BATTLE BEAST auf großer Europatour! Es war ein ordentlicher Dreierpack, der die Garage Saarbrücken am Mittwoch heimsuchte. Die Finnen von BATTLE BEAST sind auf Welttour an, gemeinsam mit zwei starken Support-Acts: DOMINUM (DE) als Special Guest und die schwedischen Power-Metal-Aufsteiger MAJESTICA als Opener. So entsteht ein Line-up, das vor Melodic-Metal-Energie nur so sprüht. Hier unsere Fotogalerie, Credit: Atelier3Bären
Ich bring‘ euch gute neue Mär: Es wird weihnachtlich! Es wird orthopädisch! Es wird gefeiert! Endlich, nach einem Jahr ohne Horn‘sche Weihnachten, werden wir uns wieder der geliebten Tradition hingeben und in den Clubs, Hallen und Theatern gemeinsam mit Guildo Horn und seiner Combo „Die Orthopädischen Strümpfe“ gen Christkind starten.
Und wie jedes Jahr, wenn die zuckerwattrige Weihnachtszeit beginnt, scharrt der Meister Horn seine Strümpfe um sich herum und es beginnen die Vorbereitungen auf die Weihnachtstour, dem sogenannten Speckgürtel des absoluten Wohlbefindens.
Mandeln, Bratäpfel, Zimtsterne und Kokosmaronen werden verköstigt, eine Menge Glühpunsch erwärmt und während weihnachtlicher Duft köstlich in der Luft liegt, greifen die Musikanten beherzt zu ihren Instrumenten und erfüllen die Stube mit weihnachtlichen Klängen.
Traditionelles, adventliches Liedgut gepaart mit textlich „verweihnachtlichten“ Rock- und Popklassikern, wie Everlasting Love- Schöne Weihnachtszeit, In The Ghetto- In der Krippe (der kleine Esel) , Timewarp, So This Is Christmas, Unter dem Weihnachtsstern- Under The Moon Of Love, Eternal Flame, das alles garniert mit den besten Schlagerfiletstückchen der 70er Jahre.
Eine wahrhaft göttliche Unterhaltung von Guildo Horn und seiner grandiosen Band „Die Orthopädischen Strümpfe“: Addi Mollig, der musikalische Leiter an den Tasten, Kikki Pfeifer am Schlagwerk, der ewige Strull und Horst Dieter Hopfen an den Bässen, Lotus Zander an der Gitarre und die fabulöse Mademoiselle Gazelle aus Nizza am Saxophon.
Am Ende dieses Jahres sollte die Welt sich noch einmal so richtig verwöhnen zu lassen und wem könnte man sich da besser anvertrauen als einem der besten Live-Entertainer, den Deutschland zu bieten hat: Dem Meister Guildo Horn.
LaFee war auf ihrer „Schatten und Licht“ Tour am 30.10.2025 in der Garage Saarbrücken, Support: Kaff Panda. Hier unsere Fotogalerie, Credit: Atelier3Bären.
Nachdem SOULBOUND als Supporter dem Publikum bereits kräftig eingeheizt hatten, starteten MONO INC. mit einem wahren Feuerwerk. Das begeisterte Publikum wurde sowohl mit Klassikern wie „Arabia“, „Voices of Doom“ oder „Ravenblack“ als auch mit Songs der wundervollen brandaktuellen Scheibe „Darkness“ reichlich beschert. Gänsehautfeeling kam dann auf, als der Flügel auf die Bühne gefahren wurde und MONO INC. Lieder wie „Dein Anker“ und „Kein Weg zu weit“ feinfühlig zelebrierten.
Die Garage in Saarbrücken ist wie geschaffen für ein Format namens „Thrash of the Titans“. Gleich vier Bands sorgten für ein metallisches Fest in der coolen Location – und die Fans kamen in Scharen. So lange Schlangen gibt es nicht oft zum Einlass. Leider so lang, dass wir die Mädels von NERVOSA aus São Paulo knapp verpasst haben.
So ging es dann erst mit dem soliden Powersound von DESTRUCTION aus Weil am Rhein los, die ein fulminantes Set hinlegten. Sie sind eine der ältesten deutschen Thrash Metal Bands, gegründet 1982. Die Spielfreude ist ungebrochen, zumindest seit Gründungsmitglied Marcel „Schmier“ Schirmer wieder am Mikro steht und die Lunte immer wieder neu zündet. Der geile Sound in der Garage tat sein übriges für einen grandiosen Gig.
Und genau so stark ging es weiter. Zunächst mit OBITUARY aus Florida, die 70 Minuten voll krasser Energie hinlegten. Seit 1984 im Dienst gehört das Quintett um John Tardy inzwischen zur Speerspitze des Genres. Als Co-Headliner zeigten sie ihr Können und brachten die Garage zum Kochen. Die Menge verausgabte sich in Stagediving und ordentlicher Feierlaune.
Und dann natürlich TESTAMENT aus der Bay Area San Francisco. Auch hier fünf alte Herren, die beweisen, dass sie nicht zum alten Eisen gehören. Gitarrist Eric Peterson ist als einziges Gründungsmitglied dabei. Start war um 21.45 Uhr mit dem Intro „Fight for your Right (to Party)“, das allen schon ein Lächeln der Vorfreude ins Gesicht zauberte. Als der Vorhang fiel, ging es los mit Power, Thrash und Pyroshow. Ein großer Bühnenaufbau mit hohen Podesten sorgte dafür, dass man Schlagzeuger und Gitarren jederzeit gut im Blick hatte.
Es gab zunächst eine Reihe von Klassikern, bevor zum aktuellen Album „Para Bellum“ umdekoriert wurde. Auch die neuen Songs funktionieren als dynamische Meisterwerke, angetrieben von Peterson und Shouter Chuck Billy. TESTAMENT sind immer eine Bank – auch mit aktuellen Alben, die den Thrash alter Tage atmen.
THRASH OF THE TITANS ist ein gelungenes Konzept – und in der Garage war man hiermit goldrichtig. Ein Fest für Fans!
In manchen Jahren ist es wirklich schwierig, im Dezember alle Shows in den Kalender zu packen, die man gerne sehen will. Guildo Horn beim Trierer Heimat-Weihnachtskonzert ist eigentlich gesetzt, doch diesmal muss es am 23.12. „Christmas Moments“ in der SWT Arena sein – und auch das Zusatzkonzert am Vortag ist im Terminplan schon besetzt. Was tun? Genau – man muss die Heimat einfach weiter fassen. So hat es mich in diesem Jahr zu Guildo in die Garage Saarbrücken verschlagen. Auch die Saarländer können feiern, vor allem, wenn es laut wird. So war auch hier Guildos Show traditionell ausverkauft (Sonntag, 15.12.) und es gab ein Zusatzkonzert (Montag, 16.12.), das zwar nicht ganz ausverkauft war, aber ebenfalls die Garage ordentlich in Wallung brachte.
Guildo hat es spannend gemacht. Der Vorhang in der Garage war noch zu und das weihnachtlich gewandete Volk in froher Erwartung. Kurz nach 20 Uhr kamen die Klänge des Klassikers „Vom Himmel hoch, da komm ich her“ vom Band, abgelöst von der gesungenen Anweisung „Oh bitte mach dein Handy aus“ zur Melodie von „Oh Tannenbaum“. Als der Vorhang sich schließlich öffnete, sah man zunächst nur die Band „Die orthopädischen Strümpfe“ in Rückansicht und das festliche Bühnenbild mit aufblasbaren Schneemännern, Zuckerstangen und einem Tannenbaum. Das Setting war schon mal stimmig – und als der Meister zu einem äußerst rockigen „Kling Glöckchen“ die Bühne betrat, war ohnehin kein Halten mehr.
Die Idee hinter der Horn-Setlist ist es schon seit Jahrzehnten, moderne Rocktitel mit weihnachtlichen Texten in Einklang zu bringen. Inzwischen ist das Repertoire so groß, dass es Schlag auf Schlag gehen muss. Ich hab schon sehr viele Weihnachtsshows des gebürtigen Trierers gesehen, doch noch nie wurden so viele Titel gespielt wie auf den aktuellen Konzerten. Nach meiner Zählung waren es ganze 31 Songs in gut 140 Minuten Konzertlänge. An Langeweile brauchte wirklich keiner zu denken, zumal man jeden Refrain nach einmal Hören locker mitsingen kann.
Was war dabei? „Es weihnachtet sehr“ zum Discohit „YMCA“, ein souliges „December“ zu Earth, Wind & Fires „September“, Stings „Walking on the moon“ wurde dem Weihnachtsmann gewidmet, das Outing „Papa ist der Weihnachtsmann“ erklang zu „Papa was a rolling stone“, „Die Weihnacht ist toll“ konnte man perfekt zum „Grease“-Hit „You’re the One That I Want“ schmettern und statt „Everlasting love“ gab es „Schöne Weihnachtszeit“. Den Ideen sind keine Grenzen gesetzt.
Besonders eindrucksvoll fand ich das Queen-Cover „Somebody to love“, das ebenfalls dem Weihnachtsmann gewidmet war. Hier konnte die Band ihre Instrumente eindrucksvoll ausspielen und Guildo wies mehrfach während der Show auf die famosen Strümpfe hin. Vor allem Gitarrist Lotus Zander und Drummer Kiki Pfeiffer wurden enthusiastisch gefeiert, da sie aus Saarbrücken stammen und Lotus gar in Rufweite der Garage zuhause ist. Das einzige weibliche Bandmitglied Mademoiselle Gazelle stand oft mit dem Saxofon im Mittelpunkt des Geschehens, gab aber auch im Duett „Marie und Josef“ die Maria.
Guildo selbst wechselte Dutzende Male sein Kostüm. Nach einer Stunde stand er erstmals mit freiem Oberkörper da, zwischendurch gab es aber Engelsflügel, einen Pulli mit Christbaumkugeln, ein Tannenbaum-Kostüm und vieles mehr. Die Ansprachen ans Publikum waren diesmal erstaunlich kurz, aber kein Wunder, wenn man so viel Musik unterbringen will. „Kinder es schneit“ kam sehr fetzig zu „Live and let die“ und es folgte ein gesellschaftskritisches „Weihnachten in Katar“ („Englishman in New York“).
