Gut 35 Jahre ist es schon her, dass Derek William Dick – genannt FISH – der Erfolgsband Marillion den Rücken kehrte und den Solopfad betrat. Dem grandiosen ersten Album „Vigil in a Wilderniss of Mirrors“ (1990) folgte bereits ein Jahr später der mit folkigen Elementen versehene Zweitling „Internal Exile“, der nicht mehr ganz so stark im Progressive Rock verhaftetet war und stattdessen Fishs schottische Wurzeln betonte. Diese beiden Alben sind nun in diversen Formaten neu erschienen, nämlich digital über verschiedene Anbieter, als Standard-Remix-Edition mit drei CDs, als Deluxe-Variante mit vier CDs plus Blu-ray und auf Vinyl.
Die Originalalben wurden von Calum Malcolm komplett neu abgemischt und allein dieser Remix ist schon ein Genuss. Songs wie die Ballade „Cliché“ vom Vigil-Album bekommen eine neue Dynamik und werden in ihrer ganzen Dramatik anders erfahrbar. Und auch die B-Seiten „Jack & Jill“ sowie „Whiplash“, die in den vergangenen Jahrzehnten ziemlich in Vergessenheit geraten sind, erfahren hier eine Aufwertung.
Ähnliches gilt für die Internal Exile-Remixe. Dabei sind es mit „Favourite Stranger“ und „Tongues“ gerade zwei Stücke, die bisher nicht unbedingt zu den Fan-Favoriten gehörten, die hier klanglich herausstechen. Zudem bekommt die ehemalige B-Seite „Poet’s Moon“ endlich den von Anfang an verdienten Platz in der Tracklist und auch „Carnival Man“, das erst vor einigen Jahren live brillierte, kommt hier hervorragend zur Geltung.
Demos und Live-Aufnahmen ergänzen die Veröffentlichungen. Dabei gibt es viel Neues zu entdecken, beispielsweise „The Curious Hill“, ein sphärisches Instrumental von Mickey Simmonds mit Album-Motiven aus den Sessions zu „Vigil in a Wilderniss of Mirrors“. Kannte ich bisher noch nicht – hat mich gepackt.
Die Liveaufnahmen setzen sich aus diversen „Official Bootlegs“ zusammen, die Fish früher so gern über seine Homepage vertrieb und die alle grandios klingen. Auf den neuen Live-CDs ist dies jeweils etwas zusammengestückelt und auf die jeweiligen Albumsongs bezogen, doch im Blu-ray-Teil der großen Boxen bekommt man dann legendäre Livemitschnitte wie „Pigpen’s Birthday – Live at the Hammersmith Odeon“ (1990) und „Uncle Fish and The Crypt Creepers“ aus der Düsseldorfer Philipps Halle 1991 komplett zu hören. Immer wieder ein Genuss!
Wie kommt man nun an diese Schätze, die seit 22. Juli auf dem Markt sind? Am besten über die europäische Homepage https://fishmusic.eu/ Hier fallen nämlich die horrenden Brexit-bedingten Portokosten und Zollgebühren Weg. Später wird es sicher auch Möglichkeiten in einschlägigen Plattenläden geben. Und wer sich zunächst ein „auditives“ Bild machen möchte, wird auf diversen Streamingportalen fündig.
Allerdings kann ich den physischen Erwerb nur empfehlen, denn Fish hat sich neben dem musikalischen Remix auch sehr viel Mühe gegeben, Artwork und Texte neu zusammenzustellen. Man kennt die Kunstwerke von Mark Wilkinson, die hier grandios gewürdigt werden. Und wer Fish näher kennt, weiß auch, wie gesprächig er sein kann.
Steve Rothery ist der legendäre Gitarrist und Mitbegründer der Band Marillion und nicht nur in gitarrenaffinen Kreisen hinlänglich bekannt für sein einzigartiges Gitarrenspiel. Neben seiner Hauptband Marillion tourt Steve aber auch noch mit seiner Soloband (Steve Rothery Band) durch die Welt und spielt im Rahmen seiner Konzerte zur Freude seiner Fans komplette, alte Marillionalben. In der Kölner Kantine stehen an diesem Wochenende (15.09.2023 und 16.09.2023) „Misplaced Childhood“ am Freitag, und „Clutchin At Straws“ am Samstag im Mittelpunkt des Sets.
Auf eines können sich Marillion beziehungsweise deren Bandmitglieder auf jeden Fall immer verlassen und das ist der uneingeschränkte und länderübergreifende Support ihrer Fans. Auf dem Parkplatz vor der Kantine kann man Nummernschilder aus Holland, Luxemburg, Frankreich und Belgien bewundern. Vor ausverkauftem Haus geht es dann pünktlich um 21:10 Uhr mit drei Songs aus Steve Rotherys Soloalbum „The Ghosts Of Pripyat“ los. Die komplett instrumentalen Stücke zeichnen sich durch clevere Arrangements und durchdachtes Songwriting aus und sind natürlich durch Rotherys hervorragende Gitarrenarbeit bestimmt. Es gibt nur sehr wenige Gitarristen, bei denen man nach wenigen Tönen hört um wen es sich handelt. Steve Rothery gehört ohne Zweifel in diese Gruppe, da er über einen sehr guten Gitarrenton und ein sehr gefühlvolles und facettenreiches Spiel verfügt.
Nach „Summers End“ beginnt für die meisten im Publikum die eigentliche Zeitreise des Abends. Als die ersten Töne von „Pseudo Silk Kimono” durch die Boxen zu hören sind und Sänger Martin Jakubski die Bühne betritt gibt es für die meisten kein Halten mehr. Dass das Album fast 40 Jahre auf dem Buckel hat, aber bei den meisten Fans immer noch sehr präsent und vor allem sehr beliebt ist, spricht für seine Qualität. Fish hat mit dem dritten Marillionalbum ein zeitloses, autobiographisches Meisterwerk geschrieben. Für die Band bedeutete das Album damals einen Wendepunkt in ihrer Karriere, vor allem weil die Single „Kayleigh“ rauf und runter gespielt wurde und man so unter anderem auch als Vorband für Queen auf ihrer 1986er Tour auftreten konnte.
Martin Jakubski klingt live ein wenig wie der junge Fish und singt die Songs mit einer Leidenschaft und Präzision wie es Fish selbst heute schon lange nicht mehr schafft. Überhaupt spielt die gesamte Steve Rothery Band auf einem sehr hohen Niveau und man merkt der Band mit jeder Note an, dass sie selbst die größten Fans ihrer Musik sind. Der emotionale Höhepunkt des Abends stellt für den Schreiberling dieses Artikels „Blind Curve“ dar. „Mylo“ ist und bleibt mit das beste Stück Musik was jemals geschrieben wurde. Die Melodie ist immer noch atemberaubend und absolut zeitlos.
Nach “Assasing” stimmt das Publikum die seit der letzten Fußball-EM bekannte Hymne “Seven Nation Army” von den White Stripes an, die Band steigt ein und spielt den Song zu Ende. „Probably the best crowd we ever played for“, gibt Steve Rothery zu Protokoll, damit dürfte er wahrscheinlich Recht haben, die Stimmung ist an diesem Abend wirklich einzigartig. Es folgen „Jigsaw“, „Freaks“ und „Incubus“, bevor die Band unter großem Applaus die Bühne verlässt. Als Zugabe gibt es dann zunächst „Garden Party“ von Marillions Debutalbum „Script For A Jester’s Tear“, der Song ist 40 Jahre alt… Der letzte Song des Abend ist „Market Square Heroes“, das Publikum singt auch hier jede Textzeile mit.
Fazit: „Misplaced Childhood“ hat bis heute von seiner Ausstrahlungskraft nichts verloren und ist nach wie vor ein Meilenstein in der Musikgeschichte, obwohl das Album schon sehr viele Lenze auf dem Buckel hat. Steve Rothery und seine Band spielen das komplette Album in der original Tonart und das mit einer Begeisterung, die man selten bei einer Band sieht und vor allem spürt. Für die meisten im Publikum dürfte dieser Abend eine Zeitreise in die eigene Vergangenheit gewesen sein, mit jedem Song verbindet wohl jeder seine eigene Geschichte.
Warum Steve Rothery als Gitarrist immer noch nicht die Aufmerksamkeit erfährt, die er eigentlich verdient hätte, ist für Viele ein großes Rätsel. Dave Mustaine sagte einmal über David Gilmour: „David Gilmour can do more with one note than most other guitar players can do with the whole fretboard“. Dies gilt ohne Zweifel auch für Steve Rothery!
Setlist:
Morpheus
Old Man Of The Sea
Summer’s End
Pseudo Silk Kimono
Kayleigh
Lavender
Bitter Suite
Heart Of Lothian
Waterhole (Expresso Bongo)
Lords Of The Backstage
Blind Curve
Childhood’s End?
White Feather
Assassing
Seven Nation Army (von den Fans angestimmt und der Band vollendet)
Das Live-Album “The Last Straw – Live In Glasgow 2018“ wurde bei der letzten Show von FISHs hochgelobter Tour „Clutching at Straws/Weltschmerz“ in der O2 Academy Glasgow aufgenommen. Die Doppel-CD enthält eine Live-Performance des Klassikers “Clutching at Straws“ in voller Länge. Das Album war nicht nur die letzte Produktion von FISH mit seiner ehemaligen Band “Marillion“, sondern gilt vielen Fans und Kritikern bis heute als das beste Album der Band. Zusätzlich enthalten sind die Ur-Aufführungen von 4 Songs seines neusten Albums “Weltschmerz“, darunter der preisgekrönte Song “Man With A Stick“ und der epische Track “Waverley Steps“.
