Wie seit Jahrzehnten feierten Guildo Horn & die Orthopädischen Strümpfe das Abschlusskonzert ihrer Weihnachtstournee in der Europahalle Trier, der Heimat des Meisters. Seht hier unsere Fotogalerie vom 22.12.2024 – Credit: Simon Engelbert, Photogroove.
In manchen Jahren ist es wirklich schwierig, im Dezember alle Shows in den Kalender zu packen, die man gerne sehen will. Guildo Horn beim Trierer Heimat-Weihnachtskonzert ist eigentlich gesetzt, doch diesmal muss es am 23.12. „Christmas Moments“ in der SWT Arena sein – und auch das Zusatzkonzert am Vortag ist im Terminplan schon besetzt. Was tun? Genau – man muss die Heimat einfach weiter fassen. So hat es mich in diesem Jahr zu Guildo in die Garage Saarbrücken verschlagen. Auch die Saarländer können feiern, vor allem, wenn es laut wird. So war auch hier Guildos Show traditionell ausverkauft (Sonntag, 15.12.) und es gab ein Zusatzkonzert (Montag, 16.12.), das zwar nicht ganz ausverkauft war, aber ebenfalls die Garage ordentlich in Wallung brachte.
Guildo hat es spannend gemacht. Der Vorhang in der Garage war noch zu und das weihnachtlich gewandete Volk in froher Erwartung. Kurz nach 20 Uhr kamen die Klänge des Klassikers „Vom Himmel hoch, da komm ich her“ vom Band, abgelöst von der gesungenen Anweisung „Oh bitte mach dein Handy aus“ zur Melodie von „Oh Tannenbaum“. Als der Vorhang sich schließlich öffnete, sah man zunächst nur die Band „Die orthopädischen Strümpfe“ in Rückansicht und das festliche Bühnenbild mit aufblasbaren Schneemännern, Zuckerstangen und einem Tannenbaum. Das Setting war schon mal stimmig – und als der Meister zu einem äußerst rockigen „Kling Glöckchen“ die Bühne betrat, war ohnehin kein Halten mehr.
Die Idee hinter der Horn-Setlist ist es schon seit Jahrzehnten, moderne Rocktitel mit weihnachtlichen Texten in Einklang zu bringen. Inzwischen ist das Repertoire so groß, dass es Schlag auf Schlag gehen muss. Ich hab schon sehr viele Weihnachtsshows des gebürtigen Trierers gesehen, doch noch nie wurden so viele Titel gespielt wie auf den aktuellen Konzerten. Nach meiner Zählung waren es ganze 31 Songs in gut 140 Minuten Konzertlänge. An Langeweile brauchte wirklich keiner zu denken, zumal man jeden Refrain nach einmal Hören locker mitsingen kann.
Was war dabei? „Es weihnachtet sehr“ zum Discohit „YMCA“, ein souliges „December“ zu Earth, Wind & Fires „September“, Stings „Walking on the moon“ wurde dem Weihnachtsmann gewidmet, das Outing „Papa ist der Weihnachtsmann“ erklang zu „Papa was a rolling stone“, „Die Weihnacht ist toll“ konnte man perfekt zum „Grease“-Hit „You’re the One That I Want“ schmettern und statt „Everlasting love“ gab es „Schöne Weihnachtszeit“. Den Ideen sind keine Grenzen gesetzt.
Besonders eindrucksvoll fand ich das Queen-Cover „Somebody to love“, das ebenfalls dem Weihnachtsmann gewidmet war. Hier konnte die Band ihre Instrumente eindrucksvoll ausspielen und Guildo wies mehrfach während der Show auf die famosen Strümpfe hin. Vor allem Gitarrist Lotus Zander und Drummer Kiki Pfeiffer wurden enthusiastisch gefeiert, da sie aus Saarbrücken stammen und Lotus gar in Rufweite der Garage zuhause ist. Das einzige weibliche Bandmitglied Mademoiselle Gazelle stand oft mit dem Saxofon im Mittelpunkt des Geschehens, gab aber auch im Duett „Marie und Josef“ die Maria.
Guildo selbst wechselte Dutzende Male sein Kostüm. Nach einer Stunde stand er erstmals mit freiem Oberkörper da, zwischendurch gab es aber Engelsflügel, einen Pulli mit Christbaumkugeln, ein Tannenbaum-Kostüm und vieles mehr. Die Ansprachen ans Publikum waren diesmal erstaunlich kurz, aber kein Wunder, wenn man so viel Musik unterbringen will. „Kinder es schneit“ kam sehr fetzig zu „Live and let die“ und es folgte ein gesellschaftskritisches „Weihnachten in Katar“ („Englishman in New York“).
Das Publikum ließ sich auf jeden Spaß ein. Man feierte die Ballade vom Maronenverkäufer „Dicker Dieter“, dem Trierer Original, dessen Name so schön auf ABBAs „Chiquitita“ passt. Der neue Titel „Superjeile Weihnachtszick“ war eine Mischung aus Brings und „Que Sera, Sera“. Da wurde geschunkelt, was das Zeug hielt. „Feiner Christbaum“ („The final countdown“) wurde nach Anleitung von Guildo szenisch dargestellt und das Publikum spielte den Tannenwald, während man auf der Bühne eine Löffelpolka zum Besten gab.
Als Finale vor dem Zugabenblock erklangen nochmal drei Highlights: „Weihnachtsparadies“ („Sweet Dreams“), „Ich freu mich wie wild, das Christkind ist da“ („Video killed the radio star“) und „Für mich soll’s weiße Weihnacht geben“ zur Hildegard Knef-Hymne von den roten Rosen. Zur Zugabe ließ Guildo sich nicht lange bitten. Als Schlagerduett sang er mit Mademoiselle Gazelle „Frohe Weihnacht“ nach John Lennons „Happy Xmas (War is over)“. Und mit dem endgültigen „Weihnachten bin ich zuhaus“ und „Wir wünschen frohe Weihnacht“ zur Melodie von „Music“ des seligen John Miles ging die formidable Show gegen 22.20 Uhr zu Ende. Es war mal wieder ein Fest! Guildo ist immer wieder einen Konzertbesuch wert – und das nicht nur zur Weihnachtszeit. Aber vor allem dann!
Matthias Reim gehört nicht zu den Sängern, die sich auf ihren alten Erfolgen ausruhen. Obwohl der Millionenseller „Verdammt ich lieb dich“ seit dem Solo-Karrierestart 1990 unerreicht ist, bringt er seit dieser Zeit unermüdlich und in steter Regelmäßigkeit neue Alben auf den Markt, die zwar immer einen Hauch Schlager in sich tragen, aber durchaus eine rockige Attitüde liefern. Dazu trägt seit langem eine formidable Band bei, die live immer wieder ein besonderes Erlebnis ist – so auch am 7. Dezember in Trier, wo man für die aktuelle „Zeppelin“-Tour groß aufgefahren hatte.
Die SWT Arena war sehr gut gefüllt, mit einem extrem großen Front of Stage-Bereich, weiteren Stehplätzen in der Halle und Sitzplätzen auf den Rängen. Besonders gefiel mir die prominent angebrachte „Rolli-Tribüne“, bei der die Gäste mit Beeinträchtigungen wirklich mitten im Geschehen waren und mitfeiern konnten.
Das Konzert startete mit „Zeppelin“, dem Titelsong des aktuellen Albums. Um die Stimmung anzuheizen gab es ein Medley älterer Stücke, wobei „Ich hab‘ geträumt von dir“ den meisten Raum einnahm und ordentlich abgefeiert wurde. Der inzwischen 67jährige Künstler ist stimmlich voll auf der Höhe und musste sich keineswegs hinter seiner Band und den Backgroundsänger*innen verstecken. Die Setlist zog sich durch alle Jahrzehnte seines Musikschaffens – und man muss Matthias zu Gute halten, dass er immer wieder neue Lieder kreiert, während es manchen Kollegen ausreicht, von Schlagernacht zu Ballermann-Party zu tingeln. In seinen Ansagen wurde deutlich, wie viel Spaß es dem Nordhessen macht, mit eigenen Songs für ein komplettes Konzert auf der Bühne zu stehen.