Das Publikum ließ sich auf jeden Spaß ein. Man feierte die Ballade vom Maronenverkäufer „Dicker Dieter“, dem Trierer Original, dessen Name so schön auf ABBAs „Chiquitita“ passt. Der neue Titel „Superjeile Weihnachtszick“ war eine Mischung aus Brings und „Que Sera, Sera“. Da wurde geschunkelt, was das Zeug hielt. „Feiner Christbaum“ („The final countdown“) wurde nach Anleitung von Guildo szenisch dargestellt und das Publikum spielte den Tannenwald, während man auf der Bühne eine Löffelpolka zum Besten gab.
Als Finale vor dem Zugabenblock erklangen nochmal drei Highlights: „Weihnachtsparadies“ („Sweet Dreams“), „Ich freu mich wie wild, das Christkind ist da“ („Video killed the radio star“) und „Für mich soll’s weiße Weihnacht geben“ zur Hildegard Knef-Hymne von den roten Rosen. Zur Zugabe ließ Guildo sich nicht lange bitten. Als Schlagerduett sang er mit Mademoiselle Gazelle „Frohe Weihnacht“ nach John Lennons „Happy Xmas (War is over)“. Und mit dem endgültigen „Weihnachten bin ich zuhaus“ und „Wir wünschen frohe Weihnacht“ zur Melodie von „Music“ des seligen John Miles ging die formidable Show gegen 22.20 Uhr zu Ende. Es war mal wieder ein Fest! Guildo ist immer wieder einen Konzertbesuch wert – und das nicht nur zur Weihnachtszeit. Aber vor allem dann!
Das Jahr 2023 kann der Lübecker Singer-Songwriter Florian Künstler wohl als das Jahr seines Durchbruchs in der deutschen Musikszene abspeichern. Zuerst erreichte sein Hit „Kleiner Finger Schwur“ Millionen von Nutzern der Plattformen TikTok und Instagram und dann stiegt sein Debüt-Album „Gegengewicht“ von 0 auf Platz 11 in den deutschen Album Charts ein. Seitdem hat sich im Leben von Florian Künstler so einiges positiv verändert, vor allen Dingen kommen deutlich mehr Menschen zu seinen Konzerten und zeigen sich zutiefst berührt von den emotionalen Texten des charismatischen Sängers. Auch 2024 ist bereit sehr gut gestartet und seine Kollaboration mit Alexander Eder mit dem Titel „Lass dir Zeit mit erwachsen werden“ knackte in kürzester Zeit bereits über eine Millionen Streams allein bei Spotify. Seit April ist Florian Künstler bundesweit auf einer bereits größtenteils ausverkauften Tour durch Deutschland und Österreich und am 1. September hat er musikalische Freunde wie Cassandra Steen oder Laith Al-Deen zu seinem ersten eigenen „Florian Künstler & Friends“ Open Air in Lübeck eingeladen.
Fotocredit: Electrola / Universal Music
Ich durfte Florian kurz vor dem Konzert am 28. April 2024 in der Garage Saarbrücken treffen und erlebte einen sehr sympathischen, gut gelaunten Künstler, der sehr offen auf all unsere Fragen geantwortet hat:
Hallo Florian. Schön, dich zu treffen. Ich hab dich letztes Jahr zweimal live gesehen. Zunächst hier in der Saarlandhalle als Support von Max Giesinger, dann beim Reeperbahn Festival in Hamburg. Jetzt bist du auf großer Solotour. Deine Karriere hat ziemlich schnell Fahrt aufgenommen. Wie war das für dich?
Surreal ist das richtige Wort, glaube ich. Bei Max war es schon sehr beeindruckend, die Größe dieser Halle zu sehen. Da dachte ich „Oha – viele Menschen.“ Jetzt bin ich allein mit meiner Band unterwegs. Das ist sehr schön, aber man realisiert das immer erst später. Ich bin so fokussiert, dass der Abend gut läuft und die Leute Spaß haben. Und wir natürlich auch. Du gehst abends zum Bus, bist morgens in einer anderen Stadt, dann Bühne, Soundcheck und Power. Es ist eine der schönsten Sachen, die ich erleben darf. Allein wenn ich jetzt daran denke, dass gleich so viele Menschen da stehen. Das ist eh komisch, dass Leute kommen, um uns zu sehen. Bei Spotify sehe ich nur Zahlen, aber hier sehe ich Menschen, die mitsingen. Es gibt nichts Schöneres!
Deine Songs bieten sich ja zum Mitsingen an. Beim Reeperbahn Festival habe ich das ziemlich eindrucksvoll erlebt, wie du das Publikum mitgerissen hast.
Hamburg hat meistens Power. Es waren nicht viele, aber es war sehr laut.
Wenn du jetzt am Eingang der Garage schaust: Da sitzen schon seit 15.30 Uhr ein paar Mädels, um nachher in der ersten Reihe zu sein. Einlass ist erst um 19 Uhr.
Ja, krass. Muss ich mal „Hallo“ sagen gehen. Ich bin ja kein Max und kein Johannes, wo man um die Plätze vorn kämpfen muss. Aber es ist gleichzeitig auch schön. Ich hoffe nur, dass sie was Warmes zum Anziehen dabei haben. Ist doch ziemlich kalt heute draußen.
Fotocredit: Ben Wolf
Beim Reeperbahn Festival hast du die “Homeless Gallery” unterstützt – ein Projekt, bei dem Obdachlose mit Hilfe einer KI Bilder erstellt haben. Ich fand es sehr beeindruckend, was da an Kunstwerken geschaffen wurde. Was bedeutet es für dich, solche Projekte zu begleiten?
Ich weiß aus erster Hand, wie sich das wirklich anfühlt, weil ich vorher auf der anderen Seite war. Man wird unsichtbar und ist kein Mitglied der Gesellschaft mehr. Das Projekt hat diese Situation sichtbar gemacht. Gerade Leute, die lange auf der Straße leben, verschließen sich. Nicht jeder kann sich gut ausdrücken. Nun hatten sie die Möglichkeit, mit Hilfe einer KI ihre Gedanken auf ein Bild zu bringen. Man konnte den Stolz von allen spüren, die da waren und einen Teil von sich gezeigt haben. Ich kannte das Gefühl und war froh, die Menschen supporten zu dürfen. Ich habe auch selbst eins der Bilder ersteigert. Wenn das Geld jetzt dabei hilft, dass jemand sich sein Leben wieder ein bisschen aufbauen kann oder die Organisation alles sichtbar machen kann, dann war es gut. Ich hab schon viel gemacht. In Berlin war ich bei der Caritas tätig, in Lübeck hab ich den Wärmebus gefahren.
Machst du das noch selbst?
Ja, im Winter fahre ich oft noch beim Wärmebus mit. Im Sommer hab ich jetzt nicht so viel Zeit wegen der Musik und der Tour, aber im Winter bin ich wieder dabei.
Auf deinem ersten Album erzählst du viele kleine Geschichten, bei denen es oft um schwierige Themen geht – wie Trauer und Depression. So klingen deine Songs manchmal wie kleine Lebensratgeber und Mutmacher. Schöpfst du dabei aus eigenen Erfahrungen?
Ja, das hab ich selbst erlebt. Eine Zeit lang dachte ich, dass ich nie wieder fröhlich werde. Das war ein heftiger Schnitt in meinem Leben – vielleicht der heftigste. Und was Trauer angeht: Ich habe öfter Menschen gehen lassen oder mit Trauerverabeitung umgehen müssen. Jemanden zu verlieren, den man nie wieder sehen wird – das habe ich nicht verstanden. Oder für mich als Pflegekind in verschiedenen Familien aufzuwachsen, das war auch nicht so einfach. Das musste ich in meine Lieder packen und das ist auch ein wenig Heilung für mich. Wenn ich „Tausende mehr“ mit dem Publikum singe, das ist ein Wahnsinnsgefühl. Und danach bekomme ich viele Nachrichten auf Instagram oder werde beim Autogrammeschreiben angesprochen. Dann erzählen mir Menschen, dass sie in Kliniken waren oder sich Hilfe gesucht haben. Jeder Mensch hat bestimmt in seinem Leben eine Phase, wo er denkt, ich sehe mich von außen, ich erkenne mich gar nicht wieder. Die hatte ich auch, aber ich habe das Glück, dass ich darüber singen kann.
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Ich denke auch, dass deine Lieder den Menschen helfen können. Dass sie sich verstanden fühlen.
Genau. Ich will immer auch Hoffnung drin haben. Bei „Schwarzer Anzug“ heißt es: „Gib mir ein Zeichen und ich werde es verstehen“. Oder „wenn du jetzt glücklich bist“ in „Tausend Raketen“. Das sind schwere Themen, aber gleichzeitig hoffe ich, dass die Menschen, die nicht mehr da sind, spüren, dass wir an sie denken. Wenn wir auf einem Konzert sind und ich dieses Thema anspreche, sehe ich in den Augen der Menschen, dass sie an einen geliebten Menschen denken, den sie verloren haben. Und diese Person ist dann für drei Minuten – so lange das Lied geht – kurz wieder da. Die Tränen sind nicht unbedingt Traurigkeit, sondern: Es war ein schönes Leben mit dir und ich vermisse dich, aber ich weiß, dass das Leben so ist.
Wenn du das so erzählst, bekomme ich Gänsehaut.
Und ich hab Gänsehaut, wenn ich da im Konzert stehe, wenn die Lichter angehen und wir zusammen singen. Dieses Gefühl, mit Depressionen nicht alleine zu sein, ist so wichtig. Gerade Männer haben Schwierigkeiten, damit umzugehen. Aber dann schaue ich in die Gesichter und weiß: In diesem Augenblick sind wir ganz viele. Man kann das im Moment nicht reparieren, aber es nimmt ein bisschen die Last. Man guckt sich um und denkt: Ach, du auch.
Um wen geht es in „Schwarzer Anzug“?