Neben den beiden CDs gibt es eine Bonus-DVD der Show vom Cropredy Festival 2018 in voller Länge und ein aufwendig gestaltetes Hardcover-Booklet. Auf 36-Seiten bietet FISH lyrische, 11.000 Worte umfassende Texte und dokumentiert mit zahlreichen Konzert- und Backstage-Fotos seine Tour.
Der Ton wurde von Steve Vantsis bearbeitet und von Calum Malcolm gemastert. Damals noch mit John Beck an den Keyboards, welcher auf der Haupt-Tour von Foss Paterson ersetzt wurde. Die anderen Bandmitglieder bei beiden Shows waren Steve Vantsis – Bass, Gavin Griffiths – Schlagzeug, Robin Boult – Gitarren und Doris Brendel – Backing Vocals und Flöte.
Das Album ist HIER direkt bei Fish im europäischen Onlineshop erhältlich!
Im März 1984 veröffentlichten Marillion ihr zweites Studioalbum „Fugazi“, das den Erfolg ihres 1983 veröffentlichten Debütalbums noch einmal steigern konnte: #5 in den UK-Charts und Gold-Status standen für das Werk zu Buche, das auch wegen seiner Singles „Assassing“ und „Punch & Judy“ (#22/#29 der UK-Charts) bald den Status eines Klassikeralbums der Band erlangen sollte.
Am 10. September erscheinen zwei Deluxe Versionen (4LP-Boxset und 3CD/Blu- ray-Buch), die das Erbe von „Fugazi“ würdigen. Auch Streaming- und Download-Versionen werden am selben Tag erscheinen. „Fugazi“ war das erste Marillion-Album mit Ian Mosley an Schlagzeug und Percussion, der Mick Pointer nach dem erfolgreichen Debütalbum „Script For A Jester’s Tear“ ersetzte. Weiterhin waren Fish, Steve Rothery, Pete Trewavas und Mark Kelly mit von der Partie.
Beide Sets werden mit 2021 komplett neu abgemischten Stereo-Versionen von Andy Bradfield und Avril Mackintosh eröffnet, die auch die Deluxe-Editionen von „Script For A Jester’s Tear“ und „Clutching At Straws“ neu abgemischt hatten. Außerdem enthalten sie ein Konzert aus dem Spectrum im kanadischen Montreal, aufgenommen im Jahr 1984. Die Performance beinhaltet mit „Jigsaw”, „Incubus”, „He Knows You Know”, „Chelsea Monday” u.v.m. Fan-Favoriten sowohl von „Fugazi“ als auch vom Debütalbum „Script For A Jester’s Tear“. Auch eine Performance der B-Seite „Charting The Single“ ist Teil der Setlist.
Die Blu-ray enthält 96k/24-Bit-Versionen sowohl des neuen Stereo-Remixes von „Fugazi“ als auch des Konzerts „Live at The Spectrum, Montreal, Canada“ und enthält eine 5.1-Surround-Sound-Version des neuen „Fugazi“ Stereo-Remixes von 2021.
Die Blu-ray bietet darüber hinaus in einer neuen Dokumentation mit dem Titel „The Performance Has Just Begun“ einen fesselnden Blick hinter die Geschichte von „Fugazi“, u.a. sprechen alle Bandmitglieder über die Entstehung des Albums. Aufschlussreich ist auch das daran anschließende Track-by-Track, in dem die Band sämtliche Songs des Albums kommentiert. Abgerundet wird die Deluxe Edition durch das Musikvideo von „Assassing“ sowohl mit dem Original- als auch dem Remix-Audio.
Tracklisting 4LP Boxset:
LP1: Fugazi (2021 Stereo Remix)
Side 1
1. Assassing (7:01)
2. Punch And Judy (3:22)
3. Jigsaw (6.49)
4. Emerald Lies (5:08)
Side 2
1. She Chameleon (6:53)
2. Incubus (8:30)
3. Fugazi (8:02)
LP2: Live at The Spectrum, Montreal, Canada, 20th June 1984 (Part 1)
Side 3
1. Assassing (7:28)
2. Punch And Judy (4:03)
3. Jigsaw (6.34)
Side 4
1. Script For A Jester’s Tear (9:00)
2. Chelsea Monday (8:15)
LP3: Live at The Spectrum, Montreal, Canada, 20th June 1984 (Part 2)
Side 5
1. Emerald Lies (5:21)
2. Cinderella Search (5:47)
3. Incubus (9.00)
Side 6
1. Charting the Single (7:02)
2. He Knows You Know (5:56)
LP4: Live at The Spectrum, Montreal, Canada, 20th June 1984 (Part 3)
Side 7
1. Fugazi (9:11)
2. Forgotten Sons (11:03)
Side 8
1. Garden Party (6.35)
2. Market Square Heroes (10:46)
3CD + Blu-ray
CD1: Stereo Album 2021 Remix
1. Assassing (7:01)
2. Punch And Judy (3:22)
3. Jigsaw (6.49)
4. Emerald Lies (5:08)
5. She Chameleon (6:53)
6. Incubus (8:30)
7. Fugazi (8:02)
CD2: Live at The Spectrum, Montreal, Canada, 20th June 1984 (Part 1)
1. Assassing (7:28)
2. Punch And Judy (4:03)
3. Jigsaw (6.34)
4. Script For A Jester’s Tear (9:00)
5. Chelsea Monday (8:15)
6. Emerald Lies (5:21)
7. Cinderella Search (5:47)
8. Incubus (9.00)
CD3: Live at The Spectrum, Montreal, Canada, 20th June 1984 (Part 2)
1. Charting the Single (7:02)
2. He Knows You Know (5:56)
3. Fugazi (9:11)
4. Forgotten Sons (11:03)
5. Garden Party (6.35)
6. Market Square Heroes (10:46)
Blu-ray
The Performance Has Just Begun – The Story of Fugazi
Assassing
Punch & Judy
Jigsaw
Script for a Jester’s Tear
Chelsea Monday
Emerald Lies
Cinderella Search
Incubus
Charting the Single
He Knows You Know
Fugazi
Forgotten Sons
Garden Party
Market Square Heroes
Extra Tracks 48/16 Stereo LPCM
Cinderella Search (Extended Single)
Assassing (Alternate Mix)
Three Boats Down From The Candy
Punch & Judy (Demo)
She Chameleon (Demo)
Emerald Lies (Demo)
Incubus (Demo)
Wenn man den Namen Steven Wilson in gängige Suchmaschinen eingibt, wird man regelrecht überflutet von Einträgen der unterschiedlichsten Art. Was dieser Mann (manche nennen ihn Genie) inzwischen gemacht hat, ist eine Legion musikalischer Einflüsse. Mir kam der Name erstmals 1997 unter, als Steven als Co-Songwriter und Produzent von Fishs „Sunsets On Empire“ in Erscheinung trat und ironischerweise zwei Jahre später auch Marillion bei ihrem „.com“ Album unterstützte.
Wilson war schon damals in allen Sparten des Progressive Rock unterwegs. Da waren zum einen natürlich Porcupine Tree – einst im Alleingang am Reißbrett mit gefälschter Bandbiographie entworfen – die sich vom exzentrischen Soloprojekt zur echten und authentischen Rockband der Gegenwart gemausert hatten. Dann gab es das Artpop Duo No-Man gemeinsam mit Sänger Tim Bowness, welches schon lange vor der Gründung von Porcupine Tree Wilsons Liebe zum Ambient Sound begründete. Außerdem trat der Tausendsassa mit dem israelischen Popstar Aviv Geffen unter dem Namen Blackfield auf und war zudem als Produzent für Größen wie Anathema und Opeth tätig.
Er hat den Backkatalog von ELP, Jethro Tull und King Crimson remastert und zeitgleich einige grandiose Soloalben veröffentlicht. So ist man gespannt, was er sich für das sechste Solowerk „The Future Bites“ Neues einfallen ließ. Um es kurz zu sagen: Die Zeichen stehen auf Pop. Das sollte nicht verwundern, denn bereits Blackfield waren ein Projekt, das eher Progressive Pop als Progressive Rock zu bieten hatte und den Artrock verfeinerte. Spannend auch, dass der Brite unlängst das Meisterwerk “The Seeds of Love” von Tears for Fears remixen durfte. Hier hat er sich soundtechnisch definitiv inspirieren lassen.
Steven Wilsons sechstes Album ist eine Erkundungsreise in den menschlichen Verstand in Zeiten des Internets. Während er sich auf „To The Bone“ (2017) mit den Problemen von Post-Wahrheiten und Fake News auseinandersetzte, nimmt Wilson die Hörerinnen und Hörer auf „The Future Bites“ mit in eine Welt der Süchte des 21. Jahrhunderts. Es ist ein Ort, an dem beständig und ganz öffentlich mit den Auswirkungen aufkommender Technologien auf unser Leben experimentiert wird und an dem Klicks und Tiks wichtiger geworden sind als menschliche Interaktion. „The Future Bites“ ist dabei weniger die trostlose Vision einer herannahenden Dystopie als vielmehr die spielerische Lesart einer Welt, die durch die Ereignisse dieses Jahres umso merkwürdiger und separierter erscheint.
Musikalisch gesehen ist „The Future Bites“ gewohnt großartig: Elektronische Sounds, durch menschliches Einwirken verfremdet („King Ghost“), sphärische Akustikklänge („12 Things I Forgot“) oder Bass-getriebene Krautrock-Grooves, die sich in die Untiefen von Clickbaiting und Online-Radikalisierung begeben („Follower“), verbinden sich zu Wilsons vielleicht konsistentestem Werk. Das neu entstandene „Count of Unease“ ist ein schöner und schwermütiger Abschluss des Albums, das mit sphärischen Pianosounds hinaustreibt.
