der Spitze der Charts. Die Band hatte einen ehrgeizigen Plan für ein Projekt im Gepäck, das einen Bühnenauftritt für ein “TV-Spektakel” und ein Livealbum umfasste. Michael Lindsay-Hogg wurde angeheuert, um bei dem Konzert Regie zu führen und die Proben mit unverfälschten Kameraperspektiven und Mono-Tonaufnahmen auf zwei mit den Kameras verbundenen Nagra-Tonbandgeräten festzuhalten. Fotograf Ethan A. Russell erhielt exklusiven Zugang zu allen Bereichen. Beatles-Produzent George Martin und der Tontechniker Glyn Johns waren für den Sound zuständig. Johns erinnert sich: “Paul erklärte mir seine Idee eines Livekonzerts und dass ich den Sound machen sollte, weil ich schon an einigen guten Livealben beteiligt war.” Beeindruckt von den Fortschritten, die die Beatles mit ihren neuen Songs quasi täglich machten, erinnerte sich Martin später zurück: “Es war eine großartige Idee und sehr lohnend, wie ich fand. Ein Livealbum mit neuem Material. Die meisten Leute wärmen für ein Livealbum eigentlich ältere Songs nochmal auf.” Nach zehn Tagen auf der Tonbühne zogen die Beatles und die Filmcrew in das kleinere und gemütlichere Apple Studio um. Dort setzte sich Johns an die Regler einer Tonausrüstung, die die Beatles sich aus ihrem alten Revier, den Abbey Road Studios, ausgeliehen hatten, um auf 8-Spur-Bändern aufzunehmen. Billy Preston wurde als Keyboarder dazugeholt und bereicherte die Studiosessions mit seinem grenzenlosen Talent und seiner wunderbar positiven Ausstrahlung.
Im April 1969 veröffentlichten die Beatles ihre weltweite No. 1-Single “Get Back”/“Don’t Let Me Down”. Präsentiert wurde sie als “Die Beatles, so wie die Natur sie geschaffen hat” und “so live wie nur möglich in dieser elektronischen Zeit”. Beide Seiten der Single wurden “The Beatles with Billy Preston” zugeschrieben. “Die größte Überraschung war, als die Single rauskam”, erzählte Preston im Jahr 2002. “Sie hatten mir nichts davon gesagt, dass mein Name darauf stehen würde! Die Jungs waren echt nett zu mir.” Die von George Martin produzierte Single “Let It Be”, die am 6. März 1970 erschien, unterscheidet sich von der Albumversion von Phil Spector. Ein Paradebeispiel seiner charakteristischen Wall of Sound-Produktionen auf dem Album Let It Be ist die zusätzliche Orchesterspur auf “The Long and Winding Road”, der 20. US-No. 1-Single der Beatles.
Entstanden unter der Regie von Peter Jackson (“The Lord of the Rings”-Trilogie, “They Shall Not Grow Old”) nimmt “The Beatles: Get Back” das Publikum mit auf eine Zeitreise zu den intimen Studiosessions der Beatles während eines extrem denkwürdigen Moments in der Musikgeschichte. Aufgrund der schieren Menge an fantastischem Material, das Peter Jackson gesichtet und im Laufe der vergangenen drei Jahre restauriert und bearbeitet hat, besteht “The Beatles: Get Back” nun aus drei Teilen. Jeder Teil ist circa zwei Stunden lang und sie werden nacheinander am 25., 26. und 27. November exklusiv auf Disney+ veröffentlicht.
Zusammengestellt aus über 60 Stunden bisher noch nirgends gezeigtem Filmmaterial, gedreht im Januar 1969 (von Michael Lindsay-Hogg) und mehr als 150 Stunden bisher noch von niemandem gehörten Tonaufnahmen, zeigt die Dokuserie mit liebevoll restaurierten Bildern die Wärme, Kameradschaft und die geniale Kreativität, die das Erbe des legendären Quartetts prägen. Jackson ist der einzige Mensch seit 50 Jahren, der Zugang zu diesen privaten Filmarchiven erhielt. “The Beatles: Get Back” ist die Geschichte von John Lennon, Paul McCartney, George Harrison und Ringo Starr, die Pläne für ihre erste Liveshow seit mehr als zwei Jahren schmieden, und zeigt sie bei der Arbeit an 14 neuen Songs, die eigentlich auf einem passenden Livealbum erscheinen sollten. In der Dokumentation ist der letzte gemeinsame Liveauftritt der Beatles, das unvergessene Rooftop-Konzert auf dem Dach der Savile Row in London, zum ersten Mal in voller Länge zu sehen; außerdem diverse andere Songs und Klassiker von den letzten zwei Beatles-Alben, Abbey Road und Let It Be. Die Musik für die Dokuserie wurde von Giles Martin (“Rocketman”) und Sam Okell (“Yesterday”) neu abgemischt.
Als Vorboten der Serie veröffentlicht Apple Corps Ltd./Callaway Arts & Entertainment am 12. Oktober weltweit das Buch The Beatles: Get Back. Es erscheint auf Englisch und in neun weiteren Sprachen und ist das erste von den Beatles veröffentlichte Buch seit Erscheinen ihres internationalen Bestsellers The Beatles Anthology. Mit einem schönen Design und wertiger Haptik rundet das 240-seitige Hardcover-Buch die Dokuserie “Get Back” und die Let It Be Special Edition mit Transkripts vieler mitgeschnittener Unterhaltungen aus den dreiwöchigen Proben und Aufnahmen sowie Hunderten von exklusiven, bisher unveröffentlichten Fotos von Ethan A. Russell und Linda McCartney ab. The Beatles: Get Back beginnt mit einem Vorwort von Peter Jackson und einer Einleitung von Hanif Kureishi. Für die finale Bearbeitung der Texte im Buch war John Harris verantwortlich.
Ein neues Soloalbum des 78jährigen – das ist doch mal eine gelungene Weihnachtsüberraschung. „McCartney III“ erscheint 50 Jahre nach „McCartney“, dem ersten eigenständigen Werk nach der Trennung der Beatles. Und wieder ist es komplett im Alleingang geschrieben und eingespielt.
