Inga Rumpf, die Grande Dame der deutschen Rockmusik feiert dieses Jahr ihren 75. Geburtstag und beschenkt ihre Fans nicht nur mit einem Jubiläumskonzert, sondern auch mit neuer Musik. „Universe of Dreams“ heißt ihr aktuelles Studioalbum – und obendrauf packt sie noch eine ganze CD mit „Hidden Tracks“.
Musiker drehen ja oft nochmal richtig auf, wenn andere längst in Rente sind – so auch Inga Rumpf, die uns hier eine ordentliche Portion Blues und Soul um die Ohren haut. Mit dem Titelsong „Universe Of Dreams“ beamt sie sich und ihre Hörer direkt in ihr eigenes musikalisches Universum. Hier laden Titel wie „Back to the Roots“ und „Slow Motion“ zum mitgrooven ein und andere wie „My Diary“ oder „All In Good Time“ verführen zum Träumen. Etwas düsterere Stimmung verbreitet das nachdenkliche „One Man Band, aber meistens machen Ingas Songs einfach gute Laune, wie etwa „About You“, ein herrlich unbeschwertes Liebeslied.
Das Album enthält aber nicht nur neue Kompositionen der Hamburger Musikerin. „I Wrote A Letter“ – besonders bekannt in der Coverversion von Tina Turner – wird von Inga hier als einfühlsame Ballade nochmal ganz neu interpretiert. Und mit „I’ve Been Loving You“ nimmt sie sich auf ihre unnachahmliche Art den Soul-Klassikers von Otis Redding vor.
Auf der zweiten CD „Hidden Tracks“ finden sich 13 Songs aus den letzten 25 Jahren ihrer Karriere, allesamt bisher unveröffentlichte Raritäten. So sind hier beispielsweise „Dance It Up“, „I Am I“ und „Two Is One“ aus einer legendären Session mit den drei Gitarristen der Rolling Stones zu hören. „Es war einmal…“, eine Erinnerung an eine Kindheit und Jugend ohne Hand und Helikopter-Eltern, ist einer der seltenen deutschsprachigen Titel von Inga Rumpf, und einige Stücke nahm sie gemeinsam mit Helmut Krumminga von BAP auf, darunter eine zauberhafte Version von „What A Wonderful World“.
Für Fans von Inga Rumpf ist dieses Doppelalbum definitiv Pflicht – es bietet aber auch allen anderen Musikliebhabern die Chance, diese großartige Musikerin vielleicht neu kennenzulernen. Wer nun noch neugierig auf den Menschen Inga ist, kann sich außerdem die ebenfalls aktuelle erscheinende Autobiographie „Darf ich was vorsingen?“ zu Gemüte führen.
Die Kult-Metal-Formation meldet sich mit froher Kunde zurück: War es nach der legendären Reunion-Show auf dem Wacken Open Air 2015 lange still um die Band um Jon Oliva und Chris Caffery, geht es im Hause SAVATAGE nun Schlag auf Schlag.
2021 zollt earMUSIC den Metal-Ikonen mit einer sorgfältig kuratierten Vinyl-Reissue-Reihe aller Studioalben Tribut: Von “Sirens“ (1983) bis “Poets And Madmen“ (2001) werden alle Alben nach und nach auf feinstem Vinyl zurück in die Läden kommen. Allesamt neu aufgelegt mit erweitertem Artwork, ausführlichen Liner Notes und natürlich Mastered for Vinyl für eine hochkarätige Audioqualität.
Die umfängliche Neuveröffentlichung des gesamten, von Fans aus aller Welt heiß geliebten Backkatalogs auf schwerem, hochwertigem 12″-Vinyl wird mit einem würdigen Vorboten zelebriert: Am 31. Juli 2021 erscheint “The Hourglass” mit einer weltweiten Auflage von 2.000 Exemplaren im Vinyl-Fachhandel in Deutschland. Die streng limitierte 10″-Single wird geschmückt von einer maßgeschneiderten, aufwendigen Illustration des namensgebenden Zeitmessers, den sechzehn Skelette gegen eine tosende Brandung aufrecht halten. Die atemberaubenden, von Doré inspirierten Visuals der Single greifen Aspekte des memento mori auf und spielen mit ihrem maritimen Unterton auf “The Wake of Magellan” (1997) an. Die sorgfältig gefertigte Platte ist nicht nur ein Muss für SAVATAGE-Fans, sondern auch für jede:n Vinyl-Liebhaber:in. Überzeugt euch selbst mit einem kleinen Stimmungsvideo zur Herstellung:
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Wer sich noch weitere SAVATAGE-Klassiker ins heimische Plattenregal holen möchte, wird nicht lang warten müssen. Den Anfang einer ganzen Reihe von LPs macht am 20. August 2021 die Wiederveröffentlichung des Albums “Sirens” (1983). Vom Rock Hard Deutschland als “Klassiker der Metalgeschichte” gefeiert, ist das Debüt von SAVATAGE auch heute noch ein absoluter Favorit unter den Fans, mit Songs wie “Sirens” oder “Holocaust”, die feste Bestandteile des Liveprogramms der Band waren.
Zeitgleich mit der Veröffentlichung von “Sirens” wird auch der Nachfolger “The Dungeons Are Calling” neu aufgelegt. Die erstmals 1984 veröffentlichte EP entstand in denselben Aufnahme-Sessions wie für “Sirens” und widmet sich in metaphorischer Weise der Beschreibung der Auswirkungen von Drogen auf den menschlichen Geist. “The Dungeons Are Calling” ist nicht nur, ähnlich wie sein Vorgänger, ein absoluter Fan-Liebling, sondern auch die perfekte Ergänzung zu “Sirens”.
Beide Alben erscheinen am 20. August 2021 als streng limitierte, schwere 12″ LP-Sammler-Edition sowie regulär auf 180g schwarzem Vinyl, jeweils im attraktiven Gatefold, und sind ab sofort vorbestellbar.
Zur Band:
Die amerikanischen Heavy-Metal-Legenden SAVATAGE gelten als eine der einflussreichsten Bands ihres Genres überhaupt. 1981 von den Brüdern Jon und Criss Oliva in Florida gegründet, traf die Band Mitte der 1980er-Jahre während einer gemeinsamen Europa-Tour mit Motörhead auf den Produzenten Paul O’Neill – und der Rest ist Geschichte. Unter den Fittichen des versierten Produzenten und Visionärs O’Neill gelang es der Band schon bald, sich in die Riege ihrer Vorbilder Rainbow, UFO oder Rush einzureihen und dabei ihren ganz eigenen Sound zu entwickeln.
Das Erstlingswerk “Sirens” aus dem Jahr 1983 wurde ebenso wie der Nachfolger “The Dungeons Are Calling” (1984) von Jim Morris und Dan Johnson produziert, rasch folgten die Alben “Power Of The Night” (1985) und “Fight For The Rock” (1986), ehe unter O’Neills Feder “Hall Of The Mountain King” (1987) und “Gutter Ballet” (1989) herauskamen, die schnell Kultstatus erlangten.
Nach der Veröffentlichung des Konzeptalbums “Streets – A Rock Opera” (1991) gab Jon Oliva das Mikrofon aus gesundheitlichen Gründen an Zak Stevens ab, schlüpfte aber für “Edge Of Thorns” gemeinsam mit seinem Bruder Criss Oliva und Paul O’Neill in die Rolle des Produzenten und blieb so der Band weiterhin treu. Das 1993 veröffentlichte Album ist nicht nur das erste mit Stevens als Sänger, sondern auch das letzte SAVATAGE-Release mit Criss Oliva als Gitarrist, ehe nach seinem tragischen Unfalltod Testament-Gitarrist Alex Skolnick die Leadgitarre für “Handful Of Rain” (1994) übernahm; die dazugehörige Tour war die erste mit Jeff Plate als Drummer.
1995 releaste die Formation Stevens/Oliva/Plate mit “Dead Winter Dead” unter Mitwirkung der Gitarristen Al Pitrelli und Chris Caffery erneut ein Konzeptalbum, das zugleich den Grundstein für das international bekannte Projekt Trans-Siberian Orchestra (TSO) legte. Bis heute touren die Mitglieder von Savatage mit TSO regelmäßig durch die USA und erreichen allein mit ihren aufwendigen orchestralen Christmas Shows Millionen von Fans.