Das Publikum war bunt gemischt aus allen Altersgruppen. Es dankte ihm die fulminante Show mit viel Enthusiasmus und schon ab dem vierten Song „Ich hab‘ mich so auf dich gefreut“ stand man auch in den Rängen. Wenn dann der „Trierer Jung“ Michael Brettner, bekannt als Bretti, ein Gitarrensolo einlegte, war kein Halten mehr und er wurde ebenso lautstark abgefeiert wie Matthias Reim selbst.
Im Backgroundchor fand sich neben zwei Sängerinnen zudem auch Julian Reim, der Sohn des Meisters, der inzwischen selbst im Schlagermetier zuhause ist und vor zwei Jahren das Album „In meinem Kopf“ rausbrachte. Vater und Sohn leben mit ihren Familien am Bodensee und haben genügend Zeit, neue musikalische Taten auszuhecken. In Trier bekam Julian im ersten Teil einen Solopart mit dem Titel „Eine Welt entfernt“. Dann übernahm wieder Matthias, der neben den lauten Titeln auch nachdenkliche Stücke wie „Im Himmel geht es weiter“ und „Einsamer Stern“ interpretierte.
Klar – Matthias Reim ist im Schlager verwurzelt. Spätestens wenn die obligatorischen Dancefloor-Keys und der Beat einsetzen, kommt man nicht umhin, dies zu bemerken (sei es nun anerkennend oder bemängelnd). Es gibt kaum einen Musiker, der das Genre Schlager/Deutschrock in den vergangenen drei Jahrzehnten so entscheidend mitgeprägt hat wie Matze. Seine legendäreren, zeitlosen Song dürfen auf keiner Party fehlen und werden von Generationen textsicher mitgesungen. Und live wirken sie noch stärker.
Nach einer Stunde gab es eine kurze Pause. Danach ging es mit „Dieses Herz“ weiter. Wieder gab es Rockschlagermusik vom Feinsten. Selbst der kleine Akustikpart in „Ich bin nicht verliebt (unverwundbar)“, bei dem Matthias selbst zur Gitarre griff, zeigte die Band in wundervoller Spiellaune und schaffte eine heimelige Bühnenatmosphäre. Die Ballade „Wer nie durch Scherben ging“ erzählte von persönlich schwierigen Zeiten. Und dann war es Zeit für das Vater-Sohn-Gespann, die im Duett sehr passend „Pech und Schwefel“ sangen. Den Solosong „Euphorie“ übernahm Julian dann wieder alleine.
Zum Ende des regulären Sets wurde erneut eine geniale Rockshow aufgefahren. Die Gitarren waren stets im Vordergrund und lieferten gemeinsam mit Drums und Keyboard ein starkes Brett ab. „Sowieso (Für dich das Letzte)“ und „Nächsten Sommer“ ließen auch die letzten Fans mitrocken und tanzen.
Der 20minütige Zugabenblock startete um 22.15 Uhr. Da war man schon über zwei Stunden auf der Bühne. Und bis zum großen Finale gab es mit „Hallo, ich möcht‘ gern wissen wie’s dir geht“ und „Du Idiot“ noch zwei Publikumslieblinge. Aber ein Song fehlte noch, der jedes Konzert der aktuellen Tour (und vieler Touren vorher) beenden muss. Matthias machte es spannend, indem er zunächst seinem Gitarristen die Bühne überließ und ihn als Trierer vorstellte: „Das ist deine Stadt, Hier kommst du her. Also mach sie fertig, Bretti“. Dieser ließ sich auch nicht lumpen und zeigte mit einem floydesken Solo sein Könen.
Dann endlich die Erlösung mit „Verdammt, ich lieb‘ dich“ in einer gitarrenlastigen Rockversion. Es ist immer schön, Matthias Reim mit verrauchter Stimme und den bekannten Textzeilen zu hören, wobei er das Stück jedes Mal zu etwas Besonderem macht. Er ist es ebenso wenig leid wie sein Publikum – und das ist ein gutes Zeichen zum Abschluss eines perfekten Konzertabends.
Zeppelin
Medley inkl. Ich hab‘ geträumt von dir
Echte Helden
Ich hab‘ mich so auf dich gefreut
Was ist nur los?
Ich liebe dich
Ganz egal
Der doch nicht
Eine Welt entfernt – Julian Reim
Blaulicht
Im Himmel geht es weiter
Tief in mir
Einsamer Stern
Dieses Herz
Lebenslänglich
Bon Voyage
Ich bin nicht verliebt (unverwundbar)
Wer nie durch Scherben ging
Pech und Schwefel – Matthias und Julian Reim
Euphorie – Julian Reim
Küssen oder so
Sowieso (Für dich das Letzte)
Träumer
Nächsten Sommer
Hallo, ich möcht‘ gern wissen wie’s dir geht
Du Idiot
Verdammt, ich lieb‘ dich
Wie viele andere Fans auch bin ich gestern mit sehr gemischten Gefühlen in die Trierer SWT Arena gegangen. Eine „Originalshow“ mit dem Orchester Pepe Lienhard und dem großartigen Udo Jürgens nicht leibhaftig auf der Bühne sondern über LCD-Leinwand eingespielt? Wird das passen? Wird die Stimmung eines echten Konzerts aufkommen? Werden wir mehr geboten bekommen, als einen Kinofilm mit Livemusik? Die Ticketpreise waren ja doch ganz ordentlich – trotzdem war die Arena ordentlich gefüllt, was sich schon bei der Parkplatzsuche zeigte.
Es ist jetzt fast zehn Jahre her, dass Udo Jürgens plötzlich im Alter von 80 Jahren verstarb. Auf seinen Live-Konzerten präsentierte er sich immer als großer Sänger und Charmeur. Sicher nicht stimmlich perfekt, aber stets mit einem Augenzwinkern, mit sehr sympathischem Auftreten und in ständiger Kommunikation mit seinen Fans. Man bekam ein Bild von ihm als ehrlicher Künstler, der nicht übertreibt, der sich nicht bei seinem Publikum einschleimt, der sich aber von der Begeisterung tragen lässt und in emotionalen Momenten auch mal feuchte Augen bekommt. Dabei wusste vor allem der emotionale und nachdenkliche Udo zu gefallen, der viele persönliche Songs interpretierte.
Credit: BMCMedia
In Trier endete die erste Staffel der „Da Capo“ Shows, die ab April 2025 fortgesetzt werden. Und man hatte bei dieser Produktion einiges aufgefahren: Das große Orchester mit Bläsern und Streichern unter der Leitung des Saxofon-Meisters Pepe Lienhard, ein vierköpfiger Backgroundchor, Udos Duettpartnerin Dorothea Lorene als Stargast und Tobias Licht als Moderator des Abends. Das alles versteckte sich zunächst hinter einem Vorhang, der dann schnell zu einem instrumentalen Medley der größten Udo-Hits fiel und das Orchester im besten Glanze zeigte.
Es ging nicht direkt mit den großen Hits los, sondern mit Stücken wie „Hautnah“ und „Alles aus Liebe“. Die meisten Mitschnitte stammten vom letzten Konzert, das Udo am 7. Dezember 2014 in Zürich gespielt hatte. Zunächst fand ich es etwas befremdlich, das Orchester live und Udo nur aus den Boxen zu hören, doch die Bildregie hatte ganze Arbeit geleistet. Livebild und Einspieler wurden perfekt zusammengeschnitten und ich ertappte mich immer wieder dabei, das reale Geschehen mit der Aufnahme in Einklang bringen zu wollen. Dennoch war ich in den ersten 20 Minuten nicht wirklich emotional gepackt, doch spätestens mit „Ich würd es wieder tun“ war es dann um mich (und viele andere) geschehen:
Von Zeit zu Zeit werf ich den Blick Auf meinen bunten Weg zurück Auf das was war, und dabei wird mir klar Ich würd es wieder tun, ich würd es wieder tun
Die Berg- und Talfahrt durch die Zeit Selbst alles das, was ich bereut An dem ich hing – und das in Brüche ging Ich würd es wieder tun, ich würd es wieder tun
Fast als hätte Udo geahnt, dass er hier ein abschließendes Statement singt. Dazu war er dann oft in Großaufnahme zu sehen. Man konnte seiner Mimik und den Blicken folgen, auch manche Ansagen wurden im Konzertablauf belassen. So folgte zu „Der Mann ist das Problem“ eine durchwachsene Lebensbeichte von Udo und passend sang Tobias Licht, der selbst ausgebildeter Musicaldarsteller ist, eine Kurzversion von „Frauen“. So war die Show hervorragend von Track zu Track abgestimmt.