„The Future Bites“ bietet alles, was ein großes Popalbum haben muss: Dancefloor-Charme der 80er im Retrosound, aber trotzdem glasklar produziert. Da lässt der Meister sich nicht lumpen. Klangcollagen und Keyboardflächen, elektronische Spoken Word-Passagen mit futuristischem Gehabe. Spielereien zwischen Funk und Akustiksound, die zum Teil durchaus radiotauglich sein mögen. Bisweilen klingen die Stücke wie ABBA meets Gorgio Moroder.
Erstaunlicherweise ist Stevens Stimme noch stärker geworden. Bei Porcupine Tree hat er sich oft hinter dem Wall of Sound versteckt und man hatte das Gefühl, er gehöre nicht an die Front der Bühne. Doch davon keine Spur mehr. Er singt wie ein junger Gott. Allerdings wie ein Pop-Gott. Der Prog-Gott ist vorerst eingemottet.
Schon seit langem hat Fish seinen Abschied von der musikalischen Bühne angekündigt. Selten genug kommt es vor, dass ein Künstler ein Album als finales Werk bezeichnet. Meist ist es doch eher die Erfolglosigkeit, die das Ende der Kreativität einläutet. Bei Fish ist es anders: Er möchte schlicht und einfach in den Ruhestand gehen. Auch das sollte großen Künstlern gegönnt sein. Dass es dann etwas anders gekommen ist als geplant, ist familiären Dingen geschuldet, Problemen bei der CD-Produktion und natürlich der Corona-Krise. Der Tod des Vaters war ein Rückschlag, dann die Tatsache, dass er seine Mutter aus gesundheitlichen Gründen im eigenen Haushalt aufnehmen musste – und auch das Vorgehen mit dem eigenen Label Chocolate Frog Records: Verhandlungen mit den Manufakturen sind halt schwieriger, wenn keine große Plattenfirma dahintersteht.
Eigentlich sollte Fish inzwischen auf Tour sein, um das neue Album gemeinsam mit dem „Vigil“-Album vorzustellen, doch die Pandemie hat das Vorhaben auf Ende 2021 verschoben. Die Pension muss also noch etwas warten.
Einen Vorteil hat die Verschieberei zumindest: Aus dem Standardalbum ist eine Doppel-CD geworden und es klingt vermutlich ausgereifter als dies vor zwei Jahren der Fall gewesen wäre. Wenn man so will, legt Fish hier sogar zwei Abschiedsalben vor, denn die Silberlinge können durchaus jeweils für sich selbst stehen. Es geht um die großen Themen unserer Zeit: die Flüchtlingskrise, allgemeine Unzufriedenheit mit der sozialpolitischen Lage, aber auch um Krankheitsbilder wie Depression und Demenz. So wird „Weltschmerz“ zum ganz großen Werk, das Fishs musikalische und erzählerische Klasse zusammenfasst.
Nehmen wir „Grace of God“, ein episches Stück ganz zu Beginn mit Glockenspiel und ausufernd orchestralen Passagen, verfeinert durch harmonischen Backgroundgesang. Der 8minüter passt perfekt zu den Songs von Fishs erstem Soloalbum und schließt gewissermaßen den Kreis. Ein hervorragender Auftakt mit perfektem Songaufbau.
„Man with a Stick“ ist schon länger bekannt, da es auf der letzten EP erschienen ist und mehrfach live gespielt wurde. In der neuen Fassung hat der modern klingende Track aber nochmal an Energie und rhythmischer Stärke hinzu gewonnen.
„Walking on Eggshells“ beschreibt musikalisch den schwierigen Tanz, den eine Beziehung häufig bedeutet. Ein Lovesong mit beschwingten und düsteren Momenten. Die Thematik ähnelt Klassikern wie „A Gentleman’s Excuse Me“ und „Rites of Passage“.
Als rhythmisch vertrackter Folksong ergänzt „This Party’s Over“ die bei den Fans so beliebten Dancing Tracks, die jedes Livekonzert bereichern, und erweitert sie um einige Nuancen, da der Song doch komplexer klingt als „Internal Exile“, „Lucky“ oder „The Company“. Auf jeden Fall schön, mal wieder schottische Pipes auf einem Fish-Album zu hören.
Herzstück von CD 1 ist aber „Rose of Damascus“, das in über 15 Minuten die Syrienkrise behandelt und den Hörer in Form einer weltmusikalischen Suite mit auf eine bewegende Reise nimmt. Orchestrale Arrangements, Spoken-word-Passagen, aggressive und sanfte Momente – hier fährt Fish alles auf, womit er in 30 Jahren Solokarriere (und schon zuvor bei Marillion) die Progwelt begeistern konnte. „She was searching for a vision, some sign to give direction, in this wasteland where it’s a curse to be alive […] To carry on her journey to find another homeland somewhere to blossom and come alive.“ Beschrieben werden das Leben einer Frau in Syrien bis hin zur Flucht übers Meer mit offenem Ende. Wie in einem großen Breitwand-Kinofilm erzählt Fish eine Geschichte und lässt den Hörer betroffen zurück.
Damit wäre schon ein hervorragendes Album auf dem Plattenteller, an dem es nichts zu meckern gibt, doch wir haben ja noch CD 2 vor uns. Auch diese liefert 42 Minuten Musik und hat nur einen Track unter fünf Minuten. Dabei scheinen die Longtracks keineswegs künstlich in die Länge gezogen sondern brauchen ihre Zeit, um sich zu entwickeln.
Auffällig sind die melancholischen Stücke „Garden of Rememberance“ und „Waverly Steps“, die jeweils mit eindringlichen Worten ein Krankheitsbild beschreiben, nämlich Demenz und Depression. Fish findet sich ein in die Gedankengänge der betroffenen Menschen. Vor allem „Garden of Rememberance“ finde ich dabei sehr berührend, da er autobiografische Inhalte verarbeitet und eine perfekte Ballade abliefert. Ebenso wie der Song „Fragezeichen“ von Purple Schulz sollten auch dieser Song und das dazugehörige Video zum Lehrinhalt in der Altenpflege werden. Fishs Gang durch die Bildergalerie der Erinnerungen veranschaulicht wundervoll das Empfinden dementer Patienten und ihrer Angehörigen. Dass er dafür das wundervolle Artwork von Mark Wilkinson verwendet, den viele Fans mit Fishs Musik verknüpfen, macht das Video noch genialer.
„C Song“ ist für mich der einzig belanglose Song auf der ganzen Albumlänge, enthält aber wie sein Pendant auf CD 1 ebenfalls schottische Folk-Elemente und befreit von der durchgängigen Schwermut des Albums. Das wird allerdings zunichte gemacht durch die gewaltigen Songs „Little Man What Now?“ und den Titeltrack „Weltschmerz“. Ersterer basiert auf dem gleichnamigen Roman von Hans Fallada, der Weltwirtschaftskrise und Erstarken des Nationalsozialismus am Bild des kleinen Mannes beschreibt, der schicksalsergeben durch die verrückt gewordene Welt stolpert. In Zeiten von neuem Rechtspopulismus, Klimakrise, Brexit und Covid-Pandemie kann man sich in diese deterministische Haltung nur zu gut einfinden. Musikalisch kommt ein prägnantes Jazz-Saxofon zum Einsatz, das den Schmerz herzzerreißend zum klingen bringt.
Und daneben gibt es eben genau den „Weltschmerz“, mit dem Fish schon seit Jahren hadert – und für den er bewusst einen deutschsprachigen Begriff wählte, den Jacob und Wilhelm Grimm bereits im 18. Jahrhundert in ihrem Deutschen Wörterbuch verwendeten und mit dem sie eine tiefe Traurigkeit über die Unzulänglichkeit der Welt beschrieben. Fish beschreibt sich, seine Rolle in der Welt und seine politische Einstellung mit intensiven und ehrlichen Worten – und geht damit zurück in die Zeiten von „Fugazi“ und „White Feather“, als er noch der junge Wilde im Musikgeschäft war – „When the revolution is called I will play my part“ – auch heute noch. Ruhestand hin oder her.
Calum Malcolm und Steve Vantsis haben als Produzenten eine hervorragende Arbeit geleistet, wobei Vantsis auch als musikalischer Madtermind tätig war und die meisten Stücke mit geschrieben sowie arrangiert hat. „Weltschmerz“ ist ein Statement unserer Zeit und ein hervorragendes Abschiedsalbum. Vielleicht sein bestes Soloalbum seit „Vigil“.
Erhältlich ist das Album zunächst nur auf Fishs Homepage: https://fishmusic.scot/store/albums/weltschmerz/17
Digitaler Link, Standrad-CD, Vinyl – alles was das Herz begehrt. Die Deluxe Edition im A5-Hardcover-Format enthält umfangreiche Liner Notes, das fantastische Artwork von Wilkinson und eine Blu-ray mit Videos, Interview, Making of und live Audio Tracks von der 2018er Tour.
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Die Space Opera „Into the Electric Castle“ von Ayreon alias Arjen Anthony Lucassen erschien ursprünglich im Jahr 1998 und war aufgrund des Staraufgebots eine Sensation. Wie die meisten Ayreon-Alben ist es ein Konzeptalbum, das im gleichen fiktiven Universum spielt wie das Debüt „The Final Experiment“. In „Into the Electric Castle“ folgen acht Charaktere aus verschiedenen Orten und Epochen, die sich unerklärlicherweise zusammengefunden haben, einer mysteriösen Stimme. Sie müssen das „Electric Castle“ erreichen, um zu überleben.
Das war das Grundgerüst und es gab Sängern wie Damian Wilson, Fish und Anneke van Giersbergen genügend Raum, ihre dargestellten Protagonisten auszuarbeiten und mit Leben zu füllen. In der hier mitgeschnitenen Liveperformance – mehr als zwanzig Jahre nach Erscheinen des Doppelalbums – waren nicht alle Gäste des Originals vertreten, aber die meisten fanden sich mit an Bord. Es war die erste Liveaufführung des Konzepts und Arjen Anthony Lucassen, der selbst seine Rolle als Hippie spielte, war sichtlich nervös. Der inzwischen 60jährige hatte aber auch groß aufgefahren: Vier Nächte in Folge war das 013 Poppodium im holländischen Tilburg gebucht und ausverkauft. Der Bühnenaufbau glänzte mit einem riesigen Schloss, das opulent beleuchtet war und über dem eine große LCD-Wand Raum für Bilder und Videos ließ.