Nach “The Wake of Magellan” (1997) veröffentlichten SAVATAGE 2001 ihr bis dato letztes Studioalbum “Poets And Madmen”. Nach einer zwölfjährigen Pause trat die Band 2015 noch einmal auf dem Wacken Open Air auf, wo sie eine spektakuläre Doppelshow mit TSO spielte, die ebenso wie die Musik der Kultband bis heute Maßstäbe für Live- und Album-Konzeptionen setzt.
2021 wird der heiß begehrte Backkatalog von SAVATAGE auf Vinyl durch earMUSIC/Edel neu aufgelegt – die Legende lebt weiter.
Das letzte Studioalbum „F. E. A. R. (Fuck Everyone and Run)“ ist eines der stärksten Alben, die Marillion herausgebracht haben (HIER unsre Review). Es bescherte der britischen Progband die erste Nummer 10 in den deutschen Charts und den ersten Top 5 Titel in UK seit über dreißig Jahren. Das ist jetzt allerdings auch schon wieder fünf Jahre her. Der Abstand zwischen zwei Marillion CDs steigt an – zumindest wenn man die reinen Studioalben betrachtet. Aber Marillion haben schon lange ihr eigenes Vertriebs- und Marketingkonzept entwickelt. Sie gelten gar als Erfinder des Crowdfundings im Musikgeschäft, seit sie sich um die Jahrtausendwende das Album „Anoraknophobia“ von Fans vorfinanzieren ließen. Viele Livealben gibt es nur im bandeigenen Shop zu kaufen und die treuen Fans weltweit sind stets bestens informiert.
Das zwanzigste Studioalbum ist derzeit in Arbeit und wird vielleicht noch im diesem Jahr erscheinen. Die Zeit dazwischen nutzen Marillion, um ein ganz besonderes Projekt auf die Beine zu stellen: Für ihre Fan-Weekends im Jahr 2017 hatten sie sich ein Streichquartett namens „In Praise of Folly“ engagiert, das einige Bandklassiker mit Arrangements von Michael Hunter und Kevin Halporn auf einen neuen Level brachte. Die Idee erwies sich als so erfolgreich, dass 2019 ein Album „With Friends from the Orchestra“ erschien, zu dem man neben besagtem Quartett auch noch den Hornisten Sam Morris und Emma Halnan an der Querflöte hinzu zog. In großer Besetzung gab es neue Studioaufnahmen bekannter und weniger bekannter Stücke (HIER unsre Review). Bei den Fans kam die Idee gut an und es folgten einige Livekonzerte gemeinsam mit den klassischen Musikern.
Legendär ist inzwischen der Mitschnitt aus der Royal Albert Hall 2017 mit dem Titel „All One Tonight“ (HIER unsre Review). Dieser ist in seiner beeindruckenden Show mit unvergleichbarer Leidenschaft und Energie vermutlich nicht mehr zu toppen, doch „With Friends At St David’s“ fängt zumindest den Reiz einer kleineren Konzertlocation ein. Das Klassik-Ensemble ist prominent inmitten der Band platziert und hat oft die musikalische Ausrichtung in der Hand. Da sind keine Eitelkeiten bei Sänger Steve Hogarth und seinen Mitstreitern zu erkennen: Sie überlassen gerne den jungen Frauen die Zügel und fügen sich in das musikalische Geschehen. Erneut wartet die Band nicht nur mit einer visuellen und akustischen Glanzleistung auf, sondern zeigt auch, dass durch das Überqueren musikalischer Grenzen wunderbare Freundschaften entstehen können, die Genres überwinden.
Der Mitschnitt erscheint über earMUSIC als 2CD Digipak, 3LP Gatefold (180g), Ltd. Coloured 3LP (Violet transparent), 2DVD und 2Blu-ray. Schon der auditive Genuss ist überragend. Songs wie „The Sky Above The Rain“, die bisher nie zu meinen Favoriten zählten, werden mit ihren orchestralen Parts wunderschön neu interpretiert und leben dadurch sehr auf. Der Rockkracher „Zeperated Out“ bekommt eine ganz neue Dimension durch die energische Performance und das Stakkato. „Fantastic Place“ verbreitet eine unglaublich heimelige Atmosphäre. Der 16. November 2019 bot in Cardiff vielleicht nicht die beste Setlist (mir fehlen definitiv einige Must-Haves wie „Afraid of Sunlight“ und „Neverland“), aber die Liveaufnahme vermittelt die ganze Stärke dieser besonderen Konzertreihe. Zwei weitere Tracks im Bonus-Bereich haben noch Besonders zu bieten: „Man of a 1000 Faces“ stammt vom Konzert in Paris und wartet mit einem stimmgewaltigen Chor auf und „Estonia“ gibt als Promofilm Einblick in die Studioarbeit der Band mit den klassischen Musikern.
Im DVD-Format kommt dann auch die mehr als respektable Lightshow mit Videoprojektionen zur Geltung. Und auf Blu-ray erzählt die Dokumentation „Making Friends“ die ganze Geschichte dieser schönen Zusammenarbeit. Steve Hogarth sagt zur Tour und zum Album: “Das war vielleicht unsere Lieblings-Tour bisher. Sie bot uns die Gelegenheit, von Zeit zu Zeit innezuhalten und uns darin zu verlieren, wie sechs “klassische” Musiker die wundervollen Arrangements unseres Produzenten Mike zum Leben erwecken. Das hat wirklich eine andere emotionale Ebene und oft auch eine spielerische Freude an unserer Musik erzeugt.”
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Es ist schon verdammt skurril, wenn man sich eine Band wie Scooter ohne feierndes Publikum vorstellt. Daher beginne ich bei der Review zum neuen Album „God Save The Rave“ ausnahmsweise mal nicht mit dem aktuellen Studiowerk sondern mit der beiliegenden Bonus-live-CD.
Und da haben wir auch schon das Problem / die Besonderheit: „I Want You To Stream“ ist ein Livekonzert ohne Publikum. Man fühlt mit H.P. Baxxter, wenn er seine Ansagen macht, die zwischen Euphorie und Melancholie schwanken. Der 64minütige Mitschnitt kommt ohne Publikum aus, ohne große Show, ohne Tänzer. Der Gig fand in den Rehearsal Studios der Band in Hamburg statt und wurde an überragende zwei Millionen Fans weltweit gestreamt. Elektronische Hymnen und Baxxters Megafon-Stimme funktionieren natürlich auch ohne Publikum, zumal die Jubelchöre ohnehin aus der Retorte eingespielt werden – so wie bei den Studioreleases der Band.
Was live also gut funktioniert, ist auch auf dem Album enthalten. Das 20. Studioalbum von Deutschlands erfolgreichstem Technoact trägt den Titel „God Save The Rave“ und erinnert uns mit jedem Beat daran, dass wir das Feiern nicht vergessen dürfen – ein Statement, wie es bekanntlich nur H.P. Baxxter derart griffig zu formulieren vermag: „First we save the rave! Then we save the world!“
Das Ergebnis sind 15 Tracks, von denen mit „Rave Teacher (Somebody Like Me)“, „God Save The Rave“, „Devil’s Symphony“, „Which Light Switch Is Which?“, „Bassdrum“, „FCK 2020“ und „Paul Is Dead“ bereits sieben Singles erfolgreich veröffentlicht wurden. Auch die übrigen Tracks helfen beim Durchdrehen auf jeder Party: hymnische Melodiepassagen mit viel Rhythmus, stampfende Beats, H.P. als Shouter vor dem Herrn, ein insgesamt sehr positiver Vibe und unendlich viele Ohrwürmer.
„Einmal im Leben wollten wir dieses unglaubliche Geschenk einer konzentrierten Arbeitssituation annehmen und ein Album produzieren, bei dem jeder einzelne Track ein potenzieller Hit ist. Wir hatten zum ersten Mal seit Gründung der Band die Zeit, uns wirklich einmal und ohne jede Ablenkung und Unterbrechung durch anstehende Festival-Auftritte einer Albumproduktion zu widmen“, erklärt Baxxter.