Credit: Pepe Lienhard by Dominik Beckmann
Dorothea Lorene sang das Duett „Ich will – ich kann, I can – I will“ live mit Udo von der Leinwand und rief erste Begeisterungsstürme hervor. Sie ist einfach eine stimmgewaltige Erscheinung. Es gab viel Abwechslung im Geschehen, denn Tobias interpretierte als smarter Sänger ein Medley aus Udo-Klassikern und dann wurde der ganz neue Song „Als ich fortging“ aufgeführt, den das Orchester live spielte während Udo aus dem Off dazu sang. Dieses Stück hatte man im Nachlass des verstorbenen Künstlers gefunden und zu Ende produziert.
Vor der Pause gab es noch viele weitere Highlights wie das berührende „Mein Bruder ist ein Maler“, „Immer wieder geht die Sonne auf“ mit Sängerin Julia Schiwowa, den gefeierten Klassiker „Ein ehrenwertes Haus“ und den Superhit „Griechischer Wein“. Bei letzterem wurde deutlich, wie sehr Udo diesen Song liebte und auf der Bühne zelebrierte. In Großaufnahme konnte man seine feuchten Augen bei der Interpretation sehen und spüren, wie er die Einsamkeit des Gastarbeiters nachempfand. Ganz großes Kino – im wahrsten Sinne des Wortes – mit dem nach 75 intensiven Minuten die Pause eingeläutet wurde.
Auch im zweiten Teil gab es immer wieder kleine Anekdoten aus Udos Leben. Vor allem Pepe Lienhard hatte einiges zu erzählen und schilderte auch die letzte Begegnung der beiden am Abend vor Udos Tod.
Mit Dorothea gab es ein glanzvolles Mash-Up aus „Ich war noch niemals in New York“ und dem englischen „New York, New York“. Wenn Udo von der Leinwand manchmal seine kleinen Ansprachen an das Publikum richtete, war es bisweilen extrem still in der Arena. Alle hingen an seinen Lippen – und das waren wahrhaft magische Momente. Und dann ein Song wie „Der gekaufte Drachen“. So intensiv, so stark, so kritisch.
Während er so erzählte mit dem Glas in der Hand Sah niemand den Kleinen, der im Türrahmen stand Als er anfing zu reden, war es plötzlich ganz still Denn er sagte: „Papa ich weiss nicht, ob ich das will“
Ich will mit Dir einen Drachen bau’n Mit Dir einen Drachen bau’n Für so was hast Du niemals Zeit
Udo hatte neben seinen Schlagern auch immer ein Gespür für emotionale und hintergründige Texte. Schön, dass diese in die DA CAPO Show Einzug gehalten haben und man sich nicht allein auf die Gassenhauer verlässt. Auch Udos Songwriter-Tätigkeit für andere Künstler wurde nicht vergessen, so sang Dorothea Lorene den englischen Titel „If I never sing another song“, den Udo ursprünglich für Frank Sinatra geschrieben hatte, der dann aber hauptsächlich von Sammy Davis Jr. performt wurde. Ein grandioses Beispiel für Udos Kompetenzen in Jazz und Swing.
Fotocredit: Marc Vorwerk
Inzwischen waren viele Zuschauer*innen von den Sitzen und hatten sich zum Happening direkt vor der Bühne eingefunden – so als könnten sie dem Meister wahrhaftig zujubeln. „Mercie Cherie“ und „Mit 66 Jahren“ beendeten den Hauptset des Abends, aber jeder weiß doch, dass Udo immer im Bademantel zurückkam und weitere Hits am Piano spielte. Würde das auch jetzt der Fall sein? Ja! Das Orchester hatte schon Feierabend, aber von der Leinwand gab es Udo ganz allein am Klavier mit einem Medley aus „17 Jahr blondes Haar“, „Vielen Dank für die Blumen“ und „Liebe ohne Leiden“. Er forderte das Publikum zum Mitsingen auf und alle waren folgsam. Zum Schluss verblasste der Konzertfilm und es wurde ein bewölkter blauer Himmel gezeigt. So bewegend endete das Konzert und viele Fans gingen mit Tränen in den Augen nach Hause, voller Trauer und schöner Melancholie. Ob ich das Konzert empfehlen kann? Auf jeden Fall! Ein schönes Andenken an einen großen Künstler, absolut glanzvoll umgesetzt. 2025 geht’s weiter:
Tausendsassa Olli Schulz war in der Europahalle Trier. Was hat der Musiker nicht schon alles gemacht? Indierock mit Olli Schulz und der Hund Marie, Sidekick für Joko & Klaas, seit zwölf Jahren ein Podcast mit Jan Böhmermann – und seit 2009 die Solokarriere, die beim letzten Album „Am Rande der Zeit“ mit einem Spitzenplatz in den deutschen Charts gekrönt wurde. Dabei ist Olli Schulz einfach grundsympathisch. Schließlich kommt es nicht oft vor, dass ein Künstler seinen Support persönlich ansagt und damit enorm aufwertet. In Trier erschien Olli pünktlich um 20 Uhr auf der Bühne, ließ den Applaus abebben und bat um Aufmerksamkeit für die junge Sängerin Morea.
Natürlich wurde es in der nächsten halben Stunde nochmal laut in der Halle und manche Zuschauer*innen übten sich lieber in Smalltalk, als der sanft und schüchtern auftretenden Interpretin zuzuhören. Schade, denn es wurde wirklich ein wunderschöner Set geboten, der Soul und Jazz im Retro-Style lieferte. Morea sang zunächst allein mit akustischer Gitarre und wurde am Schluss von ihrem Vater per Steel Guitar begleitet. Es war ein berührender Moment, als sie ihn als ihren Mentor vorstellte und die beiden sich nach dreißig Minuten unter großem Applaus verabschiedeten.
Nach kurzer Umbaupause startete Olli Schulz mit „Wenn die Music nicht so laut wär’“, einem Klassiker von Olli Schulz und der Hund Marie. Er war in Plauderlaune und machte sich erst einmal über die „Schulaula“ als Veranstaltungsort lustig, bevor er nachhörte, ob alle ihr Popcorn bekommen hatten, das im Foyer kostenlos verteilt wurde. Aber es war nicht alles locker-flockig. In „Falsch erzählt“ geht es um Fakenews und sogenannte Influencer bekommen ebenfalls ihr Fett weg („Da bleib ich lieber depressiver Indierocker“).
Mit dem warmherzigen „So schreibt man seinen Song“ hielt Olli ein Plädoyer für die Musik, schwärmte von Musikrichtungen, musikalischen Biographien und der Magie von Plattenläden. Trier war der „kleinste Laden auf der Tour“ und erfreute sich wahnsinnig an den prägnanten Songs mit klarer Botschaft: „Dann schlägt dein Herz“, das wundervolle „Als Musik noch richtig groß war“ und das Leben als Freigeist in „Schrecklich schöne Welt“. Neben diesem Indiepop gab es auch den NDW-geprägten Song „Phase“.
Roadie Lampe, der gerade selbst als Musiker in den Startlöchern steht, ersetzte Ina Müller im Duett bei „Stadtfest in Bonn“. Es gab einige Songs vom aktuellen Album, aber auch weitere Klassiker wie „Rückspiegel“. Im Lauf der Konzerts verwandelte sich die Atmosphäre vom Independent-Songwriting hin zum großen hymnischen Rock, denn auch dieses Metier beherrscht Olli Schulz in großen Songs wie „Einfach so“ und „Wenn es gut ist“.
Humorvoll, melancholisch und tiefgründig war der Set bis zum Zugabenblock, der nach 80 Minuten startete. Hier zog Olli nochmal seine satirischen Register, interpretierte auf Wunsch des Publikums allein an der Gitarre „Koks & Nutten“, feierte den „Phosphormann“ und überließ Lampe die Bühne, der seinen Hit „Immer muss ich alles alleine machen“ zum Besten gab. Am Ende gab es eine grandiose Kissenschlacht zu „So muss es beginnen“ und Olli Schulz war stets darauf bedacht, dass niemand in der Halle zu schaden kam.