Fünf Jahrzehnte hat er also für seine Trilogie gebraucht, die jeweils eine Wegmarke anzeigt. 1970 war es die Trennung der Beatles, 1980 das letzte Album der Wings – erschienen 1979 – und im Jahr 2020 wohl die besondere Situation des Lockdowns, die den Meister ganz auf sich allein gestellt werkeln ließ. Jeweils Grund genug, ein selbstbetiteltes Album auf den Markt zu bringen.
Auch „III“ zeigt den Künstler in neuer Kreativität. Dazu verwendete er vorhandene Songfragmente und schrieb einige neue Stücke. Schon der Beginn mit den Lautmalereien von „Long Tailed Winter Bird“ klingt beeindruckend innovativ. Teils poppig, aber auch experimentell und psychedelisch geht es weiter. Dabei hat die charismatische Stimme des Sängers großen Einfluss. Es gibt düstere Einflüsse wie auf „Deep Down“, den hypnotischen Sound von „Slidin'“, aber auch ein akustisches „The Kiss of Venus“. Das Album klingt alles andere als homogen – damit dürfte für die Fans verschiedener Epochen etwas dabei sein. Sogar ein Mellotron aus den Abbey Road Studios kam zum Einsatz.
Bemerkenswert finde ich auf jeden Fall die minimalistische und reduzierte Herangehensweise. Dass Paul hier eine One-man-show abzieht, hätte man ihm wohl im hohen Alter nicht mehr zugetraut. Klar, seine Stimme klingt nicht mehr so gewaltig wie früher. Altersspuren sind unverkennbar. Aber die Prägnanz ist weiterhin vorhanden. Und gerade das macht dieses Konglomerat von Stimmungen und Sounds aus.
Bereits 2013 veröffentlichte Al Di Meola das erste, sehr erfolgreiche sowie mit einem Jazz-Award ausgezeichnete Album mit Beatles-Interpretationen und tourte danach die Welt. Der Erfolg war aber nicht nur der zeitlosen Klasse der verwendeten Songs zu verdanken, sondern vor allem Di Meolas virtuosem Gitarrenspiel und den fantastischen Arrangements.
Wie bei „All Your Life“ bietet auch „Across The Universe“ eine bunte Mischung aus den Hits der Fab Four („Yesterday“, „Hey Jude“) und weniger bekannten Titeln. Es ist seine fantastische Art, die Gitarre zu spielen, die das Besondere auch des neuen Albums ausmacht. Schnell und mit vielschichtigen Percussion-Elementen. Über die Perfektion und die Feinheiten der Arrangements muss man gar nicht reden.
„Here Comes The Sun“ ist ein genialer, rhythmisch umspielter Opener, der die Richtung für ein Album vorgibt, das trotz der unterschiedlichen Tempi sehr homogen klingt. Die Songs werden in der Regel mit akustischer Gitarre gespielt und folgen den Originalen, wenn Al auch immer wieder neue Wege geht und auf kleinen Umwegen wieder zum Song zurückkehrt. Wer auf geniale Gitarrenmusik steht und zudem noch die Stücke der Beatles mag, liegt hier goldrichtig.
Track Listing:
01. Here Comes The Sun
02. Golden Slumbers Medley
03. Dear Prudence
04. Norwegian Wood
05. Mother Nature’s Son
06. Strawberry Fields Forever
07. Yesterday
08. Your Mother Should Know
09. Hey Jude
10. I’ll Follow The Sun
11. Julia
12. Till There Was You
13. Here, There And Everywhere
14. Octopus’s Garden
Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube. Mehr erfahren
Es gibt ja inzwischen eine ganze Reihe dieser Biopic-Musicals, die die Geschichte von Künstlern nacherzählen und mit Livemusik unterlegen. Elvis hat sein Musical, Falco, Michael Jackson, Tina Turner, ABBA – um nur einige zu nennen – und auch die Beatles. Während der Show „all you need is love!“ hatte ich manchmal das Gefühl, in der Bühnenversion des Wikipedia-Artikels zu sitzen. Und das meine ich gar nicht negativ. Man wurde nämlich ganz ordentlich mit Infos aus den zehn großen Beatles-Jahren zwischen August 1960 und dem letzten Konzert auf dem Apple-Dach am 31. Januar 1969 versorgt. Auch die wichtigen Nebenfiguren wie Stuart Sutcliffe, Pete Best, Bert Kaempfert, Tony Sheridan, George Martin und Brian Epstein bekamen ihren Raum und wurden (manchmal mit einer gehörigen Portion Ironie) entsprechend gewürdigt.
Im Mittelpunkt standen aber meist Paul, John, George und Ringo. Das Bühnengeschehen war wie ein endloses Konzert aufgebaut, das zugleich eine Zeitreise darstellte. Wie im Queen-Film „Bohemian Rhapsody“ begann man am Ende, nämlich dem legendären Abschlusskonzert im Januar 1969. Die Band spielte live auf der Bühne, während auf einer Leinwand im Hintergrund historische Originalaufnahmen abliefen. Dann Zeitungsmeldungen und Radio-Statements zur Auflösung der Band. Schließlich tauchte ein Erzähler auf, der den Abend durchgehend begleitete, und uns an den Anfang der Karriere zurück führte.
Songs wie „Kansas City“ und „Roll Over Beethoven“ leiteten die Nachstellung erster Gigs ein – Pete Best am Schlagzeug, Tony Sheridan am Mikro, Kaempfert als enthusiastischer Sheridan-Fan im Hintergrund. Bis schließlich Epstein aufkreuzte, das Potential erkannte und sie unter Vertrag nahm. In kleinen Szenen wurde erzählt, wie man ihn im Liverpooler Plattenladen auf die Jungs aufmerksam machte und wie er Plattenfirmen und Radiosender weltweit abtelefonierte. Die Kulisse der Europahalle verwandelte sich in den Cavern Club und in den Hamburger Star-Club.
Musikalisch gab es die ersten Klassiker von „Love Me Do“ über „She Loves You“ bis hin zu „I Saw Her Standing There“. Die Band spielte ordentlich und stellte die Eigenheiten der vier Pilzköpfe zumindest ansatzweise dar. Allerdings hatte man immer das Gefühl der Austauschbarkeit. Und ich finde es auch verwunderlich, dass die Namen der Musiker nicht im Programmheft auftauchen. Es gibt definitiv bessere Beatles-Coverbands, aber sie machten zumindest einen soliden Job, der entsprechend vom Publikum gewürdigt wurde, als es nach einer Stunde in die Pause ging.