Das Ergebnis spricht für sich. Wenn die Clubs geöffnet hätten, wären viele Songs – trotz der allgemeinen Flaute im Techno und Eurodance – inzwischen in den Ohren der tanzwütigen Bevölkerung. So wird „God Save The Rave“ zumindest zum Soundtrack für die Party zuhause.
Die Tour steigt 2022. Ich bin schon heute gespannt auf das Event in Luxemburg.
GOD SAVE THE RAVE Arena Tour 2022
11.03.2022 Stuttgart – Schleyer-Halle
12.03.2022 München – Olympiahalle
13.03.2022 Zürich (CH) – Hallenstadion
15.03.2022 Antwerpen (BE) – Lotto Arena
17.03.2022 Düsseldorf – ISS Dome
18.03.2022 Bremen – ÖVB-Arena
19.03.2022 Dresden – Messe
21.03.2022 Wien (AT)- Stadthalle
22.03.2022 Esch-Sur-Alzette (LU) – Rockhal
24.03.2022 Amsterdam (NL) – Ziggo Dome
25.03.2022 Hannover – ZAG Arena
26.03.2022 Kiel – Wunderino Arena
Das Alleinstellungsmerkmal von Ila Ruf ist es zunächst einmal, dass er ein erstaunlich schnelles und virtuoses Pianospiel an den Tag legt. Der Komponist, Texter, Musiker und Sänger legt hier ein sympathisches Album vor, das alle Aspekte seiner Kunst zeigt: energische Instrumentalstücke und Songs von emotional bis eindringlich – so entsteht ein abwechslungsreicher Einblick in sein Repertoire. Und dass der Gesang kein verlegenes Vor-sich-hin-Trällern ist, stellt man spätestens dann fest, wenn in „like we used to be“ auch die hohen Töne stilsicher aus den Boxen erklingen.
Ein 19-Jähriger schreibt Musik über Aufbruch, seinen Aufbruch in eine neue Zeit, eine neue Lebensphase. Er beschreibt in poetischen und kraftvollen Instrumentals seine inneren Bilder von neuseeländischen Weihnachtsbäumen über Regen im August bis zu einem tanzenden Mond, berichtet musikalisch von seinen jugendlichen Erlebnissen als Handballspieler und Musiker. In seinen Songs singt er natürlich von Liebe, auch von seinen Freundschaften und Träumen.
„Ich bin so glücklich, dass ich die Musik, die sich über die Jahre in mir aufgestaut hat, noch vor meinem 20. Geburtstag veröffentlichen kann. Das macht mich frei für einen neuen, noch unbekannten Weg.“ Musikalisch pendelt das Album zwischen Pop und Jazz. Klezmer und Tango klingen leise an, energetische Swing- und Bebop-Phrasen blitzen immer wieder auf. Und doch zeichnet das Album bei all seiner Vielseitigkeit ein Bild eines jungen, außergewöhnlichen Singer/Songwriters, dessen musikalische Stimme etwas zu sagen hat, aufwühlt und berührt.
Die Aufnahmen entstanden in einer August-Woche, mitten im Corona-Sommer 2020 im Kolosseum in Lübeck, einem durch den Lockdown verwaisten Konzertsaal mit inspirierendem Ambiente und großem Steinway-Konzertflügel. Der Künstler selbst sagt dazu: „Mein erstes Album Ilja_19 ist eine Sammlung von Songs, die ich in den letzten Jahren geschrieben habe. Es kombiniert verschiedene Stile: Popsongs, Jazztunes und Kompositionen mit einem kammermusikalischen Ansatz. Jeder Track erzählt seine eigene Geschichte. Einige Geschichten tauchen auf, wenn die Zeit stillzustehen scheint und wir direkt in eine imaginäre Welt oder Stimmung eintauchen können. Andere Kurzgeschichten beschreiben Situationen, die Ihr vielleicht aus Eurem Alltag kennt.“
Die musikalisch-stilistischen Grenzen auszuloten ist für Ilja Ruf nichts Außergewöhnliches. Aufgewachsen in einer Musikerfamilie, mit dem Crossover-Spezialisten und Dirigenten Bernd Ruf als Vater und dem um zwei Jahre älteren Klarinettisten Ivo Ruf als Bruder, sind ihm Berührungsängste zwischen Jazz, Klassik, Pop und Worldmusic fremd. Und da ist es auch kein Zufall, dass Ilja sich Jamie Cullum zum musikalischen Vorbild nahm, der sich bekanntermaßen wenig für Genregrenzen zwischen Pop und Jazz interessiert. „Wie Jamie Cullum mit Musik umgeht, spielt, singt, das reißt mich jedes Mal mit. Als ich ihn zum ersten Mal live erlebte, wusste ich, das möchte ich auch machen.“
Das Ergebnis ist vielseitig und abwechslungsreich. Ein Album nur mit Vocals und Pianomusik – absolut überzeugend. Er kann es sich erlauben. Dass Ilja sein Debüt mit der Zweitüberschrift „acoustic album“ versieht, mag ein Zeichen dafür sein, eventuell auch großformatige Arrangements in petto zu haben. Nötig wäre das allerdings nicht. „Ilja_19“ ist stimmig so, wie es hier erklingt.
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In den letzten 6 Jahren mussten sich die Fans von Blackmore‘s Night mit Compilations und EPs begnügen. Nun erscheint mit „Nature‘s Light“ endlich wieder ein neues Studioalbum, auf dem die Band um Ritchie Blackmore und Candice Night uns wieder mit ihrer ganz eignen Mischung aus Renaissance, Folk, Pop und Rock bezaubern.
Thematisch ist das Album – wie der Titel schon vermuten lässt – der Kraft und Schönheit der Natur gewidmet. Der Opener „Once Upon December“ beschwört zu einer traditionellen Melodie aus Italien die Magie von frostkalten Winternächten herauf, in denen man gemeinsam singt und alten Geschichten lauscht. „Four Winds“ besingt Ozeane und Wälder als Zufluchtsort vor den Anforderungen des modernen Lebens, und „The Twisted Oak“ beschreibt einen ganz persönlichen Lieblingsort, um Frieden zu finden. Der Titelsong „Nature‘s Light“ schließlich ist eine majestätische Hymne zu Ehren der Natur, die hier sogar als Königin bezeichnet wird. Mein Lieblingstitel ist allerdings „Going to the Faire“, das mit seiner tänzerischen Beschreibung eines fröhlichen Mittelaltermarktes wohl derzeit vielen Menschen aus der Seele spricht, die sich nach unbeschwerter geselliger Unterhaltung sehnen.
Wie immer sind die Songs mit traditionellen Instrumenten und dezenter elektronischer Unterstützung arrangiert und werden vom melodiösen Gesang von Candice getragen. Und natürlich bekommt Ritchie Gelegenheit, sein virtuoses Können an der Gitarre zu zeigen. Das Instrumentalstück „Der letzte Musketier“ ist dabei überraschend rockig und modern produziert, wogegen sich im atmosphärischen, aber etwas langatmigen „Darker Shade of Black“ neben der Gitarre auch Geige und Keyboard solistisch beweisen dürfen.
Auch zwei Coverversionen sind wieder dabei. Die eindringliche Interpretation von „Second Element“ (im Original von Frank Peterson und Sarah Brightman) ist sehr gelungen. Auf die etwas zu kitschige Neuauflage des bereits 1997 von Blackmore´s Night gecoverten Rednex-Hits „Wish You Were Here“ hätte ich allerdings verzichten können.
„Nature´s Light“ ist insgesamt ein rundes Album und bietet alles, was Fans der Band erwarten und lieben. Es ist als CD und auf Vinyl erhältlich, und zusätzlich in einer limitierten Mediabook-Edition mit der Bonus-CD „Blackmore´s Night Classics“ mit neun der beliebtesten Songs aus der bisherigen Karriere der Band. Hier überzeugt besonders die Ausstattung als Hardcover mit integriertem Booklet, das neben den Lyrics und stimmungsvollen Bildern auch zwei kleine Geschichten von Autumn Blackmore, der Tochter des Musikerpaares, enthält.