Das wundervolle Konzerterlebnis endete um 22.25 Uhr. Der Weihnachtsmarkt in Trier hatte jetzt auch geschlossen, doch alle waren berauscht von der Musik. Der sympathische Außenseiter hatte mal wieder abgeliefert. Fazit: weitermachen!
Setlist – Olli Schulz, Europahalle Trier, 23.11.2024
Wenn die Music nicht so laut wär’
Wachsen (Im Speisesaal des Lebens)
Falsch erzählt
Hamse nich
So schreibt man seinen Song
Passt schon!
Ab jetzt tut’s nur noch weh
Dann schlägt dein Herz
Als Musik noch richtig groß war
Schrecklich schöne Welt
Phase
Stadtfest in Bonn
Bessere Version
Rückspiegel
Einfach so
Wenn es gut ist
Koks & Nutten
Phosphormann
Immer muss ich alles alleine machen (Lampe)
So muss es beginnen
Ein Gemeinschaftsprojekt aus Rheinland-Pfalz und dem Saarland, das über 25 Jahre hält – das gibt es nicht oft. Manche Politiker könnten sich ein Beispiel daran nehmen und die Fusion der Bundesländer endlich vollziehen. Die Band PASCOW, benannt nach einer Figur aus Stephen Kings „Friedhof der Kuscheltiere“, wurde 1998 von Sänger Alex und Schlagzeuger Ollo in der Nähe von Birkenfeld gegründet. Im Lauf der Zeit haben sich die Aktivitäten aber ins saarländische St. Wendel ausgedehnt, wo Sänger Alexander den bandeigenen Webshop „Tante Guerilla“ führt. Ollo hingegen ist Geschäftsführer des größten regionalen Konzertveranstalters „Popp Concerts“ in der Region Trier. Die Rufe „Saarland asozial“ aus dem Publikum waren also durchaus positiv gemeint und sind keineswegs eine Beleidigung sondern vielmehr Schlachtruf sowie Ehrerbietung für das angrenzende Bundesland.
So durfte auch bereits um 19 Uhr die Band Christmas aus St. Wendel das Konzert mit deftigem Punk eröffnen. Man hat sich vor allem im Saarland einen Namen gemacht und schon große Acts supportet. Vier Studioalben sind erschienen – das aktuelle Werk von 2020 heißt passend „Hot Nights in Saint Vandal“. Der 30minütige Gig war schrill und laut. Shouter Max Mötherfucker war kaum zu verstehen, so enthusiastisch brüllte er die englischen Lyrics ins Mikro. Auf jeden Fall ein guter Einheizer für die ausverkaufte Halle.
Mit ihrem 70er Jahre Charme ist die Europahalle ohnehin ein seltsamer Ort für ein Punkkonzert. Aber wo soll man noch hin, seit das ExHaus im unendlichen Winterschlaf liegt? Der Mergener Hof ist für PASCOW definitiv zu klein. Dort sollte später die Aftershow-Party stattfinden. Also Europahalle – das Gebäude, das normalerweise für Comedy und Mainstream vorgehalten wird. Diese war ausverkauft und mit Generationen von Punkfans gefüllt. Auch viele Kids konnte ich sehen, zum Teil noch im Grundschulalter, die von den Eltern in die Gegenkultur eingeführt wurden. Gut so!
Zweiter Support waren Berlin 2.0 aus Stuttgart. Erst vor drei Jahren gegründet glänzt hier Ausnahme-Vokalistin Elena Wolf mit ihrer sonoren Stimme. Die Songs waren schnell, rotzig und trotzdem ziemlich melodisch. Dazu kam eine gehörige Portion Hardcore, mit der vor allem die Stücke des aktuellen Albums „Scherbenhügel“ dargeboten wurden. 40 Minuten lang dauerte der wilde Spaß, der mit viel Applaus bedacht wurde.
Pünktlich um 21 Uhr waren dann PASCOW am Start. Und die Lokalmatadoren hatten für ihren Tourabschluss ordentlich aufgefahren. Der Bühnenaufbau lag zunächst hinter einem Vorhang. Als Opener gab es vom Band „Blueprint“ der Rainbirds, das vom Publikum textsicher mitgesungen wurde. Dann fiel der Vorhang zu den Klängen von „Silberblick & Scherenhände“ und gab den Blick auf ein riesiges Bühnenbild frei, das einen Hinterhof zeigte. Auch die Lightshow war grandios und der Sound sowieso. PASCOW sind ganz oben angekommen, wenn ich ihren Gig mit den Konzerten der Vergangenheit im ExHaus vergleiche. Damals war alles noch rau (aber herzlich). Heute wird es zwar weiterhin wild, doch sie unterscheiden sich allein schon damit von den Vorbands, dass man Alex‘ Texte weitestgehend verstehen kann. Ein großes Plus.
Wegen der baulich bedingten Zuschauerbegrenzung der Halle konnte man trotz des Ausverkauft-Status im hinteren Bereich noch locker stehen. So waren auch die anwesenden Kinder in Feierlaune, während es vorn vor der Bühne eine gewaltige Pogo-Party mit Crowdsurfern und Circle Pits gab. Alex nahm das zum Anlass, immer wieder zur Rücksichtnahme aufzurufen. Viele Ansagen kamen aber auch von Ollo, der in Trier deutlich in Erinnerungen schwelgte.
Gastsängerin Hanna Landwehr hatte ich erst am Dienstag als Support von Alin Coen in Neunkirchen erlebt. Damals noch ganz beschaulich und akustisch. Jetzt zeigte sie ihre andere Seite und stieg zu „Königreiche im Winter“ ein, um später immer wieder das Line-up zu bereichern. Stimmlich sehr stark und im Duett mit Alex eine echte Bereicherung. Ihren Solosong „Wunderkind“ absolvierte sie mit Bravour und bot so den einzigen Ruhepunkt in einem ansonsten durchgehen stürmischen 90minütigen Set.
Highlights gab es en masse. „Wenn Mila schläft“ als Klassiker für die Fans der ersten Stunde. „Himmelhunde“ mit einem Statement gegen Trans- und Queerfeindlichkeit. „Mailand“ gegen rechte Parolen und für Anarchie. Violonistin Laura sorgte bei vielen Songs für ungewöhnliche Klänge, die ein wenig an New Model Army erinnerten.
Zu „Sturm, der durch Erlen zieht“ erzählte Ollo vom Konzert der Ramones, das vor Jahrzehnten just hier in der Europahalle stattgefunden hatte und zu dem die Brüder unbedingt herkommen wollten. Mit ÖPNV war man damals wie heute nicht gesegnet, also lieh man sich das Auto der Eltern und kurvte ohne Führerschein von Gimbweiler nach Trier. Ob sich die Anekdote wirklich so zugetragen hat? Keine Ahnung. Aber auf jeden Fall wäre sie Stoff für ein kultiges Roadmovie.
Im Zugabenblock gab es mit „Nach Hause“ einen Song fürs ExHaus. Ollo fand melancholische Worte: „Für alle, die im ExHaus groß geworden sind und alle, die nicht im ExHaus groß werden konnten“. Es ist eine Schande für Trier, dass dieses so wichtige Jugendkulturzentrum im Dornröschenschlaf liegt und regelrecht verwaist. Dass aber auch die Europahalle den (Konzert-)Geist vom ExHaus atmen kann, zeigten die Zuschauer*innen im wildesten Circle Pit des Abends. Ergänzend gab es „Daniel & Hermes“ als Hommage an alle Kulturschaffenden, die so viele Hindernisse überwinden müssen. „True love will find you“, heißt das Mantra aus dem Song, das vielen nach dem Konzert im Ohr geblieben ist.
Schluss war nach knapp 95 Minuten und 25 Songs. Punkkonzerte sind nicht episch lang, aber prägnant, solide und auf den Punkt. PASCOW haben zum Tourabschluss ein grandioses Statement abgeben, das lange in Erinnerung bleiben wird. Jetzt geht es in ein wohlverdientes Sabbatjahr nach fast zwei Jahren Dauer-Touren. Aber es bleibt zu hoffen, dass die Zeit für ein achtes Album genutzt wird. Deutschland braucht Bands wie PASCOW (und Kettcar und Love A und Turbostaat und die Beatsteaks) zur Zeit mehr denn je!