Die Geschichte wurde von US-Schauspieler John de Lancie mit diabolischem Gehabe erzählt. Die Videozuschauer können miterleben, wie die Protagonisten gute und schlechte Entscheidungen treffen und zum Teil sterben. Ein dramatisches, insgesamt sehr opulentes Gehabe mit Orchester-Elementen, Tänzern, Background-Chor, starken Kostümen und Maskierungen. Live zu hören waren dort viele Prog-Promis, die seinerzeit an der Produktion des Studioalbums mitgewirkt hatten – namentlich Fish (The Highlander), Edwin Balogh (The Roman), Anneke van Giersbergen (The Egyptian), Damian Wilson (The Knight) und Edward Reekers (The Futureman). Hinzu kamen unter anderem Thijs Van Leer (Focus), Simone Simons (Epica), John Jaycee Cuijpers (Praying Mantis), Marcela Bovio, Joost van den Broek, Johan van Stratum, Marcel Singor, Ferry Duijsens, Bob Wijtsma und Ben Mathot.
Fish ist souverän dabei, Damian Wilson stimmlich sehr stark. Anneke van Giersbergen weiß zu überzeugen, aber mir gefällt Simone Simons noch einen Tick besser. Man kann der Story gut folgen und die schauspielerischen Qualitäten sind allesamt gelungen. Eine famose Umsetzung! Wer sich davon live überzeugen will, hat Gelegenheit beim NIGHT OF THE PROG 2020 auf der Loreley. Wir sind mal guter Hoffnung, dass dort Mitte Juli wieder ein Festival stattfinden kann.
Der Zugabenblock des Mitschnitt enthält übrigens einzelne Songs verschiedener anderer Projekte, die Lucassen im Lauf seiner Karriere bereits verwirklicht hat – unter anderem Ambeon, Stream of Passion und Star One. Zudem darf auch Fish eine besondere Version seines Hits „Kayleigh“ performen. Die mir vorliegende Bluray ist jedenfalls allen Fans des gepflegten Artrock, Neoprog und Progressive Metal wärmstens zu empfehlen.
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Fish, der schottische Haudegen, der von seinen Fans liebevoll „Onkel“ genannt wird, ist inzwischen 60 Jahre alt und will sich demnächst zur Ruhe setzen. Das sagt er bei jeder Gelegenheit – und auch (und gerade dann), wenn das Publikum bei Konzerten sein Bedauern darüber ausdrückt. „Meine Entscheidung ist gefallen.“ Das neue Album mit dem Titel „Weltschmerz“ soll das letzte sein. Ursprünglich sollte es bereits jetzt im September zur entsprechenden Tour auf dem Markt sein. Doch manchmal kommt es anders… Fish hat gemeinsam mit dem Bassisten Steve Vantsis so viel Material geschrieben, dass das letzte Soloalbum zugleich das erste Doppelalbum des Schotten werden wird.
„Weltschmerz“ erscheint damit erst in 2019. Damit stand Fish vor dem Problem, dass die Zuschauer der Tour das neue Material nicht kennen. Kurzerhand brachte er die EP „A Parley With Angels“ heraus, die drei der neuen Songs enthält. Und wer Fish kennt, weiß, dass das keine 3×3-Minuten-Geschichte ist. Das neue Material nimmt gut 30 Minuten Raum ein. Und damit der restliche Platz auf dem Silberling nicht ungenutzt bleibt, wurde die Scheibe noch mit vier Liveaufnahmen („Circle Line“, „State Of Mind“, „Emperors Song“, „Voyeur“) aufgefüllt. So soll das sein und die EP ist definitiv ihr Geld wert!
Die Tour trägt den Titel „Clutching At Straws / Weltschmerz“ – und genau das bekommen die Zuschauer. Das komplette Marillion-Album aus dem Jahr 1987 wird gespielt. Und aufgelockert wird die Setlist durch vier Songs des kommenden Albums. Wer also auf ältere Solosongs oder andere Marillion-Klassiker hofft, den muss ich enttäuschen. Fish hält sich konsequent an das ausgearbeitete Konzept – und er tut gut daran. So gibt es allein von „Clutching At Straws“ drei Premieren, die es in sich haben.
In Luxemburg, besser gesagt in Dudelange, fand nach einigen Konzerten in Großbritannien der „europäische“ Tourstart statt. Zwei Tage später war in Köln der erste Gig in Deutschland. Die Ankündigungen sprachen von einem Support namens Doris Brendel, die auch als Backgroundsängerin in Fishs Band fungiert. Anscheinend hat man sich aber – zumindest in Luxemburg und Köln – entschieden, ohne Support direkt in die Vollen zu gehen. Auch gut. Der Stimmung tat es keinen Abbruch und die Abende waren nach zwei Stunden Konzert noch jung für die Heimreise.
Der Set startete mit „Slàinte Mhath“, dem ohnehin perfekten Opener, der auch die 87er Marillion Tour einleitete. Direkt gefolgt von dem neuen und sehr rhythmischen „Man With A Stick“. Es war schön zu erkennen, wie gut das neue Material zu dem 31 Jahre alten Album passt, wenn es auch bei weitem nicht so keyboardlastig ist. In einer kurzen Ansprache blickte Fish etwas wehmütig auf den 15. September 1988 (also fast genau 30 Jahre) zurück, als sein Ausstieg bei Marillion beschlossene Sache war. Dann gab es das berühmte Triple „Hotel Hobbies“, „Warm Wet Circles“ und „That Time Of The Night“ am Stück. Hier zeigte sich, dass Doris Brendel im Background einen fantastischen Job machte und Fish in den Höhen gründlich unterstütze.
Fish lobte das schöne Ambiente im Kulturzentum „Opderschmelz“ in Dudelange mit seinen Musikschulen und dem Kino. „Eine Investition in Kultur ist eine Investition in die Zukunft Luxemburgs“. Dem ist nichts hinzuzufügen. Er freute sich zudem, dass die erste Show in Europa (wie zwei Tage später die erste Show in Deutschland) gleich ausverkauft war. „Hier sind wir zuhause“, sagte er und betonte energisch, dass keiner aus Band und Crew für den Brexit gestimmt habe.
Das „Weltschmerz“-Album ist nach Fishs Angaben sehr vom deutschen Autor Hans Fallada beeinflusst, dessen Bücher er in den letzten Jahren gelesen hat. So hat ein Song den Titel „Little Man What Now“ nach dem gleichnamigen Roman, der sich mit dem Leben eines kleinen Mannes zu Zeiten der Weimarer Republik und der Weltwirtschaftskrise beschäftigt. Passenderweise leitete das Stück im Konzert direkt über zu „Torch Song“ und einem fulminanten „White Russian“, das ebenfalls die Wirrungen der 30er und 40er Jahre zum Thema hat. Auch musikalisch war „White Russian“ eine Offenbarung. Die Band war bestens eingespielt, mit Steve Vantsis und Robin Boult gab es hervorragende Gitarrenarbeit, Gavin Griffiths sorgte für starke rhythmische Momente. Nur Fos Patterson ließ bisweilen bei den elegischen Keyboard-Passagen zu wünschen übrig, was sich vor allem bei dem (zugegebenermaßen äußerst schwierigen) „Just For The Record“ zeigte. Hier hatte er im wahrsten Sinne des Wortes alle Hände voll zu tun, um den Laden beisammenzuhalten.
Als nächstes folgte ein neues Stück namens „C Song“, das nicht auf der EP enthalten ist. Überaus passend zum „Weltschmerz“-Thema geht es um das Hadern mit sich selbst und der Umgebung. Und im Anschluss gab es mit „Going Under“ einen Song, den Steve Rothery und Fish quasi in letzter Sekunde für „Clutching At Straws“ geschriben haben, der nie live gespielt wurde, der aber ein wahres Kleinod ist.
Dann endlich der einzige wirklich größere Hit des Abends: „Sugar Mice“ – vom Publikum entsprechend bejubelt. Mit „Waverly Steps“ führte uns Fish dann aber in einer epischen Viertelstunde in die Welt der Depressionen. Hier war es hilfreich, dass im Hintergrund eine große LCD-Wand zu sehen war, die während des Konzerts wahlweise altes Artwork, nostalgische Bandfotos aber auch neues Bildmaterial von Illustrator Mark Wilkinson zeigte. Bei „Waverly Steps“ geht es um Depressionen – und diese wurden anhand des Symbols eines schwarzen Hundes illustriert. Sehr bewegend und absolut mutig so nah am Ende des Sets.
Zum Abschluss des Konzerts gab es natürlich „The Last Straw / Happy Ending“, der auch das Marillion-Album ausklingen lässt. Für die Zugabe hat Fish sich ein besonders Schmankerl aufgehoben. „Tux On“ war ja nur B-Seite von „Sugar Mice“. Jetzt muss man sagen: Was für eine Verschwendung! Dieser energische Song passt perfekt zu Fishs Stimme. Er ist rhythmisch ausgereift und live voller Aggressivität und Authentizität. Danach konnte nur noch „Incommunicado“ folgen, um die Feierlaune auf den Höhepunkt zu heben, dann war das Konzert nach ziemlich genau zwei Stunden beendet. Die Setlists in Dudelange und Köln waren gleich und boten genau diese Punktlandung.