Vincent Damon Furnier wurde 1948 in Detroit geboren, der berühmten Motor City – auch bekannt als Motown. Was das mit seinem neuen Album zu tun hat? Zunächst mal den perfekt gewählten Albumtitel „Detroit Stories“. Dann ist es ein durch und durch dreckiges Album, das den Staub der Arbeiterstadt atmet. Alice Cooper hat sich mal wieder selbst übertroffen und liefert ein astreines Rock’n’Roll Album ab. Das dürfte für Fans nichts Neues sein, hat er doch bereits 2019 die Gemeinde mit einer EP namens „Breadcrumbs“ überrascht, die unter anderem den älteren Titel „Detroit City“ als Remake brachte und außerdem Songs von Bob Seger und Suzie Quatro enthielt.
Schon in den Liveshows des neuen Jahrtausends wandte sich Alice Cooper gern den Heroen seiner Jugend zu und ließ sie quasi aus dem Grab erstehen, um ihre Musik zu würdigen. Das passte perfekt zu der morbiden Show, die sich seine Fans wünschen.
In „Detroit Stories“ erzählt Alice nun die eigene Geschichte, die eng verknüpft ist mit der von Produzent Bob Ezrin. Alles begann im Jahr 1970, als Bob Ezrin, damals ein erst noch flügge werdender, aufstrebender Musikproduzent, ein Farmhaus am Stadtrand von Detroit aufsuchte, um mit der Band um Alice Cooper zu arbeiten. Diese hatte Los Angeles hinter sich gelassen, da sie das Gegenteil der dortigen Flower-Power- und Hippie-Szene mit ihren Idealen von Liebe und Frieden verkörperte. Alice Cooper scharte seine deutlich düstere Gang in Detroit um sich – in der Stadt, in der nicht nur er selbst, sondern auch Genres wie Hard Rock, Garage Rock, Soul, Funk und Punk geboren wurden. Was folgte, war viel harte Arbeit: täglich zehn Stunden arbeitete Bob Ezrin zusammen mit der Band daran, deren Signature-Sound zu definieren. Sobald sie einen Song perfektioniert hatten, schallte lauter Applaus aus der Psychiatrie von der anderen Straßenseite. So entstand der klassische Alice Cooper-Sound, wie ihn heute alle kennen. „Los Angeles hatte einen eigenen Sound mit The Doors, Love und Buffalo Springfield”, sagt Alice Cooper selbst. „In San Francisco gab es The Grateful Dead und Jefferson Airplane. In New York The Rascals und The Velvet Underground. Aber in Detroit wurde wütender Hard Rock geboren. Alice Cooper mit dem gitarren-lastigen Hard-Rock-Sound und der krassen Bühnenshow hat einfach nirgendwo in den USA reingepasst, weder musikalisch noch imagetechnisch. Detroit war der einzige Ort, an dem Außenseiter wie wir reinpassten. Und als die Leute noch rausfanden, dass ich im Osten von Detroit geboren wurde… waren wir zu Hause angekommen.”
50 Jahre später nehmen Alice und Ezrin in einem Studio in Detroit gemeinsam mit einer Vielzahl legendärer Detroiter Musikern das neue Album auf und lassen damit den Geist der Stadt wieder aufleben. Eingerahmt von Stücken, die im Original von Lou Reed („Rock’n’Roll“) und Bob Seger („East Side Story“) stammen, lebt man Blues und Rock’n’Roll in eigenen Songs und Worten. Ein perfekter Trip in die 70er Jahre, mit Saxofon, jaulenden Gitarren, Motown-Chören, der Lehre vom puren Sound.
Wahnsinn, dass Alice auf seine alten Tage noch ein solches Album vorlegt, das Track um Track einen Riesenspaß macht. Wer sich die Deluxe Edition zulegt, bekommt zudem noch eine aktuelle Liveshow aus Paris auf Bonus-DVD. Eine Zusammenstellung der größten Hits mit entsprechender Show. Klasse!
Die Stimme ist unverkennbar, auch wenn Bonnie Tyler bald schon 70 Jahre alt wird. Songs wie “Total Eclipse Of The Heart”, “Holding Out For A Hero” und “It’s A Heartache” machten sie weltberühmt, doch sie ruht sich nicht auf alten Heldentaten aus, sondern veröffentlicht auch nach fünf Jahrzehnten einer einzigartigen Karriere noch zwölf brandneue Songs ganz im Stil ihrer alten Erfolge.
Ja, es gibt Synthesizer, Dance-Rhythmen und eingängige Refrains. „The Best Is Yet To Come“ repräsentiert Bonnies heutigen Sound, der nach wie vor die Leidenschaft, die Energie und den Spaß der glorreichen 80er hervorruft. Die erneute Zusammenarbeit mit ihrem langjährigen Produzenten David Mackay brachte ein Album hervor, das seinen Vorgängern in nichts nachsteht.
Bonnie erklärt: “Ich konnte es in den letzten zehn langen und gruseligen Monaten kaum erwarten, für euch alle zu singen. Ich weiß, dass manche von euch unter dem Virus und dem Verlust von Familienmitgliedern, Freunden und Freundinnen leiden und das tut mir von Herzen leid. Musik kann alles ein bisschen leichter machen und ist für mich immer mein Rückzugsort. Ich hoffe, dass euch diese neuen Songs aufmuntern werden. Ich bin wirklich glücklich und stolz auf dieses neue Album. Es rockt einfach und zaubert mir immer ein Lächeln aufs Gesicht, wenn ich es anhöre. Der Moment, wenn wir endlich wieder auf einer Bühne stehen und eure lächelnden Gesichter sehen können, wird etwas ganz Besonderes sein. Ich verspreche: Das Beste kommt WIRKLICH erst noch!”
Die Songs sind optimistisch und grundlegend fröhlich. Tanzbar und emotional kochen bei jedem Track die Glanztaten der 80er Jahre hoch. Das Cover von 10CCs „I’m Not In Love“ klingt aus Bonnies rauchiger Kehle schonungslos ehrlich. Doch insgesamt bewegt sie sich gekonnt im Uptempo-Bereich. So bleibt man auch mit fast 70 Jahren noch die Rockröhre alter Zeiten.
„Carnival“ erschien ursprünglich im Jahr 2005 als neuntes Album von New Model Army. Es war eine schwierige Zeit für die Band. Fünf Jahre waren seit „Eight“ vergangen und die Band befand sich immer noch im Umbruch. 2004 gab es zwei Todesfälle im Umfeld: Mit Darryl Kempster starb im Juni ein langjähriger Wegbegleiter und Mitarbeiter des Merchandising-Standes. Er wurde bei einem Überfall vor einem Hotel in Südafrika im Alter von 37 Jahren erschossen. Am 4. November starb Schlagzeuger Robert Heaton mit 43 Jahren aufgrund eines Tumors.
Schon in der ersten Ausgabe setzten die Songwriter Justin Sullivan und Michael Dean ein Konzept in den Mittelpunkt, das „Leben und Sterben“ thematisierte. Das Album begann mit „Water“, auf dem der vorgeburtliche Ultraschall von Michaels erstem Sohn als Sound verwendet wird und es endete mit „Fireworks Night“, das die Band dem während der Aufnahmen verstorbenen Heaton widmete.
„‘Carnival’ war ganz anders“, sagt Sullivan im Nachhinein dazu. „Ambitioniert entworfen als eine Art eklektisch-wirbelndes Soundkarussell war es der Beginn meiner kreativen Partnerschaft mit Michael – mit einem endlosen Strom von neuen Ideen von Nelson, Dean und Dave. Vielleicht wählten wir damals mit Chris Tsangarides den falschen Produzenten. Er war nicht dafür gemacht unser Chaos zu steuern und in Bahnen zu lenken. Und die Dinge wurden durch das häufige Fehlen von Nelson und Dave, der aus familiären Gründen dabei war die Band zu verlassen, nur noch komplizierter. Wir hatten immer das Gefühl, dass ‘Carnival’ das Album war, bei dem die Aufnahmesessions, das Mixing und das Mastering den Songs nie gerecht geworden sind.”