(Alle Fotos von Simon Engelbert, PHOTOGROOVE)
Setlist PASCOW, Europahalle Trier am 26.10.204
Silberblick & Scherenhände
Toulousi
Jade
Königreiche im Winter
Monde
Diene der Party
Die Realität ist schuld, dass ich so bin
Wenn Mila schläft
Himmelhunde
Herz
Tom Blankenship
Merkel-Jugend
Im Raumanzug
Marie
Mailand
Spraypaint the Walls
Kriegerin
Wunderkind
Sturm, der durch Erlen zieht
Gottes Werk und Teufels Beitrag
Mond über Moskau
Too doof too fuck
Seit über zwanzig Jahren erobert Top-Comedian Ralf Schmitz die Bühnen im deutschsprachigen Raum. Zunächst war er beim Impro-Theater „Die Springmaus“ in Bonn aktiv, dann in der Fernsehreihe „Die Dreisten Drei“. 2005 gewann er den Deutschen Comedypreis für die „Schillerstrasse“ und im gleichen Jahr startete er seine erste Solotournee. Hunderttausende Fans sorgen seitdem für stetig wachsende Zuschauerzahlen. Wenn er eine Bühne betritt, dauert es keine zwei Minuten und der Saal ist am Toben. So geschehen auch gestern in der Arena Trier. Dabei braucht der rheinische Wirbelwind, die lebendig gewordene Starkstrombatterie auf zwei Beinen, gar kein besonderes Thema. Er erzählt von seiner Katze, der Mama, der Schule oder – wie momentan – von diversen Urlaubsfreuden. Alles Geschichten, die aus dem Leben gegriffen sind und bei denen jeder irgendwie mitreden kann.
Das neue Soloprogramm heißt SCHMITZEFREI und es startete mit einer Publikumsrunde, in der Ralf zunächst einmal seine Zuschauer kennen lernen wollte. Wer sich bei einer solchen Show in die erste Reihe setzt, weiß, was ihn erwartet. Klar – die Reihe ist lang, doch Ralf pickte sich auch diesmal zielsicher die richtigen Kandidat*innen raus. Einen Enkel mit seinen Großeltern, zwei Luxemburger und eine junge Frau, die Geburtstag hatte. Dem dazugehörigen Freund wurde kurzerhand das Handy geklaut, weil er lieber damit rum spielte als Ralf zuzuhören. Die Infos, die der Comedian hier gesammelt hatte, sollten immer wieder in die Themen einfließen. Das macht Ralfs größtes Talent aus – und natürlich seine Improvisation. Er brauchte passende Stichwörter, und die gab ihm das Trierer Publikum zu Genüge. So konnte einem nur schwindelig werden, wenn Ralf Schmitz Tirade um Tirade von der Bühne hämmerte: „Wer viel zu sagen hat, muss schneller reden.“ Dieses Motto beherzigte er von der ersten bis zur letzten Minute der über zweistündigen Show.
Die Impro-Ideen sind aus dem Fernsehen schon hinlänglich bekannt, doch Schmitz hat ein Talent, diese um neue Einfälle zu bereichern. Da waren die Deutschen in den USA, die versuchten, auf „Denglisch“ bei McDonald’s einen Burger zu bestellen. Der Comedian war überdreht, hyperaktiv, hektisch, laut schreiend, ständig im Mittelpunkt. Mit viel Nervenstärke erzählte einen Urlaubstag im Leben von Jenny, die die Richtigkeit der Aussagen mit einem Klingeln bestätigte oder mit einem Hupen verneinte. Bekannte Fernsehshows wurden ins Star-Wars-Universum verlegt und zum Schluss des ersten Teils interpretierte Ralf bekannte, vom Publikum ausgewählte Songs wie „An guten Tag“, „Abenteuerland“ und „Layla“ in seiner ganz eigenen Gebärdensprache. Danach war Zeit zum Atemholen – knapp 20 Minuten lang.
Wo nahm er nur die Energie her, um nach kurzer Erholung wieder voll unter Strom auf der Bühne zu stehen? Zum Aufwärmen gab es Beobachtungen länger verheirateter Ehepaare beim Hotelfrühstück sowie von einer Weinreise im Zug zwischen Koblenz und Trier. Die Bahn wurde gleich nochmal zum Thema, denn Ralf stand mit Zuschauerin Svenja am Bahnsteig und versuchte verzweifelt, seinen Zug noch zu erwischen. Nach einer vertauschten Liveschalte zwischen Papst und Ballermann spielte der Comedian zum Schluss mit Zuschauerin Julia einen Tag in der Eifel im Stil diverser Filmgenres nach, die vom Publikum ausgewählt wurden. Dabei wurde schnell hin und her geswitcht – und von Soap über Horror bis hin zur Oper war alles dabei.
Als Zugabe wurde der Zuschauer Yannick zum Puppenspieler, der Ralf Schmitz in seiner Paraderolle als Marionette „bedienen“ und mit ihm zusammen einen Snack zuhause bereiten musste. So vergingen über zwei Stunden Programm in Windeseile und es war schon 22.30 Uhr, als Ralf sich bei seinen unfreiwilligen Mitspieler*innen bedankte und ihnen Freikarten für die nächste Show schenke. Vielleicht sind sie ja schon am 8. März wieder dabei, denn dann wird Ralf Schmitz sein „Schmitzefrei“ in der Rockhal im luxemburgischen Esch/Alzette spielen. Ein Vergnügen, für das er tatsächlich Luxemburgisch gelernt hat – wie man HIER sehen und hören kann:
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Die altehrwürdige PORTA NIGRA in Trier wurde wieder zur wundervollen und atmosphärischen Kulisse für ein Open Air der Spitzenklasse. Seht hier unsere Fotos von Danger Dan bei PORTA HOCH DREI, 17.6.2023 in Trier, Porta Nigra. Credit: Simon Engelbert – Photogroove
Die altehrwürdige PORTA NIGRA in Trier wurde wieder zur wundervollen und atmosphärischen Kulisse für ein Open Air der Spitzenklasse. Seht hier unsere Fotos von Silbermond bei PORTA HOCH DREI, 16.6.2023 in Trier, Porta Nigra. Credit: Simon Engelbert – Photogroove
Die altehrwürdige PORTA NIGRA in Trier wurde wieder zur wundervollen und atmosphärischen Kulisse für ein Open Air der Spitzenklasse. Seht hier unsere Fotos von Hubert von Goisern bei PORTA HOCH DREI, 15.6.2023 in Trier, Porta Nigra. Credit: Simon Engelbert – Photogroove
Die altehrwürdige PORTA NIGRA in Trier wurde wieder zur wundervollen und atmosphärischen Kulisse für ein Open Air der Spitzenklasse. Seht hier unsere Fotos von Peter Fox bei PORTA HOCH DREI, 14.6.2023 in Trier, Porta Nigra. Credit: Simon Engelbert – Photogroove
Wenn sich 25.000 Fans zur ultimativen Sprechstunde am Bostalsee einfinden, kann das nur eins bedeuten: Die Ärzte aus Berlin sind da! Und es ist nicht irgendein Konzert. Man feierte den Abschluss der „Buffalo Bill in Rom“ Tour. Benannt war das 2022er Happening nach einem weithin unbekannten Spaghettiwestern, bei dem die Zirkusshow des berühmten Bisonjägers durch Europa tourt. So müssen sich vermutlich auch Die Ärzte fühlen. Genau wie ihre Fans sind sie ordentlich gealtert, aber sie haben auch ganz neue Generationen zu ihren Konzerten gelockt, wovon viele zu den Anfangszeiten der Band vor 40 (!) Jahren noch nicht einmal geplant waren.
Das Eventgelände am Bostalsee ist logistisch gut gelegen. Okay, man muss lange Wege zur Location in Kauf nehmen, wenn man mit dem Auto anreist, aber alles ist gut organisiert. Platzanweiser zu den Parkplätzen, gute Beleuchtung, abgesperrte Fußwege, ein gutes Verkehrskonzept, um den Abfluss der Fahrzeuge nach dem Konzert zu regeln.