Auch die zweite Hälfte dauerte gut eine Stunde und brachte die Europahalle in Feierlaune – schließlich gab es jetzt Hits wie „A Hard Days Night“, „Help!“ und „Penny Lane“ zum Mitsingen. Die umjubelte US-Tour war Thema und man konnte die Kulisse von 55.000 begeisterten Zuschauern im Shea Stadium New York erahnen. Der Tod von Brian Epstein und das Auseinanderdriften der Bandmitglieder wurde mit einem melancholischen „Yesterday“ besungen.
Die Band glänzte mit passenden Kostümierungen zu den verschiedenen Bandphasen. Auf Leinwand gab es Bilder vom „Yellow Submarine“ und Psychedelisches aus der experimentellen Phase. Höhepunkt war aber zweifelsohne die Sgt. Pepper-Kostümierung. Da wurden bei manchen Anwesenden Erinnerungen wach – und bei anderen war es halt das kollektive Gedächtnis, das nostalgisch schwelgte.
Am Ende angekommen fand man sich wieder auf dem Dach und nach einem heimeligen „Hey Jude“ ließen sich die Darsteller von einem inzwischen doch recht ausgelassenen Publikum feiern. Der Zugabenblock wurde mit „Day Tripper“, „Back In The USSR“, „Twist & Shout“ und „Let It Be“ ordentlich ausgedehnt. Man konnte spüren, dass die Musik der Beatles zeitlos ist. An diesem Abend wurde sie als historisches Ereignis in Szene gesetzt. Ohne viel Aufwand und Showeffekte, aber das war auch nicht erforderlich.
Im November 1968 wurden Millionen von Doppel-LPs an Plattenläden auf der ganzen Welt ausgeliefert. Das mit Hochspannung erwartete, aufregendste Musikereignis dieses turbulenten Jahres stand unmittelbar bevor, denn am 22. November 1968 erschien The BEATLES (später besser bekannt als „The White Album“).
Mit ihrem neunten Studioalbum nahmen die Beatles die Welt mit auf eine ganz neue Reise. Seite 1 der Doppel-LP begann mit dem ohrenbetäubenden Kreischen eines Düsenjets, das auf dem Opener „Back In The U.S.S.R.“ Paul McCartneys ausdrucksstarken Gesang einleitet. Dann folgt „Dear Prudence“, mit dem John Lennon seinen Freund und jeden einzelnen von uns mit warmer Stimme auffordert, sich “umzuschauen” (“look around”).
Auf „While My Guitar Gently Weeps“ teilt George Harrison seine Erkenntnis: „With every mistake we must surely be learning“. Und mit „Don’t Pass Me By“ wird Ringo Starr zum ersten Mal als alleiniger Songwriter genannt. Seit 50 Jahren lädt das „White Album“ seine Hörer dazu ein, die Weiten und Tiefen seiner ambitionierten Musik zu erkunden und hat damit Generationen von Fans immer wieder neu begeistert. Allein „Blackbird“ gehört bis heute zu meinen Favoriten.
Am 9. November 2018 veröffentlichten die Beatles eine Reihe aufwendiger „White Album“-Packages auf Apple Corps Ltd./Capitol/UMe. Die 30 Tracks des Albums wurden von Produzent Giles Martin und Mix-Engineer Sam Okell in Stereo und 5.1 Surround Audio neu gemischt. Zusätzlich enthält der Release 27 frühe Acoustic-Demos und 50 Studioaufnahmen, von denen die meisten bisher noch nicht erhältlich waren.
Zur Review liegt mir die 3CD-Version mit den Esher-Demos vor. Es enthält den neuen Stereo Album-Mix, der Durch Giles Martin direkt von den original 4-Spur- und 8-Spur-Tonbändern erstellt wurde. Dieser neue Mix orientiert sich an dem ursprünglichen, von seinem Vater George Martin produzierten Stereomix. Die Neubearbeitung hat einen grandiosen Sound. Mit den gegenwärtigen Möglichkeiten der Technik wurde es ein energisches und starkes Album, das auch mit 50 Jahren auf dem Buckel noch sehr modern klingt.
Hinzu kommen die frühen Acoustic Demos (genannt „Esher Demos“), die Bootleg-Jäger natürlich längst ihr eigen nennen, die aber jetzt endlich auch einen offiziellen Release erfahren. Rein akustisch aufgenommen gibt es die Tracks des Albums in der richtigen Reihenfolge und mit dem Zauber, etwas von der Entstehung dieser Klassiker zu erahnen. Die neue stilistische Bandbreite der Beatles wurde hier schon gut abgedeckt und auf den Punkt gebracht.
Die 3CDs erscheinen im hübsch aufgemachten weißen Digipack. Neben den drei Silberlingen gibt es ein aufklappbares Poster mit Fotos und Songtexten (für die man allerdings eine Lupe braucht). Hinzu kommt ein dickes Booklet mit informativen Texten von Paul McCartney, Giles Martin und dem Autoren und Beatles-Kenner Kevin Howlett.
„Imagine“ war das zweite Soloalbum von John Lennon nach der Trennung der Beatles. Der Titelsong wurde die bestverkaufte Single in John Lennons Solokarriere und ist bekanntermaßen ein Plädoyer für den Weltfrieden. Er ist auch weiterhin einer der legendärsten Songs aller Zeiten und wurde vielfach ausgezeichnet. Die jetzt erscheinende „Ultimate Collection“ widmet sich in unterschiedlichen Formaten dem Klassiker. Zur Review liegt mir die Doppel-CD vor. Wer allerdings den ultimativen Overkill haben will, wird sich wohl die „Super Deluxe Box“ zulegen, die keine Wünsche offen lässt.
Disc 1 des Sets besteht aus der Stereoversion des Albums „Imagine“ und den dazugehörigen, remixten Singles und Extras, wie z. B. dem politisch aufgeladenen „Power To The People“, „God Save Us“, „Do The Oz“ und dem Weihnachtsklassiker „Happy Xmas (War Is Over)“.