Dem will man jetzt zum 40jährigen Bandjubiläum entgegen wirken. Konzerte waren ohnehin Fehlanzeige – warum also nicht am Backkatalog arbeiten? Die Band übergab die Originalaufnahmen an Lee Smith, den Co-Produzenten und Mixer ihrer neusten Werke. Neben dem neuen Mix wurde das Album um vier Songs und damit 14 Minuten Lauflänge erweitert. Zudem wurde die Reihenfolge der Tracks grundsätzlich umorganisiert, ohne aber den umfassenden Rahmen des Openers „Water“ und des Abschlusses „Fireworks Night“ zu ändern.
Die neuen Stücke fügen sich energisch und intensiv in das Tracklisting ein. Keine Fremdkörper, sondern bedeutsamer Bestandteil des neuen Werks: „Rumour and Rapture 1650“ wurde von Sullivan für die Theatertour von “Freeborn John”, dem Konzeptalbum von Rev Hammer, geschrieben und erzählt die Geschichte eines desillusionierten Soldaten der Parlamentsarmee. „Caslen (Christmas)“ war zunächst instrumental, von Nelson auf der Akustikgitarre eingespielt, und wurde nun mit einem Text von Sullivan erweitert. „One Bullet“ und „Stoned, Fired and Full of Grace“ sind Fans der Band als Live-Akustik-Songs bekannt, doch sie kommen auf „Carnival“ als bisher unveröffentlichte Versionen, eingespielt von der gesamten Band, zum Einsatz. Vor allem „One Bullet“ hat sich schnell zu meinem Favoriten entwickelt.
Als neues Konzeptalbum klingt „Carnival“ jetzt deutlich schärfer und rhythmisch kraftvoller als bisher. Starke Gitarren und ein energisches Schlagzeug beherrschen die Platte. Der Charakter von Protesten gegen die Widrigkeiten unserer Zeit (seien es die Not in Afrika, die Flüchtlingskrise oder die Amtsmüdigkeit der Polizei) treten stärker hervor. Und dazwischen verstecken sich Perlen wie das düster-atmosphärische „Too Close to the Sun“ und das orchestral-hymnische Keyboard von „Another Imperial Day“.
In dieser neuen Form macht „Carnival“ einen großen Sprung nach oben und entwickelt sich langsam aber sicher zu meinem NMA-Favoriten im neuen Jahrtausend. Das Artwork wurde modernisiert und die Aufmachung als Digipack ist absolut gelungen. Aus alt mach neu. Perfektes Upcycling!
Melancholisches Klavierspiel trifft auf kühle elektronische Elemente, zarte Stecknadel-Passagen auf große Popmomente: I Want Poetry sind leidenschaftliche Grenzgänger, die selbst scheinbare Widersprüche zu einem harmonischen Ganzen vereinen. Ihre Musik entsteht im stilistischen Niemandsland, in dem sie modernen Indie-Pop, ätherische Ambient-Elemente und dramatische Neoklassik-Einflüsse aufeinanderprallen lassen, um all dies zu etwas völlig Neuem zu verschmelzen. In kürzester Zeit hat sich das Dresdner Duo (Till Moritz Moll und Tine von Bergen) den Ruf als eine der spannendsten Formationen innerhalb der europäischen Indie-Pop-Szene erarbeitet.
„Jeder Song auf Human Touch beschreibt einen anderen Aspekt der menschlichen Berührung: der Gefühlsrausch, wenn man einander zum ersten Mal berührt, die Begegnung mit dem Inneren Selbst, und dass wir alle verbunden sind, miteinander, mit der Natur, mit allem was uns umgibt. Wir können nicht anders, als berühren und berührt zu werden.“, sagt Tine von Bergen.
Das Album liefert große Gefühle und sphärische Songs. Besonders Tines eindringliche Vocals wissen zu begeistern und die Poesie in den Lyrics ist bezaubernd. Allerdings wirkt der elektronische Klangteppich bisweilen auch zu mystisch und in sich selbst versunken. Die Stücke erzeugen ein Gefühl von nordischer Kälte und skandinavischer Weite. Das kann schon ein wenig schwermütig machen in diesen Zeiten, da der erneute Lockdown bevorsteht und sich soziale Kontakte auf ein Minimum reduzieren. Einige Farbkleckse hätten dem verträumten Popalbum daher vielleicht gut getan.
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Felicitas Mietz, wie die gebürtige Marburgerin mit bürgerlichem Namen heißt, legt mit „Nachtluft“ ihr zweites Album vor. Vor ihrer Solokarriere war sie bei der Popband Neoh aktiv, doch mit ihren eigenen Alben wird deutlich, dass sie niemals nur das hübsche Aushängeschild der Musikindustrie sein konnte. Mit den akustischen Stücken und als Songwriterin ihrer eigenen Musik zeigt sich ihre wahre Größe. Dazu braucht es im Prinzip nicht mehr als eine Gitarre, doch „Nachtluft“ ist ordentlich durchproduziert, voller schöner Chansons und auch mal mit melodischem Sprechgesang zu starkem Piano wie in „Elexier“.
Fee. wurde schon mit Udo Lindenbergs Panikpreis ausgezeichnet – und ihre Musik ist genau so direkt und ehrlich wie die Songs des großen Rockpoeten. „Nachtluft“ bietet eine lyrische Reise mit lebhaften und nachdenklichen Songs. Markenzeichen ist Fees lakonische Stimme, die oft zugleich frustriert und melancholisch klingt. Besonders die reduzierten Songs wie „Straßburger Straße“, „Mit dir“ und „Dein Haus ist umstellt“ überzeugen in ihrem Minimalismus, der Fees klare Stimme herausstreicht.
Sie hat beim zweiten Album alles selbst in die Hand genommen und es per Crowdfunding finanziert. Die zehn Songs in knapp 35 Minuten sind ungestüme Oden ans Leben, skurrile Beobachtungen, voll Selbstironie und vertrauter Schwesternhaftigkeit. Alles geht, was von Herzen kommt!
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Wer sich wie die Formation Blackmore’s Night der Musik im Renaissance-Stil verschrieben hat, dem liegen natürlich auch die traditionellen Weihnachtslieder am Herzen. Mit dem 2006 erstmals erschienenen und 2017 neu aufgelegten Album „Winter Carols“ haben Candice Night und Ritchie Blackmore dies bereits bewiesen – nun läuten sie mit vier neu interpretierten Songs auf der EP „Here We Come A-Caroling“ die diesjährige Adventszeit ein.
Die vier Stücke sind alle traditionell überliefert. Der schwungvolle Titelsong „Here We Come A-Caroling“ in der Tradition der englischen Weihnachtsänger ist hierzulande kaum bekannt, ebenso wie das besinnliche „It Came Upon A Midnight Clear“. „O Little Town Of Bethlehem“ gehört allerdings schon fast zu den Klassikern, und „Silent Night“ hat seinen Siegeszug um die Welt ja im Original als „Stille Nacht“ begonnen. Diese Version überzeugt nach dem sehr ruhigen Intro mit einer überraschend rhythmischen Begleitung, die dem fast schon zu bekannten Lied nochmal eine neue Facette verleiht.
In den Arrangements dominiert wie immer Candice‘ klarer und gefühlvoller Gesang, umrahmt von Ritchies virtuosem Gitarrenspiel und ergänzt durch weitere akustische Instrumente wie Blockflöten, Streicher und Tamburin.
Wer den Stil von Blackmore’s Night mag und sich mit „Here We Come A-Caroling“ passende Festtagsstimmung ins Haus holen will, sollte sich besser beeilen: Die CD und die gleichzeitig erscheinende Version auf Vinyl sind nämlich weltweit auf 5.000 beziehungsweise 2.000 Exemplare limitiert.
2019 fand das 5. Adventskonzert in der Heimstätte der SG Dynamo Dresden statt. Es waren (wie immer bei diesem Event) zwei Stunden voller Emotionen und ein Fest, das Dresden als Weihnachts- und Kulturhauptstadt von europäischem Rang präsentierte. Wenn kurz vor Weihnachten über 25.000 Menschen zum großen Adventskonzert ins Stadion strömen und hunderttausende TV-Zuschauer im Wohnzimmer Platz nehmen, dann beginnt für viele Dresdner das Weihnachtsfest so richtig.