Zum Glück blieb es fast durchgehen trocken, auch wenn die Vorhersage ganz anderes Wetter befürchten ließ. Die positive Energie des Publikums schien alle Regenwolken zu verscheuchen. Einmal gab es eine kurze Schauer von drei Minuten während der Beatsteaks und zum Konzertende war ein leichtes Nieseln zu spüren. Aber zum Glück hatten sich die meisten gut eingemummelt, um 9 Grad Lufttemperatur zu ertragen. Kein wirklich schönes Open-Air-Wetter, aber mit Jubeln, Springen und Tanzen ließ sich das Beste draus machen.
Pünktlich um 18.30 Uhr startete Special Guest Christian Steiffen. Eigentlich heißt der illustre Entertainer Hardy Schwetter und ist ein Schauspieler aus Osnabrück. Dort hat er gar zweimal als Oberbürgermeister kandidiert. Musikalisch bietet er nicht wirklich Punk, sondern eher seichte Popsongs mit sarkastischen Texten und einer Prise Synthiesound. Songs wie „Die dicksten Eier der Welt“ bot er mit sonorer Stimme dar. Die humorvolle Schlagerparty endete nach 35 Minuten
Nach einer halben Stunde Umbau folgten die BEATSTEAKS, die dem Bostalsee mit Gitarrenriffs Marke „Alle meine Entchen“ huldigten. Die Berliner Punkband um Arnim Teutoburg-Weiß feierte die unglaubliche Kulisse und riss das Publikum von Beginn an mit. Es gab eine Mischung aus deutschen und englischen Texten. Natürlich mit viel beschwingtem Punk, aber auch mit gesellschaftskritischen Momenten, die an Ton Steine Scherben erinnerten – beispielsweise bei „Frieda und die Bomben“. Man war sich natürlich bewusst, dass die Ärzte ganz im Mittelpunkt standen und machte sich daher einen Spaß daraus, immer wieder Zitate aus deren Songs in die Ansagen und die eigenen Musikstücke einzubauen. Mit ihren fetzigen Songs wie „Hello Joe“, „Hand in Hand“ und „I Don’t Care As Long As You Sing“ legten sie einen soliden 40minütigen Partyset hin. Eine gute Einstimmung auf das, was da noch kommen sollte.
Für Die Ärzte musste man 45 Minuten Umbauzeit überbrücken, in denen die Kälte langsam aus Richtung See zu den Zuschauer*innen kroch. Als dann aber Punkt 21 Uhr ein optimistisches „Himmelblau“ erklang und zum Ende des Songs endlich der Vorhang fiel, war alles Bibbern vergessen und nur noch Party angesagt.
Die Mischung von Songs zog sich wie gewohnt durch die komplette Bandgeschichte. „Wir sind die Besten“ wurde ebenso begeistert aufgenommen wie der moderne Klassiker „Lasse redn“. Es gab „Fiasko“ und „Angeber“, aber auch die selbstkritische Hymne „Ist das noch Punkrock?“. Die drei Akteure verwandelten die Ansagen der Show häufig zur Comedy-Show. „Sorry. Ja. Ab und zu singen wir auch“, hieß es dann entschuldigende zwischendurch. Aber es macht einfach Spaß, den Kabbeleien auf der Bühne und der Kommunikation mit dem Publikum zuzuhören.
Natürlich bekamen AFD und andere Nazis ihr Fett weg. „Doof“ wurde ganz explizit rechtsradikalen Tendenzen gewidmet. Aber auch das ironische „Hurra“, „Besserwisserboy“ und der lange nicht gespielte Oldie „Quark“ schlugen in die Kerbe der Floskeln mancher Politiker, die diese ohne ein Spur Nachdenkens von sich geben.
Nach „Friedenspanzer“ und „Manchmal haben Frauen…“ durfte Arnim von den Beatsteaks wieder auf die Bühne. Er hatte sich „Buddy Holly’s Brille“ gewünscht und durfte den Klassiker selbst performen. Auch für diesen erfahrenen Frontmann ein sichtlich bewegender Moment.
„Grace Kelly“ wurde als Schauspiel-Ikone besungen, dann aber war wieder jeder dran: „Deine Schuld“ ist der ultimative Politsong, der alle dazu auffordert, selbst tätig zu werden und nicht wegzuschauen. Damit sprachen Die Ärzte hier allen aus der Seele. Das „Lied vom Scheitern“ und „Unrockbar“ beendeten gegen 23 Uhr den Hauptset, doch wer Die Ärzte kennt, weiß, dass es noch locker bis fast Mitternacht weiterging.
Das Thema aus den „Miss Marple“ Filmen läutete die Zugaben ein. Und hier gab es dann auch herbei gesehnte Stücke wie den „Schrei nach Liebe“ (mit enthusiastischen „Arschloch“-Rufen), dem rockigen „Jung“ und natürlich dem All-time-favourite „Zu spät“. Auch Christain Steiffen durfte wieder auf die Bühne und mit den Ärzten seinen eigenen Song „Ja Ja die Punkmusik“ performen, bevor das Happening dann a cappella mit „Gute Nacht“ endgültig zu Ende ging.
Ein Ärzte-Konzert ist wie Forrest Gumps berühmte Schachte Pralinen: Man weiß nie, was man bekommt. Die Setlist variiert mit wenigen Konstanten von Konzert zu Konzert und kann auch mal ganz spontan geändert werden. Der Tourabschluss war jedenfalls großartig und lieferte am Ende ganze 37 (!) Stücke aus dem gewaltigen Backkatalog der Band. Jetzt nur noch raus aus der Kälte und ins warme Auto. Das Ende der Open-Air-Saison hatte ein Highlight geliefert. Auf ein Neues 2023!
Fury In The Slaughterhouse sind aus der Region Trier einfach nicht wegzudenken. Wie oft durften wir sie hier schon live erleben und dabei den Aufstieg von der kleinen Rockband aus Hannover hin zur Kultband mitfeiern? Den Anfang machten sie vor vielen Jahren mit der Tour zum zweiten Album „Jau!“ (1990) im beschaulichen Dörfchen Zerf. Und danach war kein Halten mehr. Sehr gut erinnere ich mich noch an die Show in der St. Wendeler Disco FLASH, als es nach dem Ende der Setlist noch einen Reigen von Stones-Covers gab, weil die Band einfach nicht mit Spielen aufhören wollte. Oder an den Nachmittags-Auftritt bei Rock am Ring, als die für viele doch noch recht unbekannte Truppe das Publikum schon im hellen Tageslicht zum ausgelassenen Feiern brachte. Die meisten Auftritte waren sensationell – und das sind sie bis heute.
Nach Bandauflösung 2008 war erst einmal Schicht im Schacht und die Brüder Wingenfelder schafften sich ein zweites Standbein mit Soloprojekten und als Duo. Dabei wurde viel auf Deutsch gesungen und das funktionierte besser, als manche Fans gedacht hätten. Doch insgeheim hofften alle auf eine Reunion – und die gab es zum 30jährigen Jubiläum im Jahr 2017. Zunächst beschränkt auf Hannover, dann aber zum Glück mit großer Tour, die FURY vor die Porta Nigra in Trier und (mit akustischem Set) nach Neunkirchen führte. Wenig später sollte als zweite altrömische Kultstätte in Trier das wundervolle Amphitheater bespielt werden, doch aus hinreichend bekannten Gründen dauerte es noch bis ins Jahr 2022, bis die beiden ausverkauften Shows endlich starten konnten.
Ich war am zweiten Abend dort und erlebte ein ausgelassenes Publikum, das schon beim Support Deine Cousine kräftig mitging. Selten nimmt eine Vorband die wartende Menge so mit, wie das Frontfrau Ina Bredehorn gelang. Mit wildem Punkrock war sie durchgehend in Bewegung, nutzte die komplette Bühne und den Laufsteg für einen wilden Tanz, um ihre Botschaft auf den Weg zu bringen: Für Feminismus und Diversität. Gegen alle Arschlöcher, beispielsweise den Betriebsarzt, der sie bei einer Untersuchung in den Po grabschte. Mit viel Attitüde sang, schrie und lamentierte sie sich durch 45 gehaltvolle Minuten. Ihrer Begeisterung über das stilvolle Ambiente und die mitreißende Kulisse ließ sie freien Lauf und trieb die hervorragende Band zu immer neuen Höchstleistungen an. Die Zuschauer*innen waren voll dabei, was die Sängerin zur Aussage verleitete: „Ach, man bekommt ja so viel zurück.“ Aber das war auch nicht übertrieben. Deine Cousine hatte die Menge locker um den Finger gewickelt und versprach, mit der neuen Verwandtschaft am Merch-Stand ausgiebig zu quatschen. Handynummern auszutauschen und Familienfotos zu schießen. Wie viele jetzt wirklich mit ihrer Nummer nach Hause gegangen sind? Keine Ahnung. Aber zum Ende des Fury-Sets war Cousine Ina immer noch am Stand und im regen Austausch. Mission Support: mehr als gelungen!
