Für mich soll’s weiße Weihnacht werden – Guildo in Trier, 22. und 23.12.23
Im Prinzip könnte ich Jahr für Jahr den gleichen Konzertbericht schreiben und würde doch nichts Falsches sagen. Denn am 23. Dezember sind drei Dinge in der ältesten Stadt Deutschlands gesetzt: Im Kleinkunstzentrum Tuchfabrik startet das „Tefftival“ der alternativen Trierer Musikszene, in der Arena beschallen Thomas Schwab & Band ihre Heimatregion mit dem Abschlusskonzert von „Christmas Moments“ und Guildo Horn rockt die Europahalle, da er das Weihnachtsfest traditionell zuhause feiert. Schwierige Entscheidung – aber jeder hat bekanntlich seine Vorlieben. So waren auch alle Veranstaltungen nahezu ausverkauft.
Da ich dieses Jahr mal wieder im „Christmas Moments Chor“ mit dabei war, musste ich – im Gegensatz zu unserem Fotografen Simon Engelbert – mit dem Vorabendkonzert am 22. Dezember vorlieb nehmen. Auch dieses ausverkauft und mit phänomenaler Stimmung versehen. Die Europahalle bis auf den letzten Platz gefüllt mit Besucher*innen aller Altersklassen, die zum Teil in ihren verrückten Kostümen dem Meister Konkurrenz machten.
Die Bühne war geschmückt mit Schneemännern und Weihnachtsbäumen. Fast pünktlich um 20 Uhr betrat Guildo Horn festlich gewandet zu den Klängen von „Tochter Zion“ die Bühne und schon konnte es los gehen. Viel Rock und ein wenig Besinnlichkeit machen in jedem Jahr die Show aus. Große Überraschungen darf man nicht erwarten, aber das ist auch gar nicht schlimm. An Weihnachten sind wir alle wieder jung – und Kinder lieben Rituale. Bei Guildo ist klar, dass er sich an allerlei fantastischen Kostümierungen versucht und irgendwann halbnackt mit Engelsflügeln auf der Bühne steht. Gern kokettiert er auch mit seinem Alter, wobei er sich regelmäßig zehn Jahre älter macht und hier in Trier auch von seinem zurückliegenden 70. Geburtstag erzählte. Auf jeden Fall traut man ihm zu, auch mit 70 noch diese Show abzuliefern.
Die dargebotenen Songs waren Rock- und Popklassiker aus den vergangenen Jahrzehnten, allesamt mit adventlichen und weihnachtlichen Texten versehen. Erst bei der Zugabe spielte er einen eigenen Titel – doch dazu später mehr. Es gab Stücke von Kiss, ABBA und den Bangles. Earth, Wind & Fires „September“ wurde kurzerhand in den Dezember verlegt. Mit Schlagzeuger Kiki stimmte Guildo ein verjazztes „Leise rieselt der Schnee“ an. Der Klassiker „Somebody“ von QUEEN wurde für den Weihnachtsmann umgewidmet. Während der Bandvorstellung erklang „7 Nation Army“ und angelehnt an die Temptations gab man „Papa ist der Weihnachtsmann“ zum Besten.
Mit Feierstimmung und Jubelchören vergingen die 130 Minuten Konzertlänge ultraschnell. In einem kleinen unplugged-Set, zu dem sich Guildo (von Haus aus Schlagzeuger) eine große Pauke umhängte, gab es den folkigen „Wellerman“, den Mitsingklassiker „Live is life“ textlich aufgepeppt als „Mir ist heiß“, und Stings „Englishman in New York“ wurde kurzerhand anbetracht der letzten Fußball-WM als Weihnachtsmann nach Katar geschickt. Natürlich durfte auch die Ballade vom „Dicken Dieter“ nicht fehlen, der zur Musik von ABBA seiner Flamme Rita huldigte.
Das Finale bildete standesgemäß der „Final Countdown“, gefolgt von „Wonderful World“ und Pink Floyds „The Wall“, wobei die Weihnachtsdemo lauthals „Wir wolln keine Ostereier“ skandierte und in Transparenten zu Frieden auf der Welt aufrief. Mit 80er-Jahre-Keyboards brachte „Video Killed The Radio Star“ mit dem Mottolied „Hurra das Christkind ist da“ die Tanzbarkeit zurück und in Anlehnung an die liebe und selige Hilde Knef schmetterte Guildo ein hymnisches „Für mich soll’s weiße Weihnacht werden“ ins Publikum. Ein frommer Wunsch, der wohl nur im Herzen des Publikums wahr werden kann. Die formidable Band tat jedenfalls alles, um die Illusion aufrechtzuerhalten – die gestandenen Männern der Orthopädischen Strümpfe und allen voran die einzige Frau auf der Bühne: Mademoiselle Gazelle am Saxofon.
Tatsächlich ist es schon 25 Jahre her, dass Guildo beim Eurovision Song Contest in England antrat. Doch vergessen ist das nicht! Das Publikum bildete schnell den altbekannten Chor „Guildo war in Birmingham“ und die Eurovisionsmelodie erklang. Guildo hat zum Jubiläum eine CD mit unterschiedlichen Versionen von „Guildo hat euch lieb“ rausgebracht, von der er im Stil einer Opernarie zunächst eine klassische Version des Songs interpretierte, bevor es zu der bekannten Showeinlage kam. Die Trierer*innen gingen vom ersten bis zum letzten Ton begeistert mit und konnten danach glückselig in die Weihnachtszeit aufbrechen.
„An Weihnachten bin ich zuhaus“, sagt der Meister. Und das wird auch 2024 der Fall sein. Guildo in der Europahalle ist gesetzt – und die Tickets sind bereits erhältlich. Wer so lange nicht warten kann, sollte am 15. Dezember 2024 in die Garage Saarbrücken kommen. Auch dort wird Guildo die Bude rocken.
Fotocredits: Simon Engelbert, PHOTOGROOVE