Dieses Jahr ist das leider so nicht möglich und daher gibt es anstelle des traditionellen Adventskonzertes im Rudolf-Harbig-Stadion ein aufwändig produziertes Studioalbum mit Weihnachtsliedern gesungen vom Dresdener Kreuzchor unterstützt von einer Vielzahl bekannter Künstler.
Das neue Doppelalbum bannt die einzigartige Atmosphäre dieses besonderen Events auf Doppel-CD und bringt sie ins Wohnzimmer. Im Zentrum steht der acht Jahrhunderte alte Dresdner Kreuzchor unter der Leitung von Roderich Kreile. Begleitet wird er dabei vom eigens gegründeten Cross Bell Orchestra: renommierte Band- und Studiomusiker aus ganz Deutschland, die unter der Leitung von Peter Christian Feigel auch für das Studioalbum die perfekten musikalischen Partner der Kruzianer sind. Feinfühlig und mit großer Spiel- und Singfreude erwecken sie die anspruchsvollen Arrangements der Weihnachtsklassiker zum Leben.
Mir gefällt die Mischung aus klassischen Weihnachtsliedern, orchestralen Arrangements und beschwingtem Soulpop sehr gut. Man bietet ein absolut vielseitiges Programm, das Tradition und Moderne vereint.
Auf dem Album sind neben alten Bekannten des Adventskonzerts auch neue musikalische Partner des Kreuzchors zu hören: Im Duett mit dem Chor verzaubert Rocklegende Peter Maffay mit seinem Tabaluga-Hit „Nessaja – Ich wollte nie erwachsen sein“, während die finnische Starsopranistin Camilla Nylund mit den Kruzianern die Atmosphäre des skandinavischen Weihnachtsfestes nach Deutschland holt. Auf allen Bühnen der Welt zu Hause und mit „O holy Night“ und „Adeste fidelis“ auch Gast auf dem Album ist Tenor Klaus Florian Vogt. Musical- und Soul-Akzente setzt Sabrina Weckerlin, die dem besonderen Genremix eine weitere Facette hinzufügt. Gleiches gilt für die finnische Trompeterin Tine Thing Helseth und ihren ganz eigenen Weihnachtssound. Die Weihnachtsgeschichte aus dem Lukas-Evangelium, gelesen von Schauspieler Samuel Koch, rundet das neue Studioalbum ab.
Es ist eine gute Lösung, den Freunden des Kreuzchors diese Alternative zu bieten – in einem Jahr, da so viel Liebgewonnenes wegfallen muss. Die Doppel-CD ist sehr ausgewogen erstellt und schafft es, die Atmosphäre eines Weihnachtskonzerts ins heimische Wohnzimmer zu bringen.
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Marathon ist das neue Bandprojekt von Mark Kelly, der seit fast 40 Jahren als Keyboarder von Marillion fungiert. Die Aufnahmen für das Debütalbum entstanden in Peter Gabriels Real World Studios. Und wie es der Zufall will, hat Mark einen Vokalisten gefunden, der sich in weiten Teilen wie der junge Peter Gabriel anhört. Allein das ist schon Freude genug für Fans des guten Progressive Rock. Darüber hinaus steht Kelly als Instrumentalist natürlich für breite Keyboardflächen und atmosphärische Musik. Bei Marillion kann er das nicht mehr so ausleben wie noch in den 80er Jahren – jetzt hat er wieder die Chance dazu. Und er nutzt sie!
“Seit jeher sehnt sich die Menschheit nach der Fähigkeit zu fliegen, angefangen beim Erreichen von Höhen, weiter bis zum Überqueren von Kontinenten, dann Ozeanen, der Umrundung der Welt, bis hin zum Aufbrechen ins All und ersten Versuchen mit dem zu kommunizieren, was auch immer da draußen ist. Doch was, wenn die Kommunikation ausfällt?” Das ist die inhaltliche Idee hinter dem Album, das zwar nicht als echtes Konzeptalbum daher kommt, doch einer Mission folgt – nämlich die Musik als Mittel zur Verständigung heranzuziehen. Alle Lyrics stammen von Guy Vickers und er nutzt die Liner Notes des Booklets, um Hintergründe zu erklären. So geht es im Zehnminüter „Amelia“ um die Frauenrechtlerin und Flugpionierin Amelia Earhart, die 1937 im Pazifik verschollen ist. „Puppets“ beschäftigt sich philosophisch mit dem freien Willen und das viertelstündige Epos „Twenty Fifty One“ diskutiert die Existenz außerirdischen Lebens.
Zusammen mit Guy Vickers, Oliver M. Smith (Vocals), Pete “Woody” Wood (Gitarre), John Cordy (Gitarre), Henry Rogers (Schlagzeug) und seinem Neffen Conal Kelly (Bass), hat Mark Kelly seine Visionen in Realität umgesetzt. Es sind nur fünf Songs insgesamt, doch das Album dauert ordentliche 44 Minuten. Die Longtracks stehen am Anfang und am Schluss – jeweils in kleine Abschnitte eingeteilt – und sind extrem facettenreich.
Marathon ist in weiten Teilen ein sehr modernes Rockalbum. Man muss sich also keine Sorgen machen, dass Mark hier nur alte Ideen auslebt. Mal dominieren die Gitarren, dann gibt es wirklich elegische Keyboardparts. Auch Marillion Bandkollege Steve Rothery hat es sich nicht nehmen lassen und hat für den Song „Puppets“ seine Gitarre in die Hand genommen. Die solistischen Einlagen Rotherys sind unverkennbar. Dieses Markenzeichen haben Marillion in 40 Jahren niemals aufgegeben – und auch hier schwelgt er in seinen typischen Akkorden und Läufen.
Das Marathon-Projekt beschert Fans von Marillion und Bands wie IQ, Jadis, Arena oder Spock’s Beard ein schönes Nostalgie-Feeling, doch es ist eigenständig und modern genug, um nicht als Kopie durchzugehen. Mark Kelly hat hier seine Ideen verwirklicht, die er in einer demokratischen fünfköpfigen Band nicht immer durchsetzen kann. Das Ergebnis ist überragend gut.
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Nachdem die Schweden KATATONIA mit ihrem aktuellen Album „City Burials“ im April auf Platz #6 der offiziellen Deutschen Album Charts landeten, legen sie nun mit einem Live Album ihres „Lockdown Streaming“ Konzerts nach.
Im April 2020 präsentierten KATATONIA ihr elftes Studio-Opus, das ergreifenden „City Burials“. Da jedoch das unvorhergesehene globale Ereignis in diesem Jahr eintrat und ihre Album-Tourpläne auf Eis gelegt wurden, führte die Band eine intimere Lockdown-Show durch, die am 9. Mai live aus dem Studio Grondahl, Stockholm gestreamt wurde.
„Dead Air“ bietet den Fans ein 88-minütiges Set mit 20 Titeln aus dem umfangreichen und illustren Repertoire der Band, wahlweise auf 2CDs oder ebenso komplett auf DVD. Das Tracklisting enthält eine Auswahl an Fanfavoriten, die exklusiv von der weltweiten Fangemeinde der Band gewählt wurden. Dabei haben es immerhin auch drei Titel des aktuellen Albums in die Live-Umgebung geschafft.
Bemerkenswert ist die Klasse der Setlist, die aus den von Fans meistgewählten Lieblingsstücken zusammengestellt wurde. So umfasst das Konzert viele spannende Jahre düsterer, atmosphärischer Musik. Während KATATONIA anfangs zu den Pionieren der Black-/Death-/Doom-Bewegung zählten, schafften sie 1998 den Sprung zum Progmetal – analog zu Bands wie Opeth und Anathema.