Auf Disc 2 befinden sich Album- und Singles-Outtakes, sowie vier sogenannte „Elements Mixe“, darunter die reinen Streicherversionen von „Imagine“ und „How?“ sowie die reine Gesangsversion von „Oh My Love“ und die Klavier-, Bass- und Schlagzeug-Instrumentierung für „Jealous Guy“. Die Elements Mixe wurden aus ein paar einfachen Elementen der originalen Mehrspuraufnahmen erstellt, um mehr Details und Schärfe im Ausgangsmaterial für die Mastermixe zu offenbaren und diese mit mehr Weite, Schärfe und Helligkeit zu präsentieren.
Um einen guten Einblick in das Album zu bekommen, sind diese beiden Scheiben der Doppel-CD ideal. Doch natürlich gibt es noch mehr Material:
Bei den Raw Studio Mixes auf Disc 3 war Engineer Rob Stevens federführend. Diese Mixe halten den exakten Augenblick fest, in dem John & The Plastic Ono Band die einzelnen Songs unverfälscht und live auf der Soundstage im Herzen der Ascot Sound Studios auf ihrem Grundstück in Tittenhurst aufnahmen. Die Tracks sind völlig frei von Effekten und haben bis zum Endprodukt noch einen weiten Weg vor sich. Zu den Highlights gehören die längeren Versionen legendärer Albumtracks wie „I Don’t Wanna Be A Soldier Mama I Don’t Wanna Die“, „How Do You Sleep?“ und „Oh Yoko!“.
Auf Disc 4 befindet sich die Audioversion der „The Evolution Documentary“, so wie Engineer Sam Gannon es in Mono gebracht hat. Die Dokumentation erzählt die Geschichte jedes einzelnen Songs auf Imagine. Sie zeichnet jeweils den kompletten Weg vom Demo bis zum fertigen Master anhand von Notizen, Probedurchläufen, Aufnahmen, Mehrspur-Exkursen und Studiogesprächen.
Auf der ersten Blu-ray Disc dreht sich alles um Paul Hicks’ meisterhaften High-resolution Surround Sound Mix des Albums und der dazugehörigen Singles sowie den aktualisierten Quadrasonic Mix. Daneben gibt es noch Hi-res Stereomixe der Singles und Outtakes.
Die zweite Blu-ray Disc trägt den Untertitel „In The Studio and Deeper Listening“. Sie enthält sowohl Surround Sound- als auch Stereomixe der Extended Album Versions, Outtakes und der Elements Mixe auf den CDs. Außerdem beherbergt sie die liebevoll gemachte, 29-minütige Hommage des DJs und langjährigen Freundes der Familie, Elliot Mintz, mit aufschlussreichen, philosophischen, ehrlichen und witzigen Interviews mit John & Yoko.
Das Originalalbum wurde von Paul Hicks in den Abbey Road Studios detailgetreu und von Grund auf neu abgemischt. In dem Buch, dass der Super Deluxe Edition beiliegt, erzählt Hicks, dass die Ultimate Mixe für Yoko drei Dinge leisten sollten: „Sie sollten originalgetreu sein, allgemein einen klareren Klang aufweisen und insbesondere Johns Gesang mehr Klarheit verleihen. Es geht um John, sagte sie. Und sie hatte recht. Seine Stimme ist es, die dem Album einen Großteil seiner emotionalen Wirkung gibt.“
Daneben erscheinen zwei Musikfilme neu, die im Zusammenhang mit „Imagine“ entstanden: Die bei Eagle Vision zusammengefasst auf einer DVD erscheinenden Filme „Imagine“ und „Gimme Some Truth“ wurden an die original Negative angepasst und jedes Einzelbild von Hand gesäubert und restauriert. Die beiden Soundtracks wurden neu in 5.1 Surround Sound abgemischt und gemastert.
„Imagine“ ist eine große Collage von Farben, Klängen, Traum und Realität. John & Yoko haben das Werk 1971 produziert und selbst Regie geführt und – zusammen mit Gästen wie George Harrison, Fred Astaire, Andy Warhol, Dick Cavett, Jack Palance und Jonas Mekas – eine Welt erschaffen, die so erfüllt und berührend ist wie die Musik, die sie begleitet. Die Dreharbeiten begannen im Sommer 1971 in Tittenhurst, dem Zuhause von John& Yoko im englischen Ascot, zeitgleich mit dem Beginn der Studiosessions für ihr Album Imagine. Als die Arbeiten am Album zu Record Plant in New York mit Phil Spector als Co-Produzenten verlegt wurden, gingen die Filmaufnahmen auch dort weiter.
„Gimme Some Truth“ ist ein bahnbrechender und mit einem GRAMMY ausgezeichneter Film, der den Schaffensprozess hinter dem Album „Imagine“ nachzeichnet und damit einen kleinen Einblick in den genialen, kreativen Kopf von John Lennon, inklusive vieler bemerkenswerter und besonderer Momente zwischen John & Yoko, gibt. Der Weg der Songs auf dem Album wird von ihren absoluten Anfängen bis zu den Albumaufnahmen gezeigt. Es ist ein beeindruckendes und aufschlussreiches Zeitzeugnis der Entstehung eines der legendärsten und wichtigsten Alben der Rock-Ära.
Man erlebt selten, dass ein fast 50 Jahre altes Album eine solche Würdigung verdient. „Imagine“ hat sie auf jeden Fall verdient – vor allem und ganz besonders in der heutigen Zeit.
Als Freund progressiver Rockmusik bin ich seit Jahrzehnten auch Fan gelungener Konzeptalben. Daher muss in dieser Woche gefeiert werden, denn vor 50 Jahren – noch lange vor den großen Geschichten, die Pink Floyd, Genesis, Marillion und IQ später erzählen sollten – erschien eines der ersten und wichtigsten Konzeptalben der Musikgeschichte: „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“. Musikalisch angelehnt an „Pet Sounds“ der Beach Boys erzählten die Beatles in großartig arrangierten, psychedelischen Soundcollagen von der amerikanischen Hippie-Atmosphäre. Die Lonely Hearts Club Band wurde zum Alter ego der Beatles und erzählte von Lebensfreude und einer herrlichen Zeit.
