50 Jahre Gesang zwischen Jazz und Pop
Das Vokalensemble The Manhattan Transfer aus New York wurde von 50 Jahren gegründet und hat die Welt des A-cappella-Gesangs seitdem revolutioniert. Mit mehrstimmigem Gesang und der stimmlichen Imitation von Instrumenten mischten sie über Jahrzehnte die Jazz- und Popszene gehörig auf. Zehn Grammy-Awards waren der verdiente Lohn und ausverkaufte weltweite Tourneen bis in die Gegenwart. Auch wenn Gründungsmitglied Tim Hauser im Oktober 2014 verstorben ist, macht das Quartett mit Janis Siegel, Alan Paul, Cheryl Bentyne und Trist Curless (als Ersatz für Tim) unumwunden weiter.
Zum Jubiläum lässt die Band ihre größten Hits in neuen Arrangements wieder aufleben. Das fast siebenminütige „Agua“ setzt ein Ausrufezeichen gleich zu Beginn der Compilation: verhaltener, orchestraler Start, jazzig-verspielter Mittelteil, sphärisch-verträumter Schluss. So klingen fantastische Songs für die Ewigkeit. Beschwingt und flockig geht es mit „The Man I Love“ (im Original von George und Ira Gershwin) weiter. Man hat gut daran getan, das WDR Funkhausorchester mit ins Boot zu holen, die den Geist vergangener Jahrzehnte gekonnt in die Gegenwart holen. Wahnsinn, wie der Leadgesang die Lyrics im Stil einer Trompete ausstößt. Das sind vokale Qualitäten, die unerreicht bleiben.
Es gibt im Verlauf der Tracklist Klassiker wie „Chanson D’Amour“, „Twilight Zone / Twilight Tone“ und „The Man Who Sailed Around His Soul“. Zudem „God Only Knows“ von The Beach Boys, das neu arrangiert und erstmals aufgenommen wurde. Stimmlich sind die Neuaufnahmen von astreiner Qualität und man bemerkt keine Alterserscheinungen. Fast 50 Minuten vokaler Größe vergehen wie im Flug und selbst opulente Stücke wie „On A Little Street In Singapore“ kommen charmant und sympathisch um die Ecke.
Die Zusammenarbeit mit dem renommierten Orchester aus Köln wurde nach einer gemeinsamen Performance im Januar 2020 beschlossen, musste aber wegen der Pandemie zunächst auf Eis gelegt werden. Vielleicht ist es aber gerade die lange Vorbereitungszeit, die jetzt zu einem so grandiosen Ergebnis geführt hat. Der Zusammenklang von Stimmen und Instrumenten ist jedenfalls perfekt. Persönlich hätte ich mir zwar stärker ausgeprägte A-cappella-Passagen gewünscht, doch ich muss gestehen, dass das jazzige Ergebnis absolut stimmig klingt.
Zum Release gibt es ein umfangreiches Booklet, das ich nur mit Hilfe einer EC-Karte aus der CD-Hülle friemeln konnte. Es enthält umfangreiche Liner Notes, Infos zur Band, dem Orchester und den Songs. Im Inneren kann man – quasi als kleines Poster – eine aktuelle Aufnahme der beiden Sängerinnen und der beiden Sänger bewundern, die sehr elegant und würdevoll nach vorn blicken. Das macht direkt Lust auf die Welttournee, die kürzlich angelaufen ist.