Bleibt noch was zu sagen? Fish war in guter Form. Stimmlich ist „Clutching At Straws“ auf ihn zugeschnitten worden, aber das passt – vor allem mit Doris im Hintergrund. Die Stimmung war bei beiden Konzerten fantastisch. Die Leute feiern sowohl „Clutching“, aber auch das neue Material. Die EP kann man sich getrost zulegen, bietet sie doch gute Musik für kleines Geld. Und die Vorfreude auf das „Weltschmerz“-Doppelalbum steigt immens. Ach ja. Und die Tour dauert noch (gefühlt ewig) an. Mehrere Deutschlandtermine sind auf der Liste:
Vor 32 Jahren (am 17. Juni 1985) erschien mit „Misplaced Childhood“ das wichtigste Album der Progressive Rocker Marillion aus Aylesbury, das bis heute Kultstatus genießt. Für viele war und ist es die perfekte Verbindung aus Progressive Rock und Pop. Großen Anteil daran trägt die Hitsingle „Kayleigh“. Mit dem Erfolg hatte wohl keiner gerechnet. Überhaupt waren Marillion alles andere als Garanten für hohe Positionen in den Charts. „Garden Party“ hatte es gerade mal auf Platz 16 geschafft.
„Misplaced Childhood“ und „Kayleigh“ waren der Wendepunkt. Das großartige Konzept des Albums funktioniert bis heute: In gut 41 Minuten erzählt Sänger Fish eine autobiographische Geschichte vom Durchleben der Pubertät. Erste große Liebe, erste Enttäuschung, die Suche nach dem Platz im Leben. Die schottischen Wurzeln des Sängers werden ebenso thematisiert wie sein Freundeskreis, der Tod des Ersten aus ihrer Mitte – die Höhen und Tiefen eines Teenagerlebens. Die Gedankenreise kulminiert im Sprung zum Erwachsensein, gleichzeitig mit der Erkenntnis, dass die Kindheit niemals aufhört, und dem Widerstand gegen gesellschaftliche Vorgaben.
Die musikalische Intensität des Albums, dessen Stücke ineinander übergehen und daher eine große Rock-Suite bilden, wirkt bis heute. Da waren vier großartige Instrumentalisten und ein formidabler Sänger zusammen und konnten sich voll ausleben. Man kann immer noch Neues entdecken – das ging auch der Band so, als sie für die BluRay-Dokumentation mit Produzent Chris Kimsey zusammen saßen und die Bänder im Abstand von über dreißig Jahren erneut abhörten.
Inzwischen ist viel passiert. Fish ist seit 29 Jahren nicht mehr Frontmann der Band und wurde durch Steve Hogarth ersetzt. Marillion lassen ihre Vergangenheit meist ruhen und konzentrieren sich auf aktuelle Werke. Hits wie „Kayleigh“ und „Lavender“ werden höchstens einmal auf Support-Touren, Festivals oder Fanclub-Events gespielt. Fish hingegen hält die Fahne der 80er weit nach oben und war erst kürzlich noch mit dem kompletten „Misplaced Childhood“-Album auf Tour.
Die Rechte an den 80er-Alben gingen mit dem Verkauf von Parlophone, das früher zum EMI Label gehörte, an Warner Music über. Für die Neuveröffentlichung hat man sich einiges einfallen lassen. Das Album erscheint als Hardcover im DVD-Format und enthält vier CDs und eine BluRay. Hinzu kommt ein 60seitiges, informatives Booklet mit den Songtexten und vielen Fotos (darunter auch eine sehr einträchtige, aktuelle Aufnahme der zeitweise zerstrittenen Bandmitglieder mit Chris Kimsey). Ein langer Text stammt vom Rockjournalisten Dave Everley und ist mit vielen Zitaten der Beteiligten unterlegt. Hinzu kommen zwei kurze Statements von Mark Wilkinson, der das Artwork des Albums verantwortet, und Robert Mead, der als Junge auf dem Cover verewigt wurde. Wunderschöne Aufmachung – viele Infos!
CD 1 enthält dann das remasterte Originalalbum. CD 2 und 3 liefern ein komplettes Konzert der „Misplaced Childhood“ Tour, das am 15. Oktober 1985 in Utrecht aufgenommen wurde, bisher unveröffentlicht ist und zugleich die erste offizielle Veröffentlichung eines Marillion-Konzerts aus dem Jahr 1985 darstellt. Das Mixing erfolgte durch Michael Hunter, die Tonqualität ist hervorragend – Fans werden begeistert sein. CD 4 widmet sich schließlich den B-Seiten („Freaks“ und „Lady Nina“), man findet alternative Mixe, Single-Versionen, Demos (zum Teil mit einer unfertigen Textfassung) und als besonderes Bonbon den Steve Wilson Remix von „Lady Nina“.
Und da wären wir auch schon bei Steven Wilson: Der Sänger, Multi-Instrumentalist, Toningenieur und Produzent ist der Tausendsassa des Progressive Rock, hat nach dem Ende von Porcupine Tree reihenweise weitere Projekte am Laufen und widmet sich seit Jahren dem Remastering von Alben alternder Prog- und Rock-Heroen wie Jethro Tull, Yes und Chicago. Dabei gilt er als Perfektionist und das Ergebnis ist meist überragend. Die BluRay enthält das von Steven Wilson remixte Original-Album im 5.1 Surround Sound und das Remaster 2017 in hochaufgelösten 96kHz 24 bit.
Eine 72minütige Doku zeigt Fish, Steve Rothery, Mark Kelly, Ian Mosley, Pete Trewavas und Chris Kimsey in trauter Runde im Tonstudio. Sie hören in das Album rein und erzählen Anekdoten und Erinnerungen aus der Entstehungszeit. Sehr entspannt sieht das aus – von Feindseligkeiten keine Spur. Stattdessen schwelgt man gemeinsam in Erinnerungen und es macht großen Spaß, dem zuzuhören. Allerdings muss man der englischen Sprache mächtig sein, da es keine Untertitel gibt. Abgerundet wird der Video-Teil durch die Promo Videos zu „Kayleigh“, „Lavender“, „Heart of Lothian“ und „Lady Nina“.
Muss man das Teil haben? Ein eindeutiges „Ja“. Es ist wunderschön aufgemacht und bietet alle Wertigkeit, die man von einer Deluxe Edition erwarten darf. Klar – es gab schon 1998 ein Remaster und die meisten Tracks der CD 4 sind seitdem bekannt. Genial sind aber das 85er Konzert und die Dokumentation. Ob der Wilson-Remix unbedingt nötig wäre, sei mal dahin gestellt. Für Sound-Enthusiasten ist es sicherlich eine Offenbarung. Dazu zähle ich mich aber nicht.
Hinzu kommt eine Vinyl-Version. Diese offeriert die neu gemasterte Version des Originalalbums und das gesamte Holland-Konzert. Auf 180-Gramm-Viynl gepresst, sind die vier LPs in einer 12×12-Zoll-Box mit aufklappbarem Deckel verpackt, dazu gehört ein 24-seitiges Booklet, das unter anderem das Replikat eines Tourprogramms und einen ausführlichen Text über das Album und seine Entstehung enthält.
Zwei wundervolle Pakete also, um ein einmaliges Album zu feiern. So wünscht man sich das und so darf es weitergehen. Man munkelt, dass für „Clutching At Straws“ und „Brave“ eine ähnliche Neuveröffentlichung bei Parlophone geplant ist.
Konzerte des schottischen Hünen sind und bleiben für mich etwas ganz Besonderes. Und dann bin ich auch ganz froh, wenn ich mal nicht so weit fahren muss. Immerhin habe ich in einer Historie von 74 Fish-Konzerten schon eine Reihe Kilometer gemacht. Nun also das beschauliche Haus des Bürgers in Ramstein-Miesenbach. Ein stilvolles Ambiente mit Kronleuchtern und Karnevalsdekoration, im Vordergrund Stehplätze, hinten Sitzplatz-Tribünen aufgebaut. Für die Stimmung war das sehr zuträglich. Zum Ende hin hielt es ohnehin niemanden auf den Sitzen.
Wie bereits seit zwei Jahren hatte Fish das düstere „Perfume River“ als Opener. Ein Song vom aktuellen Album „Feast Of Consequences“, das im Backkatalog von Fish wirklich herausragend ist und dem Fish auf der laufenden Tour einen hohen Stellenwert einräumt. Mit Recht! Schade nur, dass das Album in den Charts nicht vorkam. Das liegt daran, dass nach Fishs Marketingstrategie der größte Prozentsatz der Einnahmen in seine Tasche fließen soll. Macht Sinn, führte aber zunächst dazu, dass man das Album nur in Schottland bestellen oder auf den Konzerten erwerben konnte. Inzwischen aber gibt es auch einen amazon-Shop und eine Filiale des Fish-Büros in Deutschland. Da ist also Licht am Ende des Tunnels.
Zurück zu „Perfume River“: Zunächst ruhige, atmosphärische Klänge, zu denen die Bandmitglieder die Bühne betraten. Dann der große Schotte selbst. In Sachen Bühnenpräsenz macht ihm keiner was vor. Da es bis in die zweite Konzerthälfte nur sehr aktuelle, bisweilen recht sperrige Titel gab, machte es Sinn, das Bühnengeschehen mit Einspielfilmen aufzuwerten. Fish hat sich ein schwieriges Motto für das neue Album ausgesucht: die Thematik sinnloser Kriege. Dies wurde auch in den Filmen deutlich, die beispielsweise zum Eröffnungssong Bilder vom Vietnamkrieg zeigten. Es folgte die energische Abrechnung „Feast Of Consequences“, bevor dann zwei Titel aus dem „13th Star“-Album dran waren, die sich mit Fishs endloser Reihe an missglückten Liebesbeziehungen beschäftigen.