Musikalisch standen das Mellotron und ein 40köpfiges Orchester im Vordergrund – und auch so können veritable Hits entstehen. Man denke nur an den ohrwurmartigen Titelsong und zeitlose Klassiker wie „With A Little Help From My Friends“, „Lucy In The Sky With Diamonds“ und „When I’m Sixty-Four“. Die Texte sind sarkastisch und surrealistisch. Es war demnach eine weise Entscheidung, sie (auch ein Novum für die Beatles) auf der LP-Hülle abzudrucken. Radiostationen unterstellten schnell eine Verbindung zu Drogen wie LSD und spielten manche der Songs nicht, doch damit konnten die Beatles wohl gut leben.
Das Originalalbum kann man auch heute noch sehr gut anhören und seine zeitlose Schönheit genießen. Die neue Abmischung sorgt für eine leichte Modernisierung, ohne den alten Zauber anzugreifen. Alles in allem klingt der neue Mix sehr homogen und rund.
Auf der mir vorliegenden „2CD Deluxe Version“ gibt es eine zweite CD mit 18 Titeln, inkl. bisher unveröffentlichter Pre-Takes von den 13 Songs des Albums. Diese wurden neu und in Stereo gemischt und in derselben Reihenfolge wie auf dem Original-Album gelistet. Zudem enthält die zweite CD einen neuen Stereo-Mix und eine bisher unveröffentlichte Instrumental-Aufnahme von „Penny Lane“ sowie den Stereo-Mix aus dem Jahre 2015 plus zwei bisher unveröffentlichte Takes von „Strawberry Fields Forever“.
Sehr gut gefällt mir das dicke Booklet, das im Pappschuber mit beiliegt: 50 Seiten mit Einleitungsworten von Paul McCartney und Giles Martin sowie umfangreiche Hintergrundinformationen zum Album („The Path To Pepper“) und dem wegweisenden Cover. Ein hochkarätiges Erinnerungsstück, das eigentlich in keiner Sammlung fehlen darf.
Weitere Konfigurationen:
1 CD Standard – Anniversary Edition
2 LP Deluxe – Anniversary Edition
Super Deluxe Box Set (4CD+DVD+Blu-ray) – Anniversary Edition
Offiziell erschienen nur wenige offizielle Livealben der Beatles – „Live At The Hollywood Bowl“ aus dem Jahr 1977 ist eines davon. Die Aufnahmen entstanden am 23. August 1964 und am 30. August 1965, jeweils mitgeschnitten im berühmten Amphitheater von Los Angeles. Zunächst erschienen diese Mitschnitte den Verantwortlichen qualitativ nicht gut genug, um veröffentlicht zu werden. Erst nach einer Bearbeitung durch George Martin erreichte der 33minütige Longplayer zwölf Jahre später das Licht der Öffentlichkeit.
Warum jetzt diese Neu-Veröffentlichung? Logisch: Man begleitet damit die filmische Biographie „The Beatles: Eight Days A Week – The Touring Years“, den autorisierten und sehnlichst erwarteten Dokumentarfilm über die frühe Karriere der Band (von Oscarpreisträger Ron Howard). Die CD macht als Soundtrack durchaus Sinn.
Und es ist keine normale Neuauflage in neuem Gewand. Vielmehr handelt es sich um eine komplett neue Veröffentlichung, die auf die ursprünglichen Dreispuraufnahmen der Konzerte als Quelle zurückgreift. Mit heutiger Technik gelingt es, mehr aus dem Mitschnitt heraus zu holen als Martin 1977. Die Zuschauermenge ist weiterhin zu hören, doch der Sound, in dem die Beatles erklingen, kommt sehr sauber durch.
Zwischen den Songs bleibt dieses unglaubliche, ohrenbetäubende Gekreische der Mädels hörbar. Schafft das eine Band heutzutage noch, die Massen so zu hypnotisieren? Vermutlich fällt das Geschrei heute allein deswegen schon leiser aus, weil man aufpassen muss, dass das Smartphone nicht zu Boden fällt.
Die Beatles jedenfalls sind hier auf ihrem Touring-Höhepunkt. Und die Song-Zusammenstellung ist gigantisch. Es handelt sich zwar nicht um einen kompletten Mitschnitt, sondern um eine Mischung zweier Aufnahmen (und das noch aus unterschiedlichen Jahren), doch das Ergebnis kommt nahe genug ran an das Livefeeling, das damals vorgeherrscht haben muss.
Der Release wurde um vier Aufnahmen auf gut 45 Minuten erweitert. Unmittelbar und klar ertönen die Beatles aus den Boxen. Ein dickes Booklet erläutert den musikhistorischen Hintergrund – und die Aufmachung (dem Ron Howard Film nachempfunden) ist einfach schön. Lohnt sich!
Zum denkwürdigen Termin 09-09-09 erschien im September vor sechs Jahren der komplette Backkatalog regulärer Studioaufnahmen der Beatles in remasterter Form auf CD. Vier Jahre lang hatten die Tontechniker dafür in den Londoner Abbey Road Studios akribisch restauriert, digitalisiert und optimiert. Das Ergebnis konnte sich hören lassen. Die neue Album-Kollektion enthielt alle zwölf Beatles-Alben der Jahre 1963 bis 1970, von „Please, Please Me“ bis „Let It Be“ in überarbeiteten Stereo-Versionen, also auch die lang ersehnten ersten vier Alben, die es bislang offiziell nur in Mono gab. Definitiv eine Anschaffung für Hardcore-Fans und solche, die es werden wollen.
Der Durchschnittshörer wartete danach ungeduldig auf die Hit-Collection aus dem Jahr 2000 – schlicht und ergreifend „1“ betitelt – deren Veröffentlichung im neuen Soundgewand ebenfalls angekündigt war. Diese erschien 2011 und enthielt alle 27 Single-Nummer 1-Erfolge in chronologischer Reihenfolge des Aufnahmedatums von „Love Me Do“ (1962) bis „The Long And Winding Road“ (1970). Die Qualität der Remaster ist beeindruckend. Das weiß jeder, der bereits Alben der 2009er Auflage sein eigen nennt.