Um einen guten Freund aus der Schule, der viel zu früh gehen musste. Es war einfach unfair. Da musste ich erstmals mit Trauer umgehen. Vor dem Song erzähle ich bei Konzerten gerne die Geschichte, wie ich auf der Beerdigung stand und sagte: Gib mir ein Zeichen. Und dann ging ein Ruck durch die Bäume, der war richtig heftig. Natürlich kann das Zufall gewesen sein, aber ich dachte: Ja – da ist das Zeichen.
Bei deinen Konzerten hat man das Gefühl, dass du auch einem großen Publikum sehr nahe sein kannst. Hat dir deine Zeit als Straßenmusiker geholfen, eine solche Nähe zu den Menschen aufzubauen?
Ich bin immer sehr aufgeregt, aber ich fühle mich auch wohl. Ich kann nur zeigen, was ich habe. Wenn das jemand gut findet, dann freue ich mich. Man kann es nicht allen recht machen, aber wenn man in einem Riesenpublikum ein paar erreicht, das ist richtig schön. Ich will alles raus geben, was ich habe. Das ist es ja auch, was ich selbst bekommen möchte – etwas Unverpacktes. Aber ich bin total nervös und mache mir so richtig in die Hose da vorne. Die Straßenmusik hilft mir da schon. Überhaupt dass ich die Shows so durchhalte. Fünf Shows hintereinander – da hilft mir die Straßenmusik sehr. Ich musste laut singen und mir Aufmerksamkeit erkämpfen. Auf der Straße war ich auch immer sehr aufgeregt. Man fängt vor nichts an zu singen, stört vielleicht die Leute, die da arbeiten.
Und wenn keiner stehen bleibt, hast du verloren.
Ja, damit musst du auch umgehen. Das ist ganz schön heftig. Aber da lernst du ganz gut, dass nicht jeder die gleiche Musik hört. Nicht jeder hat Zeit oder manche sind mit eigenen Problemen beschäftigt. Dann schau ich mir die Leute im Publikum an. Gestern war da eine Frau, die die ganze Zeit so böse geguckt hat. Und ich dachte: Oh, der gefällt es wohl gar nicht. Ich sehe sowas immer während der Konzerte. Und zum Schluss kam sie zu mir und meinte: „Das war das schönste Konzert ever. Ich war so berührt.“ Ich hab es nicht verstanden, aber man kann halt nicht in die Menschen rein schauen. Man sollte sich nicht verrückt machen, aber jeder Sänger macht sich verrückt. Wenn jemand an der falschen Stelle lacht oder hustet. Die Unsicherheit ist oft so groß, aber wenn es nicht so wäre, wäre es noch falscher.
Du hast viele soziale Ämter, in denen du tätig bist. Sind das alles Ehrenämter oder hast du auch einen sozialen Beruf erlernt?
Ich habe Rettungsassistent gelernt, bin Krankenwagen gefahren. Dann habe ich in einer Schule als Schulbegleiter mit Kindern mit Autismus gearbeitet. Ich habe jede Menge Jobs gemacht und es waren immer die sozialen. Ich mochte es, mit Menschen zu arbeiten, habe gern die Geschichten gehört. Wollte wissen, was in den Köpfen so los ist. Da ich selbst Pflegekind war, wusste ich, wie es den Kindern so geht. Dass sie es in der Schule nicht so leicht haben. Ich war mehr so ein Freund und es war für die meisten sehr cool, einen größeren Freund zu haben. Es gibt nicht traurigeres als ein Kind, dass allein auf dem Schulhof sitzt und mit dem keiner was zu tun haben will. Dann haben andere Kinder mich gefragt: „Warum bist du denn hier?“ Und ich habe erklärt, dass das eine Kind vielleicht etwas ruhiger ist und warum. So hat man über Autismus gesprochen, ohne das medizinisch darzulegen. Wenn diese Kinder danach etwas mehr in die Gemeinschaft eingebunden wurden, hat mich das sehr gefreut.
Ich kann das gut nachvollziehen, da ich selbst im Hauptberuf als Sozialpädagoge mit beeinträchtigten Menschen arbeite.
Ach ja, cool. Dann kennst du das ja. Manchmal dauert es recht lange, bis man Erfolge sieht, aber wenn sie da sind, ist es echt krass.
Fotocredit: Electrola / Universal Music
Natürlich gibt es nicht nur problembeladene Songs von dir, sondern auch positive und lustige Anekdoten wie das humorvolle “Gegengewicht” oder „Magnet“. Magst du auch dazu was erzählen?
Richtig. „Vergiss die Guten Tage nicht“ oder „Marie“ – das sind ja nicht nur traurige Sachen. Ein Konzert sollte immer beides haben: Nachdenkliches und Hoffnung. Und ein bisschen tanzen. Wir haben auch ein paar Dance-Sachen drin. Dieses Potpourri macht ein Konzert für mich aus. Man taucht kurz in etwas Schweres ein, wird aber auch wieder rausgeholt. Manchmal ist es witzig, manchmal auch ungewollt witzig. Dann gibt es Momente, wo wir einfach zusammen laut singen, grölen, abtanzen. Ich mag meine Band sehr und die haben echt Bock zu spielen.
Wie geht es weiter? Wird es bald ein zweites Album von dir geben oder ist das noch weit weg?
Ich denke, Anfang des nächsten Jahres. Ich schreibe schon und das Schwere wird sein, aus der Vielzahl an Songs die Songs fürs Album auszuwählen. Ich habe so viel geschrieben, dass es wohl ein schwieriger Prozess wird. Es sind bestimmt dreißig Songs, und davon muss ich dann 12-13 auswählen. Ich werde ohnehin viele raus bringen bis dahin und ein paar werden auf dem Album sein, aber die Leute sollen auch nicht alles schon kennen, wenn das Album erscheint.
Genau. Ein paar Überraschungen müssen dabei sein. Was dürfen wir denn vom heutigen und von weiteren Konzerten der aktuellen Tour erwarten? Wird es schon neue Songs geben? Singst du auch Coverversionen?
Wir haben eine neue Nummer mit deutschem Text auf die Melodie von „Time After Time“. Da müssen wir noch auf die Freigabe der Rechte warten, um das rauszubringen. Aber echte Coverversionen nicht. Ich hab das schon gesehen – bei Wincent und Johannes -, aber da musst du stabiler sein, um das machen zu können. Max lässt ja manchmal die Leute raussuchen, welcher Song gespielt wird. Das klappt total gut und lockert die Stimmung. Manchmal ist es „Highway To Hell“ oder sowas. Man braucht auf jeden Fall eine gute Band. Von meiner Zeit auf der Straße hätte ich noch ein paar Cover.
In Lübeck wird es Anfang September ein Konzert “Florian Künstler & Friends” geben. Cassandra Steen, Alexander Eder, Laith Al-Deen und Madeline Juno sind mit dabei. Wie kam es dazu? Was verbindet dich mit diesen Künstler*innen?
Freundschaften! Es ist ja verrückt, dass du mit der Zeit deine Idole triffst. Die meisten kennen sich untereinander. Mit Laith habe ich Songs geschrieben für sein neues Album. Mit Cassandra, Maddie und Alex hab ich Duette. Zuerst gab es die Freundschaften und daraus sind die Duette gewachsen. Deshalb heißt es ja „Florian Künstler & Friends“ und ich dachte, wen lade ich ein? Es ist sonntags in Lübeck, wird riesengroß und ich hoffe, dass viele Menschen kommen.
Dann wünsche ich dir viel Glück und erfolgreiche Konzerte. Vielen Dank für deine Zeit und das Interview!
Herzlichen Dank an Daniela von der Promotion-Werft für die Vermittlung des Interviews.
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Das Konzert war ebenso bewegend wie das Interview. Zunächst war die wundervolle revelle als Support allein am Klavier und gab ihre emotionalen Songs zum Besten. Dann startete Florian mit Band und sattem Sound voll durch. Allerdings hatte er fast immer auch selbst eine Gitarre in Händen und war bei Stücken wie „1000 Raketen“ und „Du bist nicht allein“ solo auf der Bühne.
in 110 Minuten Konzertlänge mit zwei Zugaben erzählte Florian aus seinem bewegten Leben und vom Fanmoment mit Cassandra Steen. „Wovor hast du Angst?“ glänzte mit einem tanzbaren Sound – und dann gab es Mitsingparts wie bei „Luke und Lorelei“. Er sprach offen über seine Pflegefamilie und die verstorbenen Großeltern. Trotzdem gab es mit „Vergiss die guten Tage nicht“ dazu einen positiven Song.
Der Abend in der Garage hat viele Menschen bewegt – und wer nicht genug bekommen hat, kann Florian Künstler schon bald wieder als Support von Max Giesinger in Trier sehen: am 20.6.2024 vor der Porta Nigra!
Hier die aktuellen Tourdaten für 2024 und 2025:
30.04.24 Freiburg, Jazzhaus
01.05.24 Ulm, Roxy
02.05.24 Wien, B72
03.05.24 Leipzig, Werk 2
04.05.24 Dresden, Alter Schlachthof
01.09.24 Lübeck, Kulturwerft Gollan Open Air „Florian Künstler & Friends“
Die Monsters of Liedermaching waren in der Garage Saarbrücken – und es war mal wieder ein Genuss! Als sich die Liedermacher und Einzelkünstler Jens Burger, Rüdiger Bierhorst, Peer Jensen, Jan Labinski, Frederik Timm und Torsten Kühn vor zwanzig Jahren zu den Monsters of Liedermaching zusammenschlossen, war das im ersten Moment vor allem eine Schnapsidee. Aber wie heißt es so schön: „Glücklich und besoffen sein“.
Beides hat man sich über zwei Jahrzehnte erhalten und so ist das Sextett auch heute noch in unveränderter Besetzung zusammen unterwegs. Eine Reihe von Alben sind inzwischen erschienen – und auch beim neuen Werk „Federwisch im Elfental“ besinnt man sich auf die Kerntugend der Sänger, nämlich ihre Livepräsenz.
So gab es auch in der Garage Saarbrücken einen grandiosen, launigen Set mit viel Spaß für die Zuschauer*innen. Das Publikum stimmte schon vor Beginn ordentlich ein mit einem stimmgewaltigen „Kumbaya“ und dem Schlachtruf „Monsters“ auf die Melodie von „Thunder“. Alle waren also bestens aufgelegt, so auch die Liedermacher, die mit „Tod in der Nordsee“, „Auflaufform“ und „Prädikat Punk“ mächtig vorlegten.