Der erste Höhepunkt war aber zweifelsohne die „High Wood Suite“. Im ersten Teil der Tour hatte er diese nur in Auszügen gespielt, für die jetzigen Konzerte entschied er sich aber, das komplexe Werk in voller Länge aufzuführen. Eine geniale Entscheidung, denn erst so entfaltet es die volle Wirkung. Es handelt sich dabei um ein episches Stück aus fünf zusammen hängenden Songs, die sich einer Schlacht im ersten Weltkrieg widmen, in der beide Großväter des Schotten gekämpft haben. Er hat sich intensiv mit der Geschichte auseinander gesetzt und einen vielseitigen Longtrack geschaffen, der uns ein intensives Hörerlebnis bereitete. Die Fragmente der Suite summieren sich zu fast dreißig Minuten Länge und erzählen die Geschichte unschuldiger Soldaten und junger Leute, die in „The Gathering“ dazu verführt werden, sich als Freiwillige an die Seite kämpfender Truppen zu stellen und in Frankreich einzumarschieren. Das musikalische Ergebnis wurde staunend betrachtet und mit frenetischem Jubel gefeiert.
Ohne Pause ging es dann zu den Marillion- und Fish-Klassikern. „Slainte Mhath“, „Windswept Thumb“, „Heart Of Lothian“ und „Incubus“ kamen aus der Marillion-Ecke. Da wurden die Mitsing-Muskeln der Anwesenden arg strapaziert und die Stimmung war ausgelassen. Für „Vigil“ begab Fish sie traditionell in die Menge, schüttelte Hände und sonnte sich im Jubel der Fans. Ein Ausdruck von Fannähe, den man in diesem Ausmaß selten erlebt. Nach zwei Stunden Konzertlänge gab es zum Abschluss „The Company“ als Hymne für die verschworene Fish-Gemeinschaft inklusive grölendem Chor und Ballet-Dancing, wie Fish es verschmitzt nannte.
Der Schotte hat seinen stimmlichen Engpass vom Ende des vergangenen Jahres überwunden. Er ist in guter Form und versteht es mal wieder, fantastische Konzerte zu feiern. Wer ihn auf der ersten Passage der Tour schon gesehen hat, kann getrost nochmal hin gehen. Die Setlist wurde an vielen Stellen verändert und hat noch mehr Energie als zu Beginn. Man wird vielleicht nicht mehr oft die Gelegenheit haben, Fish live zu sehen. Er spricht offen vom Ende des Tourlebens, bereitet sich innerlich auf eine Art Pension vor. Es soll noch ein abschließendes Album geben und in zwei Jahren will er von Schottland zu seiner Freundin nach Karlsruhe umsiedeln. Im Sommer stehen einige Festivals an, dann wird Fish 2016 ein letztes Mal auf „Misplaced Childhood“-Tour gehen und sein wichtigstes Album komplett spielen. Das sollte sich keiner entgehen lassen!
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Setlist FISH am 04.02.2015 im Haus des Bürgers Ramstein
Perfume River
Feast Of Consequences
Manchmal
Arc Of The Curve
High Wood Suite
a) High Wood
b) Crucifix Corner
c) The Gathering
d) Thistle Alley
e) The Leaving
Slàinte Mhath
Vigil
Big Wedge
Windswept Thumb / Heart Of Lothian
Zugaben:
Incubus
The Company
Anderswelt-Event haben das Konzert in Ramstein organisiert und bieten in 2015 noch einige progressive Highlights:
28.02.2015 Black Night (Deep Purple Tribute) im Saalong Schönenberg-Kübelberg
20.03.2015 Aynsley Lister im Saalong Schönenberg-Kübelberg
25.04.2015 Cologne Blues Club im Saalong Schönenberg-Kübelberg
16.05.2015 Sledgehammer (Donovan Aston plays Peter Gabriel) im Saalong Schönenberg-Kübelberg
30.05.2015 Ray Wilson (Genesis Classic) in der evangelischen Kirche Offenbach-Hundheim
18.09.2015 Black Night (Deep Purple Tribute) in der Stadthalle Birkenfeld
09.10.2015 Ray Wilson (Best of 20 years) in der Stadthalle Landstuhl
Am 3. November 2013 fand sich Fish zu seiner Show „The Moveable Feast“ im Theater Trier ein. Die Erwartungshaltung war hoch, denn Fish war in letzter Zeit nur akustisch unterwegs. Diese Reduzierung auf das Wesentliche hat Fish neue Kraft verliehen und gegenwärtig bringt er mit dem Album „A Feast Of Consequences“ wieder eine volle Band-Produktion auf die Bühne. Drei Stunden vor Showbeginn durften wir den sympathischen und äußerst gut gelaunten Schotten im Theater besuchen und er nahm sich über dreißig Minuten Zeit zur Beantwortung einiger Fragen.
Das ist heute dein erster Auftritt in Trier – der ältesten Stadt Deutschlands. Warst du schon mal hier?
Fish: Ja, denn mein erster Brieffreund kam aus Trier. Unser Lehrer sagte zu uns, wir müssten an einen deutschen Jungen schreiben. Er hieß Ulrich. Wir haben ihn hier besucht – es muss 1970 gewesen sein. Wir fuhren mit meinem Vater im Mercedes den ganzen Weg von Schottland bis nach Italien. Meine Mutter, meine Schwester und ich. Auf dem Rückweg machten wir Halt in Trier um die Familie meines Brieffreunds zu besuchen. Ein Jahr später hat er mich in Schottland besucht, aber der Kontakt ist bald abgebrochen. Wir waren zu verschieden. Auf jeden Fall war Trier der erste Kontakt, den ich zu Deutschland hatte. Heute Mittag habe ich mit meiner Freundin und ihrem Sohn die Porta Nigra besucht. Das ist sehr schön und interessant. Ich habe auch die Modelle im Museum gesehen und war erschrocken, wie viel im zweiten Weltkrieg zerstört worden ist. Und auch im ersten Weltkrieg – genau wie in Karlsruhe. Dort ist 1916 viel zerstört worden und Trier war vermutlich im gleichen Zielgebiet.
Vermutlich spielst du nicht oft vor einem sitzenden Publikum, speziell in einem Theater. Ist das etwas Besonderes? Magst du es?
Fish: Doch, ich spiele sehr oft vor einem sitzenden Publikum, allerdings selten in Deutschland. Es ist nicht so verschieden. Die Acoustic-Tour beispielsweise haben wir in solche Sälen und Kirchen gespielt. Es hängt nicht davon ab, ob das Publikum sitzt. Es hängt davon ab, wie man auf der Bühne agiert, wie man mit dem Publikum interagiert. Meistens stehen am Ende alle. Ich würde niemals sagen, dass ich nicht vor einem sitzenden Publikum spielen will. Es ist ein anderer Ansatz. Die Zuschauer konzentrieren sich mehr auf das Geschehen. Sie gehen nicht zwischendurch Bier holen und reden nicht so viel.
Das kommt dir momentan zugute, weil du viel mit Video-Einspielungen arbeitest.
Fish: Genau. Und gerade heute haben wir einen riesigen Bildschirm.
Kannst du uns etwas zum neuen Album sagen? Ich finde, dass „A Feast Of Consequences“ sehr pessimistisch ist. Es geht um die Zerstörung der Natur, das Ende der Liebe, den Ersten Weltkrieg.
Fish: Das kann ich nicht in wenigen Worten sagen. Es ist ein sehr komplexes Album.
Aber die „High Wood Suite“ ist schon herausragend, oder? In deinen Shows erzählst du viel zu diesem Thema.
Fish: Das wird im nächsten Jahr noch besser funktionieren, wenn die Leute sich mehr in das Album rein gehört haben. Wir haben einiges vor. Noch zwei besondere Gigs Ende des Jahres, dann Mexiko und im Frühjahr eine UK-Tour. Vielleicht ein paar Festivals im Sommer, damit wir die Menschen überzeugen, die normalerweise nicht meine Musik hören. Zum Beispiel spielten wir das „Sweden Rock Festival“ und danach gab es viele Anfragen für schwedische Shows. Wir wollen auch wieder nach Deutschland zurück kehren. Wir haben ein sehr engagiertes Promotion Team mit dem wir jetzt seit einem halben Jahr arbeiten. Wir müssen die Dinge am Laufen halten. Ich werde Zeit in Karlsruhe verbringen, nach Hamburg und Berlin fliegen, im Sommer Festivals spielen – um Werbung zu machen. Und Ende des nächsten Jahres kehrt die Tour nach Deutschland zurück. Ich will 20 Shows hier machen. Wir waren noch nicht in Berlin und in Hamburg. Dann gibt es noch Orte wie Saarbrücken und Ludwigshafen. Auch Bielefeld – und in Köln haben wir noch nicht gespielt. Das werden locker noch 20 Shows. Das neue Album ist so stark, dass wir viel Energie in die Tour stecken.
Ich finde auch, dass die Setlist sehr gewaltig ist. Das neue Material passt hervorragend zu den alten Songs aus den 80ern oder zu Solostücken wie „What Colour Is God“ und „Mr 1470“.
Fish: Ja, die Stücke passen thematisch sehr gut. Wenn du beispielsweise „What Colour Is God“ siehst – das passt sehr gut zu den Texten von „A Feast Of Consequences“. Wir haben die Illumination und die Weltkriegs-Thematik. Es geht nicht nur um den ersten Weltkrieg, es geht um die Menschen. Der Baum ist ein bedeutendes Bild. Die Bäume standen 1914 noch. Danach war alles weiß. Doch die Bäume sind zurück gekommen und heute sieht der Wald wieder aus wie zuvor. Die Natur hat weiter gemacht und der Mensch ist nur eine Plage auf diesem Planeten. Ich habe mir viele Gedanken gemacht über die Setlist und mich bewusst für Songs wie „He Knows You Know“ entschieden. Da ist eine Verbindung zu „Perfume River“. Unser Widerstand, die Realität zu akzeptieren.