Das Jahr 2015 sind nun noch eine Erweiterung vor: Die weiterhin 27 Tracks umfassenden CD/DVD- und CD/BluRay-Boxen stellen jedem Song ein wunderbar restauriertes Video zur Seite, wobei alle Songs in neuen Stereo- sowie 5.1 Dolby Digital und DTS HD Surround Audio Mixen erscheinen.
Nachdem die Beatles ihre letzte Tournee gespielt hatten und es sich als unmöglich erwies, rund um die Welt zu reisen, um neue Veröffentlichungen zu promoten, nutzte die Band zunehmend das Medium so genannter „Minispielfilme“. Diese wegweisenden Promotionfilme und Videos haben einen wesentlichen Einfluss gehabt auf die Art und Weise, wie wir heutzutage Musik visuell wahrnehmen. Das liegt auch daran, dass die Beatles mit derselben Leichtigkeit und demselben innovativen Geist an die Filmarbeiten herangingen wie an ihre Aufnahmen im Studio, dabei neue kreative Möglichkeiten ausprobierten und eine geradezu ansteckende Freude entwickelten. Diese hier präsentierten Filmarbeiten begleiten nun die 27 No.1-UK-und-US-Singles. Gehört in jede Sammlung!
Als Gitarrist der Foo Fighters dürfte Chris Shiflett jedem Rockfan ein Begriff sein. Dass der 42-Jährige nebenbei noch eine heimliche Vorliebe für Country, Rockabilly und Americana hat, weiß man spätestens seit dem gleichnamigen Debütalbum seines Sideprojects Chris Shiflett & The Dead Peasants von 2010. Anfang August erschien deren zweites Album „All Hat And No Cattle“ (hier findet ihr unser Review), auf dem Chris Shiflett nicht nur Gitarre spielt, sondern auch singt.
Musicheadquarter-Chefredakteur Thomas Kröll verabredete sich mit Chris Shiflett zu einem Skype-Interview zu frühmorgendlicher Stunde in Los Angeles. Dabei unterhielten sie sich natürlich über The Dead Peasants und das neue Album, aber auch über Kassetten und alte Platten, Frühstücksgewohnheiten und fehlende Tipps von Dave Grohl (English Version available here).
Hallo Chris. Danke für deine Zeit. Wo bist du im Moment?
Chris Shiflett: Zuhause in Los Angeles. Ich bin erst vor kurzem aufgestanden.
Oh ja, ich glaube es ist verdammt früh in Los Angeles. 8.30 Uhr, richtig?
Chris Shiflett: Ja, aber wir haben drei kleine Jungs. Deshalb stehen wir sowieso immer um diese Zeit auf.
Du hast also schon gefrühstückt.
Chris Shiflett: Ja, ein wenig. Einen Kaffee und Frühstück. Warte mal, hier kannst du mein Frühstück noch sehen (hält eine leere Müslischale hoch).
Sieht gut aus. Lass uns über The Dead Peasants sprechen. Das ist dein zweites Nebenprojekt nach Jackson United. Wer sind die Mitglieder der Band und wie seid ihr zusammen gekommen?
Chris Shiflett: Wir haben schon 2010 ein Album als The Dead Peasants veröffentlicht. Zu dieser Zeit hatte ich keine eigene Band. Als das Album erschienen war, hatte ich große Lust darauf die Songs live zu spielen. Also rief ich ein paar alte Freunde an. Wir trafen uns und spielten ein paar Konzerte. Zur selben Zeit fing ich aber auch wieder an mit den Foo Fighters zu arbeiten. Die nächsten Jahre war ich damit sehr beschäftigt und hatte keine Zeit, um mich um The Dead Peasants zu kümmern. Danach habe ich dieselben Jungs wieder angerufen, um ein bisschen Honky Tonk-Zeug zu machen. Einige von ihnen sind wirklich richtig alte Freunde, andere hatte ich erst vor kurzem kennengelernt. Irgendwann fingen wir dann mit der Arbeit an einem neuen Album an, als uns plötzlich unser Schlagzeuger verließ. Ich rief meinen alten Kumpel Mitch (Marine, Anmerkung der Redaktion) an, der ein großartiger Schlagzeuger ist. Ich fragte ihn, ob er jemanden kennt, der einspringen könnte und er sagte: Ich mache es selbst. Ich hatte das überhaupt nicht erwartet, weil er immer sehr beschäftigt ist. Deshalb übernimmt auf den Konzerten auch Milo Tedesco seinen Part. Mein Kumpel Marty Rifkin spielt auf dem Album die Pedal Steel. Die Band ist also eine Mischung aus alten und neuen Freunden, zusammen mit meinen besten Freunden Luke (Tierney an der Gitarre, Anm.d.Red.) und Jeff (Gross am Bass, Anm.d.Red.). Wir hatten also ein paar richtige Countryjungs dabei, die uns beibrachten wie es geht.
In Deutschland erscheint „All Hat And No Cattle“ am 2. August, also kommenden Freitag. Steckt hinter dem Titel irgendeine tiefere Bedeutung?
Chris Shiflett: Ich habe diesen Satz mal irgendwo gehört und er hat mir gefallen. Er klingt irgendwie nach einem Haufen Scheiße (lacht). Alles Hüte aber keine Rinder. Das ist was für Poser. Unser Album enthält fast nur Coversongs, also sind wir auch eine Art Poser. Deshalb ergab der Satz als Albumtitel Sinn. Er ist ironisch gemeint.
Ich konnte mir das Album schon anhören. Normalerweise ist dieses Americana-Zeug nicht unbedingt die Art von Musik, die ich mag. Aber diese zehn Songs machen richtig viel Spaß. Welche Kriterien hast du bei der Auswahl der Coversongs angelegt? Ausgenommen natürlich „A Woman Like You“, das du selbst geschrieben hast.