Die Band ist für ihre satirischen und humorvollen Lieder bekannt und machte dem wieder alle Ehre. Themenvielfalt auf der einen Seite, klassische Songwriter-Gitarrenarbeit auf der anderen, bisweilen ein Piano oder gar die berüchtigte Nasenharmonika. Die Sänger haben nicht die schönsten Stimmen, klingen aber so, als würden sie draußen auf der Straße oder an der Bar nebenan spielen. Weit über zwei Stunden ging der Reigen zwischen Liedermachertum und Kabarett.
Zwischendurch gab es eine halbstündige Pause, doch unverdrossen ging es danach weiter mit Stücken wie „Marzipan“, „Die Hamstereinkäufe schämen sich für dich“, „Sexkranker Expunker“ und dem philosophischen „Selbstverständlichkeit“. Dem Ideenreichtum des Sextetts waren mal wieder keine Grenzen gesetzt. Die Monsters bieten jederzeit einen unterhaltsamen Abend – und Saarbrücken dankte mit Riesenapplaus.
Nach dem lauten und ausverkauften Konzertabend mit KETTCAR am Tag zuvor konnte es jetzt in der Garage Saarbrücken etwas ruhiger zugehen. Der vordere Teil des Konzertsaals war abgetrennt und locker gefüllt – vor allem mit weiblichem Publikum. Das allerdings war in froher Erwartung auf die Sängerin aus Offenburg und feierte bereits den Support revelle ordentlich ab.
Schon um 19.45 Uhr trat die junge Sängerin auf. Die Wahlberlinerin ist mittlerweile fester Bestandteil der Deutschpop-Playlisten. Sehr quirlig, sympathisch und frisch nahm sie das Publikum mit auf eine 30minütige Reise durch luftige, meist fröhliche Popsongs, die sie sehr reduziert zu Klavierbegleitung interpretierte. Man sah ihr die Freude über den Auftritt merklich an und die halbe Stunde verging wie im Flug.
„Ich wünschte du wärst meine erste Liebe, weil’s so viel leichter wär‘ dich einfach zu lieben“, singt revelle. Mit ihrem minimalistischen Stil trifft sie mit ehrlichen Texten mitten ins Herz einer ganzen Generation. Klare Worte von Gefühlen und dem Chaos, das aus ihnen entstehen kann, werden zum Mittelpunkt der Musik. revelle hat an diesem Abend sicher einige neue Fans im Saarland gewonnen. Schon bald wird man sie wieder in der Garage erleben können, da sie auch Florian Künstler am 28. April als Support begleitet.
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Um 20.45 Uhr war es dann Zeit für Madeline Juno. Vor einem halben Jahr hatte ich sie noch auf Acoustic Tour im Kammgarn Kaiserslautern gesehen. Auch ein großartiges Konzerterlebnis – doch es ist schon besser, wenn sie mit umfangreicher Band auftritt und einen grandiosen Sound auf die Bühne zaubert.
Seit sich Madeline entschieden hat, von der englischen zur deutschen Sprache zu wechseln, gehört sie zu meinen absoluten Favoritinnen in der poetischen Popmusik. Das war im Jahr 2017 mit dem Longplayer „DNA“ der Fall und inzwischen ist mit „Nur zu Besuch“ schon ihr viertes Album mit deutschen Lyrics erschienen.
Der Abend startete ganz typisch mit „Sad Girl Shit“, „Lovesong“ und „Vermissen“, wobei sich die 28jährige Sängerin gerne mal selbst voll Ironie auf die Schippe nimmt. Oft geht es um Irrungen und Wirrungen ihres Beziehungslebens, aber auch um die schwierigen Themen Depression und Angststörung, die immer wieder eine Rolle spielen.
Der Klassiker „Grund genug“ wurde in einer neuen Version dargeboten und brachte das Publikum zum kollektiven Mitsingen. Madeline warnte vor ihren Tanzkünsten, legte dann aber im nahtlosen Übergang von „Gewissenlos“ zum rockigen „Schatten ohne Licht“ eine sehr ansehnliche Sohle aufs Parkett. Also alles gut.
Eine Zuschauerin hielt ein Plakat „A oder B“ in die Höhe und traf Madeline im wunden Punkt: „Ich kann sowas einfach nicht ignorieren.“ Sie fragte, was wohl damit gemeint ist, gab die Antwort B und wurde mit dem Wunsch nach einem alten Song „Drei Worte“ konfrontiert. Hektisch beriet sie sich mit ihrem Keyboarder, googelte den Text, lernte gar die ersten Zeilen neu per Spotify und sang dann zumindest den Refrain des Songs. Für solche Aktionen ist die Sängerin bekannt und das macht sie überaus sympathisch.
Den Zuhörer*innen war sie immer ganz nah und erzeugte stärkere Intimität mit zwei akustischen Songs, „Version von mir“ im Trio und dem bisher unveröffentlichten „Mediocre“ allein mit Ukulele. Letzteres als Antwort auf die bei Promoterminen immer wieder gestellte Frage, wie man sich denn so fühlt, wenn man nächstes Jahr 30 wird. „Männer werden das nie gefragt“, bemängelte sie. Aber vermutlich haben Frauen im Showgeschäft eine ganz andere Halbwertszeit.
Madeline Juno hat schon seit Jahren eine abgeklärte Art, mit ihren Depressionen umzugehen, indem sie eindringliche Bilder für ihren Gemütszustand findet. „Nur kurz glücklich“ zeigt deutlich die immer vorherrschende unsichere Gemütslage auf und „Murphy’s Law“ strotzt vor unnötigen Selbstzweifeln.
Zur Freude vieler gibt es das atmosphärische „Waldbrand“, das Startschuss von Madelines zweiter Karriere und „Breaking Point“ nach den englischsprachigen Alben war. „Ich hätte nie gedacht, dass ich das kann“, erzählte sie. Sie lebt stets im Wechselbad der Gefühle, was sich in der Vielfalt der Songs niederschlägt. Dabei will sie nur das Beste für den Partner in einer Beziehung, was sie sehr gerne besingt – in Stücken wie „Was zu verlieren“, „Was weiß ich schon“ und „Versprich mir du gehst“. All das ist verpackt in mitreißende Songs, poppige Beats oder melancholische Melodien.
Es gab noch einen weiteren unveröffentlichten Song „Anomalie“ und zu „Obsolet“ konnte man Madeline erstmals am Bass erleben. Die Vielfalt ihrer musikalischen Fähigkeiten ist ohnehin bewundernswert, man denke nur an das Wechselspiel zwischen tiefen und extrem hohen Tonlagen in ihrer Stimme.
Zum Zugabenblock ab 22.25 Uhr erschien sie barfuß auf der Bühne, mit höllischen Blasen an den Füßen, da sie zu Konzertbeginn vergessen hatte, ihren Fersen mit Pflaster zu schützen. Da kennt die junge Frau keine Scham und erzählt solche Anekdoten frei von der Leber weg. Erfrischend und authentisch – wie ihre Songs. So gab es im Zugabenblock als erstes (und absolut passend) „99 Probleme“ ganz allein an der Gitarre und das beschwingte „Sommer, Sonne, Depression“ sowie „Nicht ich“ beendeten ein Konzert, das trotz auch schwerer Themen einfach glücklich machte.
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„Gute Laune ungerecht verteilt“, so lautet der Titel des neuen Kettcar-Albums. Am Donnerstag aber war von Ungerechtigkeit kaum etwas zu bemerken, sind doch die Fans einfach glücklich, dass die Hamburger Band nach langer Pause endlich wieder ein Album auf dem Markt hat (das sogar Platz 1 der deutschen Charts enterte) und sich zurzeit auf ausgiebiger Tour befindet. So war die Garage in Saarbrücken schon seit Monaten ausverkauft und es tummelte sich allerlei Publikum im großen Rund, das auch ältere Semester mit einschloss. Kettcar waren von Beginn an – seit 2001 – eine Band für alle Generationen.
Bevor aber Marcus Wiebusch & Co. loslegten, waren Kochkraft durch KMA als Support gefragt. Der Bandname ist schwer zu merken aber leicht zu googeln. Die Band um Sängerin Lana Giese stammt aus dem Großraum Köln und feiert sich mit interessanten Wortschöpfungen. So sehen sie sich als Vertreter*innen der „Neuen Deutschen Kelle“, einer Neuinterpretation von NDW. In diesem Sinne gibt es Punk mit Sprechgesang, schnell, laut und elektronisch.
Das neuste Album „Alle Kinder sind tot“ erschien bereits vor fast zwei Jahren. Die aktuelle Single „Mein Hund heißt wie Du!“ wurde gemeinsam mit Team Scheisse aufgenommen und beim Kettcar-Label Grand Hotel van Cleef veröffentlicht. So kamen die dynamische Frontfrau und ihr agiles Team vermutlich zu der Rolle als Support, die sie in 40 Minuten Konzertlänge glänzend ausfüllten. Viele werden Kochkraft durch KMA vermutlich an die laute Rockband erinnert haben, die Kettcar noch vor 23 Jahren waren.
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Pünktlich um 21 Uhr waren die Hamburger am Start. Aus der lauten Rockband ist eine nachdenkliche Truppe geworden, die mit ihrem Politpunk immer noch wichtige Geschichten erzählt, den Fokus aber mehr aufs Erzählen als aufs eingängige Abfeiern legt. Es war der offizielle Tourstart nach Clubkonzerten auf Helgoland und im Kölner Luxor. Und die Garage war der perfekte Ort dafür, konnten Marcus und Reimer doch von unzähligen Gigs in der Region schwelgen, beginnend mit dem kultigen Start 2003 im P-Werk Blieskastel.
„Auch für mich die 6. Stunde“ eröffnete den Set. Es geht darin um aktuelle Ereignisse und den damit einhergehenden Zynismus: „Sandstrand, Junge tot, Netflix, Abendbrot“. Besser kann man nicht erklären, warum unsere Welt kaputt ist. Dann „Benzin und Kartoffelchips“ vom Album „Ich vs. Wir“, das bald schon erschreckende sieben Jahre alt wird. Wiebusch lud zu einer kleinen Zeitreise ein von „Money Left To Burn“ (2001) über „Balkon gegenüber“ (2002) und „48 Stunden“ (2005), was der bislang höchste Charteinstieg der Band war. Grund genug, auch den Radiosender SR2 zu loben, der das Saarbrücker Konzert mitgeschnitten hat und es demnächst in verkürzter Form senden wird.