Gibt es Pläne, ein Livealbum zu veröffentlichen?
Fish: Ja, sicherlich irgendwann. Im Moment sind die Pläne noch nicht konkret. Wir müssen noch viel touren. Was ich mir vorstellen könnte, wäre das Angebot von Downloads einzelner Shows.
Bei einem anderen deiner Alben, „Field Of Crows“, steht ebenfalls die Kriegs-Thematik im Mittelpunkt. Was ist die frühere Betrachtungsweise, was die heutige? Gibt es Gemeinsamkeiten?
Fish: Ich finde, „Field Of Crows“ hat nichts mit Krieg zu tun. „The Field“ geht leicht in diese Richtung, aber es ist eher ein persönlicher Song. Wir haben mit einem Konzept angefangen, das ist richtig. Dabei ging es um einen Scharfschützen, der am Ende auf Zivilisten schießt. Aber ich habe dann doch gemerkt, dass es zu kompliziert war. Ich hätte viel mehr Zeit gebraucht, um diese Idee zu verfolgen. Nächstes Jahr wird es einen Remix des Albums geben. Calum Malcolm hat das Album remastert. Das ist sehr gut. Wir werden uns nächstes Jahr darum bemühen, die alten Alben zu remastern und neu zu verpacken. Es ist gut, ein neues Album auf dem Markt zu haben, denn die Leute schauen dann auch wieder nach dem Backkatalog. Ich werde mindestens ein Jahr auf Tour sein und dann habe ich die Idee für eine neue Fishheads-Tour in 2015. Keine Ahnung, wann ich ein neues Album schreibe. Da kann noch viel passieren.
Wird Frank Usher dann zur Band zurück kehren?
Fish: Da gibt es momentan keine Pläne. Robin Boult ist ein fantastischer Gitarrist. Er hat den Gitarrensound auf positive Weise verändert. Nichts gegen Frank, aber Robin hat eine neue Dynamik zu uns gebracht. Wir brauchten diese Veränderung. Wir mussten uns regenerieren. Frank hat die Band schon mal vor „Sunsets On Empire“ verlassen, da er diesen Musikstil nicht mochte. Wir sind immer noch Freunde, aber jeder braucht mal eine Pause. Frank mag das akustische Ding. Vielleicht kommt er zurück, wenn wir wieder akustisch unterwegs sind, und Robin geht. Wer weiß? Wir sind ja keine echte Band. Ich engagiere Sessionmusiker und muss schauen, wer verfügbar ist. Ich kann nicht lange „bitte bitte“ sagen. Wenn jemand absagt, suche ich nach jemand anderem. Wir haben momentan brillante Musiker.
Robin und Steve Vantsis ergänzen sich sehr gut.
Fish: Ja, Robin passt super in die Band. Er mag die Musik sehr. In anderen Bands gibt es manchmal 45minütige Diskussion nach dem Gig, wer welchen Hook falsch gespielt hat. Wir wissen, wenn wir es versaut haben, und versuchen es beim nächsten Mal besser zu machen. Was ich bei Robin und auch bei Frank mag: Sie verändern ihre Soli jeden Abend. Als ich noch bei Marillion war, spielte Steve Rothery die Soli immer exakt gleich. Und ich glaube, er tut es heute noch. Robin spielt „Script“ ganz anders, denn Robin Boult ist Robin Boult. Ich will gar niemanden dazu bringen, Steve zu kopieren, denn Steve Rothery ist ein großartiger Gitarrist. Er ist brillant. Aber ich bevorzuge die Flexibilität von Robin. So ist das Leben. Es bedeutet nicht, dass man ein Album in jedem Detail covert. Wenn du das willst, kauf die verdammte CD und hör sie dir an.
Das ist die Art, wie es Steven Wilson macht. Er bringt seine Alben punktgenau und perfekt auf die Bühne.
Fish: Das ist der Grund, warum ich Porcupine Tree nicht mag. Es ist keine so tolle Band, oder?
Aber „Sunsets On Empire“ ist ein großartiges Album.
Fish: Damals war Steven Wilson noch um einiges jünger. Er ist ein liebenswerter Kerl und hat viele tolle Sachen gemacht. Aber das ist nicht mein Ding. Es ist kein Rock’n’Roll mehr sondern Computerarbeit. Egal, wechseln wir das Thema.
Okay. Deine Tour hat im Sommer angefangen – vor einigen Monaten. Jetzt ist der erste Teil fast vorbei. In wenigen Tagen gibt es den Abschluss in England. Gibt es Unterschiede zwischen den ersten Konzerten und den gegenwärtigen?
Fish: Natürlich. Wir sind sicherer in dem, was wir tun. Etwas müder, etwas verrückter. Unsere Herangehensweise an die Songs verändert sich. Wir entdecken sie jeden Abend neu. Zum Beispiel ändert sich die Dynamik von „Crucifix Corner“ ständig.
Gerade diesen Song fand ich in Landstuhl sehr stark, während ich in Duisburg zu Beginn der Tour nicht so beeindruckt war.
Fish: Du kannst nicht erwarten, dass jeder Song an jedem Abend gleich großartig ist. Es hängt auch immer von den Zuschauern ab. Wir waren gestern in Frankreich, in Nancy, und die Menge hat uns keine Energie gegeben. Am Tag zuvor waren wir in Zürich und hatten auf der rechten Seite zwanzig Italiener, die komplett ausgeflippt sind, während auf der linken Seite nichts los war. Es hängt von den Zuhörern ab. Sie geben uns Energie. In Landstuhl war ein gutes Publikum, aber wir bekamen nicht genügend Energie. Das lag vielleicht auch daran, dass unser Mann am Ton absolut krank war und wir ihn nach dem Gig ins Krankenhaus bringen mussten.
Und du warst ziemlich wütend, als du realisiert hattest, dass Leute die Show vom Balkon aus gefilmt haben.
Fish: Ja, ich war so angepisst. Da saß eine Frau, die hat den ganzen Abend nur in ihre verdammte Kamera geschaut. Was haben diese Leute daran, sich eine Live-Rockshow durch ein Objektiv anzuschauen? Wenn jemand mal einen Song mit filmt, das ist okay. Aber wenn jemand die ganze Zeit vor dir steht und seine Kamera auf dich richtet, das macht mich richtig wütend. Es ist doch eine Live-Performance. Warum kauft jemand ein Ticket, um mich zu filmen? Manchmal sitzen Leute fast auf der Bühne und filmen mich. Du musst es mal so sehen: Es ist eine Live-Situation. Ich treffe mal einen Ton nicht oder vergesse eine Textzeile. Das ist nicht schlimm, weil es live ist. Zwei Minuten später haben die Leute das wieder vergessen. Wenn es aber gefilmt wurde, ist es am nächsten Tag auf YouTube und wird wieder und wieder angeschaut. Wenn ich eine Liveaufnahme mache, habe ich die Qualitätskontrolle. „Script“ hat schwierige Passagen und vielleicht treffe ich mal einen Ton nicht. Das ist egal, denn die Leute vergessen es sofort wieder. Viermal klappt es super, dann beim fünften Mal vielleicht nicht.
Und gerade dieses fünfte Mal wird auf YouTube eingestellt und die Leute sagen, Fish kann „Script“ nicht mehr singen.
Fish: Genau das meine ich. Live macht man Fehler. So ist das Leben – es ist menschlich.
Das Internet hat heutzutage einen großen Einfluss aufs Musikgeschäft. Du verkaufst „A Feast Of Consequences“ nur online über deine Homepage. So wissen viele Menschen, die dir nicht regelmäßig folgen, gar nicht, dass es ein neues Fish-Album gibt.
Fish: Aber wie würden sie es sonst erfahren?
Du denkst also, die Zeit ist vorbei, dass Menschen in einen Laden gehen und die neue CD sehen?
Fish: Wo gibt es denn heute noch Einzelhandel? Das sind nur noch Shops, die online verkaufen. Ich bin schon so oft abgezockt worden. Von einer Firma, die meine Alben verkauft hat, obwohl sie gar nicht autorisiert war. Dann waren sie plötzlich auf amazon. Alle unabhängigen Einzelhändler verkaufen inzwischen über amazon. Warum soll ich die Sachen nicht in meinem eigenen Shop verkaufen?
Eine Sache fällt aber weg: Wer eines der früheren Alben gekauft hat, bekommt zum Beispiel eine Empfehlung für das neue.
Fish: Aber es bleibt zu wenig für mich übrig. Amazon verlangen 20-25 % und dann kommt noch die Steuer. Amazon sitzen in Luxemburg. Sie zahlen nicht viel Steuern. Warum soll ich nicht das Geld sparen und das Album selbst verkaufen? Dann verkaufe ich ja auch bei amazon, aber es läuft über meinen eigenen Shop. Ich kann mich nicht um die unabhängigen Plattenläden kümmern, ich muss mich um den unabhängigen Künstler kümmern. Sie scheren sich auch nur einen Dreck um mich. Wir brauchen die ganzen Großhändler nicht. Wer sich freut, ein Paket von amazon zu bekommen, freut sich auch über ein Paket vom Fishheads-Club. Ist doch ganz egal – es kommt trotzdem an deine Tür.
Ich mag vor allem die Idee der „Deluxe Edition“. Mark Wilkinson hat ein tolles Artwork abgeliefert und das ganze Buch ist wunderschön aufgemacht.
Fish: Gerade das gefällt mir, weil die Piraten es nicht kopieren können. Sie klauen die Musik, aber sie können nicht das ganze Artwork kopieren. Das ganze Musikgeschäft wird entwertet. Alle sammeln Downloads, Downloads… Das Musikgeschäft ist tot.
Für mich sind Downloads ein Sammeln von Musik, bei dem es auf die Masse ankommt, nicht auf die Qualität. Doch dann hört keiner mehr die Songs.