Überpünktlich waren dann Fury In The Slaughterhouse um 20.40 Uhr auf der Bühne und starteten mit „Good Day To Remember“. Der erst im Mai 2022 als Single veröffentlichte neue Song war der perfekte Opener. Viele der Anwesenden mittleren Alters waren doch vor allem aus nostalgischen Gründen vor Ort und wollten ihre Erinnerungen an die einstige Lieblingsband auffrischen. So gab es bereits als zweiten Song die Mitsingnummer „Milk And Honey“. Falls es überhaupt einen Bann gab, war er jetzt gebrochen. Ja – Fury sind spielfreudig und mitreißend wie eh und je.
Die Stücke vom aktuellen Werk „Now“ (2021, HIER unsre Review) fügen sich übrigens gut in die Setlist. Das beschaulich-melancholische „Letter To Myself“ passt hervorragend zum Hit „Radio Orchid“. Der Song “1995” gibt einen erzählerischen Einblick in die wundervolle Zeit, als Fury es auch in den USA zu einem kleinen Stückchen Ruhm geschafft hatten. Mit “All About Us” und “Replay” zeigen sie epische Momente, die in jedes Stadion passen. Fury haben sich auf ihre Tugenden besonnen. Sie bieten große Hymnen, erzählen Geschichten und schwelgen in Gitarrenmelodien. Alles, was zur Jahrtausendwende verloren schien, ist plötzlich wieder da und fügt sich ins Konzertgeschehen.
Bewegung kam aber vor allem bei den großen Songs in die Menge. „Then She Said“ wurde nicht von Kai sondern von Thorsten Wingenfelder interpretiert und kam mit schönen akustischen Klängen. Meinen All-time-favourite „Trapped Today, Trapped Tomorrow“ widmete Kai zielsicher der Deutschen Bahn und hob die Textzeile „sorry my train won’t stop at your station“ süffisant hervor. Überhaupt kam der Humor nicht zu kurz. Dafür war vor allem Gitarrist Christof Stein-Schneider zuständig, der gerne mal seinen Cannabis-Konsum ins Spiel brachte, das Publikum aufforderte, ihn ans Wechseln des Gitarrenkabels zu erinnern und mehrmals mit einem auffordernden „Stößchen“ dem Biergenuss frönte, Die Kabbeleien zwischen ihm und Frontmann Kai gehörten schon immer zum guten Ton in der Band und gingen auch konsequent weiter, wobei das Publikum munter mitspielte: „Kaaabel!“
Musikalisch war alles erste Sahne. Die Band ist wieder perfekt aufeinander eingespielt, als hätte sie nie pausiert. „Cry It Out“ lieferte einen ordentlichen Kracher. Songs wie “This Will Never Replace Rock ‘n’ Roll” feierten auf unnachahmliche Art den Wert der Musik und scheuten sich auch nicht “Sympathy For The Devil” zu zitieren. Und zum Abschluss des Hauptsets gab es nach gut 90 Minuten ein wunderschön sentimentales „Time To Wonder“, bei dem viele Anwesende Tränen in den Augen hatten.
Das geniale Ambiente des Amphitheaters kam jetzt durch die Beleuchtung immer besser zur Geltung. Wie froh kann Trier, die älteste Stadt Deutschlands, über ihre wundervollen Open-Air-Kulissen sein. Der Zugabenblock begann ungewöhnlich elektronisch. Solche Beat-Stampfereien ist man sonst nicht von Fury gewöhnt. Doch „Riding On A Dead Horse“ entwickelte sich zum Ende hin und schloss als lauter Rock-Kracher. Wem das zu turbulent war, der bekam ein partytaugliches „Kick It Out“ gleich hinterher, das mit rauen Vocals von Christof begonnen wurde.
Schon in der Pause vor der zweiten Zugabe begann die Menge „Don’t Forget These Days“ zu skandieren. Darauf musste man allerdings noch warten. Erst gab es das spielfreudige „Drug Addicted In The Jailhouse“ – doch dann war endlich die ersehnte Hymne dran und Kai brauchte kaum noch selbst zu singen. Das Publikum hörte ohnehin nicht mehr auf und holte mit den Klängen des Refrains“Won’t Forget These Days“ die Band zur dritten Zugabe zurück. Nach über zwei Stunden Konzertlänge gab es ein beschauliches „Down There“ zum Runterkommen – und man konnte sich beseelt durch die antiken Gemäuer zurück zur Stadt machen.
Fury In The Slaughterhouse hatten mal wieder bewiesen, dass sie nicht zum alten Eisen gehören. Sie sind auch keine Coverband der eigenen Klassiker, wie so viele andere 90er Jahre Stars. Stattdessen integrieren sie das aktuelle Album perfekt in den Set und zeigen sich hier in alter Qualität. Die Band hat sich wiedergefunden. Das wird den Nostalgikern und Fans alter Stunde gefallen – und sie werden hoffentlich auch einige junge Musikhörer hinzugewinnen, die den Wert handgemachter Musik zu schätzen wissen.
Mit dreißig (!) Staffeln seit dem Jahr 2004 ist die Comedy-Sendung „Dittsche“ absoluter Kult. Mit Bademantel und Schumilette läuft der arbeitslose Verlierertyp zur Höchstform auf und sinniert am Tresen eines Hamburger Imbisses über aktuelle Ereignisse, das Leben, Gott und die Welt. Dafür gab es verdientermaßen den deutschen Fernsehpreis.
Aber funktioniert die Show auch als Stand-up eines einzelnen Mannes auf der großen Showbühne, bewaffnet nur mit einem Mikro und einer Tüte voll Bierflaschen? Und ob! Schließlich entstand das Konzept ursprünglich im „Quatsch Comedy Club“ und führte über „Gottschalk Late Night“ zuerst ins ZDF und dann zum WDR. Olli Dittrich braucht nur langsam von der Seite zur Bühnenmitte zu schlurfen und schon tobt der Saal – in diesem Fall die voll besetzte Neue Gebläsehalle im saarländischen Neunkirchen.
Bereits zum zweiten Mal ist Dittsche mit dem Programm „Chefvisite“ auf Solo-Tour. Der Auftritt im Saarland war der Opener für eine groß angelegte Reihe von Terminen – und der Ort war perfekt gewählt. Vielleicht mag das daran liegen, dass der Saarländer im Allgemeinen den Humor eines Heinz Becker zu lieben gelernt hat, der ebenso wie Dittsche gern über seine Nachbarn und Bekannten lästert und aus jeder kleinen handwerklichen Tätigkeit ein Großevent macht.
Dittsche kommt also mit FFP2-Maske und darüber drapiertem Kaffeefilterhalter auf die Bühne und erläutert zunächst einmal, wie man mit seine Maske noch sicherer machen kann, wie man damit Unmengen an Kaffee kocht und wie man aus zwei Paar Stiefeln, Alufolie sowie dem überschüssigen Kaffee prima warme Füße und „Coffee to go“ bekommt. Ein köstliches Vergnügen!
Dann geht es gedanklich in den Imbiss und Ingos Salatbar muss ebenso für einige Kalauer herhalten wie Dittsches Nachbar Herr Karger. Tatsächlich fällt Olli Dittrich manchmal aus der Bühnenrolle und amüsiert sich über das Publikum, das mit Zwischenrufen und Heiterkeitsausbrüchen nicht geizt. „Besser als in Hamburg“ sagt er. Und nimmt sich dann selbst auf die Schippe: „Manchmal, wenn ich mir diesen Scheiß ausdenke, gacker ich auch so rum“.
Die Idee des Bierbrauens in einer Trockenschleuder sorgt ebenso für Chaos und Kopfkino wie der Wechsel einer Glühbirne in Kargers Wohnung. Nach einer Stunde Dauerfeuer brauchen Publikum und Comedian erst einmal 20 Minuten Pause.