Weiter ging es politisch mit „Sommer 89“ und dem grandiosen „München“, das nach Meinung von Reimer Bustorff auch den Titel „Saarbrücken-Dudweiler“ tragen könnte, geht es doch um einen Menschen, der in Deutschland geboren ist aber für immer Ausländer bleiben wird. Die Setlist war insgesamt ausgewogen und – meiner Meinung nach – absolut großartig. So gab es die Ballade „Balu“, allein mit Gitarre und Piano begleitet, und „Doug & Florence“ gegen die liberale Zumutungspolitik.
Ob Musik etwas bewirken kann, wird Marcus oft gefragt – und kann es nicht mehr hören. Er sagt seine Meinung und schreit sie bisweilen laut heraus. So kann er Momente genießen wie die Performance seines formidablen Solosongs „Der Tag wird kommen“ über einen homosexuellen Fußballstar. Auch dieser fand seinen Platz im Set und verursachte mir und vielen anderen Gänsehaut – wie immer, wenn man das dazu gehörige Video sieht, das auch hier im Hintergrund ablief. Klar befindet man sich in einer Meinungsblase, aber das daraus entstehende Zusammengehörigkeitsgefühl kann jeden stärken.
Eine Premiere feierte der Song „Blaue Lagune, 21.45 Uhr“ den es bisher noch nirgends live gab. Als letztes im regulären Set folgte um 22.30 Uhr das umjubelte „Landungsbrücken raus“. Der Zugabenblock dehnte dann das Konzerte auf lockere zwei Stunden aus. Mein Highlight? Wie immer „Trostbrücke Süd“. Ein atmosphärischer Song über die Verlorenen im Frühbus, der in einem skurillen Moment an der Endstation gipfelt, wenn alle verbliebenen Fahrgäste auf ihre Sitze steigen und dem Busfahrer skandieren: „Wenn du das Radio ausmachst, wird die Scheißmusik auch nicht besser“. Wie geil ist das denn? Und wie perfekt wirkt dieser Song in später Konzertkulisse? „Auf den billigen Plätzen“, „Ich danke der Academy“ und „Deiche“ beendeten das grandiose Comeback-Konzert.
Wer Kettcar in der Region Trier nochmal live sehen will, hat dazu am 28. August Gelegenheit, wenn die Band den Brunnenhof neben der Porta Nigra mit guter Musik erfüllen wird. Die kompletten restlichen Tourdaten 2024 findet ihr ganz unten in diesem Text.
Setlist KETTCAR, Garage Saarbrücken, 11. April 2024
Auch für mich 6. Stunde
Benzin und Kartoffelchips
Money Left to Burn
Balkon gegenüber
48 Stunden
Sommer ’89 (Er schnitt Löcher in den Zaun)
München
Rettung
Notiz an mich selbst
Balu
Ein Brief meines 20-jährigen Ichs (Jedes Ideal ist ein Richter)
Wenn New Model Army in der Saarbrücker Garage spielen, ist das natürlich ein Pflichttermin für geneigte Punk- und Independent-Fans aller Generationen. So war die kultige Location auch in Windeseile ausverkauft und man konnte sich dicht gedrängt auf das Konzert freuen, das nach dem Support Yagow pünktlich um 20 Uhr startete.
Die Band um den charismatischen Justin Sullivan ging mit „Coming or Going“ vom aktuellen Album „Unbroken“ gleich in die Vollen. Es war klar, dass NMA hier nicht irgendwelche alten Hits abnudeln wollten. Die Band aus dem britischen Bradford ist immer noch politisch relevant und hat etwas zu sagen. Gleich zu Beginn gab es mit „First Summer After“, „Language“, „If I Am Still Me“ und „Do You Really Want To Go There“ noch eine ganze Reihe neuer Titel.
Das neue Werk liefert altbewährte Klänge und neue Energie. Es ist voller heftigen Gitarren und setzt ein besonderes Augenmerk auf das rhythmische Zusammenspiel zwischen Bass und Schlagzeug. New Model Army verschieben dabei die Grenzen ihres einzigartigen Sounds, bleiben sich selbst jedoch treu. Das Album ist eine abwechslungsreiche Sammlung von Liedern mit sozial-politischer Message bis hin zu tief persönlichen Einblicken.
Doch natürlich haben es auch genügend Fan-Favoriten und Mitsing-Klassiker auf die Setlist geschafft. Schließlich wissen Army, wie man mit dem musikalischen Erbe umgeht – gab es dort in den letzten Jahren sowohl eine sehr ungewöhnliche Varianten mit 1000 Stimmen, die im Chor mitsangen, und eine orchestrale Version der größten Hits. So durften natürlich auch in Saarbrücken „Stormclouds“, „225“ und „Green and Grey“ nicht fehlen.
Justin war nicht so sehr in Plauderlaune, wie man dies von seinen Solo-Konzerten kennt, doch er hatte trotzdem einige „Stories from Brexit Island“ auf Lager, wetterte gegen Nationalismus und Kapitalismus, rief zu Solidarität auf. Auch mit fast 68 Jahren (der Geburtstag ist in gut zwei Wochen) bleibt Sullivan ganz der Alte.
Im Endpurt gab es grandiose Evergreens wie „Purity“ und „No Rest“. Im Publikum war eine fantastische Stimmung zu bemerken, auch wenn die Anzahl der choreografierten Performances auf den Schulter der Kolleg*innen bei weitem nicht mehr mit früheren Konzerten zu vergleichen ist. „Wonderful Way To Go“ und „Get Me Out“ funktionierten aber immer noch als Hymnen voller Energie, die Band und Publikum zielsicher verbanden.
Nach fast zwei Stunden war das Saallicht schon an, doch die Band kehrte zum düsteren „Betcha“ ein letztes Mal zurück. Die Geschichtenerzähler mit politischer Message haben viel zu berichten – vor allem, wenn sie in Europa unterwegs sind. Nächste Gelegenheit zum Konzertbesuch gibt es übrigens am 19. Juli 2024 in Trier. Die Open-Air-Location am Brunnenhof direkt neben der Porta Nigra ist definitiv einen Besuch wert.
Klar hätte man es sich einfach machen können. Nachdem das Konzert der Donots in Saarbrücken in Windeseile ausverkauft war, wäre eine Ausweichstätte in der saarländischen Landeshauptstadt schnell gefunden. E-Werk und Saarlandhalle sind ja immer in der Hinterhand. Doch zum Glück ging man den coolen Weg: Nach dem Motto „man lebt nur zweimal“ wurde kurzerhand eine Nachmittagsshow angesetzt. Was das für Auswirkungen hatte, konnte man mit Blick ins Publikum unschwer erkennen. Der Altersdurchschnitt war deutlich gesenkt und das Publikum ging bis ins Kita-Alter. Grandios! Man kann den Kleinen nicht früh genug beibringen, wie ordentliche Musik klingt. Das war musikalische Früherziehung par excellence.
Die Garage war schon zu früher Stunde (sprich: 14 Uhr) bestens gefüllt. Am Nachmittag zwar nicht ausverkauft, aber mit knapp 1000 Zuschauer*innen bis in die hinteren Reihen locker gefüllt. Adam Angst machte den Support und musste zunächst das etwas launische Publikum bändigen: „Es ist auch für uns die erste Stunde“. Die deutschen Punkrocker sind schon lange kein Geheimtipp mehr und bekannt für ihre knallharte Performance. So hatte man das Publikum mit „Wir sind zusammen“ und dem Mottotitel „Punk“ schnell auf seiner Seite. Sänger Felix Schönfuss verfügt über eine geniale Stimme und eine fantastische Bühnenpräsenz. Dazu gab es deutliche Worte und verzerrte Gitarren.
Die halbstündige Setlist widmete sich vor allem dem aktuellen Album „Twist“, das erst kürzlich erschienen ist. Für Punkrock doch recht untypisch wurden Songs wie „Unter meinem Fenster“ und „Die Lösung für deine Probleme“ am Piano begleitet. Auch dort machte Felix eine sehr gute Figur. Letztgenanner Track richtet sich deutlich gegen die AfD. Beim Agieren gegen Rechts darf es keine Klischees geben. Und als Zugabe gab es den Song von den selbsternannten „Professoren“, die abends lamentierend in der Imbissbude stehen und zu wissen glauben, wie die Ausländer unser Land verändern. Mit tiefsinnigen Texten und krasser Performance haben Adam Angst neue Freunde gewonnen, was ein Blick in Richtung Merch-Stand verriet.
Fotocredit: Grand Hotel Van Cleef
Pünktlich um 15 Uhr machten die Donots sich zu den Klängen von „Girls Just Wanna Have Fun“ bereit, um dann zum Schlachtruf „Auf sie mit Gebrüll“ den Vorhang fallen zu lassen. 1994 als Schülerband in einer Garage in Ibbenbüren gestartet, haben sich die Donots Schritt für Schritt einen Namen weit über die Punkrock-Szene hinaus gemacht. Fast 30 Jahre, zwölf Alben, über 1.200 Konzerte in 21 Ländern – ihre Geschichte hat Höhen, Tiefen und natürlich jede Menge absurde Momente.
Dass sie auch den Nachmittagsslot beherrschen, haben sie 2022 bei ROCK am RING eindrucksvoll bewiesen, als sie zu früher Stunde das Festival eröffnen durften. Es war die erste Show dort nach Corona und die Menschen waren ausgehungert. Die Donots konnten diesen Hunger stillen und feierten bei hellem Tageslicht eine Wahnsinnsshow, die Maßstäbe für das Festival setzen sollte. Jetzt in Saarbrücken stand der Tag zunächst unter keinem guten Stern, war doch Sänger Ingo noch vormittags mit Verdacht auf Rippenbrüche beim Arzt. Zum Glück Fehlalarm und er konnte sich für zwei Shows fit machen, für die am Abend kurzerhand die ganze Praxis-Crew auf die Gästeliste gesetzt wurde. Ein feiner Zug.
