Nein, Understatement ist definitiv nicht Mark Forsters Ding. Dessen konnte man sich gewiss sein, als in der Rockhal im luxemburgischen Esch sur Alzette der Vorhang fiel und man den ersten Blick auf die gigantische Bühnenkonstruktion erhaschte. Ganze 14 (!) LKW hatten die Elemente einer zweistöckigen Showbühne mit Showtreppe und LCD-Bildschirmen angekarrt. Es gab mehrere Räume inklusive Regieraum wie bei einer großen Fernsehshow. Und das wollte Mark Forster hier in ordentlicher Gigantomanie auch bieten. „Die unglaubliche Mark Forster Arenatour Show 2024“ war in Luxemburg angekommen.
Die riesige Halle war nicht komplett ausverkauft, aber bis nach ganz hinten gefüllt. Es gab eine kleine Tribüne, auf der sich vor allem viele Kinder mit ihren Eltern tummelten. Bei geringer Körpergröße ein Garant dafür, trotzdem genug von der Bühne zu sehen und ordentlich mitzufeiern. Auf jeden Fall war auch das Luxemburger Jungvolk absolut textsicher.
Wie bei einer großen Abendshow musste man zunächst, beginnend Punkt 20 Uhr, viel Werbung über sich ergehen lassen. Aber nicht schlimm, die Produktion hatte nämlich eine ganze Reihe deutscher Werbeklassiker mit hohem Witzfaktor ausgewählt, die manchen ein paar Aha-Erlebnisse bescherten und in der veränderten Neufassung immer darauf hinausliefen, Forster-Devotionalien am Merchstand zu erwerben.
Um 20.15 Uhr kam Newcomerin Soffie für vier Songs auf die Bühne und heizte dem Publikum ordentlich ein. Die junge Sängerin aus Backnang überzeugte mit fetzigem Deutschpop. Sie stellte die brandaktuelle Single „Bevor du gehst“ vor, brachte aber auch ihren Protest gegen den neuen Rechtsextremismus in Deutschland auf die Bühne: Ihren Song „Für Immer Frühling“ braucht die heutige Zeit dringender denn je – was ihr bereits Features mit AnnenMayKantereit und Alligatoah eingebracht hat und sie im Rahmen ihrer ersten Deutschlandtournee auf das Reeperbahn Festival in Hamburg führen wird.
Umbau war nicht nötig, da Soffie zur Musik vom Band sang, und schon war es um 20.30 Uhr Zeit für die ultimative Forster Show. Auf der Bühne wuselten noch vermeintliche Bauarbeiter rum, die sich zum Teil als Bandmitglieder entpuppten, und ein Einheizer ließ (wie im echten Fernsehen) schnell noch unterschiedliche Applaus-Stärken aufzeichnen, bevor der Moderator der Show, Mark himself, die Bühne betrat und wie bei einer Late Night Show am Pult platz nahm. Mit dem Spaß war es aber vorbei, als ein Forster-Double „194 Länder“ anstimmte und beim Publikum auf wenig Gegenliebe stieß. Also musste Mark selbst übernehmen und die Show startete in gewohnter Manier mit Stücken wie „Auf dem Weg“, „Einmal“ und „Flash mich“.
Zwischenzeitlich stellte Mark seine Band als Newcomerband aus dem Ländchen vor („Fünf Sterne de Luxemburg“), die Songs wie „Sowieso“ interpretierte. Zu „Flash mich“ schoss ein Krokodil Maskottchen Merch-Artikel ins Publikum und „Drei Uhr nachts“ kam in einer ungewohnten Chill-Version. Damit es nicht zu eintönig wurde, paarte Mark Forster altbekannte Hits mit neueren Titeln. Und zwischenzeitlich wurde es extrem laut und Dancefloor-lastig, Rückkopplungen inklusive.
„Au revoir“ wurde mit Bildern hinterlegt, die Mark Forsters Aufstieg vor zehn Jahren beschrieben. „Farben leuchten schwarz“ gab es im Mix mit „As It Was“ (Harry Styles), „Stimme“ als Dancefloor-Experiment und „Genug“ wurde mit „Murder on the Dancefloor“ vermischt und mit Flammenwerfern illustriert. Hier bekamen die anwesenden Kids mal Eindrücke von einer heftigen Bühnenshow, Rap und Technobeat inklusive.
Ruhiger wurde es wieder, als „Bist du okay“ nur mit Handylichtern beleuchtet wurde. Ein überirdisch schöner Moment, der die Stimmung über „Willkommen zurück“ und „Wir sind groß“ bis zur grandiosen Hymne „Chöre“ hielt. Mit Konfetti und Mitsing-Elementen war kein Halten mehr. Erste Eltern flüchteten nach 90 Minuten schon mit ihren Kindern zum Parkhaus, verpassten damit aber einen melancholischen Abschluss mit „Bauch und Kopf“ als der einzigen Zugabe. Mark Forster hatte hier alles aufgefahren, was es aufzufahren gab. Eine gehörige Portion Größenwahn inklusive. Ob er das für die Open Airs halten kann? Am 20. Juli spielt er beim E-Werk Open Air in Saarbrücken. Wir werden sehen.
Setlist – Mark Forster, Rockhal Esch/Alzette, 15.5.2024
194 Länder
Perfekt
Auf dem Weg
Einmal
Sowieso
Flash mich
Drei Uhr Nachts
Kogong
747
März
Au revoir
Schwarzer Toyota
Farben Leuchten Schwarz / Stimme / Genug
Wenn du mich vergisst
Bist du Okay
Übermorgen
Willkommen zurück
Wir sind groß
Chöre
Bauch und Kopf