Chris Shiflett: Eigentlich hatte ich die Idee mit The Dead Peasants für eine Weile als Honky Tonk-Coverband weiterzumachen. Ich bin mit Country-Musik aufgewachsen und ich liebe sie seit langem. Ich dachte es würde Spaß machen die alten Stücke von 1950 oder 1960 zu spielen. Also haben wir dreißig oder vierzig Songs gelernt und damit ein paar Konzerte gegeben. Als wir dann die für das Album auswählen mussten, war das Kriterium einfach, welche Songs uns live am meisten Spaß bereitet hatten. Ich begann „A Woman Like You“ zu schreiben und spürte, dass er vom Gefühl her perfekt zu den übrigen Coversongs passen würde. Ich wollte zumindest einen Song auf dem Album haben, den ich selbst geschrieben hatte.
Wie du schon sagtest sind neun der Songs auf „All Hat And No Cattle“ Coversongs. Auf eurem ersten Album von 2010 gab es nur einen Coversong von insgesamt neun. Also quasi genau anders herum. Was können wir als nächstes erwarten?
Chris Shiflett: Das nächste Album wird definitiv nur eigene Songs enthalten. Ich habe schon einige Ideen im Kopf, aber ich habe keine Ahnung wann wir dafür Zeit finden. Im Moment arbeiten wir an einem neuen Foo Fighters-Album und damit werde ich erstmal eine Zeitlang beschäftigt sein. Ich hoffe aber, dass es nicht wieder drei Jahre bis zum nächsten Dead Peasants-Album dauert. Vielleicht diesmal nur ein Jahr. Ich will es am Laufen halten. Mal abwarten.
Ich habe gelesen, dass ihr „All Hat And No Cattle“ komplett live zusammen in einem Raum eingespielt habt. Diese Aufnahmeweise ist selten geworden. Die meisten Bands benutzen heutzutage Overdubs und all dieses Zeugs. Magst du die Art aufzunehmen so wie ihr es getan habt besonders?
Chris Shiflett: Ich mochte sie definitiv bei diesem Album. Weißt du, die ursprüngliche Idee war ja sogar ein Live-Album in irgendeinem Club aufzunehmen. Das erwies sich aber als zu schwierig.
Weil?
Chris Shiflett: Einfach von der technischen Seite her. Du musst dafür eine Menge Kram aufbauen. Und du hast nur einen Versuch um es gut hinzukriegen. Wenn es nicht klappt bist du im Arsch (lacht). Außerdem haben wir kein Budget und es wäre einfach zu teuer geworden. Aber ich habe ja noch das Foo Fighters-Studio (Studio 606 in Los Angeles, Anm.d.Red.). Wenn wir da nicht gerade mit den Foo Fighters arbeiten, benutzen wir das Studio auch für unsere anderen Bands. Und in diesem Studio gibt es einen schönen riesengroßen Raum. Also entschied ich mich das Live-Album dort zu machen. Ich habe noch nie ein Album auf diese Weise aufgenommen. Natürlich habe ich so schon Demos aufgenommen, aber es herrscht eine andere Energie. Wir versuchten es nicht zu übertreiben, sondern es locker anzugehen. Nicht nach dem Motto: Habe ich das perfekt gespielt? Es ging mehr um das Feeling insgesamt. Das war sehr cool. Wir haben mit diesen Songs vorher ein paar Live-Shows gespielt. Normalerweise gehst du ins Studio, lernst die Songs, nimmst sie auf, aber du spielst sie vorher nicht live, um zu sehen was sie bedeuten. Songs verändern sich, wenn man sie live spielt. Es war gut, dass wir sie live gespielt haben bevor wir sie aufnahmen. Ich würde es gerne nochmal auf unsere Art machen.
Ist diese Art aufzunehmen nicht auch ein Zeichen von großem Vertrauen innerhalb einer Band?
Chris Shiflett: Du musst natürlich auch gut vorbereitet sein. Du musst dich sicher fühlen. Wir hätten das nicht zwei Wochen nachdem wir die Songs gelernt hatten machen können. Wir haben das Album sechs oder acht Monate später aufgenommen und nachdem wir die Songs bereits einige Male live gespielt hatten. Übrigens hatten wir das Album schon vor etwa einem Jahr im Sommer komplett mit unserem alten Schlagzeuger eingespielt. Als wir fertig waren habe ich mit ihm telefoniert und er hat mir mitgeteilt, dass er die Band verlässt. Und ich dachte: Scheiße, jetzt habe ich hier ein fertiges Album mit diesem Typen drauf (lacht). Wie gesagt rief ich daraufhin Mitch an und er spielte ein Konzert mit uns. Ich sagte mir: Verdammt, das ist so viel besser als mit dem alten Schlagzeuger. Das ist die Platte, die wir machen sollten. Also haben wir das Album nochmal neu mit Mitch aufgenommen und er spielte eine wichtige Rolle in Sachen Produktion und Dynamik. Er ist ein enorm erfahrener Country-Veteran. Wir waren nur ein Haufen Jungs, die mit Rock’n’Roll aufgewachsen waren und versuchten ihre Version von Country zu spielen. Er war es, der den wahren Kern des Originals verteidigt hat. Und wir durften dabei sein und unseren Senf dazugeben (beugt sich vor und macht ein Geräusch, das sich wie Kotzen anhört). Er hat uns wirklich enorm weitergebracht.
Hört sich gut an. Du warst mit The Dead Peasants auf Tour und in diesem Sommer stehen erneut einige Konzerte an, richtig?
Chris Shiflett: Ja, wir spielen diese Woche einige Promo-Gigs und nächste Woche ein paar Konzerte an der Westküste.
Gibt es eine Chance euch irgendwann auch mal in Europa live zu sehen?
Chris Shiflett: Ja, auf jeden Fall. Wir haben einen Booking Agenten, der in Europa ein paar Locations für uns finden soll. Ich würde gerne einige der Sommerfestivals spielen. Aber es ist nicht einfach, denn niemand weiß wer wir sind. Wir bedeuten nichts. Deshalb zögern auch die Veranstalter. Und so eine Tour ist ja auch nicht ganz billig. Wenn ich ein neues Konzert auf unserer Facebook-Seite ankündige heißt es sofort: Wann kommt ihr nach Brasilien? Wann kommt ihr nach Australien? An mir soll es nicht liegen, ich gehe nach Europa und auch sonst überall hin. Aber das ist mein Wunsch und auf der anderen Seite steht die Realität, wie die Industrie arbeitet. Hoffentlich kommen wir an den Punkt, an dem wir auch Konzerte in Europa machen können. Vielleicht als Support für jemand anderen. Das wäre ideal. Ich bin sicher, dass es klappt, aber du musst noch ein wenig Geduld haben.