Neben den deutschsprachigen Gassenhauern gab es auch englische Songs wie „Calling“ und „Dead Man Walking“, das den ersten Mega Circle Pit zur Folge hatte. Natürlich hatte Ingo im Blick, dass sehr viel Jungvolk im Publikum war. Als er zu „Hey Ralph“ alle Kids auf die Bühne bat und sich die Reihen unendlich mit strahlenden Gesichtern füllten, wurde er selbst von den Emotionen übermannt und war den Tränen nahe. So etwas erlebt man nicht oft.
Der Besuch mitten im Circle Pit war für den Frontmann obligatorisch. Und dort entdeckte er während „Kaputt“ den Erdbeermann, der auf Donots-Konzerten im Saarland schon eine Legende ist und inzwischen mit eigenen Aufklebern und Fan-Shirts (!) aufwartet. Zudem lud der Erdbeermann alle Fans für die Zeit zwischen den Shows in die Kneipe Klim-Bim am Sankt-Johanner-Markt ein. Dort würden zur Feier des Tages nur Donots-Songs gespielt. Versprochen.
Die Show mit drei Zugaben („Eine letzte Runde“, das Twisted-Sister-Cover „We’re Not Gonna Take It“ und „So Long“) dauerte gut 100 Minuten. Absolut okay – vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass ja noch eine weitere Runde am Abend anstand. Wieder einmal wurden die Donots ihrem Ruf als furiose Liveband gerecht. Im Saarland sind sie stets willkommen – egal zu welcher Uhrzeit.
Begonnen haben Maximilian Kennel und Jonas Frömming ihre Karriere mit Poetry Slam und als Duo auf deutschen Kleinkunstbühnen. Mit einer Mischung aus Singer-Songwriter-Pop, brachialem Humor und feinem Hintersinn gewann das Lumpenpack in den letzten Jahren diverse Contests und Preise. Den kultigen Umgang mit Wortwitz und bedeutungsschwangeren Texten merkt man den beiden bis heute noch in ihren Lyrics und Ansagen an, doch inzwischen haben sie sich mit ihren Mitstreiter*innen zu einer veritablen Punkband gemausert, die am gestrigen Abend die Garage in Saarbrücken dezent zum Kochen brachte. Es war eine grandiose Show zwischen Klamauk und ernsthaften Themen.
Schon früh ging’s um 19 Uhr los und ELL aus dem Odenwald machten den Anfang. Das Duo besteht aus Lisa-Anna und Lennart, sie selbst nennen ihre Musik Krach-Pop. Schon hier wurde im halbstündigen Set schwungvoll der Circle Pit geübt. Nach dem Support ging es zur Einstimmung umgehend mit ausgewählter Musik vom Band weiter, wobei Kollegen wie Die Ärzte, Farin Urlaubs Racing Team, Kraftklub und Billy Talent zu Wort kamen. Den Abschluss machte aber – ganz ohne Punk – die „Bohemian Rhapsody“, vom Publikum grandios mitgeschmettert und pünktlich um 20 Uhr beendet, damit die Band sekundengenau die Bühne betreten konnte.
Mit 800 Zuschauer*innen war die Garage gut gefüllt – und dabei waren viele Generationen vertreten, worauf ich gleich noch zurück kommen werde. „Gibt Schlimmeres“ machte den Anfang und mit „Guacamole“ ging es gleich in die Vollen. Wobei – man war sehr wohl auf das Wohlergehen der Fans bedacht und legte gleich zu Beginn Regeln für die immer wieder entstehenden Circle Pits und Walls of Death fest: Die Ellbogen bleiben unten und die Hände werden nicht wild auf fremde Körper gelegt. Ein schönes Zeichen von Awareness, damit alle sich wohlfühlen können.
„Kann es sein, dass du dumm bist?“ war die erste Mitsing-Hymne des Abends. „Gisela“ wurde ausführlich gewürdigt, aber auch die Gilde der „Heilpraktiker“, wobei man aus dem eigenen Erfahrungsschatz schöpfen und von Krankheiten in der Kita erzählen konnte. Das Publikum vom Lumpenpack ist immer für eine Überraschung gut, so warf eine Zuschauerin ihre Krankenversicherungskarte (!) auf die Bühne und die Band erfreute sich gemeinschaftlich am kultigen Namen Antonia Trinkaus.
In der ersten Reihe befand sich eine große Schar an – zum Teil noch ziemlich kleinen – Kindern, schätzungsweise im Grundschulalter. „Habt ihr Ferien?“, kam die Frage von der Bühne. „Ja, aber ihr zum Glück nicht“, kam die schlagfertige Antwort von Aaron, der ganz vorne stand. Zugleich meldete sich ein weiterer Aaron zu Wort und ein Mädel verkündete, dass sie eine Klassenkameradin von Aaron sein. Das kleine Publikum hatte die Band zeitweise fest im Griff.
Im Gegenzug gab es dann eine Lehrstunde in Sachen deftiger Wortwahl: 800 Kehlen brüllten „Ich scheiß mich ein“, als der Song „Unverträglichkeiten“ erklang. Und ein Roadie mit riesigem Kochlöffel bat die Menge zum riesigen Circle Pit und rührte kräftig um.
Ganz nach dem Motto „Die Geister, die ich rief“ gingen Dutzende Hände hoch, als die Frage nach anwesenden Pädagog*innen gestellt wurde. Logisch, gehört doch „Pädagogen“ zu den kultigsten Songs aus den Duo-Zeiten. Zu „Ford Fiesta“ begab man sich später in ein viel zu großes Schlauchboot in Form eines Autos und bereiste die Garage auf den Händen der Fans, während die Band die Vocals übernahm.
Neben diesen Klassikern gab es aber vor allem Songs des neuen Albums „Wach“, das erst Ende August erschienen ist und fast komplett gespielt wurde. Dass viele Anwesende trotzdem äußerst textsicher waren, beweist den Kultcharakter, den das Lumpenpack seit langem hat. Nach 100 Konzertminuten begann der Zugabenblock mit drei Songs: Für „Danke, liebe Leber“ musste das Publikum komplett auf die Knie gehen, um diesem wichtigen Organ zu huldigen. „Mein Hass“ wandte sich gegen alle Idioten dieser Welt und der Mottosong „Frieden durch Lärm“ beendete pünktlich nach zwei Stunden das Konzert.
Yes! Das Lumpenpack kann mehr als Kleinkunst, denn ihre Konzerte werden immer größer. Vor der deutschen Punk-Elite muss man sich schon lange nicht mehr verstecken. Und das Gleichgewicht zwischen Comedy und den großen politischen Themen haben sie längst gefunden. Auf die nächsten zwölf Jahre!
Mit „Die Sonne ist ein Zwergstern“ haben sich Jupiter Jones zum Jahreswechsel endlich in alter Form zurück gemeldet. Das war schon ein Paukenschlag, als Nicholas Müller und Sascha Eigner ihre überfällige Versöhnung verkündeten, die Band neu starteten und erste neue Songs auf den Markt brachten. Das aktuelle Album ist das erste seit fast sieben Jahren. Es hat Tiefgang, ist nicht so sarkastisch wie die ersten Alben der Band und beschäftigt sich mit zum Teil düsteren und melancholischen Themen. Den Sprung zu poppigeren Klängen hatte es schon auf „Brüllende Fahnen“ gegeben, dem Album ohne Nici. Diesen Stilwechsel machen Jupiter Jones nicht komplett rückgängig. Im Studio gibt es ein Stück weniger Punk, dafür mehr Indie-Rock. Live aber lebt die Band alle Qualitäten der Gegenwart und der Vergangenheit. Das macht wie immer großen Spaß.
Im Vorprogramm gab es die Band Das blühende Leben – mir bislang völlig unbekannt. Das Trio aus Mannheim wurde 2019 ins Leben gerufen und bietet eine Mischung aus fetzigem Deutschrock und NDW. Für das Publikum in der Garage Saarbrücken waren sie ein willkommener Aufheizer und boten eingängige Nummern wie „Instagram“ und „Normal“.
Pünktlich um 21 Uhr kamen dann Jupiter Jones zum Zug. Oder besser: Ihr Tourfotograf, der die Gitarrenriffs von „Rock You Like A Hurricane“ gelernt hatte und diese nun jeden Abend als Opener zu Gehör bringen muss. Dann startete der Topact mit „Immer für immer“ und „Ja sicher“. Auch bei diesem Stück vom aktuellen Album war das Publikum textsicher, was den Frontmann sichtlich freute. So konnte er mit Klassikern wie „Rennen und Stolpern“ sowie „Wir sind ja schließlich nicht Metallica“ in die Vollen gehen.
Der Abend bot einen erzählfreudigen Nicholas Müller mit teils launischen Ansagen, die perfekt zu seiner schnoddrigen Art passten – inklusive Mittelfinger für Hetzer und Populisten. So kennt man den Eifeler Sänger. Schön, dass er wieder zurück ist. Mit Anekdoten über Konzerte in Saarbrücken und dem Neuanfang in der Corona-Zeit. „Überall waren Schatten“ passte perfekt zu dieser dunklen Zeit, auch wenn es kein expliziter Corona-Song ist.
Die Band war spielfreudig am Start, konnte sich aber auch für „Mein Viel und dein vielleicht“ akustisch zurück nehmen. Nach „Das Jahr in dem ich schlief“ und „Melatonin“ gab es zum Ende des 70minütigen Hauptsets noch den Überhit „Still“, der wie immer eine kollektive Gänsehaut erzeugte.
Klar war das Konzert noch nicht zu Ende und es gab einen ausgiebigen Zugabenblock. Das Saarbrücker Publikum und die Band zeigten sich voneinander angetan. Es war ein großes Konzerterlebnis in der nicht ganz ausverkauften Garage. Jupiter Jones haben wieder zu alter Form zurück gefunden – so kann es noch lange weiter gehen. Auf die nächsten 21 Jahre!