Das Konzert ist eine musikalische Wucht und es ist einfach skurril, keine enthusiastisch applaudierende Menge im Hintergrund zu hören. So wird die Aufnahme aber zum Livedokument für die Nachwelt, aus der Zeit des (wie man für einige Monate hoffen durfte) „kurzen Sommers der Pandemie“. Inzwischen wissen wir, dass das Zurückfahren der Kultur uns auch noch einen langen Winter hindurch begleiten wird. Hoffen wir, dass es danach überstanden ist. „Dead Air“ kann mit seiner musikalischen Klasse auf jeden Fall über die Widrigkeiten eines „Konzerts am Bildschirm“ hinweg trösten.
Schon der erste Song zeigt mir, warum die Reihe „Christmas With My Friends“ von Nils Landgren so erfolgreich ist: Er startet nicht etwa mit Posaune, Piano und Saxofon, um die Qualitäten der instrumentalen Mitstreiter herauszustellen, sondern gibt uns mit dem a cappella gesungenen „This Christmas“ einen wundervoll entspannten und atmosphärischen Einstieg. Landgren im Chor mit seinen Sängerinnen Sharon Dyall, Jeanette Köhn, Jessica Pilnäs und Ida Sand ist eine wunderschöne vokale Offenbarung. Gerade diese chorischen Elemente ziehen sich durch das ganze Album und bereichern es ungemein.
Die Christmas-Reihe des schwedischen Posaunisten ist auch in ihrer siebten Auflage ein wundervolles Klangerlebnis. Zwar voll von Soul- und Jazzklängen, aber nie zu verspielt, um die festliche Ruhe zu stören. Vor 14 Jahren versammelte Nils Landgren, Sänger und Fixstern der europäischen Jazzszene, erstmals seine engsten Weggefährten zu einem “Christmas With My Friends”, ging mit ihnen ins Studio und auf Tour. Und das Echo auf die fantastische Weihnachts-CD war so enorm, dass Landgren und seine Freunde seither alle zwei Jahre diese besondere Art, Weihnachten zu feiern, wiederholen. So sind die „Christmas With My Friends“-
Alben auch für mich fester Bestandteil einer persönlichen Weihnachtstradition geworden.
Diesmal schlägt er musikalisch den vielleicht weitesten Bogen seiner Karriere: mit 14 Liedern aus 14 Ländern. Man nehme nur Schuberts „Ave Maria“, das mit gezupften Mandolinenklängen und sanften Bläsern so heimelig klingt wie nie. Die Reise geht von Benjamin Brittens „Hodie Christus“ über Kirchen- und
Wiegenlieder wie das britische „Sweet Was The Song“ oder das polnische „Gdy sliczna Panna/Listen to my Lullaby“ bis zu fröhlicher Weihnachts-Weltmusik wie dem hymnischen, aus Russland stammenden „The Forest Raised A Christmas Tree“ oder dem bewegungsintensiven südafrikanischen „Sizalelwe Indodana“. Von nur im Ursprungsland Bekanntem wie dem finnischen „Sylvian Joululaulu“ bis zu Welthits wie „Feliz Navidad“ des Puerto Ricaners José Feliciano. Von Hommagen wie an den großen belgischen Chansonnier Jacques Brel bis zu eigenen Kompositionen von Johan Norberg und Eva Kruse.
Was alle Stücke gemeinsam haben, ist die unaufgeregte Herangehensweise. Selbst „Just Another Christmas“ im Bigband-Sound klingt noch sehr zurückhaltend und gibt vielleicht optimistischen Ausblick auf eine USA, die in Zukunft wieder ohne großes Gepolter auskommt.
Die Corona-Krise hat unser Zusammenleben mit “social distancing” grundsätzlich verändert. Umso größer ist die Sehnsucht nach den Werten und Freuden der Weihnachtszeit, nach Einkehr und Besinnlichkeit, nach Zusammenhalt und Freundschaft, nach einer die Welt umspannenden Liebe. Nils Landgren bietet solche Augenblicke mit seiner magischen Musik, die uns für einen Moment vergessen lässt, welche Widrigkeiten die Gegenwart mit sich bringt. Eine musikalische Umarmung voller Wärme und Wehmut!
Vor sieben Jahren erschien eins meiner liebsten Weihnachtsalben aller Zeiten: das „Wilde Winter Songbook“ von Kim Wilde. Die Ikone des Pop, die mit Hits wie „Kids in America“, „Cambodia“, „You Keep Me Hangin’ On“ oder „You Came“ vor alem in den 80er Jahren die Tanzflächen weltweit eroberte, wird am kommenden Mittwoch 60 Jahre alt. Kaum zu glauben. Pünktlich zum Geburtstag erscheint das weihnachtliche Songbook in einer erweiterten Deluxe Edition auf zwei Silberlingen.
2013 schrieb ich zum Album: „Wilde Winter Songbook“ enthält zwölf Stücke in stimmungsvollen Neuaufnahmen. Zu Beginn und zum Abschluss gibt es zwei hochkarätig besetzte Duette. Den Klassiker „Winter Wonderland“ singt Kim im Duett mit Rick Astley. Ich will ja nicht lästern, aber Ricks schmalzige Stimmfarbe ist die perfekte Besetzung für diesen orchestralen Song, der ganz von selbst den Duft von Lebkuchen und das Bild brennender Kerzen erzeugt.
Und zum Glück ist nicht alles so beschaulich, denn Kims Superhit „Rockin‘ Around The Christmas Tree“ findet sich natürlich auch – diesmal im Duett mit Nik Kershaw. Diese Zusammenarbeiten sind sehr gefällig und dazu möchte ich auch den Song „Burn Gold“ zählen, der in ein herzzerreißendes „Silent Night“ überführt, das Kim zweistimmig mit Hal Fowler anstimmt.
Das waren die Duette – doch Kim überzeugt allein ebenso. Mit gefühlvoller Stimme verleiht sie Standards wie „Let It Snow“ und „Winter Song“ neue Impulse. Hinzu gesellen sich sechs starke Eigenkompositionen. Kim Wilde überrascht bei „Hope“ mit einer schönen Klaviermelodie und einem hymnischen Abschluss. Ebenso gefühlvoll singt sie die Ballade „One“ und das mit akustischen Gitarren versehene „Song For Beryl“.
Die Bonus-CD zur Neuauflage wartet direkt am Anfang mit einer Überraschung auf: „Keeping The Dream Alive“. Die Melodie kennt man doch irgendwoher… Es ist eine englischsprachige Version von „Solang man Träume noch leben kann“ der Münchner Freiheit. Sehr schön umgesetzt. Da gibt es nichts zu meckern. Und auch das unvermeidliche „Last Christmas“ ist jetzt in einer sehr eleganten Version vertreten. Die beiden Remixe des Duos Electric Penguins hätte ich jetzt nicht unbedingt gebraucht, doch das soll Geschmackssache bleiben. Die ruhigen „Isobel’s Dream“ und „Deck The Halls“ fügen sich jedenfalls schön in die besinnliche Zusammenstellung ein.
Kim Wilde ist stimmlich weiterhin eine Bank und es gelingt ihr, sehr eingängige und getragene neue Songs zu schreiben. Wer den ewigen Weihnachts-Einheitsbrei satt ist, sollte diesem Album gerne mal ein Ohr gönnen.
Auch wenn Jon Flemming Olsen nicht jedem auf Anhieb ein Begriff ist – vielleicht macht es Klick, wenn man an den Eurovision Song Contest 2006 und seine Band Texas Lightning denkt. „No No Never“ bewegte sich (wie so viele deutsche ESC-Titel) zwar nur im hinteren Bereich der Ergebnistabelle, wurde aber in DEutschland trotzdem ein respektabler Erfolg und bewegte sich 38 Wochen lang in den Charts.
Solo legt das Multitalent aus Düsseldorf inzwischen sein drittes Album vor. Seine 13 neuen Lieder – live mit Streichquartett eingespielt – ähneln inhaltlich und musikalisch durchaus einem Drahtseilakt: Mal fokussiert auf den Weg, mal in den Abgrund blickend, mal traumtänzerisch leicht. Ob sich da ein einsamer Tropf vergebens um die Rückkehr eines geliebten Menschen bemüht („Wenn Du wiederkommst“). Oder ob jemand augenzwinkernd anzweifelt, inwiefern der Nachwuchs tatsächlich ein steter Quell der Freude ist („In zwanzig Jahren“). Und auch die eigene Vita kommt bei Olsen auf den poetischen Prüfstand: In „König in meiner Baracke“ singt er sich frei von den Zwängen, die sich mit schnellem Ruhm einstellen können. Davon könnten sicher viele ESC-Teilnehmer ein Lied singen.