Fish: Genau. Da ist dieser Typ der 12.000 verdammte Songs auf seinem iPod hat. Das ist doch nur noch eine Jukebox. Das hat nichts mehr mit Musikhören zu tun. „A Feast Of Consequences“ funktioniert anders. Es ist ein altmodisches Album. Zwei Wochen nach Veröffentlichung wurden Download-Codes illegal verkauft. Die Justiz interessiert das nicht, aber ich muss einen teuren Anwalt bezahlen, der gegen diese Leute vorgeht.
Sowieso muss man „A Feast Of Consequences“ am Stück hören, um es genießen zu können.
Fish: Ganz genau. Es ist kein Album, das man Track für Track runterlädt. Und dann gibt es ja so viel schlechte Musik. Mein Produzent Calum Malcolm sagt, da kommt ein Sturm auf uns zu. Man muss die Juwelen finden. Keiner hat mehr die Zeit dazu, alles zu hören. Es ist heutzutage zu einfach, Musik zu machen. Man kauft die Software und legt los. Und später muss der Musikhörer sich durch so viel Schlechtes durchhören, um die wirklich guten Sachen zu finden. Ich bin raus aus dem Geschäft. Ich mache mein Ding und tue das Beste, um ein gutes Album aufzunehmen. Das alles ärgert mich, weil die Musik so entwertet wurde. Aber ich zahle 75.000 Pfund, um das Album zu produzieren. Dann ist es bezahlt und ich habe wieder Kosten, um es zu promoten. Es wird immer schwieriger, qualitativ gute Musik zu machen. Wie kann ein Musiker noch überleben? Und den Fotografen (Fish zeigt auf Emanuel) geht es doch genau so. Wie kann ein Fotograf noch überleben? Er setzt die Bilder ins Internet und jeder kopiert sie. So denkt die neue Generation: Alles ist kostenlos.
Eine letzte Frage noch: Wird es mal wieder eine Convention in Deutschland geben? Die letzte ist zwölf Jahre her.
Fish: Ich denke schon. Aber ich bin jetzt sieben Wochen unterwegs und das ist schon hart. Man will ja auch Qualität bieten. Und ich muss den richtigen Ort wählen, wo viele Fans hin kommen.
Danke für deine Zeit!
Fish: Ich danke auch. Genießt die Show heute Abend Es wird etwas ganz Besonderes – die Bühne ist riesig.
Unser herzlicher Dank gilt Daniel Sebastian von Sub SoundS und Dominik Dröse von Sounds Promotion für die Vermittlung des Interviews und für die gute Betreuung vor Ort! Alle Fotos stammen vom MHQ-Fotografen Emanuel Recktenwald.
Fish ist zurück in Deutschland! Um recht früh von der neuen Tour erzählen zu können und euch den Mund wässrig zu machen, besuchte Musicheadquarter das Konzert im Steinhof Duisburg. Eine wundervolle Location im gediegenen Ambiente, die sich mit über 600 Zuschauern ordentlich füllte. Die Erwartungshaltung war hoch, denn Fish war in letzter Zeit nur akustisch unterwegs: Er musste sich vor einigen Jahren einer Stimmband-Operation unterziehen, da es Knötchen zu lösen galt, die lange Zeit seine vokalen Fähigkeiten beeinträchtigt hatten. Zum Heilungsprozess gehörte es auch, schnell wieder auf die Bühne zu gehen – allerdings war Zurückhaltung angesagt. Die Akustik-Tour, die eigentlich nur ein kurzer Versuchsballon werden sollte, wurde zum vollen Erfolg und das Trio aus Fish, Frank und Foss begeisterte über zwei lange Jahre das Publikum. Diese Reduzierung auf das Wesentliche hat Fish neue Kraft verliehen und nun bringt er mit dem Album „A Feast Of Consequences“ wieder eine volle Band-Produktion auf die Bühne.
Ohne Vorband ging es gleich in die Vollen. Als Opener gab es den Song „Perfume River“, der zugleich auch das neue Album eröffnet. Zunächst ruhige, atmosphärische Klänge, zu denen die Bandmitglieder die Bühne betraten. Dann der große Schotte selbst. Seine Bühnenpräsenz wie immer beeindruckend – und das Publikum war vom ersten Moment an ganz gefangen von seiner Erscheinung, seinen Bewegungen, seiner kraftvollen Stimme. Diesmal passt alles – inklusive der Film-Einspieler auf einer Leinwand im Bühnenhintergrund. Fish hat sich ein schwieriges Motto für das neue Album ausgesucht: die Thematik sinnloser Kriege. Dies wurde auch in den Filmen deutlich, die beispielsweise zum Eröffnungssong Bilder vom Vietnamkrieg zeigten. Während des Songs schlägt die Stimmung um und nach den ersten beiden, sehr sphärisch gehaltenen Dritteln gibt es einen dynamischen Abschluss, der Fish alles abverlangte.
Der Schotte legte viel Aggressivität in seine Stimme. Dies beherrschte einen großen Teil der Setlist. Es ging um Kriegstreiber („Crucifix Corner“, „White Feather“), um verflossene Liebschaften („A Feast Of Consequences“), politische Ungerechtigkeit („What Colour Is God“) und die Zerstörung der Natur („Blind To The Beautiful“). So wandte sich der Sänger energisch und intensiv an seine Zuhörer und die anklagende Stimmung zog sich wie ein roter Faden durch den Abend – in Ansagen und Lyrics. Dafür wird Fish seit eh und je von seinen Fans geliebt.
Freunde der ersten Stunde durften sich über einige Marillion-Songs freuen. Sehr früh im Set gab es schon „Script For A Jester’s Tear“, inzwischen 30 Jahre alt. Später dann den Anti-Drogen-Song „He Knows You Know“ und schließlich ein Medley, das „Assassing“, „Fugazi“ und „White Feather“ enthielt. Hier war die Mitsingquote besonders hoch.
Doch die Tour heißt nun mal „The Moveable Feast“ und so war klar, dass es viele neue Songs geben wird. Zwei direkt zum Start. Später dann der Uptempo-Kracher „All Loved Up“ und die Ballade „Blind To The Beautiful“. Letzteres ist keineswegs ein Lovesong, sondern das Beweinen der Tatsache, wie die Menschen mit ihrer Erde umgehen. Im Hintergrund gab es dazu Bilder von Umweltzerstörung und Naturkatastrophen. Gemeinsam mit der Musik schaffte Fish hier sehr bewegende Momente.
Highlight des neuen Albums ist eine Suite mit dem Titel „High Wood“. Es handelt sich dabei um ein episches Stück aus fünf zusammen hängenden Songs, die sich einer Schlacht im ersten Weltkrieg widmen. Nicht gerade leichte Kost. Das hat auch Fish erkannt, der fürs Konzert nicht die ganze Suite spielte, sondern drei Stücke auswählte, die die Geschichte stellvertretend erzählen. Das „Herzstück“ der Story, wie er selbst sagt. Es gab den rockigen Track „Crucifix Corner“, dann das mit Blasmusik eingeleitete „The Gathering“, das im ersten Moment beschwingt klingt, aber inhaltlich ein Zusammentrommeln von Freiwilligen für den Kriegsdienst behandelt, was auch in den Leinwandbildern deutlich wurde. Das Triple endete schließlich mit Bildern der Kämpfenden und dem bewegenden „Thistle Alley“.
Das wollte erst einmal verdaut werden und Fish verwandelte die Menge mit dem abschließenden Medley aus Klassikern wie „Assassing“, „Credo“ und „White Feather“ in einen Hexenkessel. Ganz klar, dass man damit nicht nach Hause gehen wollte. Im Zugabenblock gab es „Freaks“ aus Marillion-Zeiten und dann die Mitsing-Nummer „Lucky“. Der Schotte musste noch ein drittes Mal auf die Bühne kommen und „The Company“ anstimmen – einen seiner ersten Soloerfolge, nach dem auch der Fanclub benannt ist.
135 Minuten Konzertlänge ließen das Publikum begeistert zurück. Als Fazit ist zu sagen: Die Setlist ist absolut perfekt und mischt Songs aus allen Epochen. Die Band – allen voran Robin Boult und Steve Vantsis – macht einen hervorragenden Job. Fish hat immer dazu tendiert, seine neuen Songs auf der jeweiligen Tour in den Mittelpunkt zu stellen. Ich habe das Gefühl, das hat noch nie so gut geklappt wie bei „The Moveable Feast“. Obwohl viele Zuschauer das Album noch nicht kannten, entfalteten die aktuellen Tracks ihre Wirkung und rissen das Publikum mit. Das spricht für „A Feast Of Consequences“. Und es spricht für Fish, bei dem keine stimmlichen Aussetzer zu bemängeln waren und der die Bühne im Alleingang beherrschte. Trotz inzwischen 55 Jahren versprühte er sein Charisma auf der Bühne. Um diese Präsenz zu erreichen, müssen andere pausenlos über die Bretter springen – bei ihm reichten einige Handbewegungen.
Im Anschluss an die Show wurde mir eine kurze Begegnung mit der Band backstage gestattet. Ich erlebte einen gelösten Fish und herrlich zufriedene Bandmitglieder, die sich der Stärke des neuen Albums und der gewaltigen Show bewusst sind. Wer sich selbst von der Klasse des Schotten überzeugen möchte, hat noch reichlich Gelegenheit dazu. Hier findet ihr die Setlist vom 25.9.2013 und weitere Tourdaten:
Setlist
Perfume River
A Feast Of Consequences
Script For A Jester’s Tear
Dark Star
All Loved Up
What Colour Is God?
Blind To The Beautiful
Mr 1470
He Knows You Know
Crucifix Corner
The Gathering
Thistle Alley
Assassing / Credo / Tongues / Assassing / Fugazi / White Feather