Endlich wieder ein Konzert in der Garage, dem angesagten Liveclub in der saarländischen Landeshauptstadt. Die Zeit von Schnelltests und Masken scheint zumindest vorerst vorbei und man freut sich wieder auf echte Musik in dichter Atmosphäre und einer wogenden Zuschauermasse. Was könnte da besser passen als Gig Nummer 2610 auf der „Never Ending Tour“ des britischen Punk-Folk-Künstlers? Tatsächlich kann man auf seiner Homepage das Listing aller Konzerte seit Nummer 1 am 18. September 2004 nachlesen. Ich kenne sonst keinen Künstler, der das so akribisch mitzählt. Selbst in 2020 und 2021 gab es keine Pause sondern eine Reihe von akustischen Livestreams aus seinem Privathaus, die natürlich in der Agenda mitgezählt werden. Chapeau für einen solchen Enthusiasmus – und natürlich war es schön, den charismatischen Frontmann endlich wieder hautnah zu erleben. Das ließen sich die Fans in der voll besetzten Garage jedenfalls nicht entgehen.
Den Anfang machte aber die Band Pet Needs. Der Grundstock des Vierers wurde gelegt, als Gitarrist George auf dem Sofa seines Bruders Johnny in Colchester landete, nachdem er einen Job in einer Tankstelle in den Midlands für die schillernden Lichter von Nord-Essex aufgegeben hatte. Sie hatten keinen Plan, aber sie hatten Gitarren. Und damit und mit ihrem aktuellen Album „Fractured Party Music“ konnten sie hier vollends überzeugen und dem Publikum in einer guten halben Stunde mit acht Songs ordentlich einheizen. Selten habe ich einen solchen Leadsänger gesehen, der nicht für den Bruchteil einer Sekunde stillstehen kann und seine ganzen Emotionen rundum in energetische Vocals und eine unendliche Agilität umsetzt. Das wurde von den Punkfans in der Garage mit soliden Mitsing-Parts und begeistertem Applaus honoriert: „Punk Isn’t Dead; It’s Just Up For Sale“ lautete das ironische Motto. Dass dem nicht wirklich so ist, kann man auf dem Studio-Output von Pet Needs jederzeit nachvollziehen (HIER unsre Review).
Dann aber war es Zeit für Frank Turner und seine Sleeping Souls. Er startete mit „Four Simple Words“ und hatte das Publikum umgehend an seiner Seite, dass die Anweisung „I Want To Dance“ mit viel Energie füllte. Passend zum Titel des aktuellen Albums „FTHC“ (Frank Turner Hardcore) gibt es nach Ausflügen in Folk- und Songwriter-Gefilde wieder die aggressive und rohe Seite des Musikers zu erleben. Für ein solides Punkkonzert war das allemal das Beste und er brachte das Publikum langsam aber sicher zurück in alte Zeiten, wo man in einem großen Circle durch die atmosphärisch beleuchtete Halle tanzen konnte.
Nach dem mitsingkräftigen „Glory Hallelujah“ gab es einen akustischen Part, in dem Frank seiner Band und den Fans eine Verschnaufpause gönnte, die er selbst anscheinen nicht nötig hatte. In solchen Momenten erkennt man die Vielseitigkeit des Sängers, dessen folklastige Songs mit emotionalen Momenten ebenso zu ihm gehören wie die ausgelassene Feierstimmung.
Die Freude anlässlich der großen Punkparty war dem Sänger genau so anzusehen wie dem Publikum, das jederzeit kräftig mitging. Es war ein Gig ohne Ruhepause mit 21 Songs im regulären Teil und vier Zugaben. „I Still Believe“ beendete das Konzert mit den richtigen Worten: „Now who’d have thought that after all, something as simple as rock ’n‘ roll would save us all“. Dieses Credo entließ die Zuschauer nach einem famosen Abend in die Saarbrücker Nacht.
Das Album „Molecules“ war eine Überraschung für viele Fans der Schweizer Singer/Songwriterin. Plötzlich hat die aus dem jazzigen Folk stammende Interpretin ihre Liebe zur elektronischen Musik entdeckt – und die englische Sprache nimmt breiteren Raum ein. Dass dies nicht für immer so sein muss, bewiesen die neuen Songs, die Sophie Hunger in der Garage Saarbrücken am 19.2.2019 interpretierte. Und der gefüllte Konzertraum zeigte, dass ihr die Fans die stilistischen Richtungswechsel keineswegs übel nehmen.
Aber der Reihe nach: Den Anfang in der sehr gut gefüllten Garage machte Sophies Landsmann mit dem Superhelden-Namen Frank Powers. Für dessen bombastischen Klang wirkte der Schweizer erstaunlich unscheinbar auf der Bühne und sang die Songs seines aktuellen Albums „Juheminee“ zum Teil auf Schwiizerdütsch. Energisch in den hohen Tonlagen, aber auch mit sehr sanften Anwandlungen wie dem atmosphärischen „Blüete“. Und ein Ausreißer wie „Hochwasser“ bewegte sich dann zielsicher in den Gefilden zwischen Reggae und Jodeln.
Sehr fröhlich erklang Frank Powers‘ „Free Moves“ vom älteren Album „Flohzirkus“ Und dieser Song über die Bewegungsfreiheit passte perfekt zum Ambiente in der Garage. Die Zuschauerfläche war mittels Vorhang etwas verkleinert, gab dem jungen und zum Teil auch etwas älteren Publikum genug Raum, sich tanzend und groovend zu bewegen.
Sophie Hunger begann mit „I Opened A Bar“ und einem lautmalerischen Sprechgesang, mit dem sie die Anwesenden vom ersten Ton an im Griff hatte. Dazu die filigrane Percussion und Frank Powers im Backgroundgesang – das war eine gute Grundlage für einige filigran aufgebaute Songs. Gerade wenn dann der Gesang an einigen Stellen mehrstimmig wurde, konnte man die bisweilen elektronische Ausrichtung getrost vergessen. Es war immer noch ein sehr organisches Konzerterlebnis!
Sophie setze alle Stärken gekonnt ein. „The Actress“ startete sie sehr sanft und melancholisch allein am Piano. Zu „Supermoon“ lieferte sie einen akustischen Gitarrenstart, der dann in eine episch anmutende Klang-Collage mündete. Die Sängerin kränkelte ein wenig, kokettierte aber mit den gelegentlichen Hustenattacken. Und ganz allgemein bot sie sehr süße Ansagen: „Ich muss das Ding hier oben auf der Bühne machen, aber ihr könnt euch da unten kennen lernen. Ihr habt so viel gemeinsam. Wer geht schon an einem normalen Dienstagabend zum Konzert? Ihr müsst mit dem Herzen sprechen und ihr werdet euch verstehen. Das könnt ihr – so nahe an Frankreich…“
Ja. Es gab auch einige französische Songs – „Coucou“ und „Le vent nous portera“, so ziemlich zur Halbzeit des Konzerts. Und drei ganz neue Titel waren dabei, welche die deutsche Sprache und damit die Textverständlichkeit wieder stärker in den Mittelpunkt stellten: „Halluzinationen“, „Rote Beeten mit Arsen“ und im Zugabenteil „Liquid Air“.
Zum Teil aber verzauberte und verstörte Sophie Hunger die Ohren der Zuhörer mit sehr verschrobenen und verspielten Songs. Es gab melancholische Stücke, viele elektronische Elemente und vor allem einige Klangexperimente, die den müden Rezensenten nach einem langen Arbeitstag deutlich auf die Probe stellten. Doch alles in allem war es ein fantastisches Konzert mit einer sehr charismatischen Sängerin, die mal wieder bewies, warum sie eine so große Fanschar um sich sammeln kann, ohne einen wirklichen Hit in petto zu haben: Sie ist immer wieder für eine Überraschung gut.
Irgendwie hatte ich die Illusion, dass das schon alles nicht so dramatisch wird. Lina Larissa Strahl, die sängerisch und tänzerisch äußerst begabte Bibi aus der beliebten „Bibi und Tina“ Filmreihe an einem frühen Sonntagabend in der Garage Saarbrücken. Da werden viele Mädchen mit ihren Müttern sein. Es wird friedlich ablaufen. Man wird gemütlich vor der Bühne stehen. Pustekuchen!
Das Konzert war natürlich ausverkauft, denn Lina umgibt inzwischen der Nimbus einer deutschen Miley Cyrus (zum Glück ohne Skandälchen). Und meine zehnjährige Tochter wollte unbedingt mit. Wir kamen also gegen 18 Uhr in die Garage Saarbrücken und alle waren an ihren Plätzen. Die Bühne noch durch einen Vorhang abgedeckt. Der Innenraum des großen Clubs voller Mädels, die in Abständen lautstark „Lina, Lina“ skandierten, und rundherum mehr oder weniger besorgte Mütter und Väter, die verzweifelt versuchten, ihre Töchter im Blick zu behalten, was aber kaum gelingen konnte.
Damit ihr mich nicht falsch versteht: Die Organisation in der Garage fand ich sehr gut. Ordner und Linas Management waren sehr besorgt um die Kinder. Es wurde darauf geachtet, dass nicht zu sehr gedrückt wird – und die Mädels waren auch noch empfänglich für Anweisungen wie „Jetzt bitte mal alle einen Schritt zurück, damit es an der Bühne weniger eng ist“. Trotzdem herrschte auch gepflegtes Chaos und der Flair eines echten Rockkonzertes. Ich zumindest war froh, dass meine Kleine entschieden hatte, in meiner Nähe zu bleiben und das Geschehen aus der Ferne zu betrachten.
Fast pünktlich um 18.35 Uhr fiel der Vorhang und Lina konnte ihre Deutschrock- / Deutschpop-Show starten. Der Jubel, als das Idol endlich sichtbar auf der Bühne stand, war grenzenlos. Und man kann nur staunen, welche Entwicklung die inzwischen 20jährige Lina Larissa Strahl in den letzten fünf Jahren gemacht hat. Mit 15 gewann sie das Finale des KIKA Komponistenwettbewerbs „Dein Song“. Das junge Mädel aus der Nähe von Hannover wurde direkt im Anschluss von Detlef Buck gecastet und begann parallel ihre Schauspielkarriere. Der Clou dabei: Sie sang selbst den Soundtrack für die „Bibi und Tina“ Filme ein und konnte damit schon vor ihrem Solo-Debüt auf drei goldene Schallplatten blicken.