Natürlich nehmen auch die Folk- und Country-Ideen breiten Raum ein. „Es wird etwas geschehen“ ist mitreißend und optimistisch. „Alles wahr“ ist eine 1-a-Verschwörungspersiflage und „Wildes Tier“ zeigt in dunkel leuchtenden Skizzen, wie in Menschen lange unterdrückter Groll ausbricht. „Die Decke unserer Zivilisation ist hauchdünn. Das Lied ist vielleicht auch ein Plädoyer dafür, das Archaische in uns zuzulassen, bevor sich der angestaute Frust ins Wutbürgerhafte verkehrt.‟ Olsen ist einer, der an Solidarität glaubt. Der den Menschen vertraut, seinen Fans sowieso. Deshalb setzte er auch erneut erfolgreich auf das Prinzip Crowdfunding, um die Produktion von „Mann auf dem Seil“ zu finanzieren.
Die ruhigen akustischen Balladen harmonieren hervorragend mit den Streichern. Eine durchaus spannende Kombi. Und auch wenn es laut und energisch wird, gibt das begleitende Quartett eine ordentliche Dynamik mit. Olsen hat seinen Songs viel Zeit zum Reifen gelassen. Mit seinem neuen Material ist er Anfang 2019 nicht geradewegs ins Studio gegangen, sondern hat seine Singer-Songwriter-Oden live ein Jahr lang atmen, fliegen und auch mal scheitern lassen – „bis sie so richtig schön rundgespielt waren‟. Um diese beglückende Energie des Moments festzuhalten, hat er seine Lieder schließlich live aufgenommen. An nur einem Abend, vor vollem Saal (im Theater Schmidtchen) in seiner Heimat Hamburg, in Begleitung des Kammerensembles Konsonanz. So verbindet „Mann auf dem Seil‟ nun die Leidenschaft für Singer-Songwriter-Sound, Folk und Country mit einem intuitiven Gespür für eingängige Popmelodien, die dank der Streicher zum tief berührenden Ereignis werden. Ein überaus geglückter Balanceakt.
Nach offizieller Zählung ist „Space for the Earth“ bereits das 15. Studioalbum der rührigen Space Rock-Band aus Sommerset, England. Hinzu kommen unzählige Livealben und Compilations. Ja, sie waren fleißig in den 37 Jahren seit Bandgründung. Da verwundert es tatsächlich, dass zwischen dem letzten Release („Technicians of the Sacred „) und heute ganze fünf Jahre vergangen sind.
Die Musik von Ozric Tentacles ist eine Kombination aus treibenden Basslinien, Keyboards und komplizierter Gitarrenarbeit mit einem Sound, der stark von Künstlern wie Steve Hillage und Gong beeinflusst ist. Viele ihrer Songs enthalten ungewöhnliche Taktarten und überaus komplexe Arrangements. Da macht auch das aktuelle Werk keine Ausnahme, das zudem mal wieder melodische Ausflüge in östliche Gefilde macht und neben den obligatorischen Keyboards und effektlastigen Synthesizern auch ethnisch anmutende Klänge zu bieten hat. Dabei wird mit chorischen Einsprengseln die instrumentale Ausrichtung des Albums beispielsweise im verspielten „Humboldt Currant“ durchbrochen.
Das explorative und abwechslungsreiche musikalische Abenteuer wurde 2019/20 komplett im Alleingang von Ed Wynne in den Blue Bubble Studios am Meer geschrieben, programmiert, aufgenommen und produziert. Inspiriert von den schottischen Hügeln, Tälern und Stränden rund um sein Studio wandelt das Album zwischen elegischen Soundscapes, Space Grooves und Ambient-Atmosphären, bisweilen durchbrochen von knallharten Gitarrensoli.
Ein großartiges musikalisches Abenteuer für altgediente Hippies und Freunde des psychedelischen Progressive Rock. Wohlige Erinnerungen an das fröhliche Gedaddel alter Computerspiele inklusive.
„Leute ist das euer Ernst? Ein Punkalbum? Ihr müsst Gangster-Rap machen! Punk ist tot!“ Mit diesen gesprochenen Halbwahrheiten endet der erste Track dieses wundervollen Punkalbums „Na gut dann nicht“. Was uns MADSEN hier um die Ohren hauen, ist Protest in Reinkultur. Und das haben wir 2020 in dieser Form noch von keinem gehört.
Mission ist es, den Punk zu retten. Das wird im zweiten Stück „Herzstillstand“ deutlich: „Keiner hat mehr Bock auf Gitarren und auf Lärm“. Familie Madsen beweist das Gegenteil, denn diese Platte macht sowas von Bock! Lärmende Gitarren, hysterischer Gesang, Hau-drauf-Mentalität beim schnellen Schlagzeug. Ob das Spaß macht? Aber ja!
Zu verdanken haben wir dieses Album der Corona-Langeweile. Denn eigentlich sollte alles ganz anders laufen: Ein neues, bereits geschriebenes Rockalbum sollte im Sommer aufgenommen werden, die Touren waren gebucht. Und dann stellte sich die Welt auf den Kopf. MADSEN schoben den gewohnten Indierock zur Seite und widmeten sich einer neuen Welt. „Mitte März bin ich ins Wendland gefahren, habe den Proberaum gründlich aufgeräumt und für andere Künstler Musik geschrieben. Aber dann hatte ich plötzlich diesen Bock auf Punk!“ erinnert sich Sänger Sebastian Madsen. Er kaufte sich das Ramones-Debüt auf Vinyl, hörte es rauf und runter und begann, Songs zu schreiben. Schnell hatte auch der Rest soviel Spaß an den Songs, dass MADSEN ihr „reguläres Album“ hinten anstellten und eine Punk-Platte aufnahmen.
Das Ergebnis ist so überraschend wie geil. Besonders die Texte sind ausgesprochen tiefgehend und treffen den Zeitgeist. „Quarantäne für immer“ zeichnet ein düsteres Bild von herbei gesehnter Einsamkeit („Draußen wird alles immer schlimmer, ich bleib in meinem Zimmer“). „Protest ist cool aber anstrengend“ geht in die andere Richtung: Der Mensch im Bildungsbürgertum erkennt die Probleme der Zeit, hat aber wichtigere Dinge zu tun („doch morgen soll es regnen und du musst noch Rasen mähen“). Ein Plädoyer dafür, Protest nicht nur gut und wichtig zu finden, sondern auch damit anzufangen.
„Alte weiße Männer“ richtet sich so deutlich gegen den gegenwärtigen Politikstil wie „Trash TV“ gegen den allabendlichen Voyeurismus bei Dschungelcamp, Bachelor und Promi-WG. „Behalte deine Meinung“ geigt den ganzen Social-Media-Besserwissern und Verschwörungstheoretikern den Marsch, die YouTube und Twitter für das bessere Kommunikationsmedium halten. Und „Wenn du am Boden liegst“ ist ein starkes Statement für Menschlichkeit gegenüber Flüchtlingen und Hilfesuchenden: „Öffnet eure Arme, öffnet euer Herz“.
Zum Schluss darf Benjamin von Stuckrad-Barre noch den Versuch wagen, Punk zu definieren, der aber von der lärmenden Band im Hintergrund zum Scheitern verurteilt ist.
15 Jahre nach dem Debütalbum – zwischen Frust, Langeweile und Tatendrang im Corona-Sommer – bahnte sich der Bock auf schneller-härter-lautere Songs bei der Band wieder an. „Ich liebe diese respektvolle Respektlosigkeit im Punk“ sagt Sänger Sebastian Madsen. „Mit Punk ist es viel einfacher, sich klar und politisch auszudrücken.“ Auch MADSEN-Mainstream-Hörer sollten diesem ungewöhnlichen Album eine Chance geben. Es lohnt sich!
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