Ich kann warten. Dein Gesang auf dem Album erinnert mich übrigens ein wenig an Johnny Cash.
Chris Shiflett: Oh, vielen Dank (grinst).
Warum hast du dich dafür entschieden zu singen? Oder wollte niemand anders aus der Band den Job haben?
Chris Shiflett (lacht): Ich fühle mich in dieser Musik einfach sehr wohl und ganz besonders mit dem Gesang. Obwohl, wenn ich mir die Platte jetzt anhöre, dann würde ich den Gesang gerne nochmal machen, weil ich glaube, dass ich heute besser singe. Es war ein Lernprozeß, weil diese Musik ganz anders ist als Rockmusik. Ich bin kein begnadeter Sänger und in der Countrymusik hängt sehr viel vom Gesang ab. Also musste ich härter daran arbeiten als in der Vergangenheit. Bei Jackson United war das eher Shouting. Es hat Spaß gemacht, aber es ist definitiv anders.
Hat Dave (Grohl, Anm.d.Red.) dir keine Tipps in Sachen Gesang gegeben?
Chris Shiflett: Nein, er gab mir keinen einzigen Tipp (lacht). Er hat bloß gesagt: Schreib einfach eine Handvoll Songs und es wird großartig.
Wenn man so wie du professioneller Musiker ist, dessen Tage vermutlich voll sind mit dem Schreiben von Songs, dem Aufnehmen von Songs, um diese dann auf Tour live zu spielen, hört man da privat überhaupt noch Musik?
Chris Shiflett: Das ist eine lustige Frage, weil ich zuhause tatsächlich kaum Musik höre. Ich habe gar keine Stereoanlage. Ich höre Musik auf meinem iPhone oder im Auto. Die meiste Musik höre ich beim Joggen und im Auto. In Los Angeles verbringst du verdammt viel Zeit im Auto. Vor ein paar Monaten habe ich meinen Kindern ein kleines Turntable gekauft, meine alten Platten wieder rausgekramt und noch ein paar bei ebay gekauft. Als ich ein Kind war, da haben wir Musik noch aktiv gehört. Verstehst du? Wir haben eine Platte aufgelegt und es uns auf dem Bett gemütlich gemacht. Ungefähr so (pfeift und lehnt sich zurück). Wir haben der Musik zugehört. Heute läuft Musik im Hintergrund während du irgend etwas anderes machst. Manchmal wünsche ich mir, dass ich mehr Zeit hätte um Musik wirklich zu hören.
Ich erinnere mich auch noch an die Zeiten, als es noch keine CDs oder iPods gab. Man saß stundenlang vor dem Radio und hat versucht seine Lieblingssongs auf Kassette aufzunehmen. Und wehe der Sprecher quatschte in das Ende des Songs. Dann war alles umsonst.
Chris Shiflett: Ja, da wirst du verrückt. Platten als Kunstform sind praktisch tot. Heutzutage legt kein Mensch mehr eine Platte auf und hört sie sich vom ersten Song bis zum Ende an. Ich tue das nicht, meine Kinder nicht und auch sonst niemand. Ich hatte als Kind einen Walkman für Kassetten. So etwas ähnliches wie ein iPod nur achtmal so groß (lacht). Ich hatte immer Angst um meine Batterien. Deshalb habe ich nie vor- oder zurückgespult. Niemals. Ich habe die Kassette immer von Anfang bis Ende gehört, umgedreht und dann wieder von Anfang bis Ende gehört. Es war die einzige Möglichkeit um die Batterien zu schonen. Es ist erschreckend, dass den Leuten eine solche Erfahrung heute fehlt.
Letzte Frage: Wenn du den Rest deines Lebens auf einer einsamen Insel verbringen müsstest…
(lacht)
Du kennst die Frage schon?
Chris Shiflett: Ja.
Okay, also du musst den Rest deiner Tage auf einer einsamen Insel verbringen. Welche fünf Platten würdest du mitnehmen?
Chris Shiflett: Da muss ich schummeln. Erstmal den kompletten Backkatalog der Beatles. Ich liebe „Beatles For Sale“. Ich würde „London Calling“ von The Clash mitnehmen. Dann noch… (überlegt) „Destroyer“ von Kiss. Und „24 Hour Revenge Therapy“ von Jawbreaker. Und zuletzt „Suffer“ von Bad Religion. Oh, da ist gar kein Countryalbum dabei. Ich würde das Boxset von Buck Owens in meiner Tasche verstecken (lacht). Das ist echt schwierig. Aber wahrscheinlich würdest du auf der Insel selbst eine beschissene Tonne voll Songs schreiben, weil dir so verdammt langweilig wäre.
Trotzdem eine sehr gute Wahl. Okay, das war’s.
Chris Shiflett: Wunderbar. Das war einfach. Und wir hatten keine Probleme mit der Skype-Verbindung (dreht sich um, winkt zur Terrassentür hinaus und ruft: Macht’s gut Jungs, habt viel Spaß). Sie fahren heute in ein Sommercamp. Und keiner sagt mir auf Wiedersehen (lacht). Meine Kinder glauben sowieso, dass ich den seltsamsten Beruf der Welt habe. Heute haben sie mich gefragt, warum ich mich mit jemandem in meinem Computer unterhalte. Ich habe vor kurzem einen Podcast gestartet, in dem ich selbst Interviews führe. Diese Art von Interviews sind schwierig. Dabei habe ich auch ein Skype-Interview mit John Doe von „X“ gemacht. Er lebt im Norden und ist ein ganz ganz großer Held für mich. Mein verdammter Computer hat dabei dreimal die Verbindung unterbrochen und das ganze Interview ruiniert.
Da hatten wir mehr Glück. Ich danke dir vielmals für das Gespräch!
Musicheadquarter bedankt sich ebenso bei Thomas Dreux von SideOneDummy Records und Torsten Schlimbach von Dream Out Loud für ihre Unterstützung bei der Vermittlung dieses Interviews!