Aus den „Bibi“-Schuhen ist Lina inzwischen raus gewachsen und geht nun (die Parallelen zu Miley Cyrus sind unverkennbar) ihren eigenen Weg als Solokünstlerin. 2016 erschien das Debüt „Official“, schon ein Jahr später das selbstbewusste Zweitwerk „Ego“. In ihrer 90minütigen Show sang sie ausschließlich Titel dieser beiden Alben mit Schwerpunkt auf dem aktuellen Album, das fast komplett gespielt wurde – und das Publikum sang textsicher mit.
Zum Start gab es „Fan von dir“ als Titelsong der Tour und „Egoist“. Es folgte der Appell an die Zuschauer, gut aufeinander aufzupassen. Lina wirkte von Beginn an sympathisch. In ihrem Auftreten und ihrem Kontakt zum Publikum. Sie war ziemlich in Schwarz gekleidet mit stylischer Jogginghose. Diese brauchte sie auch für diverse Tanzeinlagen. Sie verließ die Bühne zwar nie, war aber ständig in Bewegung und hielt den Kontakt zum Publikum.
„Lieblingslied“ und „Spiel“ kamen gut an. Ebenso wie die Mitsingnummern „Das Beste“ und „Ich brauch kein Happyend“ vom ersten Album. Ihr Freund Tilman Pörzgen, der Lina auf der Tour bisweilen gesanglich begleitet, war bei diesem Termin leider nicht dabei, weshalb das Publikum seine Parts übernehmen musste. Das wurde dann sogleich filmisch festgehalten, „damit er zuhause vielleicht ein Tranchen verdrückt“.
Lina bot den zum Teil recht jungen Mädchen alle Facetten eines großen Livekonzerts. Zu „Glitzer“ gab es mehrfach Konfettiregen. „100 Prozent“ wurde mit Nebelsäulen auf der Bühne bedacht. Zu „Egal“ lieferte die durchweg gute Band ein waschechtes Gitarrensolo und in Anlehnung an den musikalischen Zeitgeist gab es auch eine Reihe von HipHop-Passagen.
Viel zu schnell ging das Konzert dem Ende zu und es gab Fotosessions der Band mit dem Publikum als Hintergrund, bevor die drei Zugaben starteten. „Ohne dieses Gefühl“ und „Tanzen ist Gold“ beschlossen den fetzigen Set. Die Fans sind durchweg auf ihre Kosten gekommen und ich denke, auch manche Eltern waren beruhigt, dass ihr Kinder jetzt „ordentliche Musik“ hören und nicht mehr irgendwelchen Kinderkram. Mir zumindest ging es so.
Gegen 20 Uhr leerte sich die Garage und der Verkauf von Lina-Devotionalien hatte kräftig geboomt. So dürfte das Konzert nachhaltig in Erinnerung bleiben. Und ich denke, dass das auch für Linas Musik gilt. Ihre Songs glitzern in jugendlicher Frische, sind aber keineswegs elektronische Kunstprodukte, sondern gestandene Popsongs, die auch durchaus eine gewisse Rock-Attitüde haben können. So ähnlich hat Nena auch mal angefangen.
Die Band EISBRECHER begleitet mich schon mein halbes (musikalisches) Leben lang. Egal ob auf dem Weg zur Arbeit oder bei der Hausarbeit, Frontmann Alexander Wesselsky begleitet mich immer, zumindest auf meiner Playlist. Obwohl Platten wie „Sünde“ (2008) und „Schock“ (2015) bei mir regelmäßig heiß gelaufen sind, war ich noch nie auf einem Konzert der Neue-Deutsche-Härte-Band. Warum nicht? Ehrlich gesagt weiß ich es selbst nicht. Aber das sollte sich am 10.10.2017 mit der aktuellen Tour zur neuen Platte „Sturmfahrt“ ändern.
Als ich nach längerer Fahrt die Garage Saarbrücken betrat, stand Alex auf der Bühne und heizte das Publikum schon mal für die Supportband „UNZUCHT“ vor. Ich hatte zuvor noch nie was von UNZUCHT gehört, aber wer auf modernen Dark Rock mit vielen elektronischen und düsteren Elementen, schöne Melodien und donnernde Gitarren steht, sollte definitiv mal reinhören. Die Band aus Niedersachsen zeichnet sich durch ihr publikumsnahes Verhalten aus und scheute es auch nicht während ihres Auftritts einen Abstecher in den Graben zu machen und ihre Fans zu begrüßen.
Nach dem Supportakt und Umbauzeit stand ich zugegebenermaßen schon ziemlich gespannt mitten im Publikum, als das Licht ausging.
Eins muss man den Herren aus Bayern lassen: Wie man eine perfekte Liveshowoptik kreiert, wissen sie. Weiß-blaues Licht flutete die Halle und warf eisschollenähnliche Muster an die Wände. Passend zur düster-maritimen Aufmachung des neuen Covers zu „Sturmfahrt“ lief EISBRECHER in Schiffsuniform auf die Bühne ein, voran Frontmann Alex im Kapitänslook. Was soll ich sagen? Die Band startet mit dem Opener „Sturmfahrt“ und wie erwartet wurde das Publikum von der vollen EISBRECHER-Wucht überrollt: man ist voll dabei, singt und tanzt blind mit. Einfach weil es rockt. EISBRECHER wechselt den Abend über gekonnt zwischen alten und neuen Songs hin und her, bietet eingängigen Rock, Industrial-Pop und Neue Deutsche Härte.
Frontmann Alex “Alexx” Wesselsky zieht das Publikum gekonnt in seinen Bann und legt großen Wert auf gute Unterhaltung, indem er durch seine Ansagen immer wieder das Publikum mit einbezieht und mit Aussagen wie: “Ich brauche noch Bilder für Gala und die Bunte und geizt nicht mit Photoshop” klarmacht, dass er und die Band sich nicht ganz so ernst nehmen. Auch wenn Alexx durch sein doch sehr extrovertiertes Auftreten und solchen Aussagen in der Vergangenheit öfter mal Angriffsfläche bot, wir Fans mögen ihn doch grade wegen seines trockenen Humors und ich musste am Abend öfter herzlich lachen. Zusammengenommen eine gekonnte Mischung aus Songs, Optik und Unterhaltung, die mich sowie das Publikum einfach mitriss. Nach dem Konzert hatte jeder noch die Gelegenheit die beiden Bands am Merchstand zu besuchen. Für mich eines der besten Konzerte, die ich besucht habe und ich bereue ein bisschen, dass ich so lange gewartet habe, EISBRECHER mal live zu sehen.
Setlist – Eisbrecher am 10.10.2017 in der Garage Saarbrücken
Christina Stürmer brachte am vergangenen Mittwoch die Garage in Saarbrücken fast zum Bersten. Fans aller Generationen hatten sich in dem bekannten Club eingefunden, um ihren Tourauftakt nach einjähriger Pause zu erleben. Man konnte viele Familien erblicken, auch jüngere Kinder – ein sehr bunt gemischtes Publikum. Die Kehrseite des ausverkauften Konzerts: Es war proppevoll und einige Zuschauer zogen es vor, in den Zugängen stehen zu bleiben, um nicht ins Gedränge zu müssen. Das tat der Freude am Konzert aber keinen Abbruch.
Die sympathische Sängerin betonte zunächst, dass sie schon etwas nervös sei nach einem Jahr ohne Konzerte. Das ließ sie sich aber im Folgendeen nicht anmerken und präsentierte eine souveräne Rockshow, die vor allem das neue Album „Seite an Seite“ vorstellte, aber auch viele Klassiker und selten gehörte Perlen im Set hatte. Die aktuellen Songs sind ungewöhnlich ruhig gehalten, funktionierten hier aber eben so gut wie die gewohnten Deutschrock-Kracher. Den Titelsong gab es bereits als zweites Stück im Set und er endete mit einem a cappella-Part, der vom Publikum großartig aufgenommen und mitgesungen wurde. Spätestens ab diesem Zeitpunkt herrschte gelöste Atmosphäre auf der Bühne.
„Ein Teil von mir“, „Astronaut“ – Christina wirkt, selbstbewusst, bodenständig und natürlich. Und damit ist keineswegs eine Mittelmäßigkeit gemeint. Mit dem neuen Album beweist sie mal wieder, wie sie persönliche Geschichten zugleich nachdenklich und gewaltig an den Zuhörer bringt.
Als Gegenpart gab es das rockige „Ich lebe“ schon sehr früh im Konzert. Christina zeigte sich publikumsnah und sprach ein junges Mädchen in der ersten Reihe an, das sehr textsicher mitgesungen hatte. Ebenso wurde Anni gegrüßt, die sich einen Song über Facebook gewünscht hatte, der dann auch gespielt wurde. Das ist wahre Kommunikation mit den Fans.
Die Show lief unaufgeregt und ohne Brimborium ab. Es gab eine Projektion zweier Bäume und dazwischen das bekannte Logo mit dem Kopfhörer-Herz im Hintergrund, dazu stimmungsvolles Licht. Alles war ganz auf die quirlige Christina zugeschnitten, deren Stimme ganz im Vordergrund stand. Sie klang immer gut, egal ob sie eine Piano-Ballade interpretierte oder sich gegen Rockgitarren durchsetzte.
Zu „Nie genug“ gab es ein ausgiebiges Bad in der Menge und mancher Zuschauer war sicher erstaunt, als Christina plötzlich hinter ihm stand, denn nicht jeder hatte in der aufgeheizten Atmosphäre den Ortswechsel mitbekommen. Vor dem ausgiebigen Zugabenblock gab es das wunderschöne „Katapult“ vom neuen Album und den aus 1000 Kehlen mitgesungenen Klassiker „Millionen Lichter“.
80 Minuten dauerte der Hauptset, ein langes Finale folgte. Christina Stürmer hat das Herz der Saarbrücker im Sturm erobert. Und manch einer diskutierte im Rausgehen, ob nicht ein Wechsel in die Saarlandhalle fürs nächste Konzert angebracht wäre. Könnte klappen – die Österreicherin hat im kleinsten deutschen Bundesland verdammt viele Fans.