Die zweite Stunde der Show wird sehr philosophisch. Dittsche versucht, eine Vorstellung von der Unendlichkeit des Universums und der Winzigkeit des Mikroversums zu bekommen. Solch eine essentielle Frage wird ebenso in hochkarätige Merksätze gefasst wie die Überlegung, was zuerst da war – und damit meint er nicht Huhn oder Ei sondern Kronkorken oder Flaschenöffner.
Zum Ende hin wird es gar politisch, wenn Merkels Multifunktionsjacke erklärt wird und die Frage, ob Karl Lauterbach plötzlich deswegen so schlau ist, weil ihm früher die Fliege das Gehirn mittels verringerter Sauerstoffzufuhr abgeregelt hat. Auch RKI-Wieler bekommt sein Fett weg, fast im gleichen Atemzug wie Dieter Bohlen und Florian Silbereisen mit ihren Varianten von DSDS.
Im Zugabenblock darf die Kunstfigur Dittsche auch eine Lebensgefährtin haben, die dann nochmal neuen Schwung in die Erzählung bringt. Nach zwei Stunden Power enden eine fulminante Show und ein gelungener Tourauftakt. Dittsche ist sichtlich erleichtert und man nimmt ihm gerne ab, dass er in Zukunft öfter den Liveclub in Neunkirchen für seine „Probevorlesung“ nutzen wird. Olli Dittrich ist einfach ein gestandener Komiker mit Sinn für die Feinheiten des Genres. Er sprüht vor Ideen und setzt diese jovial und mit großer Freude um. Bitte mehr davon!
Ob Guildo Horn wohl „Driving Home For Christmas“ summt, wenn er in den Tagen vor Heiligabend aus dem Bergischen Land in seine frühere Heimat Trier fährt? Hier wurde er 1963 als Horst Köhler geboren – und hier gibt er seit Jahrzehnten traditionell am 23. Dezember das Abschlusskonzert seiner jährlichen Dezembertour unter dem Motto „Weihnachten bin ich zuhaus'“.
Doch was haben die vergangenen zwei Jahre aus lieb gewonnenen Traditionen gemacht? So viele Festivals, Konzerte, Veranstaltungen sind der Pandemie zum Opfer gefallen. Stattdessen gab es rührige Versuche, die Livestimmung per Stream in die heimischen Wohnzimmer zu beamen – mal mehr, mal weniger erfolgreich. Auch „Meister“ Guildo Horn musste im Jahr 2020 Kompromisse schließen. Er trat zwar wie gewohnt live in der Europahalle auf, doch vor einem leeren Raum. Die Show konnte man kostenlos auf YouTube anschauen und sie ist immer noch dort zu finden (siehe ganz unten).
2021 waren die Vorzeichen besser, doch im Herbst kam die berüchtigte „vierte Welle“ und ein Teil der Tour musste ausfallen. Zum Glück hatten die Trierer Veranstalter von Popp Concerts vorausschauend und vorsichtig geplant. Es wurden zwei Abende gebucht und man hatte zunächst nur 1000 Tickets pro Konzert verkauft. Sehr weise! Denn jetzt konnte man die Veranstaltungen trotz verschärfter Hygieneregeln coronakonform durchführen – mit 2G, festen Sitzplätzen und Maskenpflicht auch während des Konzerts.
Der guten Stimmung im Saal tat dies übrigens wider Erwarten keinen Abbruch. Klar, es war ruhiger und man hatte im Vorfeld nicht so sehr dem Alkohol gefrönt, wie das sonst manchmal der Fall war. Doch das Publikum ging vom ersten Song an begeistert mit. Der Abend startete pünktlich um 20 Uhr mit dem frohlockenden „Kommet ihr Hirten“ eines Kinderchores vom Band, die Orthopädischen Strümpfe (Guildos Band) betraten die Bühne und der Meister erschien in seinem ersten von vielen Outfits des Abends, noch mit kuscheliger Mütze. Musikalisch gab es eine bekannte Musicalmelodie mit weihnachtlichem Text – und es zeugte von der zu erwartenden Komplexität des Abends, als sich „Jesus Christ Superstar“ ausgerechnet mit „Sympathy For The Devil“ vermischte.
Das Programm bestand, wie seit je her von Guildo gewohnt, hauptsächlich aus gängigen Pop- und Rocksongs, die textlich in ein weihnachtliches Gewand gekleidet wurden. Aus dem Buggles-Klassiker „Video Killed The Radio Star“ entstand ein frisches „Freuet euch sehr, das Christkind ist da“. „Live And Let Die“ verwandelte sich in ein sehnsuchtsvolles „Kinder es schneit“. Und die Hymne „The Final Countdown“ schmetterte der Meister als „Ein feiner Christbaum“.
Selbst Balladen wie „Für mich soll’s weiße Weihnacht geben“ und „Mein Freund der Tannenbaum“ („The winner takes it all“) wurden rockig abgefeiert. Irgendwann stand Guildo mit nacktem Oberkörper und Engelsflügeln auf der Bühne, aber das gehört bei diesem Ereignis einfach dazu.
Skurrile Geschichten, die Guildo gern in petto hat, nahmen breiten Raum ein. Man erzählte die „Geschichte vom dicken Dieter“, einem bekannten Trierer Maronenverkäufer. Der Esel „In der Krippe“ bekam zu Elvis‘ Schmachtfetzen „In The Ghetto“ seinen großen Auftritt und „Frieda, die Weihnachtsgans“ hatte zu den Klängen von „Bridge Over Troubled Water“ das Glück, ein weiteres Jahr geschenkt zu bekommen.
Schon seit jeher bietet Guildo bei seinen Livekonzerten viel mehr Rock als Schlager. Die Bandvorstellung erfolgte zu „My Papa Was A Rolling Stone“ mit vielen knackigen Instrumentaleinlagen. Als der Keyboarder die Technoklänge von „Insomnia“ anspielte, tobte der ganze Saal. Überhaupt hielt sich das Publikum nie lange auf den Sitzen. Diszipliniert ließen alle die Maske an und blieben an ihren Plätzen, doch dort wurde dann im Stehen getanzt und gefeiert. Allüberall sah man hüpfende Weihnachtsmützen und Rentiergeweihe. Kein Wunder, dass sich Sänger, Band und Publikum mit ihrer fantastischen Stimmung gegenseitig nach oben zogen.
Guildo wirkte bisweilen sehr wehmütig, erzählte von der leeren Halle im vergangenen Jahr und freute sich über die aktuelle Möglichkeit, dieses Konzert zu spielen: „Wir brauchen das alle. Es ist ein Booster für die Seele!“ Danach folgte ein melancholisches „Ich hab den Weihnachtsmann so lieb“.
Vor der ersten Zugabe erklang um 21.40 Uhr die bekannte Eurovisions-Melodie und alle wussten, was jetzt kommen würde: „Guildo hat euch lieb“, sein Hit, mit dem der Meister 1998 beim Eurovision Song Contest Deutschland mit einem spektakulären siebten Platz beschenkte. Natürlich dargeboten mit dem berühmt-berüchtigten Kuhglocken-Solo. Danach wurde weiter gefeiert mit „Weihnachten wird grün“ (zum Smashhit „Cordula Grün“) – einer Situation, die das Trierer Publikum nur zu gut kennt. Es gab den besinnlichen Mottosong „Weihnachten bin ich zuhaus'“ und die große Hymne „Wir wünschen frohe Weihnacht“ zu „Music“ des kürzlich verstorbenen John Miles.
Um 22.15 Uhr entließ der Meister seine Fans in die Nacht. Draußen war es eiskalt, die Polizei hatte in der Fußgängerzone gerade eine unangemeldete Impfgegner-Demo aufgelöst. Gut, dass solche Konzertveranstaltungen einen Gegenpol setzen und man zeigt, wie man unter Einhaltung der neuen Regeln ausgelassen feiern und festliche Stimmung zelebrieren kann. Guildo ist und bleibt eine Institution in Trier und tut alles für sein Publikum. Im nächsten Jahr wird es weitergehen. Wann und wo? Natürlich am 23. Dezember 2022 in der Europahalle Trier. Tickets sind bereits erhältlich – beispielsweise HIER.
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